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Manipulierter Verkehrsunfall – Voraussetzungen

Ein Parkrempler im Lübecker Gewerbegebiet schien ein klarer Fall für die Versicherung. Doch was wie ein alltäglicher Unfall aussah, entpuppte sich schnell als brisanter Verdacht auf Versicherungsbetrug. Die große Frage vor Gericht: Hatten die Beteiligten den Schaden nur inszeniert, um abzukassieren?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 228/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 02.05.2025
  • Aktenzeichen: 10 O 228/23
  • Verfahrensart: Schadensersatzklage im Zivilprozess
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht, Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger forderte Schadensersatz für sein beschädigtes Fahrzeug und Rechtsanwaltskosten. Er gab an, sein Fahrzeug sei beim Einparken von dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug übersehen und beschädigt worden.
  • Beklagte: Die Beklagte bestritt den Anspruch und behauptete, der Unfall sei inszeniert gewesen. Dies bedeute, der Kläger habe in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte sein Fahrzeug am Fahrbahnrand abgestellt. Ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug fuhr rückwärts dagegen und verursachte Schäden.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall hatte oder ob es sich um einen „gestellten Unfall“ handelte, bei dem der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage des Klägers wurde abgewiesen. Er muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  • Begründung: Das Gericht lehnte den Schadensersatzanspruch ab. Es sah eine hinreichende Anzahl von Indizien, die darauf hindeuteten, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hatte, was einen Anspruch ausschließt.
  • Folgen: Der Kläger erhält keinen Schadensersatz und muss die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen.

Der Fall vor Gericht


Ein alltäglicher Parkrempler mit einem Haken

Jeder Autofahrer kennt die Situation: Man hat sein Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt und findet es später mit einer Delle oder einem Kratzer wieder. Im Idealfall hat der Verursacher einen Zettel hinterlassen oder die Polizei informiert. Wenn man den Verursacher kennt, ist der Ablauf meist klar: Man meldet den Schaden der gegnerischen Versicherung und erhält eine Entschädigung. Doch was passiert, wenn die Versicherung die Zahlung verweigert, weil sie glaubt, der ganze Unfall sei nur inszeniert gewesen? Genau diese Frage musste ein Gericht klären.

Unfall Hyundai i40 kollidiert mit Fiat Ducato Transporter
Inszenierter Schaden: Hyundai i40 und Fiat Ducato bei nächtlicher Rückwärtskollision im Gewerbegebiet. Gezielter Aufprall. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Mann, der Kläger, parkte seinen fast neuen Transporter vom Typ Fiat Ducato abends am Straßenrand in einem Lübecker Gewerbegebiet. Kurze Zeit später fuhr ein anderer Mann, der Zeuge, mit seinem älteren Hyundai i40 rückwärts gegen den geparkten Transporter. Ein scheinbar klarer Fall. Der Besitzer des Transporters ließ den Schaden von einem Sachverständigen schätzen und forderte die Reparaturkosten und eine Entschädigung für den Wertverlust von der Versicherung des Hyundai. Aber die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Ihr Verdacht: Der Unfall war kein Zufall, sondern eine abgesprochene Sache, um Geld von der Versicherung zu kassieren.

Der Weg vor das Gericht: Wer fordert was von wem?

Weil die Versicherung, die rechtlich als Beklagte bezeichnet wird, nicht zahlen wollte, zog der Eigentümer des beschädigten Transporters vor Gericht. Er ist in diesem Verfahren der Kläger – also die Person, die eine Forderung stellt. Er verlangte die Übernahme der Netto-Reparaturkosten von knapp 6.000 Euro, eine zusätzliche Entschädigung für den sogenannten merkantilen Minderwert in Höhe von 500 Euro (das ist der Wertverlust, den ein Auto erleidet, weil es nun als Unfallwagen gilt, selbst wenn es perfekt repariert wurde) und die Erstattung seiner Anwaltskosten.

Die Beklagte, also die Haftpflichtversicherung des Hyundai, forderte, die Klage komplett abzuweisen. Ihr zentrales Argument war, dass es sich um einen gestellten Unfall handele. Der Kläger habe in die Beschädigung seines eigenen Fahrzeugs eingewilligt, also zugestimmt, dass der Zeuge absichtlich hineinfährt. Wenn jemand aber einer Beschädigung seines Eigentums zustimmt, verliert er seinen Anspruch auf Schadensersatz. Man kann sich das so vorstellen: Wenn Sie einen Freund bitten, eine alte Vase zu zerschlagen, können Sie ihn danach nicht auf Schadensersatz für die kaputte Vase verklagen.

Die Kernfrage für die Richter: Echter Unfall oder geplante Absprache?

