Ein Autofahrer klagte auf die vollen Mietwagenkosten nach Unfall, obwohl ihm die Versicherung einen nachweislich günstigeren Tarif angeboten hatte. Entscheidend war, dass das Gericht die Zurückweisung des günstigeren Tarifs als Verletzung der Schadensminderungspflicht wertete.
Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Warum muss ein Unfallopfer auf ein günstigeres Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung eingehen?
- Welchen Betrag forderte der Autofahrer und warum?
- Mit welcher Begründung wehrte sich die Versicherung?
- Zählt ein Angebot auch, wenn es nur der Anwalt erhält?
- War das günstigere Auto denn tatsächlich verfügbar?
- Wie begründete das Gericht die Abweisung der Klage?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Muss ich als Geschädigter günstigere Mietwagen-Angebote der Gegenseite beachten?
- Wer trägt die Mehrkosten, wenn mein Mietwagen teurer war als das Angebot der Versicherung?
- Wann gilt ein Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung als zumutbar und verfügbar?
- Zählt das Mietwagen-Angebot der Versicherung auch, wenn es nur mein Anwalt erhalten hat?
- Wie halte ich meine Mietwagenkosten nach einem Unfall im Rahmen der Schadensminderungspflicht?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 43 C 833/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Stuttgart
- Datum: 12.09.2024
- Aktenzeichen: 43 C 833/24
- Verfahren: Schadensersatzklage
- Rechtsbereiche: Verkehrsunfall, Schadensersatz, Mietwagenkosten
- Das Problem: Nach einem Verkehrsunfall mietete der Kläger für die Reparaturzeit einen Ersatzwagen für rund 850 Euro. Die gegnerische Haftpflichtversicherung hatte dem Kläger vorab ein konkretes Vermittlungsangebot für denselben Wagentyp zu einem Preis von nur 573 Euro übermittelt. Der Kläger forderte die Zahlung der gesamten, höheren Mietkosten.
- Die Rechtsfrage: Muss die Versicherung die vollen Kosten für einen teuren Mietwagen bezahlen, wenn dem Geschädigten ein günstigerer Tarif bekannt war, den er mit zumutbarem Aufwand hätte nutzen können?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Klage auf Erstattung der Mehrkosten ab. Der Geschädigte hat seine Pflicht verletzt, den Schaden so gering wie möglich zu halten, weil ihm das günstigere Angebot über seinen Anwalt zugerechnet wurde.
- Die Bedeutung: Unfallgeschädigte müssen die ihnen zumutbaren, günstigeren Angebote der Haftpflichtversicherung prüfen und nutzen. Die Zumutbarkeit gilt auch, wenn ein geringer eigener Aufwand, etwa wenige Anrufe, nötig ist, um die Verfügbarkeit des günstigeren Ersatzfahrzeugs zu prüfen.
Der Fall vor Gericht
Warum muss ein Unfallopfer auf ein günstigeres Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung eingehen?
Nach einem Verkehrsunfall wartet die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht einfach ab, bis die Rechnungen eintreffen. Sie wird aktiv. Im Fall eines Autofahrers schickte sie ihm und seinem Anwalt gezielt Angebote für einen deutlich günstigeren Mietwagen. Der Mann mietete trotzdem ein teureres Fahrzeug. Er war der Meinung, als unverschuldet Geschädigter habe er freie Wahl. Das Amtsgericht Stuttgart belehrte ihn eines Besseren und zeigte auf, wie ein proaktiver Versicherer die Spielregeln für den Schadensersatz mitgestalten kann. Der Autofahrer blieb auf einem Teil seiner Kosten sitzen.
Welchen Betrag forderte der Autofahrer und warum?

Der Unfall war unstrittig. Die gegnerische Versicherung musste für den Schaden aufkommen. Während sein Fahrzeug vom 20. bis 24. Februar 2023 in der Werkstatt war, benötigte der Kläger einen Ersatzwagen. Er mietete ein passendes Modell der Mietwagenklasse 7 und erhielt dafür eine Rechnung über 850,86 Euro. Seiner Ansicht nach war dies der notwendige Aufwand, um seine Mobilität wiederherzustellen – ein klassischer Fall von Schadensersatz nach § 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Versicherung zahlte aber nur 573,00 Euro. Die Differenz von 277,86 Euro klagte der Autofahrer ein. Er argumentierte, die Kosten seien real angefallen und damit vollständig zu erstatten.
