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Kostenerstattungsanspruch bei Zahlung vor Mahnbescheidszustellung

Landgericht Bonn

Az.: 6 T 1/05

Beschluss vom 21.01.2005

Vorinstanz: Amtsgericht Bonn, Az.: 18 C 232/04


Leitsatz:

1. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch ist kein „anderer Grund“ im Sinne von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

2. Zur Auslegung des Begriffs „daraufhin“ in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO.

3. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gilt auch bei Wegfall des Klagegrundes vor Anhängigkeit.


Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit – soweit ersichtlich unwidersprochen – am 16.07.2004 abgesandtem, am 21.07.2004 bei dem Mahngericht eingegangenem Antrag hat der Kläger gegen die Beklagte einen Mahnbescheid beantragt wegen einer Mietzinsforderung in Höhe von 1.473,70 EUR nebst gestaffelter Zinsen. Den Betrag der Hauptforderung zahlte die Beklagte am 20.07.2004 eingehend. Gegen den am 14.08.2004 zugestellten Mahnbescheid hat die Beklagte Widerspruch eingelegt, woraufhin nach Zahlung weiterer Gerichtskosten durch den Kläger Abgabe an das Streitgericht erfolgte. Diesem gegenüber hat der Kläger den Anspruch begründet und einen Antrag entsprechend dem Mahnbescheid abzüglich am 20.07.2004 gezahlter 1.473,70 EUR angekündigt. Mit Verfügung vom 22.09.2004 hat das Amtsgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass der „Abzüglich“-Antrag mangels Erledigung des Rechtsstreits nicht als (einseitige) Erledigungserklärung, sondern als Klagerücknahme gewertet werde, weil die Zahlung schon vor Eingang des Mahnantrages erfolgt sei. Eine Entscheidung komme nur dann nach § 91 a ZPO in Betracht, wenn die Beklagte sich der Erledigungserklärung anschließe. Der Kläger hat daraufhin angefragt, ob das Amtsgericht es für sachdienlich halte, wenn der Kläger die Kosten im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Klageerweiterung geltend mache. Das Amtsgericht hat daraufhin angeregt, die Klage insgesamt – im Hinblick auch auf ein Parallelverfahren – zurückzunehmen und einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gesondert geltend zu machen.

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Der Kläger hat alsdann unter Bezugnahme auf die Anregung des Amtsgerichts die Klage – insgesamt – zurückgenommen und angekündigt, den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gesondert geltend zu machen.

Die Parteien haben sodann wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und dazu im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO habe der Kläger die Kosten zu tragen. „Ein anderer Grund“ im Sinne dieser Vorschrift liege nicht vor, weil sich dieser nur auf eine etwaige, sich aus prozessualen Vorschriften ergebende Kostentragungspflicht der Beklagten beziehe, nicht aber auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Ein Fall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO liege nicht vor, weil der Klagegrund schon vor Anhängigkeit weggefallen sei. Ob eine Klageumstellung auf Feststellung der Kostentragungspflicht möglich gewesen sei, könne mangels entsprechenden Antrages dahinstehen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde. Der Kläger begehrt Kostentscheidung zu seinen Gunsten. Er meint, die Beklagte habe die Kosten nach dem Veranlassungsprinzip zu tragen. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides sei wegen Nichtzahlung trotz Mahnung gestellt worden, die dadurch und durch unbegründeten Widerspruch gegen den Mahnbescheid entstandenen Kosten beruhten auf dem Zahlungsverzug der Beklagten. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er die Klage nicht erweitert habe, nachdem das Amtsgericht auf seine ausdrückliche Anfrage angeregt habe, die Klage zurückzunehmen.

Die Beklagte tritt der sofortigen Beschwerde unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses entgegen.

II.

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht dem Kläger die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nach Klagerücknahme auf den Antrag der Beklagten auferlegt. Der Kläger hat dem Gesetz entsprechend die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, nachdem er die Klage zurückgenommen hat.

