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Mietminderung wegen Schimmelpilzbefall

AG Halle (Saale), Az.: 95 C 1634/15, Urteil vom 08.11.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abwicklung eines Mietverhältnisses.

Die Beklagte mietete mit Vertrag vom 20.08.2013 vom Kläger eine Wohnung im Haus … in Halle (Bl. 7-12 der Akte). Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad und einem Keller. Die Wohnfläche betrug 44,73 m². Im Wohnzimmer und im Schlafzimmer war Parkett verlegt. Die Nettokaltmiete lag bei 246,02 € monatlich zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen i. H. v. 89,46 € und 8,00 € für eine Satellitenanlage.

Die Übergabe der Wohnung an die Beklagte erfolgte am 01.10.2013. Dabei wurde die Beklagter unter Vorlage und Übergabe expliziter Hinweise zur „Beachtung richtiges Lüften“ auf dessen Notwendigkeit hingewiesen (schriftlicher Hinweis Bl. 129-133 der Akte).

Das Mietverhältnis endete zum 30.11.2014.

Am 15.11.2013 zeigte die Beklagte dem Kläger ein Anheben des Parkettbodens im Schlafzimmer an (Bl. 43 der Akte). Diese Anzeige erneute die Beklagter unter Einschaltung des Deutschen Mieterbundes am 30.12.2013. Dabei erklärte sie, sich „sämtliche Gewährleistungsrechte vorzubehalten“ (Bl. 45 der Akte). Unter den 31.03.2014 erklärte die Beklagte einen ausdrücklichen Vorbehalt bezüglich etwaiger Minderungsrechte (Bl. 48 der Akte).

Im Juni 2014 zahlte die Beklagte nur die Nebenkostenvorauszahlungen i. H. v. 89,46 €. Sie ließ dazu erklären, hierzu komme sie aufgrund einer von ihr gesehenen Minderung des Mietzinses für Januar bis Juni 2014 (Bl. 49 der Akte).

Im Juli 2014 kürzte sie die Miete um 57,21 €, ebenso im August 2014. Im September 2014 kürzte sie die Miete um 57,22 €, im Oktober 2014 und November 2014 jeweils wiederum 57,21 (Bl. 21 der Akte).

Mietminderung wegen Schimmelpilzbefall
Symbolfoto: cegli/Bigstock

Unstreitig beruht das Anheben des Parketts (Erscheinungsbild Bl. 17 der Akte) auf einer überhöhten Luftfeuchtigkeit in der Wohnung. Aufgrund dieser Luftfeuchtigkeit kam es auch zu deutlichen Schimmelpilzerscheinungen im Wohnzimmer und an der Fensterseite des Schlafzimmers.

Zur Ursache der Luftfeuchtigkeit liegt eine schriftliche Äußerung des Hydromesstechnikers … vom 29.01.2014 vor. Er ging von einem Wasserschaden, eventuell Leitungsschaden, aus (Bl. 117-119 der Akte).

Eine weitere schriftliche Stellungnahme stammt unter dem 30.05.2014 vom Diplom-Ingenieur … . Danach war das Lüftungsverhalten der Bewohnerin maßgeblich. Erforderlich gewesen sei drei- bis viermaliges tägliches Lüften, das sei augenscheinlich nicht eingehalten worden (Bl. 13 der Akte).

Nach dem Auszug der Beklagten ließ der Kläger eine Schimmelpilzentfernung durchführen. Dafür wurden ihm 833,00 € in Rechnung gestellt (Bl. 16 der Akte).

Im Schlafzimmer ließ er das Parkett erneuern und im Wohnzimmer abschleifen. Von den dafür ihm in Rechnung gestellten 1381,94 € (Bl. 18 der Akte) hält der Kläger – unter Berücksichtigung des Abzuges neu für alt – einen Teilbetrag von 1078,82 € für ersatzfähig (Einzelheiten Bl. 4 und 5 der Akte).

