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Mietausfallschaden – Beleidigung von Mietern durch Dritte – Einschreitungspflicht

Saarländisches Oberlandesgericht

Az: 5 W 2/07

Beschluss vom 04.04.2007


In dem Wohnungseigentumsverfahren hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken am 4.4.2007 beschlossen:

I.
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 6.11.2006, 5 T 183/06, aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

II.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Gründe

I.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin waren Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft „G. in Homburg“. Die Antragsgegnerin bewohnte die ihr bis 2004 gehörende und unter der Eigentumswohnung des Antragstellers gelegene Eigentumswohnung zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem Zeugen F.. Die Wohneinheit des Antragstellers war an die Zeugin K. vermietet, die diese mit ihrer Tochter bewohnte. Das Wohngebäude ist insgesamt hellhörig.

Mit Schreiben vom 23.11.2002 zeigte die Mieterin K. gegenüber dem Antragsteller näher bezeichnete Verhaltensweisen des Zeugen F. („folgende Schikanen“) an (Bl. 7 d.A.).

In der auf den 10.11.2003 anberaumten Wohnungseigentümerversammlung war unter TOP 6 ein Beschluss über den Entzug des Wohnungseigentums nach § 18 WEG von Frau M. S. wegen Verstoßes gegen die Gemeinschafts- und Hausordnung vorgesehen (Bl. 29 d.A.). Eine solche Beschlussfassung erfolgte nicht (Bl. 30 d.A.).

Mit Schreiben vom 28.10.2003 kündigte die Mieterin K. das Wohnraummietverhältnis zum 31.1.2004 unter Hinweis auf die bereits kurze Zeit nach Beginn des Mietverhältnisses (1.9.2001) einsetzenden Schikanen und ständigen Beleidigungen durch den Zeugen F. (Bl. 92 d.A.).

Mit am 2.12.2003 eingegangenem Schriftsatz vom 27.11.2003 leitete der Antragsteller ein Verfahren nach § 14 WEG ein und beantragte, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Störungen ihres Hausgenossen Karl F. gegenüber den Mietern der Wohnungen G., 66624 Homburg, insbesondere Eigentumswohnung Nr. 4, Frau J. K. und C. K., zu unterlassen, und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen, ersatzweise Ordnungshaft.

Im Hinblick auf die von der Mieterin K. ausgesprochene Kündigung des Mietvertrages stellte der Antragsteller seinen Antrag um auf Zahlung von Schadensersatz in Form von Mietausfall, zuletzt in Höhe von 3.277,63 €. Die Wohnung war zum 1.8.2004 weitervermietet worden.

Der Antragsteller hat sein Begehren auf eine von der Antragsgegnerin geduldete, von ihrem Lebensgefährten begangene grobe Verletzung der Pflichten eines Mitgliedes der Wohnungseigentümergemeinschaft und auf eine Verletzung von § 14 Nr. 1, Nr. 2 WEG gestützt. Dieser habe bereits seit September 2001 ständig und in außergewöhnlich unerträglicher Weise die Mieterin seiner Wohneinheit und deren Tochter beschimpft, bedroht, belästigt und beleidigt, aber auch gelegentliche Besucher angepöbelt und beleidigt. Auch habe er ständig mit einem harten Gegenstand gegen die Decke geklopft. Die Beleidigungen hätten darin bestanden, dass er die Mieterin und deren Tochter angeschrieen und beispielsweise als Ausländerpack, Asoziale und ähnliches und deren Besuchter als Pack, asoziales Pack und dergleichen tituliert habe. Dies habe sich bis zum Auszug der Mieterin mehrfach wöchentlich, manchmal täglich ereignet. Mehrfachen Versuchen eines einträglichen Auskommens habe sich die Antragsgegnerin, aber auch der Zeuge F. verschlossen. Nach der Kündigung der Mieterin habe er sich unverzüglich durch Einschaltung der Hausverwaltung, eines Maklerbüros und durch Nachfragen im Bekanntenkreis um eine Weitervermietung bemüht, und auch die Mieterin habe Anstrengungen in diese Richtung unternommen, eine Weitervermietung sei dennoch erst zum 1.8.2004 gelungen.

