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Mietsache – Nichträumung und Nutzungsentschädigung

OLG Düsseldorf

Az: 24 U 200/11

Urteil vom 27.03.2012


Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Mietverhältnis vom 9. Januar 2007 ein Anspruch auf Zahlung von noch 11.543,20 EUR zu. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

geschuldet hierauf gez. Rückstand

Okt 07 1.615,00 1.500,00 115,00

Nov 07 1.615,00 1.500,00 115,00

Dez 07 1.615,00 0,00 1.615,00

Jan 08 1.615,00 0,00 1.615,00

Feb 08 1.615,00 500,00 1.115,00

Mrz 08 1.615,00 0,00 1.615,00

Apr 08 1.615,00 0,00 1.615,00

Mai 08 1.615,00 0,00 1.615,00

Jun 08 1.615,00 0,00 1.615,00

14.535,00 3.500,00 11.035,00

Nk. 2007 31,04

Nk. 2008 477,16

11.543,20

1. Der Kläger kann die rückständigen Grundmieten für die Monate Oktober 2007 bis März 2008, jeweils gemindert um 5 %, d.h. monatlich 1.615,00 EUR beanspruchen. Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, muss sich der Kläger an dem von dem Landgericht ausgeurteilten Minderungsbetrag festhalten lassen.

2. Dem Kläger steht weiter für die Zeit von April bis Juni 2008 Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 BGB in Höhe der vereinbarten Grundmiete zu, dies ebenfalls gemindert um 5 %. Denn die Beklagte hat dem Kläger das Mietobjekt nicht im Sinne dieser Vorschrift zurückgegeben und muss daher während der Dauer der Vorenthaltung, die jedenfalls bis Ende Juni 2008 währte, die vereinbarte Miete weiter zahlen.

a) Lässt der Mieter Einrichtungsgegenstände zurück, so hat er seine Rückgabepflicht nicht erfüllt. Denn der Vermieter kann verlangen, dass er leere Räume, so wie er sie überlassen hat, in einem zur anschließenden Nutzung geeigneten Zustand zurückerhält (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 1075). Zwar liegt ein Vorenthalten i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB nicht schon dann vor, wenn der Mieter die Mietsache in verändertem oder verschlechtertem Zustand zurückgibt (BGH WM 1974, 260; OLG Hamburg, MDR 1990, 247; Senat, NZM 2002, 742). Deshalb kann allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem Zustand überlässt, an sich noch keine Vorenthaltung gesehen werden (BGHZ 104, 285 = MDR 1988, 855). Bleiben nur einzelne Gegenstände zurück, kann im Einzelfall anzunehmen sein, dass der Mieter seine Räumungspflicht erfüllt hat. Daher steht das Zurücklassen von wenigem Gerümpel der Annahme einer Rückgabe nicht entgegen. Der Umstand, dass der Mieter Gegenstände in der Mietsache nicht entfernt, kann der Annahme einer Rückgabe aber dann entgegenstehen und damit eine Vorenthaltung i.S.d. § 546a BGB begründen, wenn wegen des Belassens der Sachen nur eine teilweise Räumung des Mietobjektes anzunehmen ist (BGH, a.a.O.; Senat, OLGR 2009, 533 f.; 2005, 331). Dies ist hier der Fall, da nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen ist, dass die Beklagte in nicht unerheblichem Umfang Einrichtungsgegenstände in dem Mietobjekt zurückgelassen hatte.

Ein „Vorenthalten“ ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil – so die Beklagte -der Kläger von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch gemacht habe (vgl. hierzu Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. Rn. 1126 m.N.). Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten bestritten, sich auf ein Vermieterpfandrecht berufen zu haben. Beweis für ihren – zudem unsubstantiierten (wann und in welcher Form soll das Recht geltend gemacht worden sein?) – Vortrag hat die Beklagte nicht angetreten. Daraus, dass der Kläger nach der Freigabe des zurückgelassenen Inventars durch den Insolvenzverwalter und nach der endgültigen Weigerung der Beklagten, das Ladenlokal zu räumen, versucht hat, die verbliebenen Gegenstände zu verkaufen, kann die Beklagte nichts für sich herleiten.

