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Mietwagen zum Unfallersatztarif – Schwacke-Liste

Amtsgericht Krefeld

Az: 4 C 314/06

Urteil vom 28.02.2007


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Krefeld auf die mündliche Verhandlung vom 24.1.2007 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.108,74 nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 3.2.06 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von insgesamt Euro 81,91 zu zahlen.

2. Wegen der weiter gehenden Nebenforderungen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:
Am 6.12.05 ereignete sich in Krefeld ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des XXXXXX, ein Pkw Nissan, von der Versicherungsnehmerin der Beklagten Frau XXXXX beschädigt wurde. Die Parteien sind darüber einig, dass zwischen den Unfallbeteiligten die Beklagte und ihre Versicherungsnehmerin in vollem Umfang für den Schaden haften.

Der Geschädigte XXXX mietete am Unfalltag, dem 6.12.05, bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug an. Das Vertragsformular enthält den Vermerk „Unfallersatz“. Die Anmietung beinhaltet eine Kaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von Euro 1.000,- pro Schadensfall. Mit schriftlicher Sicherungsabtretung vom gleichen Tag trat der Geschädigte der Klägerin seine Ansprüche aus dem Unfall ab. In der vorformulierten Erklärung heißt es: „meine/unsere persönliche Haftung für die Ersatzwagen, Reparatur und sonstigen Kosten bleiben durch die Abtretung unberührt. Für die Geltendmachung meiner/unserer Schadenersatzansprüche werde(n) ich/wir selbst sorgen… Die Zessionarin ist nicht berechtigt, die abgetretenen Schadenersatzansprüche geltend zu machen, bevor sie den Zedenten erfolglos zur Zahlung aufgefordert hat.“ Für den weiteren Inhalt wird auf Blatt 18 Gerichtsakte verwiesen.

Die Beklagte setzte sich am 7.12.05 mit dem Geschädigten in Verbindung, um ihm ein günstigeres Angebot zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu unterbreiten. Die Klägerin rechnete unter dem 4.1.06 die Anmietung des Fahrzeugs für insgesamt 17 Tage zu einem Preis von Euro 1.125,52 zuzüglich der Kosten für Vollkasko-Versicherung mit Euro 278,45 zuzüglich der Kosten für Zusatzfahrer mit Euro 17,25 und für die Zustellung des Fahrzeugs mit Euro 27,59 ab. Zuzüglich der Mehrwertsteuer ergab sich ein Betrag von Euro 1.680,72. Die Beklagte leistete unter dem 16.2.06 hierauf Euro 571,88. Die Klägerin forderte den Geschädigten danach erfolglos zur Zahlung des Restbetrages auf.

Die Klägerin trägt vor, dem Geschädigten sei, da er nicht über eine Kreditkarte verfügt habe, unmittelbar nach dem Unfall ein günstigerer Tarif nicht zugänglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie Euro 1.108,74 nebst 9,5 % Zinsen hieraus seit dem 3.2.06 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von Euro 127,44 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte leugnet eine wirksame Sicherheitsabtretung der Forderung an die Klägerin und deren Aktivlegitimation. Sie ist der Auffassung, die Klägerin werde zur Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit tätig.