Die Antragsgegnerin hat demgegenüber darauf verwiesen, dass der Sachvortrag zu den behaupteten Pflichtverletzungen insgesamt nicht substanziiert sei und sich im Übrigen in der Kündigung nur ein allgemeines Vermieterrisiko realisiert habe. Weiterhin verweist sie darauf, dass sie und ihr Lebensgefährte durch unerträgliche Ruhestörungen seitens der Mieterinnen, die auch in der den Mieterinnen bekannten unzulänglichen Trittschallisolierung – so seien die Mieterinnen gebeten worden, nicht mit harten Absätzen über den Boden zu laufen- ihre Ursache gehabt habe, gestört worden seien, weshalb sie ihre Wohnung unter Inkaufnahme eines hohen wirtschaftlichen Verlustes verkauft habe und zum 15.4.2004 ausgezogen sei.

Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer mit Beweisbeschluss vom 12.10.2005 angeordneten Beweisaufnahme (Bl. 93 ff, 108 ff d.A.) die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 15.2.2006 antragsgemäß verurteilt (Bl. 137 ff d.A.). Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass auf der Grundlage der Beweisaufnahme feststehe, dass die Antragsgegnerin gegen die ihr gemäß § 14 Nr. 1, 2 WEG obliegenden Pflichten verstoßen habe, weil sie trotz Beschwerden nicht dafür gesorgt habe, dass ihr Lebensgefährte die Mieter des Antragstellers nicht belästigt, was eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition der anderen Wohnungseigentümer und damit des Antragstellers darstelle. Dass dieser die Mieterinnen in großem Maße belästigt, beleidigt und schikaniert habe, stehe auf Grund der Beweisaufnahme fest. Denn die Zeuginnen K. hätten glaubwürdig, klar und in sich widerspruchsfrei und ausführlichen die verschiedenen Verhaltensweisen des Zeugen F. geschildert. Auch die neutralen Zeugen S. und D. hätten deren Aussagen in weiten Bereichen bestätigt. Hingegen habe die Aussage des Zeugen F. nicht überzeugen können, der überdies eingeräumt habe, sich durch die Mieterinnen K. gestört gefühlt zu haben und diese deswegen mehrfach angesprochen und zur Ordnung gerufen zu haben. Der Zeuge F. habe in der mündlichen Verhandlung bei dem Gericht den Eindruck hinterlassen, dass er sich über Geräusche der Zeuginnen K. in einer Art und Weise beschwert habe, die das normale Maß überstiegen. Der somit dem Grunde nach gerechtfertigte Anspruch sei auch in voller Höhe zuzusprechen gewesen, weil die Beweisaufnahme ergeben habe, dass die Wohnung trotz Bemühungen der Maklerin wegen des Verhaltens des Zeugen F. nicht vor dem 1.8.2004 habe weitervermietet werden können.

Gegen den ihr am 17.3.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 31.3.2006 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 152 d.A.) und im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches insgesamt nicht erfüllt seien, weil ungeachtet des Umstandes, dass der Vermieter ohnehin nur bis zum Ablauf der Frist der Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung eine Entschädigung beanspruchen könne, die Pflichtverletzungen nicht hinreichend dargelegt worden seien und sich die Antragsgegnerin auch ein pflichtwidriges Verhalten ihres Lebensgefährten nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Auch sei die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nicht nachvollziehbar, zumal die Aussagen der Zeuginnen K. nicht in Einklang gestanden hätten.