Mit welcher Begründung wehrte sich die Versicherung?
Die Versicherung zückte einen entscheidenden Trumpf: ihre eigene Initiative. Lange vor der Reparatur hatte sie dem Autofahrer und seinem Anwalt mehrfach sogenannte Drittvermittlungsangebote geschickt. Darin wurde ein klassengleiches Fahrzeug für den Reparaturzeitraum zu einem Gesamtpreis von 573,00 Euro angeboten – inklusive Zustellung und Abholung. Der Versicherer berief sich auf die Pflicht des Geschädigten zur Schadensminderung, die im § 254 Abs. 2 BGB verankert ist. Diese Vorschrift verlangt von jedem Geschädigten, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Im Klartext bedeutet das: Wer ohne Not eine teurere Lösung wählt, obwohl eine zumutbare und günstigere Alternative existiert, muss die Mehrkosten selbst tragen. Das günstigere Angebot war nach Ansicht der Versicherung eine solche zumutbare Alternative.
Zählt ein Angebot auch, wenn es nur der Anwalt erhält?
Der Autofahrer brachte vor, er persönlich habe das Angebot der Versicherung nie erhalten. Dieser Einwand verfing vor Gericht nicht. Das Schreiben war unstreitig an seinen Prozessbevollmächtigten – also seinen Anwalt – geschickt worden. Das Gericht stellte klar: Die Kenntnis des Anwalts wird dem Mandanten zugerechnet. Ein Anwalt agiert als Empfangsbevollmächtigter für seinen Mandanten. Informiert die Gegenseite den Anwalt, gilt der Mandant als informiert. Dem Autofahrer stand die günstigere Option damit rechtlich zur Verfügung, ob er die E-Mail selbst gelesen hatte oder nicht.
War das günstigere Auto denn tatsächlich verfügbar?
Das war der Kern des Streits. Ein theoretisches Angebot auf Papier nützt nichts, wenn vor Ort kein passendes Auto auf dem Hof steht. Der Autofahrer bestritt genau das. Er behauptete, der im Angebot genannte Tarif sei nicht mühelos zugänglich und ein Fahrzeug sei am konkreten Anmietort gar nicht verfügbar gewesen. Das Gericht ließ diese Frage durch eine Beweisaufnahme klären und lud einen Zeugen der im Angebot genannten Mietwagenfirma vor.
Die Aussage dieses Zeugen zementierte die Position der Versicherung. Er erklärte detailliert und glaubhaft, dass an dem betreffenden Standort zum relevanten Zeitpunkt 111 Fahrzeuge unvermietet waren. Rund 27 davon entsprachen exakt den Anforderungen des Klägers. Er bestätigte unter Eid: Hätte der Autofahrer bei seiner Firma angerufen, wäre ihm ein Auto für einen Preis von sogar nur 394,49 Euro angeboten und geliefert worden. Diese Aussage pulverisierte das Argument der Nicht-Verfügbarkeit. Die Richter waren überzeugt: Ein günstigeres Fahrzeug wäre für den Kläger „ohne Weiteres“ zugänglich gewesen.
Wie begründete das Gericht die Abweisung der Klage?
Das Gericht folgte der Argumentation der Versicherung vollständig. Der Kläger hatte seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 BGB verletzt. Ihm lag durch die Schreiben an seinen Anwalt ein konkretes und zumutbares Angebot vor, die Kosten deutlich zu senken. Die Beweisaufnahme bestätigte, dass dieses Angebot nicht nur eine leere Hülse war, sondern auf einer realen Verfügbarkeit von Fahrzeugen basierte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt von einem Geschädigten keinen übermäßigen Aufwand, um Angebote zu vergleichen. Ein paar Anrufe, um ein konkretes Angebot der Gegenseite zu prüfen, gelten aber als zumutbar. Da der Kläger diesen zumutbaren Schritt unterließ und stattdessen einen um fast 300 Euro teureren Wagen mietete, handelte er unwirtschaftlich. Die Versicherung musste nur die Kosten ersetzen, die bei wirtschaftlich vernünftigem Handeln angefallen wären – und das war der Betrag des günstigeren Angebots, den sie bereits bezahlt hatte. Die Klage auf den Restbetrag wurde abgewiesen.
