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Mietwagenkosten – Ersatzwagenbeschaffung & Geldmangel

Landgericht Bielefeld

Az: 21 S 219/07

Urteil vom 19.12.2007


Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1. August 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bielefeld – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 749,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 %; die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.
Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen

II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 749,45 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG. Die geltend gemachten Mietwagenkosten stellen sich in diesem Umfang als objektiv erforderlicher und damit ersatzfähiger Herstellungsaufwand i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.

1.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten für die Dauer von 31 Tagen.

a)
Die Klägerin hat während dieses Zeitraumes ungeachtet des Umstandes, dass sie für zwei Wochen arbeitsunfähig erkrankt war, sowohl einen entsprechenden Nutzungswillen als auch eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit besessen.

Der hierzu erstmals mit Schriftsatz vom 27.07.2007 erfolgte Vortrag der Klägerin war dabei auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen, nachdem das Amtsgericht diesen nicht als verspätet i.S.v. § 296 ZPO zurückgewiesen hat. Insbesondere ist § 531 Abs. 1 ZPO unanwendbar, wenn verspätetes Vorbringen nicht zurückgewiesen ist, auch wenn dies zu Unrecht geschehen ist (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Auflage, § 531 Rn. 8). Eine Zurückweisung dieses Vorbringens ist in dem angefochtenen Urteil nicht erfolgt.

Die Klägerin hat im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung vor der Kammer nachvollziehbar – und von der Beklagten nicht bestritten – dargelegt, dass sie das angemietete Fahrzeug auch während der ersten Wochen des Anmietungszeitraumes für Fahrten zu ärztlichen Behandlungen nach Detmold benötigt und auch genutzt hat. Die von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen und Beeinträchtigungen rechtfertigen zudem nicht den Schluss, dass ihr während dieses Zeitraumes die Nutzung eines Kraftfahrzeuges nicht möglich gewesen wäre.

b)
Die Anmietungsdauer von 31 Tagen war aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles auch „erforderlich“ i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB. Vorliegend hatte die Kammer davon auszugehen, dass der Klägerin eine frühere Ersatzbeschaffung aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht möglich war und sie erst durch den am 10.07.2006 erfolgten Eingang der Schadensersatzleistung der Beklagten in die Lage versetzt wurde, ein Ersatzfahrzeug zu erwerben.

Die erstmals im Schriftsatz vom 27.07.2007 aufgestellte Behauptung der Klägerin ist aus den unter a) genannten Gründen in zweiter Instanz zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die weitere Substantiierung im Rahmen der Berufungsbegründung, da bei unterlassener Zurückweisung dieses Vorbringens in erster Instanz ein Hinweis auf die nicht hinreichende Substantiierung erforderlich gewesen wäre, § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Klägerin hat im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung durch die Kammer nachvollziehbar – und ebenfalls von der Beklagten unbestritten – ihre finanziellen Verhältnisse im Anmietungszeitraum dargelegt. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2007 vorgelegten Kontoauszuges wies ihr Konto am 03.07.2006 einen Minussaldo von 5.438,98 € auf. Nach ihrem unbestrittenen Vortrag war sie zudem Rückzahlungsverpflichtungen für einen weiteren Kredit ausgesetzt. Ferner sei zu diesem Zeitpunkt – was den Mitarbeitern ihrer Hausbank bekannt gewesen sei – ihr Arbeitsplatz nicht sicher gewesen. Angesichts dieser Umstände ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Klägerin keine liquiden Mittel zur Aufbringung des Kaufpreises für ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung standen. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass der Kaufpreis des unmittelbar im Anschluss an den Eingang der Schadensersatzleistung der Beklagten erworbenen Kraftfahrzeuges in Höhe von – unstreitig – 3.950,00 € sich in der Größenordnung der am 10.07.2006 bei der Klägerin eingegangenen Zahlung bewegt.

Dieser Umstand geht im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung zu Lasten des Schädigers.

c)
Der Anspruch ist insoweit nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 Abs. 2 BGB) gemindert oder ausgeschlossen.

