Bundesarbeitsgericht
Az.: 9 AZR 459/00
Urteil vom 11.12.2001
Vorinstanzen:
I. Arbeitsgericht Wuppertal – Az.: 6 Ca 4999/99 – Teilurteil vom 01.02.2000
II. Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 5 Sa 418/00 – Urteil vom 25.05.2000
Leitsatz:
Hat der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 Abs. 1 InsO angezeigt, so können Forderungen iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden.
Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2001 für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2000 – 5 Sa 418/00 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Annahmeverzugslohn für die Monate Juli bis Dezember 1999 und anteiliges Weihnachtsgeld in Anspruch.
Der Kläger trat 1971 als Kraftfahrer in die Dienste der Bauunternehmung L. GmbH, über deren Vermögen durch Beschluß des Amtsgerichts Wuppertal (145 IN 170/99) am 1. Juli 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Der beklagte Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des mit einem GdB von 50 schwerbehinderten Klägers mit Schreiben vom 1. Juli 1999 und stellte ihn von der Arbeitsleistung frei. Die Kündigung wird von den Parteien übereinstimmend als gegenstandslos angesehen, weil die Hauptfürsorgestelle nicht angehört worden war.
Mit Schreiben vom 11. August 1999 zeigte der Beklagte gegenüber dem Amtsgericht Wuppertal Masseunzulänglichkeit an und übermittelte dem Gericht die Liste der Massegläubiger, unter denen sich auch der Kläger befindet.
Nach vorheriger Zustimmung der Hauptfürsorgestelle kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis am 28. Oktober 1999 zum 31. Januar 2000.
Die Ansprüche des Klägers auf Vergütung für die Monate Juli bis Dezember 1999 in Höhe von 28.065,72 DM brutto sowie auf anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von 1.518,07 DM brutto (fällig mit Aprilabrechnung 1999) und auf weiteres anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von ebenfalls 1.518,07 DM brutto (fällig mit Novemberabrechnung 1999) sind bisher nicht erfüllt worden.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 31.101,86 DM brutto nebst 4 vH Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Dezember 1999 abzüglich auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 11.509,20 DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, weil der Kläger als Massegläubiger bei angezeigter Masseunzulänglichkeit nicht berechtigt sei, Zahlungsansprüche durch Leistungsklage geltend zu machen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Klage ist unzulässig. Das haben die Vorinstanzen zu Recht festgestellt.
I. In Höhe von 1.518,07 DM brutto (anteiliges Weihnachtsgeld April 1999) ist die Leistungsklage schon deshalb unzulässig, weil es sich um eine Insolvenzforderung nach §§ 38, 108 Abs. 2 InsO handelt.
1. Die Forderung betrifft den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung. Ob das Weihnachtsgeld Entgelt für geleistete Arbeit oder eine stichtagsabhängige Sonderleistung war, bedarf keiner Entscheidung. In beiden Fällen ist es der Zeit vor Insolvenzeröffnung zuzuordnen. Sonderleistungen sind, wenn sie Gegenleistung für geleistete Arbeit sind, insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind (Weis in Hess/Weis/Wienberg lnsO 2. Aufl. Bd. 1 § 55 Rn. 146; Nerlich/Römermann/Andres lns0 Stand November 2000 § 55 Rn. 104; ebenso für das bis zum 31. Dezember 1998 geltende Recht. BAG 21. Mai 1980 – 5 AZR 441/78 – AP KO § 59 Nr. 10 = EzA KO § 59 Nr. 9). Es ist nicht ersichtlich, daß der im April fällige Betrag für Zeiten nach dem 1. Juli 1999 zu zahlen gewesen wäre. Ansprüche auf Sonderleistungen, die an einen Stichtag geknüpft sind, sind dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fällt (Weis aaO). Da Fälligkeit am 1. April 1999 eintrat, lag ein etwaiger Stichtag jedenfalls vor dem 1. Juli 1999.
2. Insolvenzforderungen sind zur Tabelle anzumelden. Werden sie als solche bestritten oder entsteht Streit über ihren Rang, so muß der Gläubiger nach §§ 179, 180 InsO auf Feststellung zur Tabelle klagen (Weis aaO § 180 Rn. 8 ff.). Die wegen der Insolvenzforderung gegen den Insolvenzverwalter erhobene Leistungsklage ist somit unzulässig.
