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Mietwagenkosten – Fraunhoferstudie

 

LG SIEGEN

Az.: 3 S 13/11

Urteil vom 27.06.2011

Vorinstanz: AG Siegen, Az.: 14 C 1978/10, Urteil vom 29.12.2010


In dem Rechtsstreit hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen auf die mündliche Verhandlung vom 27.06.2011 für Recht erkannt;

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.12.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegen (14 C 1978/10) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 665,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2010 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2; 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO)

I.

Die Parteien streiten um Zahlung restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall, der sich am Freitag, dem 18.12.2009 ereignete. Der Mietwagen gleicher Klasse wie das beschädigte Fahrzeug wurde am Montag, den 21.12.2009 morgens um 09.15 Uhr angemietet. Zusatzleistungen waren Haftungsfreistellung, Winterreifen und Verbringungskosten. Insgesamt stellte die Klägerin als Mietwagenunternehmen dem Geschädigten 1.131,86 € in Rechnung. Der Geschädigte hat seine Ansprüche gegenüber der Beklagten als gegnerische Versicherung an die Klägerin abgetreten.

Die Beklagte hat nur einen Teil der Rechnung (418,88 €) gezahlt und sich darauf berufen, dieser Betrag entspreche laut der Fraunhoferstudie dem Normaltarif. Weitere konkrete Ausführungen zu Tarifen im Siegener Raum fehlen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Geschädigte habe seiner Schadensminderungspflicht nicht genügt und nicht ausgeführt, warum ihm in den drei Tagen zwischen Unfall und Anmietung des Fahrzeugs ein günstigerer Tarif zugänglich nicht gewesen sei.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, in der sie vor allem rügt, dass das Gericht sich nicht damit beschäftigt habe, dass zwischen Unfall und Beginn der Mietzeit ein Wochenende gelegen habe.

II.

Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten aus §§ 398 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 StVG.

Aus dem Rechtsgedanken des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich, dass ein Geschädigter eines Verkehrsunfalls Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Unter Berücksichtigung der Grundsätze, die das Landgericht Siegen im Urteil vom 17.11.2009 (1 S 49/09) aufgestellt hat und denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt, kann ein Geschädigter dem gemäß Mietwagenkosten nach der Schwacke-Liste 2003 unter Berücksichtigung von inflationsbedingten Zuschlägen abrechnen, nebst einem pauschalen unfallbedingten Zuschlag von 20%. Ersatzfähig sind auch Nebenkosten wie Winterreifen und eine Vollkaskoversicherung.

Da der Geschädigte ein klassengleiches Fahrzeug angemietet hat, ist zudem ein pauschaler Abschlag von 5% wegen ersparter Eigenaufwendungen vorzunehmen.

Daher besteht ein Anspruch des Geschädigten in folgender Höhe:

Nach der Schwacke-Liste 2003 betragen die Kosten der Anmietung eines Fahrzeugs für 10 Tage 554 € brutto (eine Wochenpauschale von 344 € sowie eine Dreitagespauschale von 210 €). Für die Jahre 2003 bis 2009 ist zudem ein Inflationsausgleich in Höhe von 11,8 % vorzunehmen, so dass sich ein Bruttobetrag von 619,37 € ergibt. In diesem ist aber lediglich der 2003 gültige Mehrwertsteuersatz von 16% enthalten. Bei einem Mehrwertsteuersatz von 19% ergibt sich ein Bruttobetrag von 635,39 €. Diesem ist ein pauschaler Aufschlag von 20% für unfallbedingte Mehraufwendungen hinzuzurechnen, was einen Gesamtbetrag von 762,47 € ergibt. Davon abzuziehen ist allerdings ein Abschlag von 5% wegen ersparter eigener Aufwendungen, so dass der Geschädigte zunächst Mietwagenkosten in Höhe von 724,34 € erstattet verlangen kann. Hinzu kommen die Kosten für die Vollkaskoversicherung (189,92 €), die Verbringung (49,99 €) und der Mehraufwand für Winterreifen (119,95 €), insgesamt also 1.084,21 €.

Davon sind 418,88 € von der Beklagten bereits beglichen, der Rest in Höhe von 665,33 € ist demnach noch zu zahlen.

Weitere Abzüge sind nicht vorzunehmen. Zwar kann der Anspruch des Geschädigten gekürzt werden, wenn fest steht, dass ihm ein günstigeres Angebot ohne weiteres zugänglich war. Die Beweislast und damit auch die Darlegungslast für diesen Umstand obliegt dem Schädiger und damit vorliegend der Beklagten als Haftpflichtversicherer der Schädiger. Der Schädiger muss darlegen und beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel seiner Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (LG Siegen, 1 S 49/09, Rdnr. 29 in juris). Hierzu hat die Beklagte aber nicht substantiiert vorgetragen, sondern lediglich pauschal auf den nach der Fraunhoferstudie festgestellten Normaltarif verwiesen. Inwieweit dem Geschädigten aber dieser Normaltarif zugänglich gewesen sein soll, erläutert die Beklagte nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10; 711; 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

 

 

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