Das Gericht stand nun vor einer entscheidenden Frage: War das Geschehen ein unglückliches Versehen, wie es täglich auf den Straßen passiert? Oder hatten der Kläger und der Fahrer des anderen Wagens gemeinsame Sache gemacht, um die Versicherung zu täuschen? Der Ausgang des gesamten Prozesses hing von der Antwort auf diese Frage ab.

Um die Wahrheit herauszufinden, hörte das Gericht den Fahrer des Hyundai als Zeugen an und beauftragte einen unabhängigen Gutachter. Dieser sollte prüfen, ob die Schäden an beiden Autos überhaupt zu dem geschilderten Unfallhergang passen konnten. Passt die Delle am Transporter zur Form der Stoßstange des Hyundai? Stimmt die Höhe der Kratzer überein? Solche technischen Details können oft verraten, ob eine Geschichte stimmt oder nicht.

Die Entscheidung des Gerichts: Keine Zahlung für den Autobesitzer

Nach Prüfung aller Fakten und Aussagen fällte das Gericht sein Urteil: Die Klage wurde abgewiesen. Das bedeutet, der Besitzer des Transporters bekommt kein Geld von der Versicherung. Darüber hinaus wurde entschieden, dass der Kläger die gesamten Kosten des Gerichtsverfahrens tragen muss, also die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite.

Aber warum kam das Gericht zu diesem Schluss, obwohl unbestritten war, dass die beiden Autos kollidiert waren und ein Schaden entstanden war? Die Antwort liegt in einer Kette von Ungereimtheiten und verdächtigen Umständen, die das Gericht überzeugten, dass der Unfall nicht echt war.

Warum das Gericht von einem gestellten Unfall ausging: Die Beweislast

Zuerst mussten die Richter eine wichtige rechtliche Hürde klären: die sogenannte Darlegungs- und Beweislast. Das klingt kompliziert, bedeutet aber nur: Wer muss was beweisen? Normalerweise muss der Geschädigte beweisen, dass der Unfall passiert ist und ein Schaden entstanden ist. Hier war das aber anders. Die Versicherung behauptete etwas Ungewöhnliches, nämlich einen Betrug. Deshalb lag die Beweislast bei ihr. Sie musste dem Gericht so überzeugende Hinweise, sogenannte Indizien, vorlegen, dass für einen vernünftigen Menschen kein Zweifel mehr daran bestehen konnte, dass der Unfall abgesprochen war.

Das Gericht benötigt dabei keine hundertprozentige, mathematische Sicherheit. Es genügt ein Grad an Gewissheit, der „Zweifeln Schweigen gebietet“, wie es Juristen formulieren. Es ist wie bei einem Puzzle: Ein einzelnes Teil sagt vielleicht nicht viel aus. Aber wenn man viele Teile zusammensetzt und sie ein klares Bild ergeben, kann man sicher sein, wie das Motiv aussieht. Die Versicherung musste also genügend solcher Puzzle-Teile liefern.

Die Puzzleteile des Gerichts: Eine Kette von verdächtigen Umständen

Das Gericht fand gleich mehrere solcher Indizien, die für sich genommen vielleicht noch erklärbar wären, in ihrer Gesamtheit aber ein klares Bild ergaben.

Ort und Zeit: Ein abgelegenes Gewerbegebiet bei Nacht

Der Unfall passierte abends, bei Dunkelheit oder Dämmerung, in einem Gewerbegebiet. Das ist ein Ort, an dem zu dieser Zeit kaum jemand unterwegs ist. Es gibt also kaum unerwünschte Zeugen. Gerichte sehen solche Umstände oft als erstes Anzeichen für einen möglichen Betrug, da die Beteiligten ungestört agieren können. Ein Unfall an einer belebten Kreuzung zur Mittagszeit wäre deutlich unverdächtiger.

Der Unfallhergang: Zu simpel, um wahr zu sein?

Der Fahrer des Hyundai war laut Aussage rückwärts gegen den stehenden, weißen und damit gut sichtbaren Transporter gefahren. Diese Art von Unfall – ein fahrendes Auto stößt gegen ein stehendes – ist eine typische Konstellation bei gestellten Unfällen. Der Grund ist einfach: Das Verletzungsrisiko ist minimal. Niemand sitzt im parkenden Auto, und der Fahrer, der den „Unfall“ verursacht, kann die Geschwindigkeit kontrollieren, um sich selbst nicht zu gefährden.

Dem Gericht erschien die Geschichte zudem wenig plausibel, also nicht wirklich nachvollziehbar. Warum sollte ein berufserfahrener Fahrer, der den großen Transporter genau vor sich sieht, beim Einparken so einen Fehler machen? Er konnte keine vernünftige Erklärung dafür liefern. Selbst der vom Gericht bestellte Sachverständige fand die Situation „nicht ohne Weiteres plausibel“.

