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Ungewollte Mehrlingsschwangerschaft durch künstliche Befruchtung – Schadensersatzanspruch?

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM Main

Az.: 8 U 206/00

Verkündet am 24.04.2001

Vorinstanz: LG Giessen – Az.: 2 O 77/95


In dem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht: Frankfurt am Main – 8. Zivilsenat – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2001 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers zu 2) gegen das am 15.5.2000 verkündete Urteil des, Landgerichts Giessen, Az.: 2 O 77/95, wird als unzulässig Verworfen.

Die Berufungen der Klägerin zu 1), des Klägers zu 3) und. der Klägerinnen zu 4), 5) und 6) gegen dieses Urteil werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits verteilen sich wie folgt:

Von den Gerichtskosten beider Instanzen fallen der Klägerin zu 1) 36 %, davon 3 % zusammen mit dem Kläger zu 2), zur Last. Dem Kläger zu 3) und den Klägerinnen zu 4) bis 6) werden jeweils 16 % der Gerichtskosten auferlegt. Von den aussergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 4) beider Instanzen haben die Klägerin zu 1) 36 % davon 11 % zusammen mit dem Kläger zu 2), zu tragen. Den Klägern zu 3) bis 6) fallen je 16 % dieser Kosten zur Last.

Die Kläger tragen, ihre aussergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin zu… 1) wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) bis 4) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Dem Kläger zu 2) wird dies gegen Sicherheitsleistung von 3.500,00 DM gestattet und den Klägem zu 3) bis 6) durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 7.000,00 DM.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin zu 1) 69.448,00 DM, für den Kläger zu 3) 29.636,00 und die Kläger zu 4). bis 6) jeweils 24.636,00 DM.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen von den Beklagten Schmerzensgeld für eine angeblich fehlerhaft durchgeführte In-Vitro-Fertilisation, die die Geburt von Vierlingen, die Kläger zu 3)-6), zur Folge hatte.

Die Beklagten zu 1) bis 3) sind Mitglieder der X in Y, während der Beklagte zu 4) als Oberarzt bei der C Gesellschaft angestellt war.

Die Klägerin zu 1), Jahrgang 1963, wünschte sich seit ca. 10 Jahren vergeblich Kinder, als sie am 20.02.1990 eine Laparoskopie durchführen ließ. Dabei wurden ausgeprägte Verwachsungen an Eileitern und Eierstöcken auf beiden Seiten festgestellt. Auch nach ausgedehnter Adhäsiolyse erschien eine Empfängnis eher, unwahrscheinlich (Operationsbericht und Arztbrief des Krankenhauses vom 20.02. und 13.06.1990, BI. 35, 36,180 d.A).

Wegen weiter andauernder Sterilität wies der Frauenarzt der Klägerin zu 1), Dr. X die Eheleute auf die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung hin. Er verwies die Kläger zu 1) und 2) an die Gesellschaft in Bereits zu diesem Zeitpunkt unterrichtete er die Kläger zu 1) und 2) u.a. über das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft (Bescheinigung über die Unterrichtung von Methodik, Chancen und Risiken einer künstlichen Befruchtung vom 16.10.1991, BI. 40 d.A). Die Gesellschaft übersandte den Klägern zu 1) und 2) im Oktober 1991 zunächst ihre Informationsbroschüre „Therapie der Kinderlosigkeit“ (BI. 37 d.A). Auf weitere Veranlassung von Dr. hin stellten sich die Kläger zu 1) und 2) am 17.02.1992 bei der Gesellschaft vor, wobei ihnen als Therapie der Wahlfür den unerfüllten Kinderwunsch die In Vitro-Fertilisation mit intrauterinem Embryotransfer vorgeschlagen wurde. In der Folgezeit wurden die Eheleute von den Beklagten zu 1) und 4) persönlich behandelt. Die bei der Gesellschaft beschäftigte Ärztin Dr. führte am 17.02.1992 992 mit den Klägern zu 1) und 2) ein Aufklärungsgespräch. Am 09921.06.1992 begann die Behandlung mit einer hochdosierten Stimulationstherapie bei der Klägerin zu 1). Dabei wird durch Verabreichung von Hormonpräparaten das Heranreifen mehrerer Eibläschen angestrebt. Am 11.06.1992 fand ein weiteres Autklärungsgespräch statt, das die bei der Gesellschaft seinerzeit beschäftigte Ärztin Dr. damals anhand eines Merkblattes über In-VitroFertilisation und Embryotransfer (BI: 42-44 d.A.) durchführte. Am 12:06. 1992 fand die Follikelpunktion statt, bei welcher aus dem rechten Eierstock der Klägerin zu 1) zwei Follikel punktiert und zwei Eizellen gewonnen wurden,. während aus dem linken Eierstock sechs Follikel punktiert und drei .Eizellen extrahiert wurden. Bei drei Eizellen wurde ein mittelreifes, bei zwei Eizellen ein unreifes Stadium festgestellt (NG-GIFT-Protokoll vom 12.06..1992, BI. 37 des Sonderheftes, Anlagen). Die drei mittelreifen Eizellen wurden in so genannten NUNC-Schalen in einem Medium kultiviert. Sodann wurden die zuvor vom Kläger zu 2)992 gewonnenen Spermien