b) Der Anspruch ist unabhängig von der Frage, wann der Kläger das Mietobjekt im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückerhalten hat, nicht verjährt. Die Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB knüpft nicht an die Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache an; sie ist nicht Schadensersatz, sondern ein vertraglicher Anspruch eigener Art und hat wie die Miete Entgeltcharakter (vgl. BGHZ 104, 285 = MDR 1988, 855; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rn. 1119). Der Anspruch unterliegt mithin nicht der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB (vgl. Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, 3. Auflage, Rn. 1829; Lindner/Figura, Geschäftsraummiete, 2. Auflage, Kap. 16 Rn. 106).

3. Die Beklagte kann eine Mietminderung nur für die Monate beanspruchen, für die sie das Landgericht zuerkannt hat; weitergehende Minderungsrechte stehen ihr nicht zu. Dies gilt auch, soweit sie solche auf den unterbliebenen Verputz der Kellerräume stützt. Denn es ist davon auszugehen, dass hierdurch nur eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB) eingetreten ist, nachdem die ehemalige Geschäftsführerin Schüler der Beklagten in ihrer Vernehmung bekundet hat, die Nutzung des Kellers sei während der Mietzeit nicht eingeschränkt gewesen.

Die Zusage, den Keller zu verputzen, ist auch keine Zusicherung im Sinne von § 536 Abs. 2 BGB. Eine Zusicherung liegt vor, wenn der Vermieter durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Mieter zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Auflage, § 536 Rdn. 25 m.N.). Hier hat der Vermieter lediglich zugesagt, einen noch vorhandenen Zustand, der möglicherweise einen Mangel des Objekts darstellen könnte, noch zu beseitigen. Dies beinhaltet nicht die Erklärung, für alle Folgen des Fehlens des Verputzes einstehen zu wollen.

Die Beklagte hat auch einen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Miete für Februar 2007 im Hinblick auf die behördliche Nutzungsuntersagung nicht schlüssig dargetan, weil ihr Vortrag dazu, wie weit ihr die Nutzung des Objekts infolge der behördlichen Untersagungsverfügung nicht möglich war, nicht hinreichend konkret ist (vgl. etwa Schriftsatz vom 11. März 2010, S. 2, Bl. 264 GA: „mindestens für eine Woche“). Gegenüber einem derartigen Rückzahlungsanspruch könnte der Kläger zudem jedenfalls mit den ihm aus §§ 281 Abs. 1, 281 Abs. 1 und 2 BGB zustehenden Schadensersatzansprüchen wegen der Entrümpelung und der Malerarbeiten aufrechnen. Dass diese verjährt sind (dazu im Folgenden unter 4.), steht dem gemäß § 215 BGB nicht entgegen.

4. a) Der Kläger vermag mit den von ihm weiter geltend gemachten Ansprüchen aus §§ 280 Abs. 1 281 Abs.1 BGB auf Schadensersatz wegen der ihm entstandenen Kosten für die Entrümpelung, den Austausch der Schließanlage und die Malerarbeiten nicht durchzudringen, da diesen die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung, § 548 Abs. 1 BGB, entgegensteht (vgl. zu den von § 548 Abs. 1 BGB umfassten Ansprüchen BGH, MDR 2006, 1398; auch Neuhaus, a.a.O. Rn. 1825 f. m.N.).

