BGH
Az: VIII ZR 141/09
Urteil vom 20.01.2010
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 15. Dezember 2009 für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 29. April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1/3 und die Beklagten zu 2/3.
Tatbestand
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger in S. . Die monatliche Miete betrug zuletzt 500 EUR zuzüglich 30 EUR für die Garage sowie Vorauszahlungen von 130 EUR für Heizung und 35 EUR für Wasser.
Mit Schreiben vom 7. August 2007 forderten die Kläger die Beklagten unter Berufung auf den Mietspiegel von B. /S. auf, einer Erhöhung der Nettomiete von 500 EUR auf 550 EUR monatlich mit Wirkung ab 1. November 2007 zuzustimmen. Die Beklagten erklärten sich lediglich mit einer Mieterhöhung auf 530 EUR einverstanden.
Die Kläger haben mit der im Februar 2008 zugestellten Klage Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete von 530 EUR auf 550 EUR monatlich ab 1. November 2007 verlangt. Nachdem ein vom Amtsgericht eingeholtes Sachverständigengutachten die ortsübliche Vergleichsmiete auf 526 EUR (netto) beziffert hatte, machten die Kläger mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008 geltend, dass die Beklagten die Kosten für Versicherung und Grundsteuer nach dem Mietvertrag nicht gesondert zu zahlen hätten (Teilinklusivmiete). Zur ortsüblichen Nettomiete kämen diese Nebenkosten – 26,68 EUR monatlich – deshalb noch hinzu. Der Schriftsatz ist den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2008 übergeben worden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und die Beklagten verurteilt, einer Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich ab 1. Oktober 2008 zuzustimmen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstreben.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Das Mieterhöhungsverlangen vom 7. August 2007 sei unwirksam gewesen. Die Kläger hätten darin lediglich eine „Nettokaltmiete“ von 500 EUR monatlich benannt und eine auf den Mietspiegel gestützte Mieterhöhung auf 550 EUR verlangt. Da die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem zutreffenden Sachverständigengutachten nur 526 EUR monatlich betrage, handele es sich nicht um eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne des § 558 Abs. 1 BGB.
Ein weiteres Mieterhöhungsverlangen hätten die Kläger aber mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008 gestellt. Dieses Mieterhöhungsverlangen, in dem der konkrete Betriebskostenanteil genannt sei, erfülle die formellen Anforderungen. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt die Jahresfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB noch nicht abgelaufen gewesen, da das vorangegangene Mieterhöhungsverlangen vom 7. August 2007 datiere. Dies stehe der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens indes nicht entgegen. Die durch eine Teilzustimmung des Mieters bewirkte Mieterhöhung setze keine neue Jahresfrist in Lauf, wenn sich der Vermieter – wie hier – mit einer Teilzustimmung nicht zufrieden gebe und wegen des Restbetrags Klage erhebe. Eine Nachbesserung des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens sei auch während des anhängigen Rechtsstreits möglich und aus prozessökonomischen Gründen in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen, selbst wenn in der ersten Instanz die Zustimmungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Das Mieterhöhungsverlangen vom 23. Juli 2008 sei auch materiell wirksam, denn bei einer Teilinklusivmiete könne zur ortsüblichen Vergleichsmiete ein Zuschlag für nicht gesondert umgelegte Betriebskosten verlangt werden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Das Berufungsgericht hat das (nachgebesserte) Mieterhöhungsverlangen der Kläger zutreffend als formell wirksam und materiell begründet angesehen. Bei Erhöhung einer Bruttomiete oder Teilinklusivmiete kann der Vermieter die zur formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsbegehrens erforderlichen Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten gemäß § 558b Abs. 3 BGB noch im Rechtsstreit über die Mieterhöhung nachholen.
1.
Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen der Kläger vom 7. August 2007 ist mit dem Mietspiegel B. /S. begründet, der Nettomieten ausweist; es enthält keine Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten, obwohl es sich bei der vereinbarten Miete um eine Teilinklusivmiete handelt.
a)
Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es bei einer Bruttomiete, die unter Heranziehung eines Mietspiegels, der Nettomieten ausweist, erhöht werden soll, einer Umrechnung, um die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Mietstrukturen – Bruttomiete einerseits, Nettomiete andererseits – zu gewährleisten (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 – VIII ZR 41/05, NJW-RR 2006, 227, Tz. 13). Dies gilt entsprechend im Falle einer Teilinklusivmiete, bei der – wie hier – nur ein Teil der Betriebskosten in der Grundmiete enthalten ist.
Die Vergleichbarkeit ist dabei in der Weise herzustellen, dass entweder in Höhe der auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten, die in der Grundmiete enthalten sind, ein Zuschlag zu der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Nettomiete vorgenommen oder der Betriebskostenanteil aus der vereinbarten Bruttomiete herausgerechnet wird (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005, aaO, Rdnr. 13, 15). Angaben zur Höhe der in der Brutto- oder Teilinklusivmiete enthaltenen Betriebskosten gehören dabei zu der nach § 558a BGB erforderlichen (formellen) Begründung des Mieterhöhungsverlangens, die dem Mieter die Möglichkeit geben soll, die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden (Senatsurteile vom 12. Juli 2006 – VIII ZR 215/05, NZM 2006, 864, Tz. 13, sowie vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06, NJW 2008, 848, Tz. 9 f.).
b)
Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen vom 7. August 2007, das keine Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten enthält, nicht gerecht. Die Kläger konnten es jedoch insoweit nach § 558b Abs. 3 BGB während des Prozesses – wie mit Schreiben vom 23. Juli 2008 geschehen – durch die Angabe der auf die Wohnung zuletzt entfallenden und in der Miete bereits enthaltenen Betriebskosten nachbessern.
Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger mit der Nachholung der Angaben zu den Betriebskosten kein vom ursprünglichen Begehren unabhängiges „weiteres“ Mieterhöhungsverlangen gestellt. Zwar sind die Kläger in ihrem ursprünglichen Mieterhöhungsverlangen von einer Nettomiete (und nicht von einer Teilinklusivmiete) ausgegangen und haben eine Erhöhung der „Nettokaltmiete“ begehrt. Dies steht einer Nachbesserung gemäß § 558b Abs. 3 BGB aber nicht entgegen, denn die Kläger begehren nach wie vor (neben der Garagenmiete und den unveränderten Vorauszahlungen für die abzurechnenden Betriebskosten) eine Erhöhung der Miete von ursprünglich 500 EUR auf 550 EUR. Es geht mithin lediglich um die Nachbesserung der im Hinblick auf die tatsächlich vereinbarte Teilinklusivmiete unzureichenden Begründung des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens.
2.
Entgegen der Auffassung der Revision ist das Mieterhöhungsverlangen vom 23. Juli 2008 auch nicht wegen Nichteinhaltung der Jahressperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
Allerdings kann ein wirksames Mieterhöhungsverlangen nach dieser Vorschrift frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung gestellt werden. Der Revision ist auch zuzugeben, dass aufgrund der Teilzustimmung der Beklagten zum Mieterhöhungsverlangen der Kläger vom 7. August 2007 eine Mieterhöhung auf 530 EUR monatlich ab 1. November 2007 wirksam geworden ist und im Zeitpunkt des Zugangs des (nachgebesserten) Mieterhöhungsverlangens vom 23. Juli 2008 mithin seit der am 1. November 2007 wirksam gewordenen Mieterhöhung noch kein Jahr verstrichen war.
