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Anforderungen an eine Mietminderung wegen Lärmbelästigung


Amtsgericht Frankfurt

Az: 33 C 1402/13

Urteil vom 29.08.2013


Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.120,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.05.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand

Der Beklagte mietete von der Klägerin eine Wohnung in Frankfurt am Main. Ab Dezember 2011 minderte er die Miete wegen vermeintlicher Probleme mit der Heizung. Das Sozialamt leistete weitere Zahlungen auf die Miete. Da diese Zahlungen nach Auffassung des Beklagten aufgrund der vermeintlichen Mietminderung zu Unrecht erfolgten, behielt er die laufende Miete bis zur Höhe der Zahlungen des Sozialamtes ein. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung rückständiger Mieten für den Zeitraum von Juli 2012 bis Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 1.120,18 €. Wegen der genauen Zusammensetzung der Forderung wird auf die Seiten 2f. der Klageschrift (Bl. 2f. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.120,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, seit Oktober 2011 funktioniere die Heizung in der von ihm angemieteten Wohnung nicht in ausreichendem Maße. Eine Zimmertemperatur von 20 Grad Celsius könne nicht erreicht werden und die Heizung verursache sehr erheblichen Lärm. Er meint, deswegen sei die Miete gemindert.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Mieten für Juli 2012 in Höhe von 3,85 €, für August 2012 in Höhe von 442,57 €, für September 2012 in Höhe von 453,57 €, für Oktober 2012 in Höhe von 198,19 € sowie für November 2012 und Dezember 2012 in Höhe von jeweils 11,00 € aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Mietvertrag (§ 535 Abs. 2 BGB). Die Miete ist nicht gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB gemindert. Der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt war.

Bezüglich der Monate Juli 2012 bis September 2012 scheidet eine Beeinträchtigung durch eine unzureichende Heizleistung von vornherein aus. Hinsichtlich der übrigen Monate hat der Beklagte eine Beeinträchtigung nicht substantiiert dargelegt. Eine Funktionsstörung einer Heizung führt zwar zu einer Beseitigungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 BGB. Sie führt aber nicht automatisch zu einer Mietminderung nach § 536 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB. Denn für die Minderung gilt – anders als für den Erfüllungsanspruch nach § 535 Abs. 1 BGB – die in § 536 Abs. 1 S. 3 BGB normierte Erheblichkeitsschwelle. Die aus einer Funktionsstörung von Heizkörpern möglicherweise resultierende Tauglichkeitsbeeinträchtigung liegt nicht in dieser selbst begründet, sondern allein darin, dass hierdurch bedingt die Aufrechterhaltung angemessener Temperaturen ganz oder teilweise nicht möglich ist. Daher hat der Mieter unter Angabe konkreter Temperaturen die Heizleistung in den verschiedenen Räumen zu beschreiben und darzulegen, welche konkreten Beeinträchtigungen hiervon für die Nutzer der Räume ausgingen. Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Beklagten, eine Zimmertemperatur von 20 Grad Celsius könne nicht erreicht werden, nicht gerecht. Der Auffassung des BGH (Beschl. v. 25.10.2011 – VIII ZR 125/11, in: NZM 2012, 109, 110), es genüge, wenn der Mieter vorbringt, ein Heizkörper funktioniere nicht, folgt das Gericht nicht. Denn der Mieter hat stets hinreichende Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die eine Einstufung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung und eine Beurteilung der Minderungsquote ermöglichen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.07.2010 – I – 24 U 222/09; Wetekamp, in: NZM 2012, 441; Streyl, in: NZM 2012, 104). Andernfalls müsste das Gericht Beweis erheben, ohne abschätzen zu können, welche rechtlichen Konsequenzen die Beweiserhebung haben könnte, d.h., welche Minderung sich ergeben könnte. Überdies wäre das Gericht im Falle des Nichtbestreitens der Funktionsstörung nicht in der Lage, die Minderungsquote festzustellen. Mangels streitiger Tatsachen hat eine Beweiserhebung zu unterbleiben; der Rechtsstreit könnte nicht entschieden werden (vgl. Streyl, a.a.O.). Auch eine Schätzung gemäß § 287 ZPO analog wäre mangels greifbarer Anhaltspunkte unzulässig. Im Übrigen steht der Beschluss des BGH vom 25.10.2011 nicht im Einklang mit den Gründen des Urteils vom 29.02.2012 (VIII ZR 155/11, in: NZM 2012, 1647), wonach bei Lärmstörungen eine Beschreibung erforderlich ist, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Dies sind genau die Anknüpfungstatsachen, die eine Einstufung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung und eine Beurteilung der Minderungsquote ermöglichen.

Der Vortrag, die Heizung verursache sehr erheblichen Lärm, rechtfertigt ebenfalls keine Minderung. Denn es mangelt an der zuvor genannten Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.

Der Mietzinsanspruch der Klägerin ist schließlich nicht durch Aufrechnung gemäß den §§ 387, 389 BGB erloschen. Eine Aufrechnung scheitert nicht nur am Fehlen der in § 536 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen, sondern auch daran, dass ein etwaiger Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB nicht dem Beklagten, sondern dem Sozialhilfeträger zustünde.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2, 108 ZPO.

Streitwert: 1.120,18 €.


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