Der Klägerin kann dabei angesichts ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse aus den oben genannten Gründen nicht vorgeworfen werden, die Ersatzbeschaffung nicht aus Eigenmitteln oder mittels eines Kredites finanziert zu haben.

Ein ursächliches Mitverschulden ist im Ergebnis auch nicht deshalb gegeben, weil die Klägerin der Beklagten nicht rechtzeitig ihre beengten wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt, auf die fehlende Möglichkeit der Ersatzbeschaffung hingewiesen und einen Vorschuss angefordert hat.

Auch eine Vorschussanforderung für eine Ersatzbeschaffung wäre von der Klägerin zu beziffern gewesen und hätte letztlich erst im Anschluss an die am 16.06.2006 erfolgte Erstellung des Schadensgutachtens erfolgen können. Selbst wenn daher bereits am 17.06.2006 eine entsprechende Anforderung hätte erfolgen können oder müssen, kann – auch unter Berücksichtigung von Postlaufzeiten, Beareitungszeiten bei der Beklagten sowie den Bearbeitungszeiten der Banken nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich bereits vor dem 10.07.2006 über einen Vorschuss hätte verfügen können. Insofern fehlt es bereits an hinreichendem Vortrag der für die Kausalität des Mitverschuldens darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten. Diese hat bereits nicht konkret vorgetragen, wie sie auf eine solche Anforderung reagiert hätte.

d)
Dem Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten für die Dauer von 31 Tagen steht nicht das Verbot der Koppelung von konkreter und abstrakter Schadensberechnung entgegen. Danach kann der Geschädigte bei fiktiver Schadensberechnung Mietwagenkosten nur für die im Gutachten veranschlagte Zeit verlangen, nicht für die längere Dauer einer tatsächlich durchgeführten Reparatur (BGH, NJW 2003, 3480).

Vorliegend ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin tatsächlich die für sie günstigere Möglichkeit von zwei vorhandenen Möglichkeiten der Schadensabrechnung (konkret oder fiktiv) gewählt hat. Es ist nicht erkennbar, dass 26 die Kosten bei einer konkreten Abrechnung des Fahrzeugschadens geringer
ausgefallen wären.

Es kann daher letztlich dahingestellt bleiben, ob die o.g. Grundsätze auch bei der Abrechung eines wirtschaftlichen Totalschadens anhand des im Rahmen eines Gutachtens ermittelten Wiederbeschaffungswertes (§ 251 BGB) unter gleichzeitiger Abrechnung tatsächlich angefallener Mietwagenkosten gelten.

2.
Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten ist jedoch der Höhe nach nur zum Teil begründet.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den geringeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (zuletzt: BGH, NJW 2007,2758).

a)
Diesen als „Normaltarif“ bezeichneten geringeren Mietpreis schätzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels.

aa)
Der Schwacke- Automietpreisspiegel 2006 stellt – wie auch schon der Schwacke-Mietpreisspiegel 2003 – nach Auffassung der Kammer eine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO dar. Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken gegen die Eignung dieses Mietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage erscheinen der Kammer als nicht durchgreifend.

Derartige Bedenken ergeben sich für die Kammer nicht aus der angewandten Erhebungsmethode. Die von der Fa. Schwacke erstellte Mietpreisliste 2003 ist vom Bundesgerichtshof ausdrücklich als geeignete Schätzungsgrundlage anerkannt worden (vgl. BGH, NJW 2007,1449; NJW 2007,1124; NJW 2006,2693). Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass sich die zur Erstellung des Mietpreisspiegels 2006 angewandte Erhebungsmethode von der bei der Erstellung früherer Mietpreisspiegel angewandten Methode wesentlich unterscheidet.