II. Auch im übrigen ist die Klage unzulässig. Für Leistungsklagen, mit denen – wie hier – Masseverbindlichkeiten im Sinne der § 55 Abs. 1, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO verfolgt werden, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 210 InsO ist, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne der § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig.
1. Die eingeklagten Forderungen sind Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der Kläger verlangt Vergütung nach §§ 611, 615 BGB für die Zeit von Juli 1999 bis Dezember 1999 in Höhe von insgesamt 28.065,72 DM brutto sowie mit der Novemberabrechnung fälliges Weihnachtsgeld in Höhe von 1.518,07 DM brutto. Die Forderungen auf die monatliche Vergütung nach §§ 611, 615 BGB sind Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Es handelt sich um Ansprüche aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß (vgl. Berscheid Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz Rn. 760 ff.). Das gleiche gilt für den Anspruch auf Weihnachtsgeld, von dem nicht ersichtlich ist, daß er für einen anderen Zeitraum als den nach dem 1. Juli 1999 geschuldet ist.
2. Die erhobenen Forderungen sind Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
a) Sie sind weder Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) noch wurden sie nach Anzeigen der Masseunzulänglichkeit begründet (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Zwar trat ihre Fälligkeit überwiegend erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (11. August 1999) ein. Unter § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO fallen jedoch nicht später fällig werdende Forderungen aus einem schon vor Anzeige des Masseunzulänglichkeit begründeten Dauerschuldverhältnis.
b) Ebenso wenig handelt es sich um Masseforderungen nach § 209 Abs. 2 InsO. Der Insolvenzverwalter hat weder Erfüllung verlangt (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 InsO) noch die Gegenleistung in Anspruch genommen (§ 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Die Forderungen unterfallen auch nicht § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Hierzu zählen nur Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte. Der Beklagte konnte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle kündigen (§ 15 SchwbG aF). Diese hat am 25. Oktober 1999 ihre Zustimmung erteilt. Mit der Kündigung vom 28. Oktober 1999 hat der Beklagte die erste Kündigungsmöglichkeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gewählt. Da eine längere Kündigungsfrist auf drei Monate verkürzt wird (vgl. § 113 Abs. 1 S 1, 2 InsO – vgl. BAG 19. Januar 2000 – 4 AZR 70199 – AP InsO § 113 Nr. 5 = EzA InsO § 113 Nr. 10), war der erste Kündigungstermin der 31. Januar 2000. Die eingeklagten Forderungen betreffen die Zeit bis Dezember 1999, folglich die Zeit vor dem ersten Kündigungstermin.
3. Der Insolvenzverwalter hat am 11. August 1999 nach § 208 Abs. 1 InsO die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt. Damit trat für die hiervon betroffenen Forderungen das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO in Kraft. Der gleichwohl erhobenen Leistungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an (Weis in Hess1Weis1Wienberg InsO 2. Aufl. Bd. 1 § 210 Rn. 15; NerlichlRömermann1Westphal InsO Stand November 2000 § 209 Rn. 18; Kübler1Prütting/Page InsO Stand März 2001 Bd. 11 § 210 Rn. 7 ff.; Landfermann in HK-InsO 2. Aufl. § 210 Rn. 5, Dinstübler ZIP 1998, 1697, Pape ZInsO 2001, 60; ders. KTS 1995, 189 ff., 214 ff.). Die gegen die hM vorgebrachten Einwände (Runkel/Schnurbusch NZI 2000, 49, Roth in: Festschrift für H. F. Gaul S 577 ff.) überzeugen nicht.
a) Das Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage folgt regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs (BAG 14. September 1994 – 5 AZR 632193 – BAGE 77, 378; BGH 22. September 1972 – 1 ZR 19172 – MDR 1973, 30). Besondere Umstände können aber das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, daß Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, die ersichtlich des Rechtsschutzes durch eine solche Prüfung nicht bedürfen (BGH 9. April 1987 – I ZR 44185 – WM 1987, 1114; Stein1JonasISchumann ZPO 21. Aufl. vor § 253 Anm. Ill, 10. Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Denn ein Leistungsurteil könnte gern. § 210 InsO nicht vollstreckt werden; es hätte, wenn es erginge, keine über die Feststellung hinausgehenden Wirkungen. Außerdem ist der Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, ein Feststellungsurteil bei der Verteilung der Masse zu berücksichtigen. Die Nichterfüllung ist in Fällen des § 210 InsO nicht Ausdruck des Bestreitens der Forderung, sondern Folge des gesetzlichen Vollstreckungsverbotes.