Dem Berufungsgericht ist jedoch darin beizupflichten, dass die durch eine teilweise Zustimmung des Mieters zu dem Mieterhöhungsbegehren des Vermieters wirksam gewordene Mieterhöhung einer fristgemäß erhobenen Klage des Vermieters wegen des Restbetrages – auch im Hinblick auf die Sperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB – nicht entgegensteht (so schon BayObLG, NJW-RR 1989, 1172, zu § 2 MHG). Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass § 558b Abs. 3 BGB dem Vermieter gestattet, ein Mieterhöhungsverlangen, das den Anforderungen des § 558a BGB nicht entspricht, noch im Rechtsstreit – auch in der Berufungsinstanz – nachzuholen oder die Mängel des Mieterhöhungsverlangens zu beheben. Für eine solche Nachholung oder Nachbesserung gilt die Sperrfrist im Hinblick auf die Mieterhöhung, die bereits infolge der Teilzustimmung des Mieters wirksam geworden ist, nicht. Denn das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen ist erst mit dem Abschluss des Rechtsstreits über den vom Mieter nicht akzeptierten Teil des Mieterhöhungsbegehrens insgesamt erledigt (vgl. BayObLG, aaO, 1173; aA Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 558b Rdnr. 38). Nach der von der Revision vertretenen Auffassung hätte es der Mieter dagegen weitgehend in der Hand, durch eine – gegebenenfalls auf einen geringfügigen Betrag beschränkte – Zustimmung die in § 558b Abs. 3 BGB vorgesehene Heilung der Mängel des Mieterhöhungsverlangens oder dessen wirksame Neuvornahme im anhängigen Rechtsstreit zu verhindern und den Vermieter auf einen neuen Prozess zu verweisen. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, widerspräche dies auch der Prozessökonomie. Die Möglichkeiten der Nachholung eines Mieterhöhungsverlangens sind durch das Mietrechtsreformgesetz inhaltlich ausgeweitet worden, weil im Interesse der Prozessökonomie vermieden werden sollte, dass Mieterhöhungsprozesse lediglich wegen formeller Mängel mehrfach neu aufgerollt werden müssen (BT-Drs. 14/4553, S. 56). Schutzwürdige Interessen des Mieters sind nicht betroffen, denn dieser ist ausreichend dadurch geschützt, dass ihm auch bei einer Nachbesserung oder Nachholung des Mieterhöhungsverlangens die zweimonatige Überlegungsfrist zusteht und der Vermieter auf diesem Wege keinen höheren Betrag verlangen kann, als er bereits mit dem ursprünglichen Mieterhöhungsbegehren geltend gemacht hat.
3.
Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich zum 1. Oktober 2008 und nicht erst zum 1. Februar 2009 wirksam geworden ist. Nachdem die Kläger die Mängel des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008, den Beklagten übergeben am 24. Juli 2008, beseitigt hatten, stand den Beklagten gemäß § 558 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB eine Zustimmungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats ab diesem Zeitpunkt zu, so dass die Mieterhöhung mit Beginn des dritten Kalendermonats nach Zugang des Schreibens vom 23. Juli 2008, mithin am 1. Oktober 2008, wirksam geworden ist (§ 558b Abs. 1 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision mussten die Kläger bei der Nachbesserung des Mieterhöhungsverlangens keine (erneute) 15-monatige Wartefrist (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB) einhalten. Für die Wartefrist gilt bei der Nachholung oder Nachbesserung eines Mieterhöhungsverlangens gemäß § 558b Abs. 3 BGB nichts anderes als für die Sperrfrist (siehe oben unter 2).
4.
Zu Recht wendet sich die Revisionserwiderung gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, die in der Revisionstanz von Amts wegen geändert werden kann, ohne dass das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers gilt (BGHZ 92, 137, 139). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO nicht vor, weil die Kläger nicht aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt haben, das sie bereits in einem frühren Rechtszug hätten geltend machen können. Denn die Kläger haben den Schriftsatz vom 23. Juli 2008, in dem sie ihr Mieterhöhungsverlangen nachgebessert haben, bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht überreicht. Die Kläger haben in der Sache überwiegend obsiegt und sind (nur) insoweit unterlegen, als ihnen die begehrte Mieterhöhung erst zum 1. Oktober 2008 und nicht schon zum 1. November 2007 zugesprochen worden ist; hieraus ergibt sich für die Tatsacheninstanzen eine Kostenquote von 1/3 zu Lasten der Kläger und 2/3 zu Lasten der Beklagten (§ 92 Abs. 2 ZPO).