Die Kammer vermag auch alleine daraus, dass der Index der Verbraucherpreise im fraglichen Zeitraum eine geringere Steigung aufwies als einige der von der Fa. Eurotax Schwacke ermittelten Preise, keine durchgreifenden Bedenken gegen die Eignung des Mietpreisspiegels 2006 als Schätzungsgrundlage herzuleiten. Allein dieser Umstand lässt nicht darauf schließen, dass bei der Erhebung seitens der befragten Autovermieter unzutreffende Preise genannt worden sind. Die Beklagten haben auch nicht konkret dargelegt, dass der Mietpreisspiegel 2006 die Tarifstruktur im Raum Detmold/Horn-Bad Meinberg tatsächlich unzutreffend wiedergibt. Die Beklagte hat lediglich zwei Internet-Angebote der Mietwagenunternehmen Sixt und Europcar vorgelegt. Allein aus diesen folgt aber noch nicht, dass im Unfallzeitraum in diesem Postleitzahlentarif insgesamt eine günstigere Tarifstruktur gegeben war als im Automietpreisspiegel der Fa. Schwacke – dem eine deutlich höhere Anzahl an Nennungen zugrunde lag – als Mittelwert ausgewiesen ist. Dass Tarife derartiger überregional tätiger Mietwagenunternehmen mit einem erheblichen Marktanteil in die Markterhebung der Fa. Schwacke überhaupt nicht eingeflossen sind, wäre im Übrigen eher fernliegend.

Die Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 ist auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil dieser – nach dem Vortrag der Beklagten – sog. Internet Tarife überregionaler Mietwagenunternehmen nicht berücksichtigt. Deren Erreichbarkeit setzt die Verfügungsmöglichkeit über einen Internet-Anschluss voraus. Es handelt sich danach von vorneherein weder um allgemein noch – in aller Riegel – um in der konkreten Unfallsituation zugängliche Angebote, die bei der Ermittlung des zugänglichen Normaltarifs zu berücksichtigen wären. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob derartige Tarife der genannten Unternehmen tatsächlich günstiger sind als die unmittelbar an den Anmietstationen dieser Vermieter angebotenen Tarife.

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bb)
Bei dieser Sachlage war die im Ermessen der Kammer (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) stehende Einholung des von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Normaltarifs weder geboten noch aus sonstigen Gründen veranlasst. Eine geeignete Grundlage der Schadensschätzung ist – wie dargelegt – gegeben. Auch ist nicht ersichtlich, dass von einem Sachverständigen anzuwendende Erhebungsmethoden denen der Fa. Eurotax Schwacke überlegen sind. Einem gerichtlich bestellten Sachverständigen stünden keine Erkenntnismöglichkeiten offen, die eine bessere und realistischere Ermittlung der Mietwagenkosten zum Unfallzeitpunkt erwarten ließen. Die Ermittlung von Mietpreisen für einen vergangenen Zeitraum könnte ebenfalls nur durch eine Markterhebung in Form einer Befragung der im einschlägigen Postleitzahlenbereich ansässigen Mietwagenunternehmer erfolgen. Damit wären jedoch dieselben Fehlerquellen und Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, aus denen die Beklagte Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels herleitet.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Bestimmung des § 287 ZPO es nicht rechtfertigt, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf die Heranziehung von Schätzungsgrundlagen zu verzichten, die eine genauere Schätzung ermöglichen. Eine derartige Schätzungsgrundlage existiert aber aus den oben genannten Gründen nicht.

b)
Die Kammer ist bei der Bemessung des Normaltarifs vom gewichteten Mittel des Automietpreisspiegels 2006 (sog. „Modus“) ausgegangen. Das gewichtete Mittel gibt im Gegensatz zum ebenfalls ausgewiesenen arithmetischen Mittel tatsächlich angebotene Preise wieder. Entsprechend stellt dieses – auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2007, 3782; NJW 2007, 1449) eine geeignete Grundlage für die Schätzung des „Normaltarifs“ dar.

c)
Das beschädigte Fahrzeug der Zedentin war in die Mietwagengruppe 2 der Schwacke – Liste „Automietpreisspiegel 2006“ einzuordnen. Die Einordnung hat die Kammer auf der Grundlage der Schwacke-Liste „Automietwagenklassen 1/2006“ vorgenommen (§ 287 ZPO). Für die Einordnung in die Mietwagenklasse ist es unerheblich, dass das verunfallte Fahrzeug noch nicht vollständig reparierte Vorschäden in Form eines noch nicht lackierten Stoßfängers aufwies.