Die Urteilslogik
Die Pflicht des Geschädigten zur Schadensminderung schränkt die freie Wahl des teuersten Ersatzfahrzeugs rigoros ein, sobald die gegnerische Versicherung eine günstigere, zumutbare Alternative nachweist.
- [Wirtschaftlichkeitsgebot bricht freie Wahl]: Wer nach einem Unfall einen Ersatzwagen anmietet, handelt unwirtschaftlich und trägt die Mehrkosten selbst, sobald eine zumutbare, klassengleiche Alternative der Gegenseite leicht verfügbar ist.
- [Anwaltliches Wissen bindet den Mandanten]: Ein konkretes Mietwagen-Angebot der gegnerischen Haftpflichtversicherung gilt als dem Geschädigten bekannt und zugestellt, sobald es dessen außergerichtlich bevollmächtigten Anwalt erreicht.
- [Nachweis der Verfügbarkeit entscheidet über Zumutbarkeit]: Drittvermittlungsangebote der Versicherung werden nur wirksam und sind dem Geschädigten zumutbar, wenn der Versicherer die tatsächliche und mühelose Verfügbarkeit des im Angebot genannten Ersatzfahrzeugs am konkreten Anmietort beweisen kann.
Nur derjenige Aufwand, der zur Wiederherstellung der Mobilität objektiv erforderlich und wirtschaftlich vernünftig war, muss durch den Schädiger ersetzt werden.
Benötigen Sie Hilfe?
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Experten Kommentar
Die Versicherungen warten nicht mehr auf die teure Rechnung, um dann zu kürzen; sie gehen jetzt aktiv in die Offensive. Das strategische Mittel ist das konkrete Drittvermittlungsangebot: Sobald die Haftpflicht ein zumutbares, günstigeres Fahrzeug nachweislich anbietet, wird die Schadensminderungspflicht zur klaren roten Linie. Wer dieses Angebot ignoriert – selbst wenn es nur über den Anwalt läuft – und stattdessen teurer mietet, handelt unwirtschaftlich. Dieses Urteil zeigt, dass die Verfügbarkeit des günstigeren Tarifs im Streitfall sehr genau geprüft wird und der Geschädigte die Mehrkosten für Bequemlichkeit selbst trägt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss ich als Geschädigter günstigere Mietwagen-Angebote der Gegenseite beachten?
Obwohl Sie als unverschuldeter Geschädigter grundsätzlich die freie Wahl des Dienstleisters besitzen, wird diese Freiheit juristisch durch die Pflicht zur Schadensminderung eingeschränkt. Sie müssen günstigere Mietwagen-Angebote der gegnerischen Versicherung aktiv prüfen. Ignorieren Sie diese proaktiven sogenannten Drittvermittlungsangebote, verletzen Sie die gesetzliche Schadensminderungspflicht und riskieren, auf den Mehrkosten sitzen zu bleiben.
Die gesetzliche Grundlage (§ 254 BGB) verlangt von Ihnen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Sobald die gegnerische Versicherung ein konkretes, klassengleiches und zumutbares Alternativangebot vorlegt, müssen Sie dieses als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit anlegen. Wer ohne zwingenden Grund eine teurere Lösung wählt, obwohl eine zumutbare und gleichwertige Alternative existiert, handelt unwirtschaftlich und erhält die Differenz nicht erstattet.
Konkret: Ein Unfallopfer, das auf seine „freie Wahl“ beharrte und ein um fast 300 Euro teureres Fahrzeug mietete, blieb auf der Differenz sitzen. Das Amtsgericht Stuttgart zeigte, dass der Versicherer die Spielregeln für den Schadensersatz mitgestalten kann. Weil das proaktive Alternativangebot nachweislich verfügbar und zumutbar war, urteilte das Gericht, dass der Geschädigte die Mehrkosten durch unwirtschaftliches Handeln selbst verursacht hatte.
