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Mietpreisspiegel – Welcher kommt als Schätzungsgrundlage in betracht

 

 

Landgericht Bonn

Az: 8 S 32/09

Urteil vom 26.05.2009


I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 16.01.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegburg – 109 C 385/08 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.) Die Beklagte wird verurteilt,

a) an die Autovermietung C GmbH, Geschäftsführer Herr C, E Str. ###, ####1 D € 645,08 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2008 zu zahlen;

b) den Kläger von den Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit der Rechtsanwälte F & G aus M in dieser Sache in Höhe von € 120,67 freizustellen.

2.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.

Mangels Zulassung findet eine Revision nicht statt (§§ 542, 543 Nr. 1 ZPO). Eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 I ZPO) ist nicht zulässig, da der gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO für eine solche Beschwerde erforderliche Beschwerdewert von mehr als € 20.000,- nicht erreicht wird.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

1.) Die Beklagte hat aus dem Verkehrsunfall vom 30.11.2007, für den sie unstreitig zu 100 % dem Grunde nach haftet, weiteren Schadensersatz wegen Mietwagenkosten in Höhe eines Betrages von € 645,08 gemäß §§ 7, 17 StVG; § 115 VVGn.F., § 249 BGB, § 287 ZPO zu leisten. Der Kläger kann aufgrund der Sicherungsabtretung dieses Schadensersatzanspruchs Zahlung an die Autovermietung C GmbH verlangen. Er ist von der Zessionarin zur Geltendmachung der Forderung ermächtigt.

a) Ein weitergehender Schadensersatzanspruch ist nicht gegeben.

Soweit der Kläger diesen darauf stützt, dass das Amtsgericht zur Ermittlung des im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB „erforderlichen“ Betrages nicht auf den „Marktpreisspiegel-Mietwagen Deutschland 2008″ des H Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation hätte abstellen dürfen, sondern den T-Mietpreisspiegel 2006 hätte zugrunde legen müssen, bleibt die Berufung ohne Erfolg.

Der Rückgriff auf den H Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage ist vom tatrichterlichen Ermessen, welches § 287 ZPO einräumt, gedeckt. Dabei stützt sich die Kammer auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der in seiner Entscheidung vom 14.10.2008 (NZV 2009, 24, 26) Folgendes ausgeführt hat:

“ (…) Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Auch darf das Gericht nicht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (vgl. Senat, NJW 2008, 1519). Sie müssen es aber nicht; insbesondere, wenn das Gericht berechtigte Zweifel an ihrer Eignung hat, kann es die Heranziehung einer bestimmten Liste ablehnen.

So liegt es hier. Die Problematik der Tliste 2006 ist nicht nur vom BerGer., sondern auch anderweit in Rechtsprechung (vgl. OLG München, r + s 2008, 439 = BeckRS 2008, 16843, m. Bespr. Heß/Burmann, NJW-Spezial 2008, 585, welches deswegen den „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ des H-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation zu Grunde legt; LG Dortmund, Urt. v. 3. 7. 2008 – 4 S 29/08) und Literatur (vgl. z.B. Buller, NJW-Spezial 2008, 169; Heß/Buller, NJW-Spezial 2007, 255; Reitenspiess, DAR 2007, 345 [347]; Richter, VersR 2007, 620) beschrieben worden. Es ist dem Tatrichter nicht verwehrt, sich diesen Bedenken insbesondere dann anzuschließen, wenn er sie auf Grund rechnerischer Überlegungen bestätigt sieht, und die Tliste 2006 nicht als Schätzgrundlage heranzuziehen. Dass andere Gerichte und Literaturstimmen zu einer abweichenden Einschätzung gelangen (vgl. etwa OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92; OLG Köln, Schaden-Praxis 2008, 218 [220]; Vuia, NJW 2008, 2369 [2372]; Wenning, NZV 2007, 173), steht dem nicht entgegen.

Das BerGer. war auch nicht verpflichtet, seine Bedenken gegen die Tliste 2006 durch Sachverständige auf ihre Berechtigung prüfen zu lassen. Es durfte auf eine andere geeignete Schätzungsgrundlage zurückgreifen. (…)“

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es berufungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den H Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage herangezogen hat, da im vorliegenden Fall die im angegriffenen Urteil dargelegten Bedenken gegen die Anwendung der Tliste 2006 bestanden.

b) Indes ergeben sich entgegen der Ansicht des Amtsgerichts auch bei Rückgriff auf den H Mietpreisspiegel weitergehende Schadensersatzansprüche des Klägers über die von Beklagtenseite bereits gezahlten € 812,77 hinaus.

So ist zum einen der aus dem H Mietpreisspiegel zu entnehmende „Normaltarif“ um einen pauschalen Aufschlag zu erhöhen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein solcher Aufschlag zu berücksichtigen ist, um den Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzfahrzeuggeschäfts im Vergleich zum Normalgeschäft angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BGH NJW 2008, 2910; NZV 2006, 526; OLG Saarbrücken Urt. v. 17.07.07, 4 U 714/03 – 11/05; OLG Köln NZV 2007, 199, 201 m.w.N.).

Die Kammer hält gemäß § 287 ZPO einen Aufschlag in Höhe von 20 % für angemessen und ausreichend, um den durchschnittlichen Wert der Mehrleistungen bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen im Vergleich zur „normalen“ Autovermietung zu bemessen (vgl. ebenso OLG Köln a.a.O.).

Die vom Amtsgericht zugrunde gelegten Normaltarif-Durchschnittswerte gemäß H -Mietpreisspiegel in Höhe von € 658,37 brutto (gemäß Internetangebot) bzw. € 746,10 brutto (telefonisch erhoben) sind daher auf brutto € 790,04 (Internet) bzw. € 895,32 (telefonisch) zu erhöhen. Der gemäß § 287 ZPO aus den Werten der beiden Erhebungsformen (Internet / telefonisch) zu errechnende Mittelwert beträgt € 842,68.

Ferner hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der in der Rechnung der Autovermietung C GmbH vom 18.12.2007 ausgewiesenen Zuschläge für die Gestattung eines Zweitfahrers (€ 193,95 netto), die Begrenzung der Selbstbeteiligung in der Vollkaskoversicherung (€ 271,50 netto) sowie Zustell-und Abholkosten (€ 51,50 netto) in Höhe von insgesamt netto € 516,95, zuzüglich 19 % USt, mithin brutto € 615,17. Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass die von der Autovermietung berechneten Zuschläge gemäß der T-Nebenkostentabelle marktgerecht sind. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Auf diese Nebenkosten ist kein pauschaler Aufschlag zu machen (s. OLG Köln NZV 2007, 199, 202), da Anhaltspunkte dafür, dass die besonderen Risiken bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen sich auch hinsichtlich dieser Nebenkosten auswirken, weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind

Insgesamt betragen die gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB iVm § 287 ZPO erstattungsfähigen Mietwagenkosten danach € 1.457,85 (€ 842,68 + € 615,17). Abzüglich der bereits unstreitig hierauf geleisteten Zahlung der Beklagten in Höhe von € 812,77 kann der Kläger mithin Zahlung von weiteren € 645,08 beanspruchen.

2.) Eine Verzinsung dieses Zahlbetrages kann der Kläger erst ab Rechtshängigkeit (02.09.2008) gem. §§ 291, 288 BGB verlangen. Für sein weitergehendes Zinsbegehren fehlt es am erforderlichen Vortrag zum Eintritt des Zahlungsverzuges per 31.07.2008. Allein dadurch, dass der Beklagten im Anspruchsschreiben vom 16.07.2008 eine Zahlungsfrist bis zum 30.07.2008 gesetzt wurde, ist kein Verzug der Beklagten begründet worden. Die einseitige Bestimmung einer Leistungszeit durch den Gläubiger reicht, sofern dieser nicht nach § 315 BGB zur Bestimmung der Leistungszeit berechtigt ist, insoweit nicht aus (s. BGH Urteil v. 25.10.2007, III ZR 91/07).

3.) Der Freistellungsanspruch des Klägers hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist in der geltend gemachten Höhe begründet.

Gemäß § 249 BGB sind diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten in Form vorprozessualer, nicht anrechenbarer Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Zahlungsforderung (€ 645,08) ergeben sich erstattungsfähige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 120,67.

4.) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5.) Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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