zugesetzt. Am 13.06:1992 wurden bei der Befruchtungskontrolle drei PN-Stadien (Vorkemstadien) festgestellt. Am 14.06.1992 wurden der Klägerin zu 1) drei intakte Embryonen eingepflanzt (Operationsbericht vom 14.06.1992, BI. 34 d.A.). Was mit den unireifen Eizellen geschah, wurde nicht dokumentiert.

Am 29.06.1992 wurde bei der. Klägerin zu 1) eine Schwangerschaft festgestellt. Sie wurde am 06.12.1992 in der 27. Schwangerschaftswoche von Vierlingen, den Klägern zu 3) bis 6), entbunden.

Die Kläger haben behauptet, die In-Vitro-Fertilisation sei fehlerhaft durchgeführt. worden. weil die Beklagten unter Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz vier Embryos in einem Zyklus transferiert hätten. Eine andere Ursache komme für die Vierlingsschwangerschaft nicht in Betracht. Es handele sich. nach den Blutgruppenbefunden nicht um eineiige Zwillinge, so dass eine nochmalige Teilung einer befruchteten Eizelle im Mutterleib ausscheide. Eine natürliche Befruchtung (Spontankonzeption) sei ebenfalls auszuschließen. Diese sei wegen der Vierwachsungen beider Eileiter bei der Klägerin zu. 1) nicht möglich. Zudem sei das Spermiogramm des Klägers zu 2) pathologisch und damit unzulänglich gewesen.

Die Beklagten hätten außerdem ihre Aufklärungspflichten verletzt. Sie, die Klägerin zu 1), sei über das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft insbesondere der Geburt von Vierlingen, und die damit verbundenen Gefahren nicht informiert worden.

Das Risiko der Mehrlingsgravidität sei nur beiläufig mit einer Rate von 1 % erwähnt worden, so dass sie, die Kläger zu 1) und 2), den Eindruck gewonnen hätten, dass dieses Risiko nicht ernsthaft in Betracht komme: Dass diese Gefahr bei jüngeren Frauengrößer sei, sei ihnen ebenfalls nicht mitgeteilt worden. Auch über die Möglichkeit einer parallelen Spontankonzeption seien sie nicht aufgeklärt worden. Ebenso wenig habe man ihnen die Möglichkeit einer versehentlichen Obertragung eines weiteren Embryos mitgeteilt: Ihr, der Klägerin zu 1), sei auch die Anzahl der befruchteten Eizellen nicht bekannt gegeben worden. Sie habe daher keine wirksame Zustimmung ‚zum Transfer einer konkreten Anzahl von Embryonen erklärt. Auch alternative Behandlungsmethoden für die Sterilität seien ihnen nicht mitgeteilt worden. Schließlich haben die Kläger behauptet, die In-Vitro-Fertilisation sei in ihrem Fall nicht indiziert gewesen.

Die Kläger haben weiter behauptet, dass die Gesundheit der Klägerin zu 1) sowie der Kläger zu 3) bis 6) durch die Mehrlingsgravidität und die Frühgeburten erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Bei der Klägerin zu 1) seien während der Schwangerschaft Gestosen, Ödeme in der Lunge sowie schlechte Blut- und Urinwerte aufgetreten. Nach der Geburt sei im September 1994 eine weitere

gynäkologische Operation notwendig geworden. Der gesundheitliche Zustand der Mehrlinge sei stark beeinträchtigt gewesen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf das landgerichtliche Urteil BI. 7, BI. 281 d.A., ergänzend verwiesen.

Nach alledem haben die Kläger die Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 10. DM an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) sowie in Höhe von jeweils von 5.000,00 DM an die Klägerinnen zu 4), 5) und 6) geltend gemacht. Außerdem haben sie Feststellungsklage wegen der weiteren Ersatzpflicht für materielle und immaterielle Schäden erhoben, insbesondere einer Unterhaltspflicht der Beklagten für. den Fall, dass die Kläger zu 1) und 2) versterben. Schließlich haben die Kläger zu 1) und 2) den Ersatz des Unterhaltsschadens für ein viertes Kind, welches sie nicht gewünscht hätten, verlangt.