Sobald Ihnen ein Drittvermittlungsangebot zugeht, kontaktieren Sie den genannten Anbieter sofort telefonisch, um die Verfügbarkeit eines klassengleichen Wagens zu bestätigen.
Wer trägt die Mehrkosten, wenn mein Mietwagen teurer war als das Angebot der Versicherung?
Die schlechte Nachricht zuerst: Sie müssen die Mehrkosten in der Regel selbst tragen. Wenn Sie sich für einen teureren Mietwagen entscheiden, obwohl die gegnerische Versicherung ein gleichwertiges, aber günstigeres und verfügbares Angebot unterbreitet hatte, muss diese nur den Betrag des wirtschaftlich vernünftigen Alternativangebots ersetzen. Die Differenz zwischen Ihrem Mietpreis und dem Marktdurchschnitt fällt Ihnen zur Last, da die Kostenerstattung gedeckelt ist.
Der Grund liegt in Ihrer gesetzlichen Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB. Dieses Prinzip besagt, dass der Geschädigte den Schaden so gering wie möglich halten muss. Mietet der Geschädigte ohne zwingenden Grund einen Wagen, der beispielsweise um fast 300 Euro teurer ist als die Alternative, handelt er unwirtschaftlich. Die Versicherung ist in solchen Fällen nur verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, die bei vernünftigem Handeln angefallen wären (etwa 573,00 Euro statt 850,86 Euro).
Der unnötige Mehraufwand wird nicht erstattet, wenn eine zumutbare Alternative existierte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sieht dabei die Prüfung eines konkreten Gegenangebots der Gegenseite als zumutbaren Aufwand an. Ignoriert ein Geschädigter diese Option, verstößt er gegen seine Pflicht. Klagen auf Erstattung des Restbetrags sind in solchen Fällen ohne Erfolg, wenn die Versicherung die reale Verfügbarkeit eines klassengleichen, günstigeren Wagens nachweisen kann.
Zahlt die Versicherung nur teilweise, fordern Sie von Ihrer Mietwagenfirma eine detaillierte, schriftliche Begründung, warum deren höherer Preis im Vergleich zum Konkurrenzangebot zwingend notwendig war.
Wann gilt ein Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung als zumutbar und verfügbar?
Ein Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung gilt als zumutbar, wenn es sich um ein klassengleiches Fahrzeug handelt und dessen tatsächliche Verfügbarkeit gewährleistet ist. Die Rechtsprechung verlangt, dass die angebotene Leistung dem ursprünglichen Bedarf entspricht, etwa bei Zustellung und Abholung. Entscheidend ist die juristische Beweislage, falls es zum Streit kommt.
Die Zumutbarkeit setzt voraus, dass Geschädigte keine unzumutbaren Hürden überwinden müssen, um das günstigere Angebot zu nutzen. Die Regel ist klar: Sie müssen lediglich ein paar Anrufe tätigen, um die Konditionen und die Verfügbarkeit zu überprüfen. Wenn die Versicherung die Wahl zwischen dem teureren Mietwagen und der günstigeren Alternative lässt, müssen Sie im Rahmen der Schadensminderungspflicht aktiv prüfen.
Ein Angebot darf kein bloßer Papiertiger sein; die Verfügbarkeit muss real und mühelos zugänglich sein. Gerichte klären diese Frage häufig durch eine Beweisaufnahme, um die Realität des Angebots zu prüfen. In einem relevanten Streitfall bezeugte ein Zeuge des Mietwagenunternehmens, dass zum fraglichen Zeitpunkt über 100 Fahrzeuge unvermietet und 27 davon klassengleich verfügbar waren. Dieser Nachweis zementierte die Position der Versicherung, dass die günstigere Alternative mühelos zugänglich gewesen wäre.
Prüfen Sie das Alternativangebot der Gegenseite sorgfältig und dokumentieren Sie präzise, falls der Anbieter die Verfügbarkeit oder die vereinbarte Fahrzeugklasse verneint.
Zählt das Mietwagen-Angebot der Versicherung auch, wenn es nur mein Anwalt erhalten hat?