Der Kläger hat das Mietobjekt spätestens am 8. April 2008 im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückerhalten, so dass die Schadensersatzforderungen zum Zeitpunkt der Klageerhöhung (Schriftsatz vom 17. Oktober 2008, der Beklagten zugestellt am 26. Oktober 2008) bereits verjährt waren. Der Vermieter erhält die Mietsache immer schon dann in diesem Sinne zurück, wenn der Mieter den Besitz an ihr aufgibt und der Vermieter auf der Grundlage eigener Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich von ihrem Zustand unbeeinträchtigt zu unterrichten (BGH NJW 1980, 369, 370; 2001, 535; 2004, 774, 775; Senat OLGR Düsseldorf 2008, 544; 2007, 465; 2006, 227; 2001, 200; Grundeigentum 2002, 1196; OLGR Düsseldorf jew. m. w.N.). Maßgeblich ist, dass der Vermieter freien Zutritt erlangt und in der Lage ist, die Mietsache auf Veränderungen oder Verschlechterungen zu untersuchen. Diese Voraussetzungen waren seit dem 8. April 2008 gegeben. An diesem Tag hat der Kläger zusätzlich zu dem von ihm nachgemachten Schlüssel nach eigenem Vortrag zwei weitere Schlüssel zu dem Objekt erhalten, so dass er von diesem Zeitpunkt an ungehinderten Zutritt hatte und die Sachherrschaft über das Objekt erlangte. Dass sich das Objekt bei der Rückgabe nicht in vertragsgemäßem Zustand befand, ist insoweit unerheblich (vgl. Senat MDR 2005, 744 = OLGR 2005, 105 m. w. Nachw.). Gleiches gilt für die – hier streitige – Frage, ob der Mieter noch Schlüssel in seinem Besitz hatte (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Juli 2009, I-24 U 109/08, zitiert nach Juris; Senat, MDR 2009, 1036; Senat, OLGR Düsseldorf 2008, 544; 2001, 200 jew. m.w.N.; ebs. BGH NJW 1987, 2072). Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bzw. der vorläufige Insolvenzverwalter nach dem 8. April 2008 ihrerseits noch Besitzwillen gehabt haben, dem Kläger insbesondere nicht der jederzeitige freie Zutritt zu dem Mietobjekt zugestanden werden sollte (vgl. dazu BGH, MDR 2000, 1068; MDR 2004, 268), sind nicht ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus dem Schreiben des Klägers an den Insolvenzverwalter vom 14. April 2008. Streitig war zwischen den Parteien allenfalls noch, was mit dem von der Beklagten zurückgelassenen Inventar geschehen sollte und ob sich das Objekt im Übrigen in vertragsgemäßem Zustand befand; dies änderte nichts an der unmittelbaren Sachherrschaft des Klägers über das Mietobjekt selbst.

b) Der Kläger hat die Forderung wegen der Entrümpelung, deren materielle Berechtigung das Landgericht abgesehen von der Frage der Verjährung zutreffend festgestellt hat, wirksam gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten verrechnet, so dass die ihrerseits erklärte Aufrechnung nicht durchgreift (vgl. dazu bereits S. 12 unten des erstinstanzlichen Urteils).

5. Dem Kläger stehen schließlich die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Salden aus den – von der Beklagten in der Sache nicht beanstandeten – Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 zu, auch diese jeweils gemindert um 5 %. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten geleisteten Vorauszahlungen verbleibt damit für 2007 ein Betrag von 31,04 EUR (= 913,83 EUR x 0,95 – 827,10 EUR) und für 2008 noch 477,16 EUR (= 502,27 EUR * 0,95). Der Kläger war nicht durch § 556 Abs. 3 S. 3 BGB gehindert, die Salden noch geltend zu machen, da die Vorschrift nur für das Wohnraummietrecht und nicht für den Bereich der gewerblichen Mietverhältnisse gilt (vgl. Senat, GuT 2008, 34 f. m.N.; WuM 2003, 151 f.; OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, GuT 2007, 301; 2006, 132 f.; KG, ZMR 2007, 449; KG, ZMR 2006, 526; OLG Köln, GuT 2006, 314; OLG Brandenburg, Info M 2007, 22).

6. Zinsen stehen dem Kläger gem. §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB jeweils ab Fälligkeit der Mietzinsforderungen zu. Wegen der rückständigen Salden aus den Nebenkostenabrechnungen kann der Kläger lediglich Rechtshängigkeitszinsen (§ 291 BGB) beanspruchen, da sich ein früherer Zugang der Abrechnungen bzw. verzugseintritt nicht feststellen lässt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

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