Die Kläger haben beantragt,

1 a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1), den Kläger zu 3) und die Klägerinnen zu 4), 5) und 6) ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 96 Zinsen seit Klagezustellung (07.März 1996);

1 b) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Klägern zu 3) bis 6) jeden weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen haben, der auf das Geburtsereignis vom 06. Dezember 1992 zurückzuführen ist;

2) festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 4) der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs den. materiellen Schaden zu. ersetzen haben, der ihnen durch die Geburt eines vierten Kindes insbesondere durch den gesamten Unterhaltsbedarf entstanden ist und entstehen wird;

3) festzustellen, dass die Beklagten für den Fall, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) vor Beendigung ihrer Unterhaltspflicht für die Kläger zu 3) bis 6) versterben, den Unterhalt in der oben genannten Höhe an die Kläger zu

3) bis 6) direkt zu zahlen haben.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben behauptet, der Klägerin zu 1) seien. lediglich drei Embryonen eingepflanzt worden. Sie habe sich gegenüber dem Beklagten zu 4) hiermit einverstanden erklärt. Sie sei mehrfach auf das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft hingewiesen worden, und zwar durch die Ärztinnen Dres. und , durch ihren Frauenarzt Dr. und ihn, den Beklagten zu 4). Auch über das größere Risiko bei jüngeren Frauen sei sie aufgeklärt worden.

Die Vierlingsschwangerschaft könne auf verschiedene Ursachen zurückgehen. Es könne sich eine übertragene Eizelle geteilt haben. Möglicherweise habe es sich auch bei dem Achtzellembryo, der der Klägerin zu 1) übertragen worden sei, um zwei Vierzellembryonen gehandelt. Schließlich könne es sich auch um eine natürliche Spontankonzeption gehandelt haben. Diese sei durch die Verwachsungen von Eileiter und Eierstöcken nicht ausgeschlossen. Bei der Laparoskopie am 20.02.1990 sei nur eine Tube verschlossen gewesen. Das Risiko einer parallelen Spontankonzeption sei im Jahre 1992 mangels jeglicher Literatur noch nicht bekannt gewesen. Eine Aufklärung habe daher insoweit nicht erfolgen müssen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 03.02.1997, Blatt 93-95 d.A, vom 30.06.1997 (BI. 131 dA), vom 11.01.1999 (BI. 196 d.A), und vom 24.01.2000 (B I. 261 d.A), durch Vernehmung der Zeugen Dr. (BI. 108-110 dA), Dr. (Blatt 110-114 d.A) und Dr. (BI: 268-272 d.A), sowie durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen. Prof. Dr. vom 30.04.1998 (BI. 149-154 d.A), und eines Ergänzungsgutachtens des selben Sachverständigen vom 31.05.1999 (Bi. 203-208 d.A.).

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Daraufhin hat das Landgericht durch ein am 15.05.2000 verkündetes Urteil (BI. 274294 d.A), auf welches vollumfänglich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Beweisaufnahme habe einen Behandlungsfehler bei der In-Vitro-Fertilisation nicht ergeben. Der Sachverständige habe festgestellt, dass dieses Verfahren bei der Ehesterilität der Kläger zu 1) und 2) indiziert gewesen sei. Wegen der Verwachsungen an Eierstöcken und Eileitem der Klägerin zu 1) wäre eine natürliche Konzeption äußerst unwahrscheinlich gewesen. Alternative Behandlungsmethoden hätte es daher nicht gegeben.

Es sei auch kein Nachweis dafür geführt worden, dass mehr als drei Embryonen transferiert worden seien. Die ärztliche Dokumentation habe zwar keine Feststellungen zu der Frage enthalten, was mit den zwei unreifen Eizellen geschehen sei. Der Zeuge Dr. habe aber bestätigt, dass nur drei Embryonen bei der Klägerin zu 1) transferiert worden seien. Eine weitere Untersuchung wurde ausgeschlossen, da sich unter den Vierlingen keine eineiigen Zwillinge befanden. Die Ursache für das vierte Kind-sei daher in einer- natürlichen Zeugung zu sehen. Der Sachver- ständige habe ausgeführt, dass dies wegen der medikamentösen Stimulation der Eierstöcke möglich sei. Trotz der Verwachsungen sei zumindest eine Tube durchgängig gewesen.

Die Aufklärung der Kläger zu 1) und 2) sei ausreichend gewesen. Die Kläger seien mehrfach auf das Risiko einer Mehrlingsgeburt hingewiesen worden. Eine Aufklärung über die Gefahr einer Spontankonzeption parallel zur In-Vitro-Fertilisation sei nicht erforderlich gewesen, da dieses Risiko seinerzei in der Fachliteratur noch nicht bekannt gewesen sei: Im übrigen seien die Kläger zu 1) und 2) darauf hingewiesen worden, dass sie in der fraglichen Zeit keinen ehelichen Verkehr haben . sollten.

Gegen diese ihnen am 30.1.0.2000 zugestellte Entscheidung haben die Kläger am 06.11.2000 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 08.01.2001 begründet.