Ja, die Information zählt als zugestellt und Ihnen bekannt. Sobald die gegnerische Versicherung Ihrem Prozessbevollmächtigten ein günstigeres Mietwagen-Angebot sendet, gilt dieses rechtlich als Ihnen mitgeteilt. Die Gerichte wenden in solchen Fällen das Prinzip der Zurechnung der Anwaltskenntnis an. Ihr Anwalt fungiert als Ihr offizieller Empfänger, der die Verantwortung für die Weiterleitung trägt.
Durch die Erteilung des Mandats ermächtigen Sie Ihren Anwalt, als Ihr Empfangsbevollmächtigter für alle relevanten Mitteilungen der Gegenseite aufzutreten. Die Haftpflichtversicherung kann sich darauf verlassen, dass wichtige Dokumente und Fristen über diesen offiziellen Kanal effektiv an Sie gelangen. Es liegt in der professionellen Verantwortung des Anwalts, Ihnen die Informationen über vorliegende Drittvermittlungsangebote unverzüglich weiterzuleiten.
Wählen Sie trotzdem einen teureren Mietwagen, obwohl das Schreiben mit der günstigeren Option beim Anwalt vorlag, greift der Einwand der Unkenntnis nicht. Die günstigere Alternative stand Ihnen juristisch zur Verfügung, auch wenn Sie die E-Mail faktisch nicht gelesen haben. Vor Gericht riskieren Sie dann, dass Sie die Mehrkosten tragen müssen, weil Sie Ihre gesetzliche Schadensminderungspflicht verletzt haben.
Etablieren Sie mit Ihrem Anwalt sofort eine klare Kommunikationsregel, die sicherstellt, dass Ihnen jegliche Drittvermittlungsangebote der Gegenseite unverzüglich zugeleitet werden.
Wie halte ich meine Mietwagenkosten nach einem Unfall im Rahmen der Schadensminderungspflicht?
Um die Mietwagenkosten rechtssicher geltend zu machen, müssen Geschädigte die gesetzliche Schadensminderungspflicht aktiv erfüllen. Diese Pflicht bedeutet, den Schaden so gering wie möglich zu halten, indem Sie aktiv den Marktpreis vergleichen. Prüfen Sie insbesondere alle Angebote der gegnerischen Versicherung gewissenhaft auf Verfügbarkeit und Klassengleichheit.
Die Regel: Wer ohne Not ein deutlich teureres Fahrzeug mietet, obwohl eine zumutbare Alternative existiert, handelt unwirtschaftlich und bleibt auf der Differenz sitzen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt von einem Geschädigten keinen übermäßigen Aufwand bei der Marktanalyse. Holen Sie Angebote von mindestens zwei konkurrierenden Mietwagenfirmen ein, um den Normaltarif zu dokumentieren. Werden Ihnen Angebote von der Gegenseite unterbreitet, müssen Sie diese sogenannten Drittvermittlungsangebote gründlich prüfen.
Mieten Sie ausschließlich einen Wagen, dessen Klasse Ihrem beschädigten Fahrzeug entspricht, und nur für die nachweislich notwendige Reparaturdauer. Dokumentieren Sie Ihre Schritte detailliert. Nur wenn Sie belegen können, dass das günstigere Angebot der Versicherung nicht verfügbar oder unzumutbar war, müssen Sie die Mehrkosten nicht selbst tragen. Ein paar Anrufe bei dem im Angebot genannten Mietwagenunternehmen gelten dabei als zumutbarer Aufwand, um Verfügbarkeit und Konditionen zu klären.
Erstellen Sie vor Unterzeichnung des Mietvertrags eine Kostenübersicht, die Ihr gewähltes Angebot transparent dem günstigsten Alternativangebot gegenüberstellt und die höhere Wahl schriftlich begründet.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Beweisaufnahme
Die Beweisaufnahme ist der gerichtliche Verfahrensabschnitt, in dem das Gericht durch die Vernehmung von Zeugen oder das Einholen von Sachverständigengutachten strittige Tatsachen feststellt. Richter nutzen diese Phase, um sich von der Wahrheit der Parteivorträge zu überzeugen und eine gerechte Entscheidung auf Basis der realen Fakten zu treffen.
Beispiel: Das Gericht klärte durch eine Beweisaufnahme, ob der im Alternativangebot der Haftpflichtversicherung genannte Mietwagen am konkreten Anmietort tatsächlich verfügbar war.
