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Maklervertrag – Verlust Provisionsanspruch bei Vertragspflichtverletzung

Landgericht Detmold – Az.: 4 O 159/18 – Urteil vom 04.01.2019

Das Versäumnisurteil vom 12.06.2018 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in der klageweise geltend gemachten Summe. Die Klägerin war im Sommer 2017 mit der Vermarktung eines Mehrfamilienhauses in der S-str. in L beauftragt. Die Parteien besichtigten das Haus gemeinsam mit der Eigentümerin, der Zeugin I. Am 10.07.2017 unterzeichnete die Beklagte einen Objektnachweis mit Courtagevereinbarung, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K1 (Bl. 6 dA) verwiesen wird. Der Beklagten wurde ein Exposé zur Verfügung gestellt, in dem das Haus unter „Eckdaten“ damit beworben wurde, dass 5 Wohneinheiten vorhanden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Exposés wird auf Bl. 52-61 d.A. Bezug genommen.

Die Erdgeschossetage des Mehrfamilienhauses ist eine Gewerbeeinheit, in welcher die Zeugin I eine Wohnung eingerichtet hatte. In den oberen Etagen befinden sich zwei genehmigte Wohneinheiten und zwei weitere ungenehmigte Wohnabschnitte. Das Objekt verfügt weiter über einen Spitzboden. Während der Besichtigung erklärte der Zeuge Y, dass dieser zu Wohnzwecken derzeit nicht genehmigt sei.

Zwischen den Parteien entstand in der Folge ein Email-Verkehr, bezüglich dessen Inhalt auf die Anlage K 6 (Bl. 111 dA) und K 7 (Bl. 112 dA) verwiesen wird.

Am 27.07.2017 kam ein Kaufvertrag über das Objekt zustande; die Beklagte zahlte einen Kaufpreis von 207.000,00 EUR.

Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 13.10.2017 eine Rechnung in Höhe der Klagesumme. Die Beklagte verweigerte die Zahlung jedoch u.a. unter Berufung auf Schadensersatzansprüche gegenüber der Klägerin.

Die Beklagte ist wegen Säumnis im Termin vom 12.06.2018 im Wege des Versäumnisurteils zur Zahlung von 7.389,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.11.2017 verurteilt worden. Gegen das am 19.06.2018 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte am 27.06.2018 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 12.06.2018 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 12.06.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen eines Makleranspruchs nicht vorliegen, weil die Immobilie zunächst besichtigt worden und der schriftliche Maklervertrag erst im Nachhinein geschlossen worden sei. Die Tätigkeit der Klägerin sei für den späteren Vertragsabschluss nicht kausal gewesen.

Sie behauptet, dass der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge Y, falsche Angaben gemacht habe. Er habe behauptet, dass das Haus über 5 räumlich getrennte und bauordnungsrechtlich genehmigte Wohneinheiten verfüge und auch das Erdgeschoss zu Wohnzwecken geeignet und genehmigt sei. Diese falschen Informationen habe der Zeuge Y nicht von der Eigentümerin erhalten, sondern eigenständig erstellt. Er habe weiter erklärt, dass im Spitzboden eine weitere Wohnung genehmigungsfähig sei.

Die Beklagte erklärt die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch mindestens in Höhe der Klageforderung, der aus einem Minderwert des Mehrfamilienhauses aufgrund des Umstands, dass die Erdgeschossetage nur als Gewerbe nutzbar ist, resultieren soll. Weiter erklärt sie die Aufrechnung mit mindestens 15.000,00 EUR wegen des Verlusts nicht realisierbarer Mieteinnahmen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S2, I und Y. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2018 (Bl. 118 – 123 dA) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer Maklerprovision aus § 652 BGB.

Maklervertrag - Verlust Provisionsanspruch bei Vertragspflichtverletzung
(Symbolfoto: Von Gorodenkoff/Shutterstock.com)

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Makleranspruchs liegen vor. Die Parteien haben einen Maklervertrag geschlossen, mit dem sich die Beklagte zur Zahlung einer Courtage in Höhe der Klagesumme verpflichtet hat (vgl. Anlage K 1, Bl. 6 dA). Die Klägerin hat auch Maklerleistungen i.S.v. § 652 Abs. 1 BGB erbracht. Der Zeuge S2 hat glaubhaft dargelegt, dass der Zeuge Y ihn und die Beklagte auf das streitgegenständliche Haus aufmerksam gemacht habe und die Besichtigung des Hauses organisiert habe. Die Maklerleistungen waren für den späteren Vertragsabschluss kausal; ohne die Mitwirkung der Klägerin hätte die Beklagte von dem Objekt nicht erfahren und den Kaufvertrag nicht schließen können. Soweit sich die Beklagte auf den Standpunkt stellt, dass ein Mäklerlohn nicht zu zahlen sei, weil die schriftliche Vereinbarung (Bl. 6 d.A.) erst nach Durchführung der Besichtigung unterschrieben worden sei, gilt nach § 653 Abs. 1 BGB, dass ein Mäklerlohn als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. So liegt es hier; die Beklagte wusste aus dem vorigen Kontakt, dass der Zeuge Y beruflich mit der Vermarktung von Immobilien befasst war und eine Courtage fällig werden würde.