Die Berufung des Klägers zu 2) ist allerdings ohne entsprechende Vollmacht des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden. Sie ist mit Schriftsatz vom 29.3.2001 zurückgenommen worden.

Die Kläger zu 1) sowie 3) bis 6) bleiben bei ihrer Behauptung, dass die Kläger zu 1) und 2), nicht ausreichend aufgeklärt worden seien. Sie behaupten, das Risiko einer parallelen Spontankonzeption sei bereits 1992 bekannt gewesen (Beweis: Sachverständigengutachten). Insoweit habe es an einer Aufklärung gefehlt (Beweis: Parteivernehmung der Beklagten). Die Aufklärung durch die Ärztinnen Dres. und sei unzureichend gewesen, da beide sich erst im praktischen Jahr befunden hätten, also noch kein drittes Staatsexamen aufzuweisen gehabt hätten. Sie seien zudem erst kurzfristig bei den Beklagten beschäftigt gewesen (Beweis: Zeugnis Dres. und ). Die Zeuginnen hätten sich bei ihrer Vernehmung nicht an die Kläger erinnern können, sie hätten unsicher gewirkt und seien für das IVF-Verfahren nicht kompetent gewesen. Es sei auch lediglich das Merkblatt erklärt worden,. was nach der Rechtsprechung für eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht ausreiche. Insoweit sei den Beklagten ein Delegations- bzw. Organisationsverschulden vorzuwerfen.

Eine parallele Spontankonzeption sei nicht möglich gewesen, da sie, die Klägerin zu 1) und ihr damaliger Ehemann, der Kläger zu 2), in der Zeit der In Vitro-Fertilisation keinen Verkehr gehabt hätten. Eine spontane Konzeption sei im übrigen äusserst unwahrscheinlich (Beweis: Sachverständigengutachten).

Die Dokumentation der Beklagten habe Lücken enthalten. In dem IVF Verlaufsprotokoll finde sich keine Angabe darüber, wie viele der Eizellen inseminiert worden seien. In der Rubrik Anzahl der befruchteten Eizellen“ befinde sich kein Eintrag (Beweis: Sachverständigengutachten). Auch die Anzahl der befruchteten Eizellen sei nicht protokolliert worden (Beweis: wie oben). Es sei auch nicht angegeben, wie viele Eizellen. weiter kultiviert und wie viele vernichtet worden seien. Die Aussage des Sachverständigen Prof. Dr: im Ergänzungsgutachten vom 31.05.1999, Seite 5, 5. Absatz sei nicht haltbar. Diese Dokumentationslücken führen nach Auffassung der Kläger zu einer Beweislastumkehr. Sie behaupten jedenfalls, dass mehr als drei befruchtete .Eizellen transferiert worden seien (Beweis: Sachverständigengutachten). Im übrigen nehmen sie Bezug auf das Gutachten von Prof. Dr. im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft.

Schliesslich verweisen die Kläger auf ihren Vortrag erster Instanz.

Sie beantragen, das Urteil des Landgerichts Gießen vom 15.05.2000, Az.: 2 0 77/95, wie folgt abzuändern:

1 a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin zu 1), den Kläger zu 3) und die Klägerinnen zu 4) 4), 5) und 6) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung (07.03.1996) zu zahlen;

1 b) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Klägern zu 3) bis ,6) jeden weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen haben, der auf das Geburtsereignis vom 06.12,1992 . zurückzuführen ist;

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 4) ihr, der Klägerin zu 1), vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs der materiellen Schaden zu ersetzen haben, der ihr durch die Geburt eines, vierten Kindes – insbesondere durch den gesamten Unterhaltsbedarf – entstanden ist und entstehen wird;

3.. festzustellen, dass die Beklagten für den Fall; dass die Klägerin zu 1) vor Beendigung ihrer Unterhaltspflicht für die Kinder – die Kläger zu 3) bis 6) – versterben wird, den Unterhalt in der oben genannten Höhe an die Kläger zu 3) bis 6) direkt zu zahlen haben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen vor, hinsichtlich der Frage der Spontankonzeption sei festzustellen,, dass die Kläger diese zunächst nicht bestritten hätten. Sie hätten erst im Schriftsatz vom 01.11.1999 behauptet, keinen Verkehr gehabt zu haben. Die Möglichkeit einer Spontankonzeption sei 1992 nicht ausgeschlossen worden, weswegen der Hinweis auf Enthaltsamkeit zur Behandlungszeit gegeben worden sei. Diesen Hinweis hätten die Kläger in der Berufungsbegründung auch zugestanden. Unbekannt sei aber das Risiko der Mehrlingsschwangerschaft durch Spontankon-zeption parallel zum IVFVerfahren gewesen.. Dies sei durch den Sachverständigen. Prof. Dr bereits bestätigt worden.