Widersprüchliche Aussagen: Die Geschichte der Bekanntschaft

Der vielleicht entscheidendste Punkt waren die widersprüchlichen Aussagen über die Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen. Zuerst behauptete der Kläger, er würde den Fahrer des anderen Autos überhaupt nicht kennen. Später, als die Versicherung herausfand, dass die beiden auf Facebook befreundet waren, änderte der Kläger seine Geschichte. Nun hieß es, man kenne sich flüchtig als Kurierfahrer und habe sogar schon einmal auf Minijob-Basis zusammengearbeitet.

Doch damit nicht genug der Widersprüche. Der Zeuge erzählte bei seiner Befragung durch das Gericht eine nochmals andere Version. Er gab an, er habe den Transporter des Klägers an diesem Abend für 30 Euro mieten wollen, um privat ein Sofa zu transportieren. Er habe den Kläger angerufen und der Schlüssel habe auf dem Reifen gelegen. Diese Version passte überhaupt nicht zu der Geschichte des Klägers, man sei zufällig auf dem Weg zur Arbeit am selben Ort gewesen. Diese ständig wechselnden und widersprüchlichen Geschichten ließen beim Gericht die Alarmglocken schrillen.

Die Fahrzeuge und die Abrechnung: Alt gegen Neu

Auch die beteiligten Fahrzeuge passten ins Bild. Auf der einen Seite stand der fast neue Transporter des Klägers, bei dem sich eine Reparatur und eine Schadensabrechnung lohnen. Auf der anderen Seite war der Hyundai des Zeugen, ein bereits älteres Auto mit hoher Laufleistung. Bei einem alten Auto ist der Anreiz, es für einen Betrug zu „opfern“, größer als bei einem neuen.

Zudem rechnete der Kläger den Schaden fiktiv ab. Das bedeutet, er ließ sich das Geld von der Versicherung auszahlen, ohne das Fahrzeug tatsächlich (vollständig) reparieren zu lassen. Das ist zwar grundsätzlich erlaubt, in Kombination mit einem langgezogenen Streifschaden und den anderen Umständen aber ein weiteres klassisches Indiz für eine Unfallmanipulation.

Das Gesamtbild entscheidet: Wenn zu viele Zufälle zusammenkommen

Am Ende stand das Gericht vor einer Gesamtwürdigung aller Indizien. Kein einzelner Punkt hätte vielleicht ausgereicht, um den Betrug zu beweisen. Aber die Summe der Teile ergab ein stimmiges Bild: ein verdächtiger Ort, ein unplausibler Hergang, eine Lüge über die Bekanntschaft der Beteiligten, stark voneinander abweichende Aussagen zum Grund der Anwesenheit und eine wirtschaftlich typische Konstellation.

All diese Puzzleteile zusammen ließen für das Gericht vernünftigerweise nur einen Schluss zu: Der Kläger und der Zeuge hatten kollusiv zusammengewirkt, also heimlich zusammengearbeitet, um die Versicherung zu täuschen. Der Kläger war mit der Beschädigung seines Wagens einverstanden. Und wer einwilligt, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Die Klage wurde daher vollständig abgewiesen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht entschied, dass es sich um einen abgesprochenen Unfall handelte und wies die Klage ab, weil der Fahrzeugbesitzer seiner eigenen Schädigung zugestimmt hatte. Entscheidend waren die Lügen über die Bekanntschaft der Beteiligten, unplausible Unfallumstände in einem abgelegenen Gewerbegebiet bei Nacht sowie widersprüchliche Aussagen zum Unfallhergang.

Die Versicherung muss nur zahlen, wenn ein echter Unfall vorliegt – bei einem gestellten Unfall verfällt jeder Anspruch auf Schadensersatz. Das Urteil zeigt, dass Gerichte bei verdächtigen Umständen genau hinschauen und mehrere Indizien zusammenbetrachten, um Versicherungsbetrug aufzudecken.

Für Autofahrer bedeutet dies: Ehrlichkeit und Widerspruchsfreiheit bei der Unfallschilderung sind essentiell, da bereits kleine Lügen das gesamte Vertrauen zerstören können. Wer versucht, die Versicherung zu betrügen, riskiert nicht nur eine Klageabweisung, sondern muss auch alle Kosten des Gerichtsverfahrens tragen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau ist ein manipulierter Verkehrsunfall aus rechtlicher Sicht?

Ein manipulierter Verkehrsunfall ist aus rechtlicher Sicht ein vorsätzlich inszeniertes Ereignis, das den Anschein eines echten Verkehrsunfalls erwecken soll. Der entscheidende Unterschied zu einem tatsächlichen Unfall liegt in der bewussten Täuschungsabsicht der Beteiligten. Ihr Ziel ist es, sich oder Dritten unrechtmäßig einen Vermögensvorteil zu verschaffen, typischerweise durch das Erschleichen von Versicherungsleistungen.