Das Landgericht hat nach einem Hinweis im Termin vom 11.10.2006, wonach die antragsbegründenden Pflichtverstöße nicht hinreichend dargetan seien (Bl. 193 d.A.), mit Beschluss vom 6.11.2006 den Beschluss des Amtsgerichts Homburg aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen (Bl. 202 ff d.A.). Es hat hierzu ausgeführt, dass die Pflichtverstöße bereits nach dem Sachvortrag des Antragstellers, aber auch nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme für eine Verurteilung nicht ausreichten. An die Darlegung einer „ständigen Belästigung, Beschimpfung, Bedrohung“ seien nämlich solche Anforderungen zu stellen, die nicht hinter denen für eine Entziehung des Wohnungseigentums gemäß § 18 WEG verlangten zurückblieben, weil gerade bei schwer greifbaren „ständigen“ psychischen Beeinträchtigungen ein Schadensersatzverlangen ohne strenge Prüfung leicht der Entziehung von Wohnungseigentum gleich komme. Insoweit mangele es indes an einer konkreten Darlegung der Verhaltensweisen des Zeugen F. nach Zeit, Ort und Begebenheit, die mehr als eine nur unerhebliche Beeinträchtigung darstellten. Jedenfalls sei nicht bewiesen, dass sich das Verhalten des Zeugen F. nachgerade als schikanös darstelle. Der Zeuge F. habe in Abrede gestellt, die Mieterinnen oder deren Besucher beleidigt, bedroht oder beschimpft zu haben, indes eingeräumt, sich mehrere Male über rücksichtsloses Verhalten der Mieterinnen beschwert zu haben. Auch habe die Zeugin C. K. die vielfachen Beleidigungen und Beschimpfungen, wie sie die Zeugin J. K. geschildert habe, nicht bestätigt. Die nur punktuellen Vorfälle, wie sie auch von den Zeugen S. und D. beschrieben worden seien, genügten jedenfalls nicht. Ebenso wenig das von der Zeugin C. K. bestätigte Klopfen an die Decke, da im Hinblick auf die Hellhörigkeit des Hauses die Urheberschaft zweifelhaft sei. Letztlich sei die Aussage der Zeugin K., die das Verfahren durch ihren Auszug in Gang gesetzt habe, nicht mehr oder weniger glaubhaft als die Aussage des Zeugen F.. Somit mangele es an einem kausalen Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Zeugen F. und dem Auszug der Mieterinnen. Auch sei nicht auszuschließen, dass der Auszug erst auf das Drängen des Zeugen S., wie von diesem beschrieben, erfolgt ist. Letztlich sei auch die haftungsausfüllende Kausalität widerlegt, da eine Weitervermietung auch nach dem Auszug des Zeugen F. (15.4.2004) nicht zeitnah erfolgt sei, so dass anzunehmen sei, dass andere Umstände einer Weitervermietung im Wege gestanden hätten.

Gegen den gemäß Verfügung vom 10.11.2006 am 18.12.2006 dem Antragsteller formlos zugestellten Beschluss des Landgerichts (Bl. 213 d.A.)hat dieser mit am 2.1.2007 eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt (Bl. 218 d.A.) und diese am 7.2.2007 begründet (Bl. 220 ff d.A.). Er rügt, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft die Anforderungen, die § 14 Nr. 1, 2 WEG an einen Nachteil stellten, verkannt habe. Hierfür genüge nämlich jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des anderen Wohnungseigentümers unter Berücksichtigung der Teilungserklärung /Gemeinschaftsordnung in Verbindung mit den nachbarrechtlichen Grundsätzen und nicht solche, wie sie § 18 WEG voraussetze. Diese Vorschrift könne auch nicht analog herangezogen werden und zu einer äußerst strengen und restriktiven Auslegung des § 14 WEG führen. Auch habe das Landgericht verkannt, dass der Sachvortrag zu den Verstößen hinreichend substanziiert sei, um eine unzumutbare Beeinträchtigung nachzuweisen. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht zudem angenommen, dass die Pflichtverstöße nicht bewiesen seien, da das Erstgericht maßgebend auf der Grundlage des persönlichen Eindrucks entschieden habe. Auch habe das Landgericht, soweit es um die Motivation zum Auszug gehe, die Aussage der Zeugin J. K. unzutreffend gewertet und Mutmaßungen angestellt, die durch nichts belegt seien. Das gleiche gelte in Bezug auf die Aussagen der Zeugen S. und G..

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 6.11.2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 3.277,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.1.2006 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss des Landgerichts.

II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22, 27, 29 FGG zulässig. Dass der Rechtsweg der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG eröffnet ist, unterliegt keinem Zweifel. Denn Verfahrensgegenstand ist ein Streit um die Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Der Antragsteller begehrt nach § 280 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1, Nr. 2 WEG bzw. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 BGB, § 14 Nr. 1, Nr. 2 WEG Schadensersatz in Form von Mietausfall. Seine Grundlage findet der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in der Beeinträchtigung des Wohnungseigentums, also in einem Sachverhalt, der im Wege des WEG-Verfahrens zu verfolgen ist.

