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Messie-Syndrom – abfallrechtliche Pflichten

OVG Lüneburg

Aktenzeichen: 7 LA 13/09

Beschluss vom 07.04.2009


Gründe

Mit dem im Tenor bezeichneten Urteil hat das Verwaltungsgericht die gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2004 gerichtete Klage abgewiesen. Damit ist dem Kläger unter Androhung der Ersatzvornahme aufgegeben worden, die in seinem Wohnhaus – wie bereits verschiedentlich in früheren Jahren – (erneut) aufgehäuften ca. 50 m³ hausmüllähnlichen Abfälle und Unrat (verdorbene Lebensmittel, Sperrmüll, Hausrat, Verpackungsmaterial, Alttextilien, Tageszeitungen etc.) zu entsorgen und dies nachzuweisen. Die Anordnung sei hinreichend bestimmt; eine noch weitergehende Spezifizierung habe der Kläger selbst vereitelt, weil er weder dem Beklagten noch dem Gericht in letzter Zeit Zugang zu seinem Haus gewährt habe. Auch der krankhafte Sammelzwang, an dem er leide, berechtige ihn nicht zu Verhaltensweisen, die – etwa durch das Anlocken von Ratten – mit Gesundheitsgefahren oder mit erheblichen Belästigungen – Fäkaliengeruch – für die Mitmenschen verbunden seien.

Mit seinem Berufungszulassungsantrag macht der Kläger geltend, er leide unter dem sogenannten Messie-Syndrom und neige deshalb zum Sammeln von Gegenständen, die üblicherweise als wertlos angesehen würden. Er scheue sich, Dritten Einsicht in seine häuslichen Verhältnisse zu gestatten. Da dies etwa auch für den Installateur gelte, habe er im Haus kein fließend Wasser. Seine Kontaktscheu habe sich in den letzten Jahren aber etwas verringert. So gehe er wieder selbst einkaufen und unterhalte sich gelegentlich mit seinen Nachbarn. Eine Zwangsräumung brächte die Gefahr, dass er wieder in seine alten Verhaltensmuster zurückfalle. Ein Berufungsverfahren gäbe die Gelegenheit, einen Vergleich etwa dahingehend abzuschließen, dass ihm Abfallbehälter zur Verfügung gestellt würden und er die Entsorgung vollständig selbst durchführen könne.

Einen vom Beklagten während des Berufungszulassungsverfahren mit Billigung des Gerichts vorgeschlagenen Vergleich, der dem Wunsch des Klägers nach Selbstdurchführung der Entsorgung – allerdings mit anschließender Überprüfung im Wohnhaus – entsprach (GA Bl. 110, 111), hat der Kläger abgelehnt.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

Entgegen § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO bezeichnet er keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO aufgeführten – fünf – Gründe, die zu einer Zulassung der Berufung führen.

Sähe man mit ihm sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht, vermag das Vorbringen solche Zweifel nicht zu begründen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der auf § 21 KrW-/AbfG gestützten Anordnung, eines gestaltenden Verwaltungsakts, ist derjenige der letzten behördlichen Entscheidung, hier also der 7. Dezember 2004 (Widerspruchsbescheid). Wie sich die Verhältnisse derzeit darstellen und ob sich die Abfallsituation im Haus des Klägers seitdem etwa (zum Besseren) verändert hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers für die Rechtmäßigkeit des Bescheides ohne Belang. Er behauptet jedenfalls nicht, dass die Situation 2004 grundlegend anders als von den Bescheiden angenommen war.

Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend bestätigt, dass die krankhafte Sammelneigung des Klägers die abfallrechtliche Beseitigungspflicht nach den §§ 11 Abs. 1, 10 Abs. 1, Abs. 4 KrW-/AbfG nicht entfallen lässt. Die Gemeinwohlklausel des § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG unter Einschluss insbesondere des Gesundheitsschutzes ist Gefahrenabwehrrecht (Kunig in Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. Aufl, Rn. 26 zu § 10). Darauf, ob der gemeinwohlwidrige Zustand von dem Betreffenden verschuldet ist, kommt es deshalb nicht an, ebenso nicht darauf, dass der gesetzlich anzustrebende Zustand der Nichtbeeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch Abfälle den individuellen Vorstellungen oder Neigungen des Klägers entspricht oder nicht.

Was schließlich die Befürchtung des Klägers betrifft, er würde bei einer Zwangsräumung und damit verbundenen Eingriffen in seine Privatsphäre in seiner psychischen Gesundheit negativ betroffen, hat er es selbst in der Hand, Zwangsmaßnahmen (Ersatzvornahme) durch die Befolgung der Entsorgungsaufforderung abzuwenden.

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