Im Kern geht es darum, dass ein Schaden, der in Wirklichkeit nicht oder nicht in der behaupteten Weise durch einen Unfall entstanden ist, als solcher dargestellt wird. Dabei handelt es sich nicht um geringfügige Ungenauigkeiten oder unterschiedliche Darstellungen eines tatsächlichen Unfallhergangs. Vielmehr liegt ein bewusstes und abgestimmtes Zusammenwirken (juristisch: Kollusives Zusammenwirken) der beteiligten Personen vor. Sie handeln Hand in Hand, um ein Schadensereignis vorzutäuschen oder einen bestehenden Schaden fälschlicherweise einem fingierten Unfall zuzuordnen.

Für das rechtliche Verständnis ist entscheidend, dass die Unfallbeteiligten nicht etwa aus Versehen oder Unachtsamkeit handeln, sondern mit klarer Absicht täuschen. Sie koordinieren ihre Handlungen, um beispielsweise einen Auffahrunfall zu fingieren oder einen bereits vorhandenen Schaden am Fahrzeug nach einem geringfügigen Kontakt als Unfallschaden auszugeben.

Aus juristischer Sicht fallen solche Handlungen meist unter den Straftatbestand des Betruges (§ 263 Strafgesetzbuch) oder des Versicherungsbetruges (§ 265 Strafgesetzbuch). Das Vortäuschen eines Schadensereignisses und das Einreichen einer unberechtigten Forderung bei einer Versicherung kann somit ernste strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen haben, wie den Verlust des Versicherungsschutzes oder die Rückforderung bereits gezahlter Leistungen.


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Welche Anzeichen deuten für Gerichte und Versicherungen auf einen inszenierten Unfall hin?

Gerichte und Versicherungen prüfen sehr genau, ob ein Unfall tatsächlich so passiert ist, wie er gemeldet wurde. Besonders wenn Zweifel aufkommen, suchen sie nach Anzeichen, die auf einen inszenierten, also absichtlich herbeigeführten Unfall hindeuten könnten. Es ist wichtig zu verstehen, dass es dabei nicht um ein einzelnes Merkmal geht, sondern immer um eine Gesamtschau verschiedener Ungereimtheiten, die zusammen ein verdächtiges Bild ergeben. Mehrere „Puzzleteile“ müssen zusammenpassen, um Misstrauen zu wecken.

Typische Anzeichen, auf die Gerichte und Versicherungen achten, sind:

Ungewöhnliche Umstände des Unfalls

  • Uhrzeit und Ort: Ein Unfall, der sich zu ungewöhnlichen Zeiten (z.B. tief in der Nacht) oder an abgelegenen Orten mit wenig Zeugen ereignet, kann erste Fragen aufwerfen. Das Fehlen unabhängiger Beobachter erschwert die Überprüfung des Hergangs.
  • Unplausibler Hergang: Wenn die Schilderung des Unfallablaufs nicht logisch erscheint oder physikalisch schwer nachvollziehbar ist. Zum Beispiel ein geringer Anstoß, der einen ungewöhnlich hohen Schaden verursachen soll, oder Manöver, die im normalen Straßenverkehr keinen Sinn ergeben.
  • Widersprüchliche Aussagen: Wenn die Aussagen der beteiligten Personen zu wichtigen Details stark voneinander abweichen, sich im Laufe der Zeit ändern oder wenn sie gegenüber Polizei, Gutachtern und Versicherung unterschiedliche Versionen erzählen. Die Glaubwürdigkeit der Beteiligten spielt hier eine große Rolle.

Beteiligte Fahrzeuge und Personen

  • Konstellation der beteiligten Fahrzeuge: Oft ist ein älteres Fahrzeug, das möglicherweise bereits Vorschäden hat oder kurz vor dem „wirtschaftlichen Totalschaden“ steht, mit einem neueren, wertvolleren Fahrzeug verwickelt. Ziel könnte sein, einen hohen Schaden am älteren Fahrzeug abzurechnen oder durch den Zusammenstoß einen ohnehin geplanten Austausch zu finanzieren.
  • Beziehungen der Beteiligten: Wenn sich die am Unfall beteiligten Personen kennen – beispielsweise Verwandte, Freunde oder Geschäftspartner – und diese Beziehung nicht von Anfang an transparent gemacht wird.
  • Häufung von Vorfällen: Wenn eine Person oder ein Fahrzeug in der Vergangenheit bereits mehrfach in ähnliche Unfälle verwickelt war, die möglicherweise auch schon Zweifel aufkommen ließen.