Drittvermittlungsangebote
Drittvermittlungsangebote sind konkrete und proaktive Vorschläge, die die gegnerische Haftpflichtversicherung dem Geschädigten macht, um ihm eine günstigere Alternative für notwendige Leistungen (wie etwa einen klassengleichen Mietwagen) aufzuzeigen. Versicherungen nutzen diese Angebote gezielt, um ihre maximale Haftungssumme zu begrenzen und den Geschädigten dadurch zur Erfüllung seiner Schadensminderungspflicht anzuhalten.
Beispiel: Der Autofahrer ignorierte die konkreten Drittvermittlungsangebote der Versicherung, weshalb er die Differenzkosten für den teureren Mietwagen selbst tragen musste.
Empfangsbevollmächtigter
Ein Empfangsbevollmächtigter ist eine Person – meist der Anwalt –, die vom Mandanten autorisiert wurde, rechtsverbindliche Erklärungen und wichtige Mitteilungen der Gegenseite entgegenzunehmen. Juristisch gesehen sorgt diese Rolle für Rechtssicherheit im Verfahren, da die Gegenseite sicher sein kann, dass die Zustellung an den Bevollmächtigten die Information den Mandanten rechtlich erreicht.
Beispiel: Da das Gericht den Prozessbevollmächtigten des Klägers als Empfangsbevollmächtigten ansah, galt das Schreiben der Versicherung als dem Autofahrer persönlich zugestellt.
Schadensersatz
Schadensersatz nach § 249 BGB ist die gesetzliche Pflicht des Schädigers, den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis (der Verkehrsunfall) nie eingetreten. Das deutsche Zivilrecht will den finanziellen Nachteil des Opfers komplett ausgleichen, wobei aber nur der „notwendige“ Aufwand zur Wiederherstellung der Mobilität als erstattungsfähig gilt.
Beispiel: Der Kläger forderte Schadensersatz für die Mietwagenkosten, die ihm entstanden waren, während sein Fahrzeug nach dem Unfall in der Werkstatt repariert wurde.
Schadensminderungspflicht
Die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verpflichtet den Geschädigten, nach einem Schadensfall alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um den Umfang des Schadens und die damit verbundenen Kosten so gering wie möglich zu halten. Dieses Prinzip fördert ein wirtschaftlich vernünftiges Handeln des Unfallopfers und verhindert die unnötige Belastung des Schädigers durch unwirtschaftliche Entscheidungen.
Beispiel: Der Autofahrer verletzte seine Schadensminderungspflicht, weil er den teureren Mietwagen wählte, anstatt das günstige Alternativangebot der gegnerischen Versicherung zu prüfen.
Zumutbarkeit
Juristen definieren Zumutbarkeit als einen Maßstab, der festlegt, welche Handlungen oder Opfer ein Geschädigter im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht ohne übermäßigen Aufwand erbringen muss. Das Gesetz schützt Geschädigte vor komplizierten Recherchen, verlangt aber elementare Schritte wie die Prüfung eines konkreten Gegenangebots des Haftpflichtversicherers.
Beispiel: Das Gericht beurteilte die Zumutbarkeit des günstigeren Mietwagen-Angebots als gegeben, da der Kläger lediglich ein paar Anrufe tätigen musste, um die Verfügbarkeit zu überprüfen.
Zurechnung der Anwaltskenntnis
Die Zurechnung der Anwaltskenntnis ist ein juristischer Grundsatz, wonach Tatsachen oder wichtige Informationen, die der Anwalt als Prozessbevollmächtigter erhalten hat, automatisch als dem Mandanten selbst bekannt gelten. Dieses Zurechnungsprinzip stellt sicher, dass Verfahren nicht durch den Einwand der Unkenntnis verzögert werden und schafft Klarheit über den Zeitpunkt, an dem die Partei rechtlich informiert war.
Beispiel: Die Zurechnung der Anwaltskenntnis führte dazu, dass der Einwand des Autofahrers, er habe das günstige Mietwagen-Angebot persönlich nie gelesen, vor Gericht keinen Erfolg hatte.
Das vorliegende Urteil
AG Stuttgart – Az.: 43 C 833/24 – Urteil vom 12.09.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz





