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Mietminderung – unwirksame Ausschlussklausel in Pachtvertrag

Landgericht Coburg

Az: 12 O 231/07

Urteil vom 09.01.2008


In dem Rechtsstreit wegen Forderung aus einem Mietvertrag hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2007 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten rückständigen Pachtzins für den Zeitraum vom 1.1..2003 bis 31.12.2006.

Der Kläger ist Verpächter und der Beklagte im Anwesen der Gaststätte XXX in Anwesen XXX aufgrund des Pachtvertrages vom 29.10.1984 mit Mietbeginn 15.2.1985. Seit dem 1. Juli 2001 betrug aufgrund des 4. Nachtrages zum vorgenannten Pachtvertrag vom 31.3.2001 der Nettopachtzins monatlich 2.400 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer und einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 500 DM monatlich zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Von Januar 2003 bis einschließlich September 2003 zahlte der Beklagte monatlich 1.601,37 EUR. Von Oktober 2003 bis einschließlich Dezember 2006 zahlte der Beklagte monatlich 1.251,37 EUR‘ Anfang 2007 bezahlte der Beklagte für Pachtrückstände des Jahres 2003 weitere 2.000 EUR an den Beklagten. Von Januar 2003 bis einschließlich September 2003 erfolgten Zahlungen in Hohe von monatlich 1.304,81 EUR als Pachtzins inklusive Umsatzsteuer.

Der Kläger trägt vor, dass der Beklagte von Oktober 2003 bis einschließlich Dezember 2006 1.251,37 EUR an den Kläger überwiesen habe, worauf absprachegemäß 954,82 EUR als Pachtzahlung anzusehen seien.

Der Kläger trägt vor, dass der Beklagte gem. § 8 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages der Beklagte als Pächter die Gesamterhaltungspflicht für das Pachtobjekt übernommen habe. Der Kläger meint, dieses sei uneingeschränkt möglich und stelle keine unangemessene Benachteiligung des Pächters dar.

Der Kläger beantragt daher zu erkenne:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 17.343,76 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab 02.04.2007 nebst EUR 3.656,45 Zinsen für den Zeitraum vom 10.01.2003 bis 01.04.2007, nebst EUR 413,90 vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte trägt vor, dass er von Oktober 2003 bis Dezember 2006 monatlich 1.850 DM Pacht zuzüglich 352 DM Mehrwertsteuer für die Pacht überwiesen habe. Darüber hinaus trägt der Beklagte vor, dass der Pachtzins wegen Mängel der Pachtsache zu mindern sei. Der Kläger behauptet, dass spätestens seit dem 18.10.2002 die Ventilatoren im Lokal zu laut seien, die Türen nicht dicht schließen würden, die Hausfassade unansehnlich und schmutzig gewesen sei. Des Weiteren seien Stromkabel und Leitungen auf Putz verlegt gewesen. Die Fenster des Lokales seien undicht gewesen, so dass im Winter der Gastraum und die weiteren verpachteten Räume nicht über 18 Grad C geheizt werden konnten. Desweiteren trägt der Beklagte vor, dass seit Oktober 2002 ein Befall des Pachtobjekts mit Schaben und Mäusen, insbesondere im Keller, vorgelegen habe. Der Beklagte meint, dass die Regelung in § 8 des Pachtvertrages den Pächter unangemessen benachteiligen würde. Deswegen habe der Beklagte seit Oktober 2003 den Pachtzins aufgrund Mängel um monatlich 355 EUR gemindert.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen XXX. Zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme und der Anhörung der Parteien wird auf die Protokolle vom 19:9.2007 und 12.12.2007-Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteilen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Ohne Berücksichtigung einer Mietminderung sind nach Auffassung des Gerichts folgende Pachtzinsrückstände offen:

Im Zeitraum von Januar 2003 bis September 2003 wurden monatlich 1.423,44 EUR Pachtzins einschließlich Mehrwertsteuer ohne Nebenkosten geschuldet. Es wurden monatlich hierauf 1.304,81 EUR bezahlt. Somit ergibt sich für 9 Monate ein Rückstand von 1.067,67 EUR (9 Monate zu je 118,63 EUR).

Für den Zeitraum von Oktober 2003 bis Dezember 2006 waren monatlich 1.423,44 EUR geschuldet. Nach dem Vortrag der Parteien ist erkennbar, dass der Text der Überweisung mit den tatsächlich gezahlten Beträgen nicht übereinstimmt. Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Vereinbarung über die Verrechnung des Überweisungsbetrags von 1.251,37 EUR,. welche vom Beklagten bestritten wurde, wurde kein Beweisangebot vorgelegt. Daher ist davon auszugehen, dass wie im Text der Überweisung angegeben, 2.202 DM (1.850 DM und 352 DM Mehrwertsteuer) auf den Pachtzins gezahlt werden sollten. Dies entspricht monatlich 1.125,86 EUR Pachtzinszahlung einschließlich Mehrwertsteuer. Damit ergäbe sich für den Zeitraum von Oktober 2003 bis Dezember 2006 ein Rückstand von 11.605,62 EUR (39 Monate zu je 297,58 EUR).

II.
Gemäß §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1 S. 2 BGB ist für die Zeit, während der die Tauglichkeit der überlassenen Pachtsache aufgrund von Mängeln gemindert ist, lediglich eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Aufgrund der im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellten Mängel war die Bruttomiete von 1.432,44 EUR in Höhe von mindestens 25 % seit Oktober 2002 zu mindern, was einer monatlichen Mietminderung von 355,86 EUR entspricht.

1. Die Geltendmachung von Mietmängeln ist entgegen der Regelung des § 8 im Pachtvertrag vom 29.10.1984 nicht ausgeschlossen. § 8 des Pachtvertrages benachteiligt den Pächter gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB unangemessen, so dass dessen Regelung unwirksam ist. Die Tragung der gesamten Kosten der erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen innerhalb der Pachtsache inklusive des gesamten Mobiliar, von Türen, Fenstern und Rollläden durch Fachfirmen, weichen erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Pachtvertrages ab. Darüber hinaus ist der Pächter zur Wartung aller vorhandenen technischen Anlagen (elektrische Leitungen, Toiletten, Heizung, Warm- und Kaltwasser, Kegelbahn, Be- und Entlüftung, Versorgungs- und Abflussleitungen, Leitungsverstopfungen bis zum Hauptrohr etc.,) verpflichtet. Die Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund von Mängeln ist ausgeschlossen. Desweiteren sind die Räume alle 2 Jahre ab Pachtbeginn unaufgefordert vom Pächter fachgerecht zu renovieren.

Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung kann nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung in der Literatur bei Gewerberaummiete bzw. pachtformularmäßig auf den Pächter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind (BGH, Urteil vom 6.4.2005. Az: XII ZR 158/01 mit weiteren Nachweisen). Jedoch findet die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild dort ihre Grenze, wo dem Pächter die Erhaltungslast vom gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht in seinem Mietgebrauch veranlasst sind und nicht in seinen Risikobereich fallen (BGH a.a.O) . Im vorliegenden Fall wurde dem Pächter auch die Wartung aller vorhandenen technischen Anlagen übertragen, obwohl beispielsweise auch der Verpächter im selben Anwesen wohnte. Darüber hinaus zwingt die Klausel zu Renovierungsarbeiten durch Fachfirmen, welche regelmäßig alle 2 Jahre durchzuführen sind. Daher verstößt die Regelung des § 8 des vorliegenden Pachtvertrages gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (BGH a.a.O) Palandt; Weidenkaff, 67. Auflage, 2008, § 553 Randziffer 43 am Ende mit weiteren Nachweisen.).

2. Nach Überzeugung des Gerichts waren seit Oktober 2002 zumindest die überlassene Pachtsache insoweit mangelhaft, als eine ordnungsgemäße Beheizung der Gaststätte infolge mangelhafter Holzfenster und ein Ungezieferbefall vorlag.
Der einvernommene Zeuge XXX hat glaubhaft ausgeführt, wie der Schädlingsbefall des Anwesens XXX mit zunehmender Pachtzeit stärker wurde. Der Zeuge hat ausgeführt, welche Anstrengungen der Pächter vorgenommen hat, um den Schädlingsbefall in Grenzen zu halten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Schädlingsbefall durch den Betrieb der Gaststätte verursacht wurde, da der Kläger in seiner persönlichen Anhörung am 19.9.2007 ausgeführt hat, dass die Stadt XXX nach Beendigung des Pachtverhältnisses und Einstellung des Gaststättenbetriebes gegen ihn eine öffentlich-rechtliche Anordnung zur Beseitigung des Schädlingsbefalls erlassen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Schädlingsbefall im Zusammenhang mit den Abwasserleitungen des unsanierten Pachtanwesens steht (BI. 39 – 41 d.A.). Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger entgegen seinen eigenen Angaben (BI. 19 d.A.) bereits vor April 2007 von einem Befall seines Anwesens mit Schaben wusste. Bereits im Schreiben des Beklagten vom 18.10.02 wurde auf Schaben und Mäuse hingewiesen. Der Zeuge XXX hat berichtet, dass er den Kläger die Mängel persönlich mitgeteilt hat. Auch stellt die nicht ausreichende Beheizbarkeit der Gaststätte im Winter einen erheblichen Mangel dar. Keine Mängel sind darin zu sehen, dass Stromkabel und Leitungen in der Küche auf Putz verlegt wurden, da davon auszugehen ist, dass diese Form der Installation bereits vor Abschluss des Mietvertrages vorlag.

Eine Mangelanzeige gemäß §§ 581 Abs. 2, 536 c Abs. 1 S. 1 BGB ist spätestens mit dem Schreiben vom 18.10.2002 an den Kläger erfolgt (siehe Anlagen des Beklagten)

3. Das Gericht ist aufgrund der Aussage des Zeugen XXX davon überzeugt, dass die beiden vorgenannten erheblichen Mängel während der Mietzeit entstanden sind. Eine Verursachung durch den Beklagten konnte, wie oben bereits ausgeführt, durch den Kläger nicht nachgewiesen werden.

4. Das Gericht sieht eine aufgrund der vorgenannten Mängel um 25 % herabgesetzte Miete als angemessen an. Dabei ist der Ungezieferbefall mit 20 % zu berücksichtigen (vgl. AG Bremen NJW 98, 3282; OLG Stuttgart NJW RR 97, 755; OLG Hamm NJW RR 98, 1020): Hinsichtlich der nicht ausreichenden Beheizbarkeit des Gastraums ist von einer Mietminderung unabhängig von der Jahreszeit – von monatlich mindestens 5 % auszugehen. Damit war die Bruttomiete in Höhe von 1.423,44 EUR einschließlich Mehrwertsteuer entsprechend um 355,86 EUR monatlich zu mindern.

Somit ergibt sich für keinen der streitgegenständlichen Monate ein noch offener Mietpachtzins. Auf die Zahlung von 2.000 EUR im Jahr 2007 hinsichtlich Pachtzinsrückständen im Jahr 2003 kommt es somit nicht an.

Die Klage war demnach abzuweisen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und §§ 709 S. 2 ZPO.

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