Art der Schadensabrechnung

  • Fiktive Schadensabrechnung: Ein starkes Indiz kann sein, wenn eine sogenannte fiktive Schadensabrechnung gewünscht wird. Dabei lässt sich der Geschädigte die Reparaturkosten auf Basis eines Gutachtens auszahlen, ohne das Fahrzeug tatsächlich reparieren zu lassen. Dies ist zwar grundsätzlich erlaubt, aber im Zusammenhang mit anderen Verdachtsmomenten auffällig, besonders wenn der Schaden gering ist und die geforderten Kosten unverhältnismäßig hoch erscheinen.
  • Hohe Gutachterkosten im Verhältnis zum Schaden: Wenn die Kosten für das Sachverständigengutachten, das den Schaden bewerten soll, in einem auffälligen Missverhältnis zum tatsächlichen oder vermeintlichen Unfallschaden stehen.
  • Ungewöhnlich schnelles Vorgehen: Ein überstürztes oder sehr aggressives Vorgehen bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kann ebenfalls den Verdacht erregen, dass hier etwas nicht stimmt.

Für Gerichte und Versicherungen ist das Zusammenspiel mehrerer dieser Indizien entscheidend. Ein einzelnes Merkmal ist in der Regel nicht ausreichend, um von einem inszenierten Unfall auszugehen. Für Sie als Beteiligten bedeutet dies, dass eine wahrheitsgemäße und konsistente Schilderung des Unfallhergangs von großer Bedeutung ist, um Missverständnisse und Misstrauen zu vermeiden.


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Wie beweisen Versicherungen und Gerichte, dass ein Unfall manipuliert wurde?

Wenn der Verdacht besteht, dass ein Unfall manipuliert wurde, stehen Versicherungen und Gerichte vor der Aufgabe, dies rechtlich überzeugend nachzuweisen. Dies ist oft komplex, da selten ein direkter, offensichtlicher Beweis vorliegt.

Wer muss was beweisen? Die Beweislast

Im deutschen Recht gibt es das Prinzip der Beweislast. Das bedeutet, dass die Partei, die eine Behauptung aufstellt und daraus Rechte ableiten möchte, diese Behauptung auch beweisen muss.

  • Normalerweise muss also die Person, die eine Versicherungsleistung fordert, beweisen, dass der Unfall wirklich passiert ist und welche Schäden dabei entstanden sind.
  • Besteht jedoch der begründete Verdacht, dass ein Unfall manipuliert wurde, verschiebt sich die Beweislast in diesem Punkt auf die Versicherung oder im Gerichtsprozess auf die Partei, die die Manipulation behauptet. Das bedeutet, die Versicherung oder die Staatsanwaltschaft (im Falle eines Strafverfahrens wegen Betruges) muss dann dem Gericht überzeugend darlegen, dass der Unfall tatsächlich inszeniert oder vorgetäuscht wurde. Dies ist eine hohe Hürde.

Die Kette der Indizien: Wenn Hinweise zum Beweis werden

Da ein direktes Geständnis oder ein „smoking gun“ selten sind, stützen sich Versicherungen und Gerichte oft auf eine sogenannte „Indizienkette“. Das sind viele einzelne Anzeichen oder Umstände, die für sich genommen vielleicht noch keinen vollwertigen Beweis darstellen, in ihrer Gesamtheit aber ein so klares und schlüssiges Bild ergeben, dass kaum noch vernünftige Zweifel an einer Manipulation bleiben.

Für Sie bedeutet das: Man sucht nach einer Vielzahl von Puzzleteilen, die zusammen das vollständige Bild eines manipulierten Unfalls ergeben.

Typische Indizien und Beweismittel können sein:

  • Technische Gutachten: Sachverständige untersuchen das Unfallfahrzeug und den Unfallort. Sie prüfen, ob die Schäden zum angeblichen Unfallhergang passen, ob Spuren manipuliert wurden oder ob Vorschäden vorlagen. Auch die Auswertung von Fahrzeugdaten wie Airbag-Steuergeräten kann Aufschluss geben.
  • Aussagen und Verhaltensmuster: Widersprüche in den Aussagen der Beteiligten, ungewöhnliches oder unglaubwürdiges Verhalten vor oder nach dem Unfall (z.B. sofortige Forderung nach Bargeld, übertriebene Schilderungen, auffallende Ruhe).
  • Wirtschaftliche Aspekte: Eine angespannte finanzielle Situation der Unfallbeteiligten kann ein Motiv für eine Manipulation sein. Auch die Tatsache, dass das Fahrzeug nur noch einen geringen Restwert hatte, spielt manchmal eine Rolle.
  • Medizinische Befunde: Ärztliche Gutachten können prüfen, ob die angeblichen Verletzungen überhaupt zum Unfallhergang passen oder ob sie vorgetäuscht oder übertrieben sind.
  • Auffällige Wiederholungen: Wenn eine Person oder Gruppe in kurzer Zeit in mehrere ähnliche Unfälle verwickelt ist, die jeweils zu hohen Versicherungsforderungen führen, weckt dies Misstrauen.
  • Kommunikationsdaten: Telefonate, Nachrichten oder E-Mails zwischen den Unfallbeteiligten vor dem Unfall können Hinweise auf Absprachen geben.