Die Beklagte trägt vor, der Geschädigte habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, ihm sei bereits am 7.12.05 angeboten worden, dass er durch Vermittlung der Beklagten bei der Firma Enterprise ein klassengleiches Fahrzeug zum Preis von Euro 29,-/Euro 44,- kalendertäglich anmieten könne. Die Abrechnung nach dem Unfallersatztarif der Klägerin sei nicht gerechtfertigt, allenfalls käme der Ansatz des Normaltarifes und der Mietwagenklasse 4 bei Selbstabholung des Fahrzeugs in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 7 Absatz 1,17 Absatz 2 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz, 249,398 BGB die Zahlung der weiteren geltend gemachten Mietwagenkosten, die im Anschluss an den Unfall vom 6.12.05 angefallen sind, verlangen.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Anspruchs aktivlegitimiert. Die formularmäßige Abtretung des Ersatzanspruchs durch den Geschädigten Fritzen vom 6.12.05 ist wirksam, sie verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH in VersR 06, 283) bedarf ein Mietwagenunternehmen, dass es geschäftsmäßig übernimmt, für Unfallgeschädigte die Schadensregulierung durchzuführen, einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz. Etwas anderes gilt nur, um wenn es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum geht, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen und damit eine eigene Angelegenheit zu besorgen. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall festzustellen. Für die Besorgung einer eigenen Angelegenheit spricht, wenn der Unfallgeschädigte lediglich die Forderung auf Mietwagenkosten und nicht sämtliche Ersatzforderungen abgetreten hat, wenn nach den Abtretungsbedingungen der Geschädigte selbst verpflichtet bleibt und wenn das Mietwagenunternehmen tatsächlich zunächst versucht hat, die Erfüllung des vertraglichen Anspruchs von dem Geschädigten zu erhalten.

Die Würdigung der Umstände des vorliegenden Fall ergibt, dass die Klägerin keine fremde, sondern eine eigene Angelegenheit besorgt. Zwar hat der Geschädigte vorliegend nahezu sämtliche Ersatzansprüche aus dem Unfallereignis an die Klägerin abgetreten, dies ist der Höhe nach aber begrenzt worden auf den Anspruch des im Mietwagenunternehmens gegen ihn selbst. Nach den Vertragsbedingungen bleibt der Geschädigte auch weiterhin zur Geltendmachung seiner Ansprüche berechtigt und verpflichtet. Die Klägerin hat schließlich – unstreitig – den Geschädigten nach Eingang der Teilzahlung vergeblich aufgefordert, den Restbetrag zu zahlen.

Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet. Der Geschädigte XXXX verstieß im Rahmen seines Schadenersatzanspruchs nach § 249 BGB nicht gegen die Verpflichtung, von mehreren gleichwertigen Möglichkeiten die günstigste zur Schadensbeseitigung zu wählen. Die Beklagte weist hierzu zutreffend darauf hin, dass der Geschädigte seine Pflicht, den Schaden gering zu gehalten, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann erfüllt, wenn er Vergleichsangebote eingeholt und von mehreren gleichwertigen Angeboten das günstigste auswählt (BGH in NJW 06 1506 f). Dies hat die Klägerin für den Geschädigten aber nicht dargetan.

Anerkannt ist jedoch im weiteren, dass der Geschädigte bei einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht den Ersatz beanspruchen kann, die ihm bei pflichtgemäßem Vorgehen zustehen würde. Als Maßstab für die pflichtgemäß ermittelten und somit ersatzfähigen Kosten sind die in der Schwacke – Liste als Normaltarif im gewichteten Mittel für den Postleitzahl – Bereich des Geschädigten aufgeführten Beträge anerkannt (BGH in NJW 06, 2106 f). Sie stellen danach den allgemein akzeptierten Maßstab der Ersatzpflicht dar, wenn der Geschädigte durch Vereinbarung eines Unfallersatztarifs oder aus anderen Gründen höhere Kosten verursacht hat.

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Schwacke – Liste für das Postleitzahlgebiet des Geschädigten 478 bei der von der Beklagten anerkannten Fahrzeuggruppe 4 einen Tagesbetrag von Euro 84,- brutto vorsieht. Hinzu kommen die Kosten für die Vollkasko-Versicherung, die nach der Schwacke Liste bei Fahrzeuggruppe 4 täglich Euro 19,- brutto betragen. Eine Ersatzpflicht dieser Kosten ist bei Anmietung von – regelmäßig neuwertigen – Ersatzfahrzeugen unproblematisch. Ebenso ist die Vereinbarung des Tagestarifs bei der Inanspruchnahme nach einem Unfall regelmäßig nicht zu beanstanden, weil in diesen Fällen die Dauer der erforderlichen Anmietung nicht von vornherein feststeht. Dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist nicht substantiiert dargetan.