2. Auf die sofortige weitere Beschwerde war der angefochtene Beschluss des Landgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Denn die Ausführungen des Landgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.

a. Nach § 14 Nr. 1 WEG hat jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum so zu benutzen, dass den übrigen Wohnungseigentümern daraus keine vermeidbaren Nachteile entstehen. Er hat deshalb alles zu unterlassen, was die übrigen Wohnungseigentümer in der Nutzung des Sondereigentums oder des Gemeinschaftseigentums vermeidbar stören würde und deshalb von seinem Eigentum nur in der Weise Gebrauch zu machen, dass keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil durch die Nutzung des Wohnungseigentums entsteht. Er hat darüber hinaus für die Einhaltung dieser Verpflichtung durch die Personen zu sorgen, denen er die Nutzung seines Sondereigentums überlässt, § 14 Nr. 2 WEG. Deshalb obliegt es dem vermietenden Wohnungseigentümer, seinen Mieter, der von dem vermieteten Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum in unzulässiger Weise Gebrauch macht und dadurch die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigt, auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und notfalls das Mietverhältnis so schnell wie möglich zu beenden. Das gleiche gilt, soweit der Wohnungseigentümer sein Eigentum anderen Personen zur (Mit-) Benutzung überlässt. Verletzt ein Wohnungseigentümer diese Pflichten, ist er dem anderen Wohnungseigentümer zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet. Darüber hinaus haftet er den anderen Wohnungseigentümern für ein schuldhaftes Handeln seines Mieters/ sonstigen Nutzungsberechtigten gemäß § 278 BGB. Zwischen den Wohnungseigentümern besteht nach einhelliger Auffassung ein gesetzliches Schuldverhältnis. Ebenso wie sich jeder Schuldner zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen eines Dritten als Erfüllungsgehilfen bedienen kann, kann sich auch der Wohnungseigentümer gegenüber seinen Miteigentümern bei der Erfüllung seiner Pflicht, das Eigentum nur in der in § 14 WEG bestimmten Weise zu gebrauchen, vertreten lassen. In dem Umfang, wie er sich zur Erfüllung seiner Pflichten aus § 14 WEG einer anderen Person bedient, haftet er für dessen Verschulden gemäß § 278 BGB (vgl. BayObLG, Beschl. v. 24.10.2001, 2Z BR 120/01, NZM 2002, 167; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.4.1995, 3 Wx 472/94, WuM 1995, 497; OLG Köln, Beschl. v. 6.2.2006, 16 Wx 197/05, OLGR 2006, 524).

Die von dem anderen Wohnungseigentümer durch die Verletzung der vorgenannten Pflichten zu besorgenden Nachteile beschränken sich nicht nur auf erhebliche Beeinträchtigungen oder Gefährdungen, sondern erfassen jegliche nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigungen (Weitnauer-Lüke, WEG, 9. Aufl., § 14, Rdnr. 2, m.z.w.N.). Denn anders als in § 18 WEG, der die Entziehung des Wohnungseigentums durch Begründung eines Veräußerungsanspruchs vorsieht, wenn der Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der gegenüber den anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht und insbesondere trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 WEG obliegenden Pflichten verstoßen hat, dass diesen eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, löst § 14 WEG eine Unterlassung- bzw. Schadensersatzpflicht bereits unterhalb dieser Schwelle aus. Der Veräußerungsanspruch ist nämlich das letzte Mittel, wenn alle anderen Rechtsbehelfe versagen. Deshalb genügt für die Begründung eines auf die Verletzung von § 14 WEG gestützten Unterlassungs- bzw. Schadensersatzanspruches, dass nach dem Empfinden eines verständigen Wohnungseigentümers eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu besorgen ist (vgl. hierzu auch Palandt-Bassenge, BGB, 65. Aufl., WEG § 14, Rdnr. 3, m.w.N.).