Die Beklagten halten auch an ihrer Auffassung fest, die Kläger zu 1) und 2) ausreichend aufgeklärt zu haben. Es seien nicht nur die Aufklärungsbögen vorgelegt worden, sonder es habe anhand dieser Schriftstücke ausführliche Gespräche mit den Zeuginnen Dres. und Y geben. Dokumentationsmängel seien nicht vorhanden, wie aus der Aussage des Zeugen Dr. folge.

Wegen des Vortrags der Parteien im übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 8.1.2001 (BI. 337-342 d.A), die Berufungserwiderung vom 9.3.2001 (BI. 352-360 d.A), und die Schriftsätze der Kläger vom 29.3.2001 (BI. 364, 365 d.A) und vom 18.4.2001 (Bl. 377-381 d.A) verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhöben gemäss Beweisbeschluss vom 24.4.2001 (Bl. 389 d.A) durch Vernehmung des bisherigen Klägers zu 2) als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.4.2001 (BL. 390 d.A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers zu 2) ist mangels Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der übrigen Kläger unzulässig. Der Kläger zu 2) und der Prozessbevollmächtigte haben übereinstimmend angegeben, dass die Berufung ohne Erteilung einer Vollmacht des Klägers zu 2) eingelegt worden ist. Es mangelt daher insofem an einer Prozesshandlungsvoraussetzung. Die Berufung des Klägers zu 2) ist somit unwirksam.

Die Berufung der übrigen Kläger ist zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Den Klugern steht weder ein Anspruch auf Schmerzensgeld noch der Ersatz materiellen Schadens in Form von Unterhaltsaufwendungen für, ein viertes Kind zu. Auch im Fall des Versterbens der Kläger zu 1) und 2) haben die Beklagten für deren Kinder, die Kläger zu 3) bis 6), keinen Unterhalt zu leisten.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beweisaufnahme erster Instanz keinen ärztlichen Behandlungsfehler bei der In-Vitro-Fertilisation ergeben hat.

Die Behandlung war indiziert, wie der Sachverständige Prof. Dr. in seinem Gutachten vom 30.04.1998 (BI. 3, Bl. 151 d.A) festgestellt hat. Danach bestand bei der Klägerin zu 1) ein einseitiger Tubenverschluss. Auf der contra lateralen Seite war der Eileiter offen, das Ovar auf dieser Seite war jedoch in schleierartige Verwachsungen eingehüllt. Bei normalem Samenbefund des Ehemannes bestand eine Ehesterilität auf dem Boden einer beidseitigen . Funktionsunfähigkeit des tubo-ovariellen Funktionskomplexes aufgrund von Verklebungen bzw. Verwachsungen. Auch nach operativer Lösung und Beseitigung der schleierartigen Umhüllungen des Ovars auf der Seite der offenen Tube -persistierte die Sterilität, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Wiederauftreten der das Ovar umhüllenden Verwachsungen zurück zu führen ist: Der . Sachverständige zieht daraus den Schluss, dass eine eindeutige Indikation zur Durchführung einer In-Vitto-Fertilisation bestand, da die gegebene Ehesterilität nicht durch eine andere Behandlungsmethode überwunden werden konnte (a.a.O.).

Die Kläger zu 1) und 2) hatten auch wirksam in die Behandlung eingewilligt.

Die erste Aufklärung erhielten sie bereits von dem Frauenarzt der Klägerin, Dr. X. Die Bescheinigung dieses Altes vom 16.10.1991 weist aus, dass er das Ehepaar über die Methoden, Chancen und Risiken der künstlichen Befruchtung unterrichtet und zusätzliche Alternativen aufgezeigt hat. Insbesondere stellte er den Klägern zu 1) und 2) die seelischen und körperlichen Belastungen; die Erfolgsraten von Schwangerschaften, das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft sowie der damit verbundenen Risikoschwangerschaft dar. Ebenso wies .er auf Komplikationen hin, insbesondere auf solche, die durch eine Überstimulation verursacht werden könnten (Bl. 40 d.A). Desweiteren wurde den Klägern zu 1) und 2) zur Vorbereitung eines Besprechungstermins bei der Gesellschaft der Beklagten die Broschüre Therapie der Kinderlosigkeit“ (Bl. 37 d.A.) ausgehändigt. Darin werden die einzelnen.. Behandlungsschritte der IVF ausführlich dargestellt und erklärt.

