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Mieterhöhung wegen Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturenklausel

Oberlandesgericht Karlsruhe

Az.: 7 U 186/06

Urteil vom 18.04.2007

Vorinstanz: Landgericht Karlsruhe, Az.: 8 C 540/05


Leitsatz:

Ist eine der Klausel über die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam, ist der Vermieter berechtigt, im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens einen entsprechenden Zuschlag auf die Miete zu verlangen.


In dem Rechtsstreit wegen Zustimmung hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2007 für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 06.07.2006 – 8 C 540/05 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, über die erstinstanzlich zuerkannte Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Grundmiete für die im Dachgeschoss des Hauses Finkenweg 9, Karlsruhe, angemietete Wohnung um 2,08 EUR der Erhöhung um weitere 28,28 EUR monatlich, also auf monatlich 378,04 EUR zuzüglich Nebenkosten und Stellplatzmiete wie bisher mit Wirkung ab dem 01.12.2005 zuzustimmen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des ersten Rechtszugs. Von den Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 %.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Grundmiete für die im Dachgeschoss des Hauses in Karlsruhe angemietete Wohnung ab dem 01.12.2005.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Höhe von 2,08 EUR stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Es stehe aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens fest, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten 349,76 EUR monatlich ohne Nebenkosten und Stellplatzmiete betrage; ein Zuschlag für die nicht geschuldeten Schönheitsreparaturen wegen der unwirksamen Klausel in § 14 b des Formularmietvertrages sei nicht vorzunehmen, da sich bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete ausschließlich nach den Kriterien dieser Vorschrift bestimme, sodass ein Rückgriff auf Kostenmietelemente mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ausgeschlossen sei.

Mit der Berufung begehrt die Klägerin zunächst über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag die Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete für die Wohnung um weitere 36,47 EUR auf 386,23 EUR monatlich. In der mündlichen Verhandlung hat sie die Klageerweiterung wieder zurückgenommen und begehrt noch die Zustimmung zu einer weiteren Erhöhung der Miete um 28,28 EUR auf den im Mieterhöhungsverlangen genannten Betrag von 378,04 EUR. Zur Begründung führt sie aus, dass das Amtsgericht in rechtsfehlerhafter Weise einen jährlichen Zuschlag für Schönheitsreparaturen von 8,50 EUR/m² Wohnfläche im Jahr versagt habe. Die Übernahme der Schönheitsreparaturen habe Entgeltcharakter. Wenn – wie hier – die Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam sei, könne erst durch die Hinzurechnung eines Zuschlags, der sich an § 28 Abs. 4 S. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung mit 8,50 EUR/m² Wohnfläche im Jahr orientiere, die Vergleichbarkeit mit Mieten anderer Wohnungen sichergestellt werden.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Berufungsrechtszug wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist im zuletzt geltend gemachten Umfang begründet.

1.

Die Berufung ist zulässig.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,00 EUR (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Rechtsmittelbeschwer bei Klagen auf Mieterhöhung ist nach § 9 ZPO zu bestimmen, sodass der 3 ½-fache Jahresbetrag des streitigen Betrages maßgeblich ist (vgl. BGH BGHR 2003, 1036; Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, 26. Auflage § 3 Rn. 16 „Mietstreitigkeiten“ und § 9 Rn. 1). Hier hat die Klägerin erstinstanzlich eine Mieterhöhung um 30,36 EUR monatlich verlangt und lediglich mit einem Betrag von 2,08 EUR monatlich obsiegt, sodass sie in Höhe von 28,28 EUR monatlich durch das amtsgerichtliche Urteil beschwert ist und sich damit der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 1.187,76 EUR beläuft (28,28 EUR x 42 Monate).

2.

Die Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB über den im erstinstanzlichen Urteil zugesprochenen Betrag von 2,08 EUR hinaus Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete um weitere 28,28 EUR auf 378,04 EUR monatlich ab dem 01.12.2005, da die in § 14 b Nr. 2 des Formularmietvertrages enthaltene Regelung über die laufenden Schönheitsreparaturen unwirksam ist und der Klägerin in Anlehnung an § 28 Abs. 4 S. 2 der II. Berechnungsverordnung

einen Zuschlag von 8,50 EUR/qm im Jahr zusteht.