d)
Bei der Berechnung des „Normaltarifs“ hat die Kammer vier Wochenpauschalen zu je 411,00 € (brutto) sowie drei daraus anteilig ermittelte Tagespreise von je 58,71 € (insgesamt 176,14 € brutto) zugrunde gelegt, § 287 ZPO. Hingegen vermochte die Kammer im Rahmen der Schadensschätzung für die über den Anmietungszeitraum von drei Wochen hinausgehenden Tage nicht die ausgewiesenen höheren Einzeltagespreise zu je 71,00 € in Ansatz zu bringen. Denn diese – höheren – Preise beruhen ersichtlich auf den Besonderheiten und dem höheren Aufwand für den Vermieter im Rahmen von Kurzzeitmieten. Die Annahme, dass Vermieter bei längerfristigen Anmietungen überschießende, nicht mehr in Wochenpauschalen aufgehende Miettage mit dem Kurzzeittarif berechnen, erscheint der Kammer fernliegend. Derartiges ist von der Klägerin auch nicht dargelegt worden.

3. Über diesen „Normaltarif‘ hinausgehende Mietwagenkosten kann die Klägerin im vorliegenden Fall nicht beanspruchen. Dabei kann zwar grundsätzlich im Hinblick auf die Besonderheiten der Unfallsituation und des Unfallersatzgeschäfts ein Aufschlag auf den Normaltarif gerechtfertigt sein (statt aller: BGH, NJW 2007, 2758), der nach ständiger Rechtsprechung der Kammer mit 30% zu bemessen ist. Die Voraussetzungen für die Zubilligung dieses Aufschlags liegen jedoch nicht vor.

a)
Ein solcher Aufschlag auf den Normaltarif war hier nicht deshalb von vorneherein zu versagen, weil die Fa. Auto – Meyer – nach Darstellung der Beklagten lediglich einen einzigen Tarif anbietet. Selbst wenn die diese Fahrzeuge lediglich zu ihrem Einheitstarif vermieten würde, wäre einem Geschädigten im Verhältnis zum Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer allein aus diesem Grunde noch kein Aufschlag auf den „Normaltarif‘ im Hinblick auf die Besonderheiten der Unfallsituation und des Unfallersatzgeschäfts zu versagen. Auch wenn der Autovermieter nicht zwischen „Unfallersatztarif‘ und „Normaltarif‘ unterscheidet, sondern einen einheitlichen Tarif anbietet, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen „Normaltarife“ liegt, ist daher zu prüfen, ob unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters oder sonstige mit der Unfallsituation verbundene besondere Umstände diese Erhöhung rechtfertigen (BGH, NJW 2007, 3782 m.w.Nachw.).

b)
Die Prüfung der Erforderlichkeit des streitgegenständlichen Tarifs der Fa. Auto Meyer war entgegen der Ansicht der Beklagten vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil deren Mitarbeiter die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages nicht hinreichend aufgeklärt hätten. Eine Aufklärungspflichtverletzung im mietvertraglichen Verhältnis zwischen Mietwagenunternehmer und Geschädigtem berührt den Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nicht.

Der Haftpflichtversicherer des Schädigers hat dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten zu ersetzen. Hierzu ist der mit Rücksicht auf die Unfallsituation gerechtfertigte Preis zu ermitteln, der über dem Normaltarif liegen kann. Im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger kommt es vor diesem Hintergrund nicht darauf an, ob dem Geschädigten als Mieter eines Ersatzfahrzeugs möglicherweise gegen den Vermieter ein vertraglicher Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht zusteht, den er einer Forderung des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses entgegenhalten könnte (BGH NJW 2007, 3782; NJW 2005, 1043; NJW 2005, ,1726). Ein solcher Schadensersatzanspruch, den der Bundesgerichtshof im Verhältnis der Mietvertragsparteien ausdrücklich bejaht (NJW 2007,2759; NJW 2006,2618), ändert nichts an der Verpflichtung des Schädigers, dem Geschädigten die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten zu erstatten. Allein hinsichtlich eines darüber hinaus gehenden Teils einer Mietwagenrechnung kommt ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Vermieter in Betracht. Insoweit besteht aber ohnehin keine Leistungspflicht des Schädigers.