b) Die Entstehungsgeschichte der §§ 208, 210 InsO belegt die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses.
aa) Die bis zum 31. Dezember 1998 geltende Konkursordnung sah ein dem § 210 InsO entsprechendes Vollstreckungsverbot für Masseforderungen nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht vor. Gleichwohl hat das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Urteil vom 31. Januar 1979 (- 5 AZR 749/77 – BAGE 31, 288) angenommen, daß der Konkursverwalter nicht mehr uneingeschränkt zur Leistung verurteilt werden konnte, wenn Masseunzulänglichkeit gern. § 60 KO eingetreten war. Ein Leistungsurteil konnte nur in Höhe der Massequote ergehen. Die Forderung des Massegläubigers war im übrigen durch Feststellungsurteil zu bestätigen (vgl. zuletzt Senat 11. August 1998 – 9 AZR 135/97 – AP KO § 60 Nr. 8 = EzA KO § 60 Nr. 6 mwN). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber der Insolvenzordnung mit der Frage der Zulässigkeit einer Leistungsklage nicht mehr befaßt. Er hat sich darauf beschränkt, in § 210 InsO ein unmittelbar wirkendes Vollstreckungsverbot aufzustellen. Daraus muß entnommen werden, daß er die zur Konkursordnung ergangene Rechtsprechung vorausgesetzt und gebilligt hat.
bb) Sowohl § 311 des Referentenentwurfs des Gesetzes zur Reform des Insolvenzrechts (Bundesanzeiger 1989, Beilage 227 a S 181, 323) als auch § 322 des Regierungsentwurfs (Amtl. Begr. zu § 322 RegElns0, BT-Drucks. 12/443, 220) sahen vor, daß der Insolvenzverwalter bei Massearmut die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Insolvenzgericht beantragen sollte; das Insolvenzgericht sollte die betroffenen Gläubiger anhören und dann über die Einstellung der Zwangsvollstreckung entscheiden. Die Gläubiger sollten die Entscheidung des Gerichts anfechten können. Diese zunächst vorgesehene Regelung wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages durch das jetzige, einfachere Verfahren ersetzt: Das Vollstreckungsverbot in § 210 InsO gilt bereits dann, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulängkichkeit gern. § 208 Abs. 1 InsO angezeigt hat. Das Insolvenzgericht prüft nicht, ob die Anzeige zu Recht erfolgt. Ließe man trotzdem Leistungsklagen in den Fällen des § 210 InsO zu, so müßte der Insolvenzverwalter die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung jeweils gern. § 766 ZPO durch Erinnerung geltend machen. Er würde in ein zusätzliches Verfahren gedrängt. Der Vereinfachungs- und Beschleunigungsgewinn, den die §§ 208, 210 InsO nach dem ausdrücklich bekundeten Willen des Gesetzgebers (vgl. Beschl. Empf. des Rechtsausschusses zu § 234 der BT-Drucks. 12/7302, 179, 180) erbringen soll, wäre verspielt.
c) Zu Unrecht weisen die Verfechter der Zulässigkeit einer Leistungsklage auf das Vollstreckungsverbot in § 888 Abs. 3 ZPO hin (Roth aaO; Runkel/Schnurbusch aaO).
aa) Nach § 888 Abs. 3 ZPO ist ua. im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag die Zwangsvollstreckung durch Zwangsgeld und Zwangshaft ausgeschlossen. Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur hält eine Verurteilung zur Leistung von Diensten gleichwohl für zulässig. Daraus entnehmen Roth (aaO) und Runkel/Schnurbusch (aaO) einen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung habe keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit einer entsprechenden Leistungsklage.