Der Anspruch der Klägerin ist nicht nach § 654 BGB analog erloschen. Nach häufig vertretener Ansicht soll der Makler seinen Provisionsanspruch verlieren, wenn er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwidergehandelt hat, dass er eines Lohnes als unwürdig erscheint (MüKoBGB/Roth, 7. Aufl. 2017, BGB § 654 Rn. 19). Dies soll zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Makler in einem für den Kunden ersichtlich wichtigen Punkt vorsätzlich oder leichtfertig oder ins Blaue hinein falsche Angaben macht (MüKoBGB/Roth, 7. Aufl. 2017, BGB § 654 Rn. 22).

Dies konnte vorliegend nicht festgestellt werden.

Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Vertragspflichtverletzung liegt nicht in den Angaben im Exposé. Das Exposé ist nicht objektiv unrichtig.

Zwar ist darin von fünf Wohneinheiten die Rede, obwohl nur zwei Wohneinheiten zu Wohnzwecken genehmigt sind. In der Objektbeschreibung wird die in den Eckdaten enthaltene Angabe, dass fünf Wohneinheiten vorhanden seien, jedoch dahingehend präzisiert, dass es sich um ein Mehrfamilienhaus „mit schlummerndem Potenzial“ handele und dass nach einer Aufarbeitung und Verbesserung fünf Wohneinheiten zur Verfügung stünden. Aus Sicht eines objektiven Dritten liegt darin gerade keine Zusicherung, dass fünf genehmigte und vermietbare Wohneinheiten vorhanden sind. Vielmehr legt die Beschreibung offen, dass in dem Ist-Zustand ohne „Aufarbeitung und Verbesserung“ gerade keine fünf Wohneinheiten zur Verfügung stehen. Die Formulierung im Konjunktiv verdeutlicht, dass das Haus im zum Verkaufszeitpunkt aktuellen Zustand als Mehrfamilienhaus nicht uneingeschränkt genutzt werden konnte.

Dem Zeugen Y ist auch keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Vertragspflichtverletzung durch falsche mündliche Zusicherungen zur Last zu legen. Im Hinblick auf den Dachboden erklärten die Zeugen übereinstimmend, dass während der Besichtigung offengelegt wurde, dass der Dachboden nicht genehmigt ist. Soweit der Zeuge S2 angab, dass der Zeuge Y eine Genehmigungsfähigkeit des Dachbodens suggeriert habe, ist dem entgegenzuhalten, dass der Zeuge S2 in den E-Mails vom 08.07.2017 (Bl. 111 dA) und vom 17.07.2017 (Bl. 112 dA) selbst davon ausging, dass für eine „eventuelle Nachgenehmigung“ des Dachbodens noch weitere Maßnahmen erforderlich sein würden.

Eine Vertragspflichtverletzung kommt auch nicht durch Angaben zum Erdgeschoss des Hauses in Betracht. Zwar erklärte der Zeuge S2, dass der Zeuge Y angegeben habe, dass die Gewerberäume des Erdgeschosses in eine Wohnung umgewandelt worden seien. Hierzu erklärte der Zeuge Y aber überzeugend, dass ihm Frau I bestätigt habe, dass die Nutzung der Erdgeschosswohnung zu Wohnzwecken in Ordnung sei. Auch habe ihn überzeugt, dass die Eigentümerin das Erdgeschoss schon länger bewohnt habe. Die Aussage des Zeugen Y steht im Einklang mit der Aussage der Zeugin I. Diese schilderte, dass das Haus über fünf Wohneinheiten verfüge. Sie habe sich nie Gedanken darüber gemacht, ob die Wohnungen alle genehmigt worden seien. Einwände gegen das Exposé, dass die Klägerin über ihr Haus erstellt habe, habe sie nicht vorgetragen. Aus ihrer Sicht handele es sich auch um fünf getrennte Wohnungen, die ja auch jeweils über eigene Eingangstüren verfügten.

Dass der Makler auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen kann, ist ständige Rechtsprechung, der sich das Gericht im vorliegenden Fall anschließt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.09.2001, 7 U 3/01 mwN). Es ist nicht ersichtlich, dass sich dem Zeugen Y an der Genehmigung der Erdgeschosswohnung hätten aufdrängen müssen. Dass der Zeuge Y wider besseren Wissens oder jedenfalls leichtfertig falsche Angaben machte, ist danach nicht erwiesen.

Weitere Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung der Klägerin liegen nicht vor.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht durch Aufrechnung erloschen. § 387 BGB setzt ein Gegenseitigkeitsverhältnis voraus, das im vorliegenden Fall nicht feststellbar ist. Soweit die Beklagte meint, einen Schadensersatzanspruch wegen des Verlusts nicht realisierbarer Mieteinnahmen zu haben, handelt es sich um einen Anspruch gegen den Verkäufer des Hauses, nicht aber gegen den Makler. Gleiches gilt für etwaige Ansprüche, die Kosten für Umbaumaßnahmen zum Gegenstand haben.

Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 268, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 3 ZPO.

 

 

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