Bei einer Mietzeit von 17 Tagen ergibt sich nach der Schwacke – Liste ein ersatzfähiger Betrag von Euro 1.751,- inklusive Mehrwertsteuer. Der Betrag liegt damit geringfügig über dem von der Klägerin insgesamt für die Mietdauer geltend gemachten Betrag. Auch der Ansatz der Kosten für die Verbringung des Fahrzeugs und für einen zweiten Fahrer entsprechend der Rechnung vom 4.1.06 ist nicht zu beanstanden. Kosten der Verbringung gehören regelmäßig zu den ersatzfähigen Kosten und Aufwendungen nach Unfall. Ob der Ansatz eines Unfallersatztarifs gerechtfertigt wäre, kann deshalb dahinstehen, weil die von der Klägerin berechneten Kosten den nach dem Normaltarif der Schwacke – Liste errechneten Betrag bereits unterschreiten.

Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Verpflichtung, den Schaden so gering wie möglich zu halten, ist vorliegend auch nicht konkret anzunehmen, wenn – wie die Beklagte behauptet – der Geschädigte bereits am 7.12.05 telefonisch darauf hingewiesen wurde, dass er bei der Firma Enterprise ein klassengleiches Fahrzeuge für Euro 29,- oder Euro 44,- kalendertäglich anmieten könne. Der Geschädigte kann zwar grundsätzlich gehalten sein, ein konkretes, günstigeres Angebot der gegnerischen Versicherung anzunehmen. Das Gericht hält eine solche Vorgehensweise der Versicherung, frühzeitig und kostengünstig dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug anzubieten, für durchaus sachgerecht, um die Mietwagenkosten zu senken. Eine Verpflichtung des Geschädigten zur Annahme eines solchen Angebotes kann jedoch nur bestehen, wenn der Geschädigte unzweifelhaft erkennen kann, dass das angebotene Fahrzeug nicht nur hinsichtlich der Klasse sondern auch in Hinblick auf die sonstigen Vertragsbedingungen, etwa hinsichtlich des Versicherungsschutzes, dem bereits angemieteten oder zur Anmietung beabsichtigten Fahrzeugs gleich steht.
Ist bereits – wie hier – ein Fahrzeug angemietet worden, so muss der Geschädigte weiter sicher davon ausgehen können, dass ihm durch die Anmietung des weiteren, günstigeren Fahrzeugs weder ein tatsächlicher noch ein finanzieller Doppelaufwand ensteht oder die gegnerische Versicherung jedenfalls bereit ist, einen eventuellen Doppelaufwand zu tragen. Der bloße Hinweis auf einen anderen, günstigeren Autovermieter ist jedenfalls nach erfolgter Anmietung nicht ausreichend. Vorliegend hat die Beklagte aber nach ihrem Vortrag den Geschädigten weder über die weitere Gleichwertigkeit des Angebot informiert noch hinsichtlich eines eventuellen Mehraufwandes eine Übernahme zugesagt.

Der Zinsanspruch ist gemäß § 288 Absatz 2 BGB in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz begründet. Ein Schaden durch die Inanspruchnahme höheren Zinses ist nicht belegt worden.

Vorgerichtliche Kosten hat die Beklagte zu tragen gemäß §§ 280, 286 BGB in Höhe von Euro 5,- für die Mahnung der Klägerin sowie in Höhe von Euro 76,91 für die Geltendmachung der Forderung durch ein Drittunternehmen. Inkassokosten sind nur insoweit begründet, als sie durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die dann angefallenen, nicht anrechenbaren Kosten entstanden wären. Diese sind zu berechnen mit Euro 85,- mal 0,65 +20%+16 %. Ein Ersatzanspruch für weitere Kosten besteht nicht, weil die Beklagte sich bereits vor der Beauftragung des Inkassounternehmens begründet gegen eine weitere Zahlung gewehrt hat. Dass gerade eine Versicherung, die nach Prüfung eine weitere Leistung abgelehnt hat, auf den Druck eines Inkassounternehmens hin zahlen würde, ist regelmäßig nicht anzunehmen.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Absatz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11,711 ZPO.

Streitwert: Euro 1.108,74

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