„Ein anderer Grund“ im Sinne der genannten Vorschrift, aus dem die Beklagte die Kosten ganz oder teilweise zu tragen hätte, liegt nicht vor. Die Vorschrift meint ausschließlich einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch (wie etwa aus § 344 ZPO), materiell-rechtliche Erwägungen (ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch – etwa aus dem Gesichtspunkt des Verzuges -) dürfen dabei grundsätzlich keine Rolle spielen (vgl. BGH Beschluss vom 27.10.2003 – II ZB 38/02 -, zitiert nach JURIS, dort genannte Fundstelle z.B. NJW 2004, 223-224). Soweit der Kläger sich in diesem Zusammenhang (Veranlassungsprinzip) auf BGH, Beschluss vom 13.05.2004 -V ZB 59/03-, bezieht, steht diese Entscheidung nicht entgegen, im Gegenteil: Der BGH meint auch dort prozessuale Veranlassung, konkret durch Säumnis. Die Beklagte hat auch nicht etwa unbegründet Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt, dies war vielmehr schon vorsorglich zur Vermeidung eines etwaigen Vollstreckungsbescheids geboten.

Auch § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

Allerdings ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung schon wiederholt entschieden worden, dass die Vorschrift sich auch auf Fälle des Wegfalls des Klagegrundes vor Anhängigkeit bezieht (vgl. OLG München, Beschluss vom 12.03.2004 – 29 W 284/03 -, zitiert nach JURIS, dort angegebene Fundstelle z.B. OLGR München 2004, 218-219 m.w.N.). Vorliegend ist der Klagegrund hinsichtlich der Hauptforderung bereits vor Anhängigkeit (nämlich zwischen Absendung und Eingang des Mahnantrages) weggefallen, hinsichtlich der Zinsen indessen bis zur Klagerücknahme nicht. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erlaubt eine Kostenentscheidung entsprechend den auch in § 91 a ZPO geltenden Maßstäben (vgl. BGH Beschl.v. 27.10.2003 -s.o.-). Anwendbar ist die Vorschrift hier – hinsichtlich des die Hauptforderung betreffenden Teils des Rechtsstreits – jedoch deshalb nicht, weil die Klage insoweit weder „daraufhin“ noch „unverzüglich“ zurückgenommen worden ist. Anlass zur Klagerücknahme war nicht die Zahlung vom 20.07.2004, diese hat vielmehr dazu geführt, dass der Kläger den Antrag entsprechend dem Mahnbescheid abzüglich der gezahlten Hauptsumme angekündigt hat. Dies

ist, sofern die Beklagten-Seite sich der darin liegenden einseitigen (Teil) Erledigungserklärung nicht anschließt, als Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache zu behandeln, worüber das Amtsgericht hätte entscheiden müssen, wäre die Klage nicht zurückgenommen worden. Die Klage hat der Kläger erst zurückgenommen, nachdem das Amtsgericht die Anfrage zur Sachdienlichkeit einer Klageerweiterung wegen des Kostenerstattungsanspruchs beantwortet hatte. Damit hat der Kläger auf die Zahlung vom 20.07.2004 nicht durch Klagerücknahme, sondern durch einseitige Erledigungserklärung reagiert. Ist danach die Klagerücknahme nicht „daraufhin“ erfolgt, ist sie zudem auch nicht „unverzüglich“ geschehen. Das Merkmal der Unverzüglichkeit war angesichts der Zahlung vom 20.07.2004 noch zu beachten, weil es erst durch Gesetzesänderung mit Wirkung vom 01.09.2004 entfallen ist, ein Zeitpunkt, zu dem die Klage hinsichtlich der Hauptforderung nach zuvor geltendem Recht („unverzüglich“) bereits hätte zurückgenommen sein müssen.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, das Amtsgericht habe die Klagerücknahme durch seine Hinweise veranlasst, weshalb es nicht das Fehlen eines geänderten Klageantrages rügen könne. Es kann dahinstehen, ob das Amtsgericht mit seinen Hinweisen die Parteien zutreffend geführt hat. Jedenfalls im Verhältnis zur Beklagten kann es darauf nicht ankommen. Die Beklagte kann nicht im Ergebnis Kosten deshalb tragen müssen, weil der Kläger nach seiner jetzigen Ansicht unrichtigen gerichtlichen Hinweisen gefolgt ist. Der Kläger musste eigenverantwortlich entscheiden, wie erden Rechtsstreit bei der gegebenen Sachlage führen wollte.

Ob dem Kläger hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zusteht, ist danach im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, so dass Bemerkungen dazu nicht veranlasst sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht erfüllt sind. Die Entscheidung orientiert sich an der aktuellen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, so dass eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht gegeben ist.

Wert der Beschwer: Kosten des Verfahrens l. Instanz einschließlich des Mahnverfahrens.

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