bb) Es besteht ein grundlegender Unterschied zwischen dem Vollstreckungsverbot in § 888 Abs. 3 ZPO und der Regelung des § 210 InsO. Das Vollstreckungsverbot in § 888 Abs. 3 ZPO dient dem Schutz der Menschenwürde (vgl. LG Münster 29. Juli 1999 – 5 T 198/99 – NJW 1999, 3787; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 60. Aufl. § 888 Rn. 21 ff.): Auch solche unvertretbaren Handlungen, die nach materiellem Recht geschuldet sind, sollen nicht erzwungen werden, wenn die Ausübung staatlichen Zwangs die Menschenwürde verletzen würde. Die Regelung des § 210 InsO ist damit nicht vergleichbar. Sie soll dem Insolvenzverwalter ermöglichen, die vom Gesetzgeber in § 209 InsO vorgesehene Rangordnung bei der Begleichung von Masseschulden durchzusetzen. Sie dient der gerechten Risikoverteilung innerhalb der Verlustgemeinschaft der Gläubiger.
cc) Im Falle des § 888 Abs. 3 ZPO ist die Befolgung des Leistungsurteils durch den Schuldner rechtlich gewollt. Nach § 61 Abs. 2 ArbGG kann der Schuldner einer Handlung im Sinne des § 888 Abs. 3 ZPO für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden (vgl. BAG 25. März 1992 – 5 AZR 300/91 – nv.; ArbGV-Ziemann § 61 Rn. 21; Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 61 Rn. 26). Daneben kann und soll auch die wegen § 888 Abs. 3 ZPO nicht vollstreckbare Verurteilung durch die ihr innewohnende rechtliche Verbindlichkeit den Schuldner zur Befolgung veranlassen. Entschließt sich der Schuldner unter dem Eindruck der nicht vollstreckbaren Verurteilung, die unvertretbare Handlung vorzunehmen, so handelt er rechtmäßig. Dagegen ist im Fall des § 210 InsO gerade die Befolgung eines Leistungsurteils nicht gewollt.
d) Der Einwand, ein Insolvenzverwalter könne, wenn die Massearmut später überwunden werde, dann wieder zulässige, neu ergehende Leistungstitel ohne Rücksicht auf die in § 209 InsO vorgesehene Rangfolge bedienen und die vorher ergangenen Feststellungsurteile übergehen (so Runkel/Schnurbusch aaO), ist nicht stichhaltig. Dem Insolvenzverwalter ist eine willkürliche Befriedigung von Masseansprüchen nicht gestattet (Page aaO). Verstößt der Insolvenzverwalter gegen seine Verpflichtung, so muß er mit persönlicher Inanspruchnahme gern. § 60 InsO rechnen. Für die Einhaltung der gesetzlichen Rangordnung wird der Insolvenzverwalter „aus Gründen des Selbstschutzes“ (Page aaO) sorgen.
4. Die Leistungsklage des Massegläubigers nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auch nicht in Höhe der zu erwartenden Quote zulässig. Soweit das Bundesarbeitsgericht unter Geltung der Konkursordnung eine solche teilweise Verurteilung zugelassen hat (31. Januar 1979 – 5 AZR 749/77 – BAGE 31, 288), entspricht dies nicht mehr der seit dem 1. Januar 1999 geänderten Rechtslage.
a) Das Bundesarbeitsgericht hatte danach die Leistungsklage für unzulässig gehalten, weil und soweit die Zwangsvollstreckung aus dem Leistungsurteil wegen Masseunzulänglichkeit erfolglos bleiben mußte. Folgerichtig wurde einerseits vom Konkursverwalter Darlegung der Masseunzulänglichkeit gefordert und andererseits seine Verurteilung für zulässig gehalten, soweit sie vollstreckt werden konnte, nämlich in Höhe der Massequote.
b) Nach der Neuregelung in § 208 Abs. 1, § 210 InsO führt bereits die bloße Anzeige der Masseunzulänglichkeit zum Vollstreckungsverbot. Ob die Voraussetzungen der Masseunzulänglichkeit wirklich vorliegen, ist nach dem Willen des Gesetzgebers in diesem Stadium des Verfahrens vom Insolvenzgericht nicht zu prüfen. Dem widerspräche es, wenn die Prozeßgerichte eine solche Prüfung – etwa zur Feststellung der Quote – vornähmen. Ebenfalls regelt § 210 InsO, daß nicht nur in Höhe der zu erwartenden Quote, sondern insgesamt die Vollstreckung unzulässig wird. Dem muß in Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Auffassung zum alten Recht entnommen werden, daß ein Leistungsurteil insgesamt unzulässig ist und auch nicht teilweise in Höhe der Quote ergehen kann.
III. Die Kosten der erfolglosen Revision muß der Kläger gem. § 97 ZPO tragen.