Am 17.02.1992 führte die bei der Gesellschaft angestellte Ärztin Dr. mit den Klägern zu 1) und 2) ein ausführliches Aufklärungsgespräch. Das Landgericht hat Dr. als Zeugin gehört, wobei sich ergeben hat, dass diese sich zwer nicht an die Kläger persönlich erinnern konnte, dass aber die Art und Weise der Besprechung, wie sie sie üblicherweise mit den Patienten vornimmt, den Anforderungen an eine ordnungsgemässe Aufklärung genügt. Denn sie erklärt -während einer .halben bis einer ganzen Stunde die Indikation für die Behandlung sowie alle Eingriffe im einzelnen, die operative Punktion, die Narkose und auch den Transfer der Embryonen, ebenso die Art und Weise der Stimulationstherapie. Den Patienten wird mitgeteilt, dass nach den Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes lediglich drei Embryonen Embryonen übertragen werden dürfen. Die Anzahl der Embryonen wird mit den Patienten erörtert. Es wird darauf hingewiesen, dass die Übertragung von nur einem Embryo in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg biete. Daher wird die Übertragung, von zwei bis drei Embryonen empfohlen. Diese Entscheidung wird aber dem Patienten überlassen. Die Zeugin hat bei der Kammer einen erfahrenen und kompetenten Eindruck gemacht. Das Landgericht hat ihre Ausführungen für glaubhaft gehalten. Es- ist kein ausreichender Grund dafür ersichtlich, dass sie, als sie bei der Gesellschaft der Beklagten zu 1) bis 3) angestellt war, für das IVFVerfahren nicht kompetent gewesen sein sollte. Auch der Umstand, dass die Zeugin sich im praktischen Jahr befand, genügt für. sich allein noch nicht, ihre Kompetenz auf diesem Gebiet in Zweifel zu ziehen und den Beweiswert ihrer Aussage herabzumindern. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugin hält der Senat daher nicht für angebracht.

Das nächste Aufklärungsgespräch mit den Klägern zu 1) und 2) führte die Zeugin Dr. damals, am 11. 06.1992. Die Zeugin hat bekundet, dass sie die Patienten anhand des Merkblattes zur In-Vitro-Fertilisation. unterrichtet habe. Auch diese Zeugin konnte sich an die Kläger zu 1) und 2) nichtmehr persönlich erinnern und berichtete daher nur über die Art und Weise, wie sie in der Regel die Aufklärung vornimmt. Das Landgericht hatte aber keinen Zweifel daran, dass die Zeugin dies auch im Falle der Kläger zu 1) und 2) weisungsgemäß gehandhabt hat. Das Merkblatt (im Anlageheft PCO ohne Numerierung enthalten) enthält Informationen zu allen Schrittender IVF-Behandlung und zum Embryotransfer. Auch über mögliche Komplikationen wird darin informiert. Die Klägerin hat ihr Einverständnis miteiner. entsprechenden Behandlung am 11.06.1992 durch ihre Unterschrift dokumentiert. Für die Fachkompetenz dieser Zeugin gilt das gleiche wie für die Zeugin . Daher ist auch eine nochmalige Vernehmung der Zeugin A nicht angezeigt.

Das Landgericht hat zudem den Beklagten zu 4) informatorisch angehört, der angegeben hat, dass er am Tage des Transfers mit der Patientin nochmals die Zahl der Embryonen bespreche. Bei der Klägerin hätten seinerzeit drei befruchtete Eizellen vorgelegen. Bei einem Transfer von drei Embryonen sei es damals in 25 der Fälle zu einer Schwangerschaft gekommen, bei dem Transfer von nur zwei Embryonen hingegen nur noch in 5 % der Fälle, beim Transfer von einem Embryo allein nur noch in 1-2 % der Fälle.

Nach alledem ist daher mit dem Landgericht anzunehmen, dass die Kläger zu 1) und 2) ausreichend aufgeklärt worden sind, insbesondere auch über die Anzahl der befruchteten Eizellen, die der Klägerin zu 1) transferiert wurden, sowie über das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft und die damit verbundenen Gefahren.

Über das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft durch Spontankonzeption parallel zum IVF-Verfahren brauchte eine Aufklärung nicht zu erfolgen, da dieses seinerzeit nicht bekannt war. Der Sachverständige Prof.Dr. hat in seinem Gutachten vom 30.04.1998, Bl. 5, Bl. 153 d.A:, ausgeführt, dass Daten aus der systematischen Erfassung der Daten der assistierten Reproduktion in Deutschland durch das Deutsche IVF-Register erstmalig 1993 zu erhalten waren. Hier werde u.a. erfasst,. wie hoch die Inzidenz von Vierlingsgraviditäteh in Deutschland unter den Bedingungen des Embryonenschutzgesetztes sei. Die internationale wissenschaftliche Literatur enthalte diesbezüglich keine Informationen.

Damit haben die Beklagten ausreichend nachgewiesen, dass sie ihrer Aufklärungspflicht genügt haben. Zugleich ist hierdurch die Behauptung der Kläger widerlegt, das Risiko einer parallelen Spontankonzeption sei bereits 1992 bekannt gewesen. Ein weiteres Sachverständigengutachten zu dieser Frage kommt daher nicht in Betracht.. Im übrigen liegen auch die Vorraussetzungen von § 412 I und II ZPO nicht vor.

