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Mahnbescheidrücknahme – Kostentragungspflicht

Oberlandesgericht Hamburg

Az: 10 W 40/06

Beschluss vom 30.11.2006


In dem Rechtsstreit beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 10. Zivilsenat, am 30. November 2006:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 9 – vom 2. Oktober 2006 Geschäfts-Zeichen: 309 O 197/06 – unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen aufgehoben und wird das Verfahren zur Entscheidung über die Kostenauferlegung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO einschließlich der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht Coburg – Zentrales Mahngericht – verwiesen. Gründe:

I.
Die Beklagten wenden sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung einer Kostenentscheidung durch das Landgericht.

Die frühere Antragstellerin, jetzt Klägerin, hatte beim Amtsgericht Coburg – Zentrales Mahngericht – den Erlaß eines Mahnbescheides beantragt. Nach Erlaß des Mahnbescheides und unmittelbar vor der – bereits verfügten – Zustellung nahm die Klägerin den Antrag zurück; einen Tag nach der Zustellung des Mahnbescheides ging der Widerspruch der Beklagten ein. Die Beklagten beantragten sodann, den Rechtsstreits an das im Mahnbescheid als Streitgericht angegebene Landgericht Hamburg zu verweisen, verbunden mit dem Antrag an dieses Gericht, der Antragstellerin/Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Das Mahngericht gab das Verfahren „zwecks Kostenauferlegung nach § 269 III Satz 3 ZPO“ an das Landgericht Hamburg ab. Das Landgericht wies den Antrag der Beklagten, der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zurück. Eine Entscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO komme nicht in Betracht, da für eine solche Entscheidung das Streitgericht nicht zuständig sei und das Verfahren außerdem nur zur Entscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 (nicht: Satz 2) ZPO an das Landgericht Hamburg abgegeben worden sei.

Die Beklagten greifen diesen Beschluß mit der sofortigen Beschwerde an; hilfsweise haben sie im Beschwerdeverfahren die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Coburg – Zentrales Mahngericht – beantragt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig, hat in der Sache aber nur mit dem erst im Beschwerdeverfahren gestellten Hilfsantrag Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht den Antrag der Beklagten, der früheren Antragstellerin (nunmehr: Klägerin) die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen. Über die Kosten des Mahnverfahrens ist nach Rücknahme des Mahnantrages gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entscheiden; für eine solche Entscheidung – jedenfalls in der hier in Rede stehenden Art – ist nicht das Landgericht als Streitgericht, sondern das Mahngericht zuständig.

Welches Gericht für eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nach Rücknahme eines Mahnantrages zuständig ist, ist nach Wegfall der Kostentragungsautomatik, wie sie § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. vorsah, streitig (für die generelle Zuständigkeit des Streitgerichts: Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, 2007, § 690 Rz. 24; differenzierend: BGH, NJW 2005, 512 f.). Der Sachlage gerecht wird nur eine differenzierende Regelung: Da angesichts der besonderen Struktur des Mahnverfahrens eine materiell-rechtliche Entscheidung über die Kostentragungspflicht in dieser Verfahrensart nicht möglich ist, kommt eine Entscheidung des Mahngerichtes nur in Betracht (gebietet sich dann aber auch), wenn eine sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge auszusprechen ist. Dieses ist bei Rücknahme des Mahnantrages mit Blick auf die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO n.F. nur dann der Fall, wenn die antragstellende Partei einem Kostenantrag des Antragsgegners nicht entgegengetreten ist und sich demgemäß aus ihrem Vortrag keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß ein Grund gegeben sein könnte, ausnahmsweise dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (so die Neufassung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Ist für eine solche Abwägung mangels Vortrags der antragstellenden Partei kein Anlaß, gebietet es der Grundsatz der Prozeßökonomie, die Kostenentscheidung durch das Mahngericht treffen zu lassen. Eine Verweisung an das Streitgericht nur mit dem Ziel, daß dort eine – vom Gesetz ohne weiteres vorgegebene – Entscheidung getroffen werde, belastet die Parteien unnütz und verzögert das Verfahren ohne Grund. Es ist daher sachgerecht und mit der unterschiedlichen Struktur des Mahnverfahrens und des Streitverfahrens ohne weiteres vereinbar, für diese Fälle eine Zuständigkeit des Mahngerichtes anzunehmen.

Anders liegt es demgegenüber dann, wenn die antragstellende Partei einem Kostenantrag widerspricht und damit gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO Anlaß zu der Prüfung besteht, ob ein Grund vorliegt, ausnahmsweise dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Diese Entscheidung kann nur durch ein Gericht getroffen werden, das zu einer materiell-rechtlichen Entscheidung befugt ist, damit nur durch das Streitgericht, an das dann – bei entsprechendem Antrag – abzugeben ist. Diese Konstellation liegt hier aber nicht vor, so daß für die hier anstehende Kostenentscheidung das Mahngericht zuständig ist.

Das Verfahren ist demgemäß an das Zentrale Mahngericht beim Amtsgericht Coburg zu verweisen. Hierzu ist das Beschwerdegericht unmittelbar befugt; § 513 Abs. 2 ZPO hindert eine solche Entscheidung des Rechtsmittelgerichtes nicht, da in diesem Beschwerdeverfahren allein der Festlegung des zuständigen Gerichtes dienende Vorschriften in Rede standen (s. hierzu BGH, Urteil vom 22.10.2004, V ZR 47/04, zitiert nach juris).

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