Die Anforderungen an eine solche Indizienkette sind sehr hoch. Die Summe dieser Indizien muss ein so klares und widerspruchsfreies Bild ergeben, dass das Gericht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon überzeugt ist, dass eine Manipulation vorlag. Es muss ausgeschlossen werden, dass der Unfall auch auf andere, nicht manipulierte Weise geschehen sein könnte.


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Mit welchen Konsequenzen muss man rechnen, wenn ein Unfall als manipuliert eingestuft wird?

Wird ein Verkehrsunfall als manipuliert erkannt oder eingestuft, hat dies für die beteiligte Person sehr gravierende rechtliche und finanzielle Folgen. Die Annahme eines manipulierten Unfalls bedeutet, dass der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde, um unberechtigt Leistungen (wie Schadensersatz) zu erhalten.

Verlust von Ansprüchen und hohe Kosten

Die erste und direkteste Konsequenz ist der vollständige Verlust jeglicher eigener Ansprüche auf Schadensersatz aus dem Unfall. Das bedeutet, Sie erhalten keinerlei Geld für Schäden an Ihrem Fahrzeug, Heilbehandlungskosten oder Schmerzensgeld, selbst wenn objektiv Schäden entstanden sind.

Zusätzlich müssen Sie damit rechnen, sämtliche Kosten des Verfahrens selbst zu tragen. Dazu gehören nicht nur Ihre eigenen Kosten, sondern auch die Kosten der Gegenseite, also des Unfallgegners und dessen Versicherung. Dies umfasst:

  • Gerichtskosten: Die Gebühren für das Gericht.
  • Anwaltskosten: Die Anwaltskosten des Unfallgegners.
  • Sachverständigenkosten: Kosten für Gutachten, die zur Aufklärung des Falls erstellt wurden.

Darüber hinaus wird die Versicherung des Unfallgegners oder Ihre eigene, sofern sie bereits Leistungen erbracht hat, alle bereits gezahlten Beträge vollständig zurückfordern. Haben Sie beispielsweise Vorschüsse für Reparaturen, Mietwagen oder medizinische Behandlungen erhalten, müssen Sie diese Beträge zurückzahlen. Dies kann schnell zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen.

Strafrechtliche Folgen: Versicherungsbetrug

Eine Unfallmanipulation wird in der Regel als Versicherungsbetrug gewertet. Betrug ist eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch. Die Konsequenzen sind nicht nur zivilrechtlicher (Schadensersatz, Kosten), sondern auch strafrechtlicher Natur.

Die strafrechtlichen Folgen können Geldstrafen in erheblicher Höhe oder sogar Freiheitsstrafen umfassen, abhängig vom Einzelfall, der Höhe des angestrebten Schadens und der Vorstrafen des Täters. Ein solcher Vorwurf wird sehr ernst genommen, da er das Vertrauen im Rechtsverkehr und das Versicherungssystem direkt untergräbt.

Die Einstufung eines Unfalls als manipuliert hat somit weitreichende und tiefgreifende Auswirkungen, die sowohl zu erheblichen finanziellen Verlusten als auch zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen können. Dies verdeutlicht die Ernsthaftigkeit und die gravierenden Risiken, die mit solchen Handlungen verbunden sind.


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Was sollte man tun, wenn man des manipulierten Unfalls bezichtigt wird oder sich in einer ähnlichen Situation befindet?

Wahrheitsgemäße und konsistente Angaben sind entscheidend

Wenn Sie mit dem Vorwurf eines manipulierten Unfalls konfrontiert werden oder sich in einer vergleichbaren Lage befinden, kann dies eine belastende Situation sein. Für Sie bedeutet das, dass jede Ihrer Aussagen genau geprüft werden kann. Daher ist es von größter Bedeutung, stets bei der Wahrheit zu bleiben und alle Angaben konsistent zu gestalten. Stellen Sie sich vor, jede Information, die Sie teilen, wird mit anderen Fakten abgeglichen. Widersprüche können Misstrauen erwecken und die Situation unnötig verkomplizieren. Wenn Sie beispielsweise gegenüber verschiedenen Stellen (wie Behörden oder Versicherungen) unterschiedliche Versionen eines Geschehens schildern, kann dies den Eindruck erwecken, Sie würden etwas verbergen.

Die Risiken widersprüchlicher oder falscher Aussagen

Es ist wichtig zu wissen, dass vorschnelle oder unzutreffende Angaben gravierende Folgen haben können. Im schlimmsten Fall können solche Äußerungen dazu führen, dass Ermittlungen wegen Straftaten, wie etwa des Versicherungsbetrugs, eingeleitet werden. Für Sie bedeutet dies, dass Sie sich durch unbedachte Worte ungewollt selbst in eine ungünstige Position bringen können. Selbst kleine Abweichungen in der Schilderung eines Vorfalls können als Versuch gewertet werden, die Fakten zu verdrehen. Eine klare, präzise und über die Zeit gleichbleibende Darstellung hilft, Missverständnisse zu vermeiden und Ihre Glaubwürdigkeit zu wahren.