Dies gilt auch, wenn es um Verhaltensweisen geht, die zu einer psychischen Beeinträchtigung des anderen Wohnungseigentümers oder sonstiger Personen, die sich in dessen Wohnung aufhalten, führen. Auch psychische Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel durch Beleidigungen, Beschimpfungen und dergleichen, können nach § 14 Nr. 1, Nr. 2 WEG zu einem Unterlassungs- bzw. Schadensersatzanspruch dann führen, wenn sie von dem räumlich gegenständlichen Bereich des Sondereigentums oder Gemeinschaftseigentums ausgehen. Verboten werden können sie nicht wegen ihres beleidigenden Inhalts, sondern nur wegen der von dem räumlich-gegenständlichen Bereich des einen Sondereigentums ausgehenden in den räumlich- gegenständlichen Bereich des anderen Sondereigentums einwirkenden Störung. Entscheidend ist nämlich die Objektbezogenheit, nicht allein die Personenbezogenheit der Störung. Sind die Beleidigungen, Beschimpfungen etc. so lang andauernd und intensiv, dass sie zu einer Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbehagens der davon betroffenen Personen führen, ist die Störung objektbezogen. Dies gilt vor allem auch dann, wenn in Folge der Verhaltensweise der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung/ Mietsache in erheblichem Umfang gehindert ist, weil ein unbeschwerter Zugang zu bzw. ein Verlassen der Wohnung ohne Gefahr belästigenden Verhaltens nicht mehr gewährleistet ist (OLG Köln, aaO; KG, Beschl. v. 11.9.1987, 24 W 2634/87, NJW-RR 1988, 586). Auch hier genügt für die Begründung einer Unterlassungs- bzw. Schadensersatzpflicht eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung, ohne dass eine Pflichtverletzung solchen Ausmaßes vorliegen muss, die einen Veräußerungsanspruch zu rechtfertigen geeignet ist.

Dies hat das Landgericht verkannt. Es hat die Auffassung vertreten, dass -gerade in Fällen einer auf psychische Beeinträchtigungen gestützten Pflichtverletzung- die Anforderungen an die Darlegung der Verhaltensweise nicht geringer seien als bei einem auf § 18 WEG gestützten Veräußerungsanspruch. Damit hat es den Prüfungsmaßstab für zu einem Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch führende Beeinträchtigungen über die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 14 Nr. 1 2 WEG ausgedehnt und somit die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast für einen auf § 14 Nr. 1, Nr. 2 WEG gestützten Schadensersatzanspruch überspannt.

Die Entscheidung des Landgerichts stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten hat, der Antragsteller habe nach Maßgabe einer strengen Darlegungslast die Verhaltensweisen des Zeugen F. nicht nach Zeit, Ort und Begebenheit ausreichend konkret dargelegt, kann dem nicht gefolgt werden. Der Antragsteller hat vorgetragen, dass die Beleidigungen und Beschimpfungen sowohl der Mieterin und deren Tochter als Ausländerpack und Asoziale als auch deren Besucher als Pack bzw. asoziales Pack, sowie die weiteren als störend empfundenen Handlungen wie das Klopfen an die Decke oder das Klopfen an die Wohnungstür in der Zeit zwischen September 2001 bis zum 31.1.2004 mehrfach wöchentlich, manchmal täglich erfolgt sei (Schriftsatz vom 30.8.2005, Bl. 87 d.A.). Weiterhin hat er beispielhaft Episoden benannt (Schriftsatz vom 27.4.2004, Bl. 25 ff d.A.). Damit hat der Antragsteller die inkriminierten Verhaltensweisen, die das Maß einer unerheblichen Beeinträchtigung offensichtlich überschreiten und auch nicht allein mit der allgemeinen „Hellhörigkeit“ des Hausanwesens erklärt werden können, nach Zeit, Dauer und Intensität, hinreichend konkretisiert.

b. Soweit das Landgericht seine Entscheidung weiter darauf gestützt hat, ein Verstoß gegen die einem Wohnungseigentümer gemäß § 14 WEG obliegenden Pflichten, insbesondere ein in der Summe der Beanstandungen nachgerade schikanöses Verhalten sei jedenfalls nicht bewiesen, ist auch dies nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Amtsgericht hatte auf der Grundlage der Darlegungen des Antragstellers über die Verhaltensweise des Lebensgefährten der Antragsgegnerin, des Zeugen F., Beweis erhoben. Es hat die Zeuginnen K. und so auch die Zeugin J. K., die das Beweisthema vollumfänglich bestätigt hat, für glaubwürdig befunden, den Zeugen F., der die ihm vorgeworfenen Verhaltensweisen sämtlich in Abrede gestellt hat, hingegen nicht überzeugend gefunden, sondern vielmehr im Hinblick auf dessen Aussageverhalten den Eindruck gewonnen, dass dieser gegenüber den Mieterinnen bei seinen Beschwerden ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das über das normale Maß hinausgegangen sei.