Der Kläger behauptet, die starke Luftfeuchtigkeit beruhe auf mangelnder Lüftung seitens der Beklagten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 540,08 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 254,02 € seit dem 04.07.2014, aus 57,21 € seit dem 05.08.1014, aus 57,21 € seit dem 05.09.2014, aus 57,22 € seit dem 05.10.2014, aus 57,21 € seit dem 05.11.2014 und aus 57,21 € seit dem 05.12.2014 zu zahlen, sowie weitere 1911,82 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 13.03.2015, und vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung i. H. v. 334,75 €.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die zu hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung habe bauseitige Ursachen. Insbesondere komme ein zunächst unentdeckt gebliebener Heizungsschaden in Betracht.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachvortrags werden die wechselseitig eingereichten Schriftsätze und Protokollerklärungen der Parteien in Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … . Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird die Protokollniederschrift vom 31.05.2016 in Bezug genommen. Weiter hat das Gericht ein schriftliches Sachverständigengutachten vom 24.11.3015 des Diplom-Ingenieurs … eingeholt (Bl. 60-92 der Akte) samt schriftlicher Ergänzung vom 21.07.2016 (Bl. 139-151 der Akte).

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Dem Kläger stehen weder weitergehende Mietzinsansprüche gegen die Beklagte zu (§ 535 Abs. 2 BGB) noch hat er einen Schadensersatzanspruch gegen sie (§§ 280 Abs. 1, 241, 535 BGB).

1. Der Mietzinsanspruch des Klägers ist vollständig erfüllt (§ 362 BGB). Der Mietzins war jedenfalls um die gekürzten Beträge gemindert (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB).

Die Wohnung wies einen Mangel auf. Ein Mangel liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit des Mietobjekts von der Soll-Beschaffenheit der Mietsache abweicht (BGH vom 18.12.3013 – XII ZR 80/12). Das war vorliegend aufgrund der Schimmelpilzerscheinungen in Schlafzimmer und Wohnzimmer sowie des angehobenen Parketts im Schlafzimmer der Fall.

Die Mietkürzungen der Beklagten überstiegen die – kraft Gesetzes eintretende (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 536 Rn. 1) – Minderung nicht. Ausgangspunkt ist die Bruttomiete (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 536 Rn. 33). Die vorgenommenen Abzüge liegen bei knapp 17 % der Gesamtmiete (monatlich 57,21 € von 343,48 €). Das entspricht den Einschränkungen, die für den Wohnwert bestanden. Die Wohnung wies mit zwei Zimmern und einer Küche drei Räume auf, die für den ständigen Aufenthalt vorgesehen waren. Davon waren zwei von behandlungsbedürftigen Schimmelpilzerscheinungen betroffen. Im Schlafzimmer war der Fußboden darüber hinaus praktisch unbrauchbar geworden.

Die Beklagte war berechtigt, im Juni 2014 den Minderungsbetrag für Januar bis Juni 2014 (und damit teilweise nachträglich) geltend zu machen. Denn sie hatte sich bereits mit dem Schreiben vom 30.12.2013 (Bl. 45 der Akte) sämtliche Gewährleistungsrechte vorbehalten. Damit musste die Klägerseite die gleichwohl zunächst vollständig erfolgten Mietzahlungen als solche unter Vorbehalt verstehen.

Die Beklagte als Mieterin ist auch nicht gehindert, sich auf den fraglichen Mangel zu berufen. Der Mieter kann aus dem Auftreten eines Mangels dann keine Rechte ableiten, wenn er dessen Auftreten zu vertreten hat. Auch wenn kein baulicher Mangel festgestellt wurde und die Ursache von Schimmel in der Wohnung in dem Wohnverhalten des Mieters liegt, schließt dies einen Mieteranspruch nicht automatisch aus. Dazu kommt es nur, wenn das Wohnverhalten in der konkreten Situation vorwerfbar war (LG Lübeck vom 07.03.2014 – 1 S 106/13). Daran fehlt es hier.

Dafür war nicht abschließend durch weitere Ergänzung des Sachverständigengutachtens der klägerischen Behauptung nachzugehen, die Feuchtigkeit in dem Mietobjekt habe keine bauseitigen Ursachen gehabt (wofür insbesondere nach dem Ergänzungsgutachten des Diplom-Ingenieurs … durchaus eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht). Auch bei einer bauseitig vollständig korrekt ausgeführten Wohnung war zur Vermeidung schädlicher Feuchtigkeitserscheinungen ein Lüftungsverhalten erforderlich, zu dem die Beklagte nicht verpflichtet war. Denn nach dem eingeholten Sachverständigengutachten war ein ausreichender Gesamtluftwechsel nur durch ein mehrmaliges tägliches Lüften zu erzielen (Bl. 78 der Akte). Der gerichtliche Sachverständige hat konkretisierend ausgeführt, es seien 3-4 Lüftungsvorgänge am Tag nötig (Bl. 147 der Akte; so im übrigen bereits auch der Zeuge … in seiner vorgerichtlichen Stellungnahme Bl. 13 der Akte). Ein solches Verhalten schuldete die Beklagte nicht.