a) Zu Recht hat das Amtsgericht entschieden, dass die in § 14 b Nr. 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Formularmietvertrages enthaltene Klausel über laufende Schönheitsreparaturen gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt und damit unwirksam ist. Der BGH hat im Urteil vom 23.06.2004 (NJW 2004, 2586) entschieden, dass starre Fristenregelungen in Formularmietverträgen den Mieter unangemessen benachteiligen, da sie ihn auch mit Renovierungsverpflichtungen belasten, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen. Dem Mieter würde damit eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegt als sie der Vermieter dem Mieter ohne vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB schulden würde (vgl. BGH a.a.O). Eine solche Formulierung mit einer starren Fristenregelung enthält die Klausel in § 14 b Nr. 2 des Mietvertrages zwischen den Parteien, da der Fristenplan nicht lediglich für den Regelfall des tatsächlichen Renovierungsbedarfs gilt, sondern den Mieter die Renovierungsverpflichtung stets nach Ablauf der Fristen und unabhängig vom wirklichen Renovierungsbedarf trifft.

b) Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Beklagten, dass eine Mieterhöhung hier schon deshalb ausscheide, weil nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete nur aus den üblichen Entgelten gebildet wird, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vereinbart worden sind, während eine bestimmte vertragliche Regelung hinsichtlich der Schönheitsreparaturen durch die gesetzlichen Vergleichskriterien nicht erfasst werde. Dies kann schon deshalb nicht zutreffen, weil die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt werden muss und der Sachverständige Dr. L. davon ausgeht, dass die Schönheitsreparaturen vom Mieter zu tragen sind.

Strukturelle Unterschiede zwischen der verlangten Miete und der Vergleichsmiete sind deshalb durch Zu- oder Abschläge auszugleichen (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 558 Rn. 18). Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 535 BGB hat der Vermieter dem Mieter die gemietete Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Dem Vermieter obliegt daher der Erhaltungsaufwand einschließlich der Schönheitsreparaturen. Überwiegend werden in Mietverträgen die Schönheitsreparaturen jedoch auf den Mieter abgewälzt. In diesem Fall stellt die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter eine Hauptpflicht des Mietvertrages dar, da die Übernahme der Schönheitsreparaturen Entgeltcharakter hat (vgl. BGHZ 105, 71 = NJW 1988, 2790). Haben die Parteien davon abgesehen, dem Mieter die Schönheitsreparaturen vertraglich aufzubürden, sind diese gemäß § 535 BGB vom Vermieter vorzunehmen; dieser kann aber den für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Anteil in die Miete einkalkulieren. Geht daher ein Mietspiegel von einer durch Mietvertrag vorgenommenen Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter aus, enthält er keine Anteile für Schönheitsreparaturen. Verlangt in einem derartigen Fall der Vermieter unter Bezugnahme auf einen Mietspiegel, der keine Werte für Schönheitsreparaturen enthält, Zustimmung zu einer Mieterhöhung, ist er berechtigt, zu den Werten des Mietspiegels einen Zuschlag hinzuzurechnen (vgl. OLG Koblenz, NJW 1985, 333; LG München I NZM 2002, 945; LG Frankfurt a.M. NJW-RR 2003, 1522; Münchener Kommentar/Arzt, BGB, 4. Aufl., § 558 a Rn. 20; Hannemann/Wiegner/Flintrop, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., §§ 558 ff., Rn. 115). Das gleiche muss nach Auffassung des Senats gelten, wenn – wie hier – ein Mietwertgutachten davon ausgeht, dass die Schönheitsreparaturen entsprechend der vertraglichen Regelung auf den Mieter abgewälzt wurden.

c) Umstritten ist die Frage, ob auch bei einer Unwirksamkeit der Klausel über die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter der Vermieter berechtigt ist, im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens einen entsprechenden Zuschlag auf die Miete zu verlangen.

aa) Teilweise wird es für zulässig erachtet, dass ein Zuschlag auf die vereinbarte Miete bei Unwirksamkeit der Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter vorgenommen wird (vgl. AG Bretten, DWW 2005, 293; AG Frankfurt a.M., NJW 2005, 3294; AG Langenfeld, NZM 2006, 178; Stürzer, WuM 2004, 512; Warnecke, WuM 2006, 188; Both, WuM 2007, 3). Es könne keinen Unterschied machen, ob die Parteien sich bewusst dafür entschieden hätten, dass der Vermieter die Schönheitsreparaturen tragen solle, oder ob sich dies allein daraus ergebe, dass der Vermieter wegen der Unwirksamkeit der Formularklausel von Gesetzes wegen in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet sei.

Durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel solle nicht der Vermieter bestraft werden, sondern der Mieter vor einer unangemessenen Benachteiligung durch eine Verpflichtung zur Durchführung übermäßiger Schönheitsreparaturen geschützt werden (AG Langenfeld a.a.O.). Da

die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen Entgeltcharakter habe (vgl. BGHZ 105, 71, 79 f. = NJW 1988, 2790, 2792), habe die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen Auswirkung auf die Höhe der ortsüblichen und angemessenen Vergleichsmiete i. S. von § 558 BGB (AG Frankfurt a.M. a.a.O.).

bb) Das Landgericht Düsseldorf vertritt dagegen im Urteil vom 18.05.2006 (NZM 2006, 657) die Auffassung, dass der Vermieter als Verwender einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel im Kompensationswege einen Zuschlag zur örtlichen Vergleichsmiete nur verlangen dürfe, wenn er zuvor dem Mieter Vertragsverhandlungen mit dem Ziel der Vereinbarung einer wirksamen Schönheitsreparaturübernahme durch den Mieter angeboten habe (ebenso: Kappes, NJW 2006, 3031, 3033; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558 a Rn. 51; ders. NZM 2005, 931; ders. jurisPR-MietR 23/2005 Anm. 1). Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Vermieter auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots gemäß § 241 Abs. 2 BGB infolge der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete vom Mieter verlangen könne, was aber voraussetze, dass der Vermieter dem Mieter vor einer entsprechenden Zustimmungsklage Verhandlungen über eine Vertragsänderung anbiete (vgl. LG Düsseldorf a.a.O.). Der Vermieter, der eine solche Mieterhöhung durchsetzen wolle, müsse sich selbst auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Schönheitsreparaturklausel berufen. Er enttäusche damit das Vertrauen des Mieters, der davon ausgehe, keine höhere Miete zahlen zu müssen, sondern stattdessen in längeren Abständen – gegebenenfalls in Eigenleistung – Schönheitsreparaturen durchführen zu müssen, was unter Umständen günstiger sei, da er nur Materialkosten und Zeit aufwenden müsse (vgl. Börstinghaus NZM 2005, 931). Teilweise wird auch ein Wahlrecht des Mieters, entweder der Mieterhöhung zuzustimmen oder den Vermieter an der Renovierungsklausel festzuhalten, angenommen (vgl. Blank, Folgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln, S. 22).

cc) Das Landgericht Nürnberg-Fürth vertritt in seinem Urteil vom 18.11.2005 (NZM 2006, 53) die Meinung, dass jedenfalls dann, wenn der Mieter zu erkennen gebe, dass er trotz Unwirksamkeit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB auch in Zukunft für den Erhalt der Wohnung, soweit es sich um die Folgen gewöhnlicher Abnutzung handelt, selbst zu sorgen bereit sei, es dem Vermieter verwehrt sei, einen Zuschlag auf die Miete durchzusetzen.

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Begründet wird diese Auffassung damit, dass es als ein gegen § 242 BGB verstoßendes widersprüchliches Verhalten erscheine, wenn sich der Vermieter als Verwender der AGB wegen der Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Klausel einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffe. Damit würde die hinter §§ 305 ff. BGB stehende Wertung konterkariert.

Das Risiko der Unwirksamkeit einer Formularklausel hätte sonst entgegen der gesetzlichen Wertung der Verbraucher zu tragen (ebenso: Blank a.a.O. S. 21 f.).

dd) In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass bei Unwirksamkeit der Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter der Vermieter keinen Zuschlag auf die Miete verlangen kann. Dies wird zum Teil mit dem Strafcharakter des § 307 BGB begründet (vgl. Ahlt, DWW 2005, 96), teilweise wird auf das Verbot geltungserhaltender Reduktion unwirksamer Klauseln abgestellt (vgl. Hemming WuM 2005, 165; Lehmann-Richter ZMR 2005, 170, 173).

Emmerich (NZM 2006, 761) wendet sich bereits gegen das „Entgeltargument“, wonach Schönheitsreparaturen eine Gegenleistung des Mieters seien, sondern vertritt die Auffassung, dass die Gegenleistung des Mieters nur in der Miete bestehe, weshalb bei Unwirksamkeit der Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch kein Raum für eine Kompensation bestehe.

ee) Der Senat schließt sich der zuerst wiedergegebenen Auffassung an.

Es überzeugt, dass die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen als Hauptleistungspflicht aus dem Mietvertrag Entgeltcharakter hat, da der Vermieter bei der Bemessung des verlangten Mietzinses einkalkulieren wird, ob er in regelmäßigen Abständen Aufwendungen für Schönheitsreparaturen hat oder nicht. Dann muss die fehlende Verpflichtung des Mieters, Schönheitsreparaturen durchzuführen, aber Auswirkung auf die Miethöhe haben, wobei kein sachlicher Grund für eine Differenzierung ersichtlich ist, ob die Mietparteien von vorneherein von einer Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter Abstand genommen haben oder ob sich nach Vertragsabschluss herausstellt, dass wegen der Unwirksamkeit einer Klausel im Formularmietvertrag der Mieter keine Schönheitsreparaturen leisten muss.