Beweise sichern und Dokumentation bewahren

In solchen Situationen ist es von Vorteil, alle verfügbaren Informationen und Beweismittel sorgfältig zu sammeln und aufzubewahren. Dazu gehören beispielsweise Fotos vom Unfallort, Skizzen, Notizen zu Zeitabläufen, Namen und Kontaktdaten von Zeugen oder jeglicher relevanter Schriftverkehr. Eine detaillierte Dokumentation kann dabei helfen, die Ereignisse später nachvollziehbar darzulegen und Ihre Perspektive zu untermauern. Denken Sie daran: Eine gut organisierte Sammlung von Fakten und Beweisen kann wesentlich zur Klärung der Situation beitragen. Sie bildet eine solide Grundlage, auf der die tatsächlichen Gegebenheiten beurteilt werden können.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Merkantiler Minderwert

Merkantiler Minderwert bezeichnet den Wertverlust eines Fahrzeugs, der entsteht, weil es als Unfallwagen gilt, auch wenn der Schaden repariert wurde. Das Fahrzeug wird dadurch auf dem Gebrauchtwagenmarkt meist schlechter bewertet, da Käufer mögliche Folgeschäden oder eine höhere Unfallanfälligkeit vermuten. Rechtlich kann man diese Wertminderung als Schaden geltend machen, wenn der Unfall von einem Dritten verursacht wurde und man Anspruch auf Schadensersatz hat. Im Kontext des Falls fordert der Kläger neben den Reparaturkosten auch eine Entschädigung für den merkantilen Minderwert.

Beispiel: Ein Auto wird nach einem leichten Unfall repariert, verliert aber trotzdem an Wert, weil Käufer wissen, dass es einmal beschädigt war.

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Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast regelt, welche Partei in einem Rechtsstreit welche Tatsachen vortragen (darlegen) und beweisen muss. Grundsätzlich muss derjenige, der Ansprüche geltend macht (z. B. der Kläger), beweisen, dass seine Behauptungen richtig sind. In besonderen Fällen wie hier, wenn ein Unfall als manipuliert behauptet wird, verschiebt sich die Beweislast: Dann muss die Partei, die den Betrug behauptet (hier die Versicherung), diese Behauptung beweisen. Dies folgt aus allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen und ist entscheidend, weil die Beweise für Betrug schwer zu erbringen sind.

Beispiel: Wenn ein Autofahrer Schadensersatz fordert, muss er grundsätzlich zeigen, dass der Unfall passiert ist. Wenn aber die Versicherung behauptet, der Unfall wurde gestellt, muss sie dafür Beweise liefern.

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Indizien

Indizien sind indirekte Beweismittel, also Tatsachen oder Umstände, die allein für sich gesehen keinen klaren Beweis darstellen, aber in ihrer Gesamtheit ein bestimmtes Ereignis oder eine Behauptung wahrscheinlich machen. In Gerichtsverfahren werden bei fehlenden direkten Beweisen häufig mehrere Indizien zusammengestellt (eine sogenannte Indizienkette), um eine Überzeugung zu bilden. Im vorliegenden Fall nützt die Versicherung eine Reihe von Indizien, wie widersprüchliche Aussagen und unplausible Unfallumstände, um zu beweisen, dass der Unfall manipuliert war.

Beispiel: Wenn man Spuren am Tatort findet, die keinen Täter direkt zeigen, aber gemeinsam ein Bild ergeben, das nur mit einer bestimmten Straftat erklärt werden kann.

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Fiktive Abrechnung

Fiktive Abrechnung bedeutet, dass ein Geschädigter den Ersatz der Reparaturkosten von der Versicherung verlangt, ohne den Schaden tatsächlich reparieren zu lassen. Stattdessen lässt er sich den Geldbetrag auszahlen, der aufgrund eines Gutachtens als nötig erachtet wurde. Dies ist rechtlich grundsätzlich erlaubt, solange der Schaden tatsächlich besteht und die Forderung nicht überhöht ist. Im Fall wird die fiktive Abrechnung jedoch zusammen mit weiteren Umständen als Hinweis auf eine mögliche Unfallmanipulation gewertet.

Beispiel: Ein Fahrzeug wurde beschädigt, aber der Besitzer entscheidet sich, das Geld von der Versicherung zu nehmen und das Auto nicht zu reparieren.