Das Landgericht hat die protokollierte Aussage des Zeugen F. indes zur Grundlage seiner Entscheidungsfindung gemacht, ohne die Zeugen selbst vernommen zu haben, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass, wenn überhaupt, allenfalls davon auszugehen sei, dass der Zeuge F. einmal im Monat an die Decke geklopft hat, und dass auch die wiederholten Beleidigungen und Beschimpfungen nicht nachgewiesen seien. Auch sei die Aussage der Zeugin J. K. nicht mehr oder weniger glaubhaft als die Aussage des Zeugen F..

Dies war verfahrensfehlerhaft. Denn das Landgericht war verpflichtet, die Zeugen erneut zu vernehmen. Zwar steht eine Wiederholung der Beweisaufnahme grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, § 398 ZPO, und besteht eine Pflicht zur erneuten Vernehmung von Zeugen oder Parteien nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche liegen indes vor, wenn das Berufungsgericht eine Zeugenaussage abweichend vom Erstgericht würdigt und für die abweichende Bewertung Faktoren im Vordergrund stehen, deren Beurteilung – wie die Urteilsfähigkeit des Zeugen, sein Erinnerungsvermögen, seine Wahrheitsliebe -wesentlich vom persönlichen Eindruck des Zeugen auf den Richter abhängen, oder wenn die Entscheidung von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen abhängt, dessen Aussage der Erstrichter nicht gewürdigt hat. Die erneute Vernehmung von Zeugen ist ferner geboten, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen abweichend vom erstinstanzlichen Gericht würdigt oder wenn es die Aussage eines Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält, wenn es die protokollierte Aussage eines Zeugen anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz oder wenn das Berufungsgericht der Aussage eines Zeugen bei der Würdigung der Bekundungen eines anderen Zeugen ein ihr vom erstinstanzlichen Gericht nicht beigemessenes Gewicht geben will. In diesem Fall ist das Berufungsgericht gehalten, die Zeugen erneut zu vernehmen. Das Gleiche gilt, wenn das Amtsgericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine förmliche Beweisaufnahme durchgeführt hat (BGH, Urt. v. 20.10.1987, X ZR 49/86, MDR 1988, 484; BGH, Urt. v. 22.9.1988, IX ZR 219/87, NJW-RR 1989, 380; BayObLG, Beschl. v. 1.8.2000, 1Z BR 171/99, sowie Beschl. v. 15.1.1998, 1Z BR 68/97, FamRZ 1998, 1469; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.1.1989, 3 W 176/88, MDR 1989, 649). Von daher war das Landgericht, das auf der Grundlage der protokollierten Zeugenaussagen die Glaubwürdigkeit der Zeugen, insbesondere der Zeugin J. K. und des Zeugen F., abweichend vom Amtsgericht gewürdigt hat, verpflichtet, die Zeugen erneut zu vernehmen.

Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass das Landgericht bei der Würdigung der protokollierten Aussage des Zeugen F. die protokollierte Aussage der Zeugin C. K. herangezogen hat. Denn auch insoweit weicht das Landgericht ersichtlich von dem Verständnis, das das Amtsgericht von der Aussage der Zeugin C. K. gehabt hat, ab und verleiht ihr im Rahmen der Würdigung der Aussage des Zeugen F. ein Gewicht, das ihr das Amtsgericht nicht beigemessen hat. Auch aus diesem Grund war eine erneute Zeugenvernehmung geboten.

c. Aus den nämlichen Erwägungen können die Ausführungen des Landgerichts zur Frage des kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des Zeugen F. und dem beim Antragsteller eingetretenen Schaden bzw. zur haftungsausfüllenden Kausalität keine Geltung beanspruchen.

Von daher war auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers der Beschluss des Landgerichts vom 6.11.2006 aufzuheben und die Sache zur erneuten Befassung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

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