Eine Parteivernehmung der Beklagten zu der Behauptung der Kläger, sie seien über dieses Risiko nicht aufgeklärt worden, ist nicht durchzuführen, da dies von den Beklagten nicht bestritten worden ist, insofern aber – wie bereits dargelegt – eine Aufklärungspflicht nicht bestand:

Den Beklagten kann auch kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden. Dies hat das Landgericht ebenfalls zutreffend festgestellt.

Weder die Aussage des Zeugen Dr. kann noch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. haben Fehler bei der Durchführung des IVFVerfahrens und dem Embryonentransfer ergeben. Insbesondere haben die Kläger nicht bewiesen, dass der Klägerin zu 1) mehr als drei Embryonen transferiert wurden. Der Zeuge Dr. der seinerzeit bei der Gesellschaft der Beklagten zu 1) bis 3) als Biologe beschäftigt war, hat ausgesagt, der Klägerin zu 1) seien insgesamt fünf Eizellen entnommen worden. Drei davon seien selektiert, die zwei weiteren Eizellen seien vernichtet worden, was üblicherweise nicht dokumentiert werde. Die verbliebenen Eizellen Nummer 1, 2 und 3 seien dann befruchtet worden. Die Befruchtung sei von ihm am Tag nach der Punktion kontrolliert worden.

Außerdem habe er die weitere Zellteilung: überwacht. Am 14.06.1992 habe bei der Eizelle Nummer 3 ein achtzelliges Stadium vorgelegen. An diesem Tage habe er daher den Transferkatheter, einen sogenannten Wallace Katheter, geladen. Der Gynäkologe habe diesen dann injiziert.

Ein Behandlungsfehler kann aus dieser Aussage nicht abgeleitet werden. Insbesondere wird deutlich, dass keine vier, sondern lediglich drei Embryonen übertragen wurden. Dafür spricht auch, dass nach dem Embryonenschutzgesetz die Übertragung von mehr als drei Embryonen untersagt ist. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Beklagten gegen dieses Gesetz verstoßen haben.

Es findet insofern auch keine Beweislastumkehr aufgrund von Dokumentationsmängeln statt. Zwar ist festzustellen, dass die Dokumentation der Beklagten keine Feststellungen darüber enthält, was mit den zwei nicht verwandten Embryonen geschehen ist. Die Anzahl der insgesamt transferierten Embryonen ergibt sich aber aus dem sogenannten IVF GIFT Test Prost-Programm (BI. 43 des Sonderheftes Anlagen). Außerdem hat der Zeuge Dr. bekundet, wie das Verfahren von der Entnahme der Eizelle bis zur Ladung des sogenannten Wallace Katheters verlaufen ist. Er hat ausdrücklich angegeben, dass die beiden unreifen Eizellen vernichtet wurden. Demnach kann ausgeschlossen werden, dass statt drei Embryonen vier transferiert wurden.

Außerdem ist hier zu berücksichtigen, dass eine Beweislastumkehr wegen mangelnder Dokumentation. nicht in der Weise angenommen werden kann,. dass ein nicht dokumentierter Tatbestand als gegeben angenommen wird. Vielmehr kann nur unterstellt werden; dass eine nichtdokumentierte Maßnahme nicht durchgeführt wurde. Auch aus diesem Grund kann aus der gegebenen Dokumentationslücke hinsichtlich der zwei unreifen Embryonen nicht auf den Transfer von mehr als. drei Embryonen geschlossen werden.