Nicht überzeugend ist hingegen die Meinung, dass der „Strafcharakter“ von § 307 BGB dem Erhöhungsverlangen schon grundsätzlich entgegenstehe.

Der „Strafcharakter“ von § 307 BGB erschöpft sich darin, dass der Vermieter keinen Anspruch auf Durchführung der Schönheitsreparaturen gegen den Mieter hat und für den Zeitraum vor dem nach § 558 b BGB maßgeblichen Zeitpunkt für die Mieterhöhung keinen zusätzlichen Mietzins verlangen kann. Ebenfalls nicht überzeugend ist der Ansatz, dass bei Zuerkennung eines Zuschlages ein Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion vorliegen würde. Verstößt der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung teilweise gegen die §§ 307 ff. BGB, so ist die Klausel grundsätzlich im Ganzen unwirksam und es findet keine geltungserhaltende Reduktion auf den noch zulässigen Inhalt statt (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 2000, 1110, 1113; BGH NJW 1983, 1322, 1325). Dies strebt die Klägerin aber auch nicht an. Die Klausel über die laufenden Schönheitsreparaturen ist unwirksam und soll auch nicht teilweise aufrechterhalten bleiben. Vielmehr geht es darum, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.

Die Auffassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth betrifft den Sonderfall, dass es einer finanziellen Kompensation nicht bedarf, da der Mieter nicht an den Vermieter wegen der Durchführung der Schönheitsreparaturen herantreten wird und sich selbst um den Erhalt der Wohnung kümmern wird, soweit es um die Folgen üblicher Abnutzung geht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat sich jedenfalls im Berufungsrechtszug auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie in Zukunft nicht mehr bereit ist, für den Erhalt der Wohnung zu sorgen, soweit es um die Folgen gewöhnlicher Abnutzung geht. Nicht zu überzeugen vermag die insbesondere von Börstinghaus vertretene Meinung, der sich das Landgericht Düsseldorf angeschlossen hat, dass der Vermieter gestützt auf das Gebot der Rücksichtnahme zunächst dem Mieter die Vereinbarung einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel anbieten muss, bevor er die Mieterhöhung verlangen kann. Der Mieter hat keinen Anspruch auf eine Vertragsänderung und die Unwirksamkeit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist von Amts wegen zu beachten (vgl. Palandt/ Heinrichs a.a.O., Vorb. vor § 307 Rn. 7). Daher trifft das Argument nicht zu, dass sich der Vermieter auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen muss und damit das berechtigte Vertrauen des Mieters enttäuscht, was sich auch im vorliegenden Fall zeigt, da die Unwirksamkeit der Klausel erstinstanzlich von den Parteien nicht angesprochen wurde und erstmals im Urteil des Amtsgerichts auf § 14 b des Formularmietvertrages eingegangen wird.

d) Die Höhe des Zuschlags bemisst der Senat in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L. und in Anlehnung an § 28 Abs. 4 S. 2 der II. Berechnungsverordnung mit 8,50 EUR/m² und Jahr. Diese Regelung wird angewandt, wenn überhaupt keine Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter erfolgt ist (vgl. OLG Koblenz, NJW 1985, 333; LG Frankfurt a.M., NZM 2002, 945; Hannemann/Wiegner, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., §§ 558 ff., Rn. 115). Es ist nicht ersichtlich, dass die Interessenlage anders zu beurteilen ist, wenn die Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam ist. Die Parteien sind in der Verfügung vom 30.01.2007 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, die genannte Regelung für den Zuschlag mit dem Höchstsatz von 8,50 EUR/m² und Jahr heranzuziehen. Einwände hiergegen hat die Beklagte nicht erhoben. Bei einer Fläche der Wohnung von 51,5 qm errechnet sich danach ein monatlicher Zuschlag von 36,47 EUR (51,5 x 8,50 = 437,75 : 12 = 36,47), der noch über der verlangten Zustimmung zur Mieterhöhung um weitere 28,28 EUR monatlich liegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 525, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Es ist zu erwarten, dass die Frage, ob bei einer unwirksamen Klausel in einem Formularmietvertrag über die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter der Vermieter berechtigt ist, im Rahmen eines Mieterhöhungsverfahrens einen Zuschlag auf die Miete zu verlangen, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten wird. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist diese Rechtsfrage bisher nicht geklärt und in Rechtsprechung und Literatur werden hierzu die erwähnten unterschiedliche Auffassungen vertreten.

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