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Kollusives Zusammenwirken

Kollusives Zusammenwirken bedeutet, dass zwei oder mehr Personen heimlich und absichtlich zusammenarbeiten, um einen Rechtsbruch zu begehen oder jemanden zu täuschen. Im vorliegenden Fall bedeutet es, dass der Kläger und der Fahrer des anderen Fahrzeugs gemeinsam einen Unfall inszeniert haben, um von der Versicherung Geld zu bekommen. Dieses verborgene Ineinandergreifen der Beteiligten führt dazu, dass der Anspruch auf Schadensersatz entfällt, da eine Einwilligung in die Beschädigung vorliegt.

Beispiel: Zwei Personen vereinbaren, ein Auto absichtlich anzustoßen, um von der Versicherung Geld zu kassieren – das ist ein kollusives Zusammenwirken.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 823 Abs. 1 BGB und der Grundsatz der Einwilligung: § 823 Abs. 1 BGB bildet die Grundlage für Schadensersatzansprüche, wenn jemand das Eigentum oder andere Rechtsgüter eines anderen widerrechtlich verletzt. Eine entscheidende Ausnahme von dieser Haftung besteht jedoch, wenn der Geschädigte in die Schädigung seines Rechtsgutes eingewilligt hat. In einem solchen Fall entfällt die Widerrechtlichkeit der Handlung, und es entsteht kein Anspruch auf Schadensersatz. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger forderte Schadensersatz für die Beschädigung seines Transporters nach dieser Vorschrift, die beklagte Versicherung wandte jedoch ein, der Kläger habe in die Beschädigung eingewilligt, was seinen Anspruch negieren würde.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere § 108 VVG (Leistungsausschluss bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls): Das VVG regelt die Rechte und Pflichten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern. Eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung soll Schäden abdecken, die der Versicherungsnehmer unabsichtlich Dritten zufügt. Wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall jedoch vorsätzlich, also absichtlich und eventuell zur Täuschung, herbeiführt, ist der Versicherer gemäß § 108 VVG von seiner Leistungspflicht befreit. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die beklagte Haftpflichtversicherung weigerte sich zu zahlen, da sie davon ausging, der Versicherungsnehmer habe den Schaden am Fahrzeug des Klägers absichtlich und in Absprache herbeigeführt, was sie von ihrer Leistungspflicht entbinden würde.
  • Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere § 286 ZPO (Freie Beweiswürdigung) und die Grundsätze der Beweislast: Die ZPO legt die Regeln für Zivilverfahren fest. Nach § 286 ZPO kann das Gericht Beweise, einschließlich Indizien, nach freier Überzeugung würdigen, um sich ein Bild von der Wahrheit zu machen. Dabei muss das Gericht die Beweislast beachten: Grundsätzlich muss die Partei die Tatsachen beweisen, die für ihren Standpunkt günstig sind; bei ungewöhnlichen Behauptungen wie einem gestellten Unfall kann die Beweislast für diesen Punkt bei der behauptenden Partei liegen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste die von der Versicherung vorgebrachten Indizien für einen gestellten Unfall nach § 286 ZPO umfassend bewerten, um zu entscheiden, ob die Beweislast, die hier bei der Beklagten lag, erfüllt wurde und die Klage abzuweisen ist.
  • Merkantiler Minderwert im Schadensrecht (BGB, Allgemeines Schadensrecht): Der merkantile Minderwert ist ein Schadenposten, der bei der Abrechnung von Fahrzeugschäden geltend gemacht werden kann. Er beschreibt den Wertverlust eines Fahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt, der auch nach einer technisch einwandfreien Reparatur bestehen bleibt. Dieser Minderwert entsteht, weil das Fahrzeug aufgrund seiner Unfallhistorie von potenziellen Käufern als weniger wertvoll angesehen wird als ein unfallfreies Fahrzeug. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger forderte zusätzlich zu den reinen Reparaturkosten eine Entschädigung von 500 Euro für den merkantilen Minderwert seines Transporters, da dieser nach dem Unfall als „Unfallwagen“ auf dem Markt einen geringeren Wert aufweisen würde.
  • Fiktive Schadensabrechnung (BGB, Allgemeines Schadensrecht): Im deutschen Schadensrecht steht es dem Geschädigten frei, einen Fahrzeugschaden entweder konkret durch Vorlage von Rechnungen über tatsächlich durchgeführte Reparaturen oder fiktiv abzurechnen. Bei der fiktiven Abrechnung lässt sich der Geschädigte die notwendigen Reparaturkosten auf Basis eines Gutachtens oder Kostenvoranschlags auszahlen, ohne die Reparatur tatsächlich (vollständig) durchführen zu müssen. Dabei wird in der Regel nur der Nettobetrag ohne Umsatzsteuer erstattet. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger rechnete den Schaden an seinem Transporter fiktiv ab. Obwohl dies grundsätzlich zulässig ist, wurde diese Abrechnungsart im Zusammenspiel mit anderen Ungereimtheiten vom Gericht als weiteres Indiz für eine mögliche Unfallmanipulation gewertet.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 10 O 228/23 – Urteil vom 02.05.2025


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Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
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