Die Ursache für die Vierlingsgravidität, also die Einnistung mindestens einer zusätzlichen befruchteten Eizelle, liegt nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. aller Wahrscheinlichkeit nach in einer parallel zum IVF-Verfahren stattgefundenen Spontankonzeption. Diese ist seinen Feststellungen zufolge nicht unmöglich, obwohl, die Eheleute auch nach der Laparoskopie noch zwei Jahre ohne Konzeption blieben. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, im Zeitpunkt der Punktion (Entnahme der Eizellen) hätten sich im rechten Ovar mindestens zwei und im linken Ovar mindestens fünf Follikel befunden. Aus dem rechten Ovar seien zwei Eizellen und aus dem linken Ovar lediglich drei Eizellen aspiriert worden. Aus der Gewinnung von nur drei Eizellen bei Vorliegen von fünf Follikeln könne nicht geschlossen werden, dass zwei der fünf Follikel keine Eizelle enthielten. Es sei im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass in diesen Follikeln Eizellen enthalten gewesen, die beim Punktionsvorgang nichtaspiriert worden seien, in den Follikeln verblieben oderim kleinen Becken verloren gegangen seien. und somit grundsätzlich für eine Aufnahme in den offenen Eileiter und eine natürliche Befruchtung zur Verfügung gestanden hätten (Gutachten Blatt 3 und 4, Blatt 151, 152 d.A). Die Verwachsungen, die im Laparoskopiebericht beim linken Ovar festgestellt und bei diesem Eingriff gelöst worden seien, hätten sich zwar anschließend wiederneu gebildet haben können. Im IVF-Behandlungszyklus habe es aber zu einem Aufreißen dieser Verwachsungen kommen können, wodurch Eizellen des linken Ovars freien Zugang zur Bauchhöhle und damit auch zum offenen linken Eileiter gewinnen konnten. Durch die stimulationsbedingte Vergrößerung des Ovars auf das mehrfache seiner Größe infolge des Heranwachsens von mindestens fünf Follikeln hätten die Verwachsungen zerrissen werden können. Auch durch die Manipulation am linken Ovar während des Punktionsvorganges hätte dies geschehen können. Noch bei. einem einmaligen Verkehr fünf bis sechs Tage vor dem Eisprung könne eine Schwangerschaft mit einer Wahrscheinlichkeit von 5-10 % bei grundsätzlich fertilen Paaren zustände kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Konzeption steige auf ca. 30 % pro Zyklus, wenn der letzte Verkehr bis zu 48 Stunden vor dem Eisprung stattgefunden habe. Demnach sei eine parallel zur In-Vitro-Fertilisation stattgefundene Spontankonzeption durchaus möglich (BI: 4 des Gutachtens; Bl. 152 d.A.).

Die Kläger haben nicht bewiesen, dass diese Möglichkeit nicht in Betracht kommt, weil die Kläger zu 1) und 2) in der fraglichen Zeit keinen intimen Verkehr gehabt hätten. Der bisherige Kläger zu 2) hat als Zeuge ausgesagt, dass er zwar 10 Tage nach der Follikelpunktion keinen ehelichen Verkehr mit seiner damaligen Ehefrau, der Klägerin zu 1), gehabt habe, dass er aber nicht mehr wisse, ob er und die Klägerin zu 1) vor dem Eingriff miteinander verkehrt hätten. An eine Belehrung durch die Beklagten, vor der Punktion enthaltsam zu sein, konnte der Zeuge sich ebenfalls nicht mehr erinnern. Auf Vorhalt des von ihm unterzeichneten Merkblattes zur Spermapräparation (Bl. 45 des Sonderheftes Anlagen“) gab er an, dieses Schriftstück unterschrieben zu haben. Er nehme an, sich daran gehalten zu haben, könne dies aber nicht mit Sicherheit sagen: Da in diesem Merkblatt Enthaltsamkeit nur für die vier Tage vor der Punktion verlangt wird, kann aus der Aussage nicht geschlossen werden, dass die Kläger zu 1) und 2) in dem gesamten für eine Empfängnis in Frage kommenden Zeitraum, nämlich in den sechs Tagen vor der Punktion, enthaltsam waren. Der Sachverständige hat – wie bereits dargelegt – festgestellt, dass auch noch bei einem einmaligen Verkehr 5 bis 6 Tage vor dem Eisprung eine Schwangerschaft mit 5 bis 10 % Wahrscheinlichkeit bei grundsätzlich fertilen Paaren eintreten könne (Bl. 4 des Gutachtens, BI. 152 d.A.). Bei dem IVFVerfahren entspricht der Zeitpunkt des Eisprungs demjenigen der Follikelpunktion.

Es kommt hinzu, dass der Zeuge das Merkblatt erst am 11.6.1992, also einen Tag vor der Punktion, unterzeichnete. Da die Enthaltsamkeit lediglich der Sicherung einer guten Spermaqualität dienen sollte (vgl. Ziffer 1 des Merkblatts) und diese “ beim Kläger zu 2) gegeben war (vgl. Spermiogramm, BI. 12 des Sonderheftes „Anlagen“), ist in der Unterzeichnung des Merkblatts am 11.6.1992 kein ärztliches Versäumnis zu sehen.

Nach alledem kann ein Behandlungsfehler der Beklagten nicht festgestellt werden.

Demnach war der Berufung der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Dabei war die unterschiedliche Beteiligung der Kläger an den Streitgegenständen, insbesondere die Berufungsrücknahme des Klägers zu 2), zu berücksichtigen.

Das Urteil ist gemäss §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer wurde gemäss § 546 II ZPO festgesetzt.

Wegen eines Rechenfehlers bei Feststellung des Streitwertes im einzelnen wurden in dem am 22.4.2001 verkündteten Tenor unzutreffende Beträge für den Wert der Beschwer angegeben. Dieses Versehen ist in dem jetzt vorgelegten Tenor gemäss § 319 I und II ZPO berichtigt worden.

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