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Es ist grundsätzlich Sache des Vermieters, bei der Gestaltung der Wohnung die notwendigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit zu treffen, wenn diese aufgrund ihrer Bauweise besonders luftdicht ist (LG Gießen, Urteil vom 02. April 2014 – 1 S 199/13 -, Rn. 13, juris; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Aufl., § 536 Rn. 207). Letzteres ist hier gegeben. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sind sowohl die Wohnungseingangstür mit Schallex und Schwelle als auch die neuen Fenster sehr dicht (Bl. 77 Akte). Eine geeignete Vorkehrung in solchen Fällen ist beispielsweise der Einbau einer Lüftungsanlage, die den erforderlichen Luftaustausch gewährleistet. Wenn der Vermieter gleichwohl keine Lüftungsanlage einbaut und auch keine sonstigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit schafft, kann dem Mieter die Entstehung von Feuchtigkeitsschäden grundsätzlich nicht angelastet werden (LG Gießen, Urteil vom 02. April 2014 – 1 S 199/13 -, Rn. 13, juris). Ohne weitere Absprachen ist in der Regel von einem vertraglich geschuldeten Lüftungsverhalten in Gestalt von zweimaligem (morgens/abends) Stoß- oder Querlüften für jeweils ca. 10 Minuten auszugehen (LG Gießen, Urteil vom 02. April 2014 – 1 S 199/13 -, Rn. 13, juris).

Weitergehende Pflichten hat die Beklagte vorliegend nicht übernommen. Wohl können sich solche auf der Basis erteilter Hinweise auf ein notwendiges, gesteigertes Heiz- und Lüftungsverhalten für den jeweiligen Mieter ergeben. Das gilt aber nur dann, wenn der Mieter diese Verpflichtung (gegebenenfalls konkludent) auch übernommen hat (§§ 133, 157 BGB; vergleiche LG Gießen, Urteil vom 02. April 2014 – 1 S 199/13 -, Rn. 13, juris und LG Bonn, Urteil vom 13. September 2012 – 6 S 69/12 -, Rn. 12, juris: „bei Vertragsschluss […] jedenfalls stillschweigend akzeptiert“). Maßgeblich für den Umfang der Lüftungsverpflichtungen ist der Vertragsinhalt (LG Konstanz, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 61 S 21/12, 61 S 21/12 A -, Rn. 21, juris).

Vorliegend verhält sich der schriftliche Mietvertrag in § 18 Nr. 5 (Bl. 11 Rückseite) zum Lüften und Heizen der Mieterseite. Danach hatte die Beklagte als Mieterin auch während ihrer Abwesenheit für eine ausreichende Beheizung und Belüftung des Mietobjekts zu sorgen. Dem ist eine besondere Anforderung des konkreten Mietobjektes für eine erhöhte Lüftungsfrequenz nicht zu entnehmen.

Die – unstreitig erfolgte – Überreichung der Richtlinien „Beachtung richtiges Lüften“ wiederum geschah erst nach Abschluss des Mietvertrages über einen Monat später bei der Wohnungsübergabe. Unabhängig davon, ob eine derart von den Besonderheiten der Wohnung unabhängige mehrseitige Belehrung durch den Mieter mit der Begründung erheblicher und stetiger Handlungspflichten für die Mieterseite einer Inhaltskontrolle standhielte (gemäß § 307 BGB) fehlt es vorliegend bereits an einer Einbeziehung in die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien. Weder sind Tatsachen vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass die Beklagte ein Lüftungsverhalten im nun für erforderlich gehaltenen Umfang akzeptiert hätte.

2. In dieser Konstellation kann der Kläger von der Beklagten auch keinen Schadensersatz wegen der Schimmelpilzerscheinungen und für das aufgewölbte Parkett verlangen (§§ 280, 241, 535 BGB). Das Verhalten der Beklagten war nicht vorwerfbar (im Sinne von § 276 BGB). In Betracht kommt vorliegend allein ein Unterlassen durch nicht hinreichend umfangreiches Heizen und Lüften. Dieses ist nur dann vorwerfbar, wenn die fragliche positive Handlung geschuldet war. Dies ist für das vorliegend erforderliche drei- bis viermalige tägliche Lüften – wie vorstehend unter Z. 1 gezeigt – nicht der Fall.

3. Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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