c)
Die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, kann vorliegend aber deshalb offen bleiben, weil die Kammer davon auszugehen hatte, dass der Geschädigten die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu einem günstigeren „Normaltarif“ im Anschluss an das Unfallereignis ohne weiteres möglich war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein über den „Normaltarif“ hinausgehender Anspruch dann nicht gegeben, wenn einem Geschädigten ein solcher günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (BGH, NJW 2007, 3782; NJW 2007, 2758). Die insoweit maßgeblichen Umstände muss der ,Geschädigte vortragen, da ihn diesbezüglich eine sekundäre Darlegungslast trifft (BGH, NJW 2007, 1676, 1677). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Allein der Umstand, dass die Anmietung außerhalb der regulären Öffnungszeiten erfolgte, reicht hierfür 56 nicht aus.

Ein besonderes Eilbedürfnis ist nicht ersichtlich. Der Unfall ereignete sich am Wohnort der Klägerin in Horn-Bad Meinberg. Ein Bedürfnis für die sofortige Anmietung am Freitagabend ist nicht vorgetragen. Dies umso mehr, als die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung vor der Kammer erst‘ am späten Abend das Krankenhaus verlassen hat. Die Klägerin hat auch keine weiteren Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ihr ein günstigerer Tarif weder am Freitagabend noch am darauffolgenden Tag nicht zugänglich gewesen wäre.

Dem steht nicht entgegen, dass die Fa. Auto – Meyer der Klägerin nur einen Tarif angeboten hat. Dies reicht grundsätzlich nicht für die Annahme aus, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, der ihm vom Autovermieter angebotene Tarif sei „auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten“, rechtfertigt es nicht, zu Lasten des Schädigers und seines Haftpflichtversicherers ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren (BGH, NJW 2007, 3782).

4.
Von der erstattungsfähigen Grundgebühr waren die während der Mietdauer ersparten Aufwendungen der Geschädigten abzuziehen. Diese werden von der Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamrl1 (DAR 2001, 79; VersR 2001, 208) in ständiger Rechtsprechung auf 10 % der Mietwagenkosten geschätzt (§ 287 ZPO).

5.
Die in zweiter Instanz noch in reduziertem Umfang geltend gemachten Kosten der Haftungsreduzierung sind erstattungsfähig. Zwar verfügte das verunfallte Fahrzeug der Klägerin nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten nicht über Vollkaskoschutz. Allerdings sind die Kosten einervereinbarten Vollkaskoversicherung für das angemietete Fahrzeug in der Regel auch dann als adäquate Schadensfolge anzusehen, wenn das eigene Fahrzeug des Gesct1ädigten im Unfallzeitpunkt nicht entsprechend versichert war (BGH NJW 2005, 1041). Unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs ist allerdings in einem solchen Fall ein Abzug vorzunehmen. Die Kammer schätzt diesen Vorteil in ständiger Rechtsprechung auf 50 % (§ 287 ZPO).

Die in dem Schwack- Automietpreisspiegel 2006 mit einem Betrag von 538,00 € für einen Anmietungszeitraum von 31 Tagen ausgewiesenen Kosten sind danach in Höhe des in zweiter Instanz noch geltend gemachten Betrages von 269,00 € erstattungsfähig.

6.
Danach ergibt sich folgende Berechnung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten:

Grundgebühr brutto (Normaltarif nach Schwacke), 1.820,14 €
10 % Eigenersparnis, -182,01 €
Haftungsbeschränkung brutto, 269,00 €
1.907,13€
vorprozessuale Zahlung, -1.157,68 €
749,45 €

7.
Der Zinsanspruch ist aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1,97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.
Die Voraussetzunge1 für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hat die zugrunde liegenden Rechtsfragen in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Entscheidungen geklärt. Bei der Frage, ob der Schwacke – Mietpreisspiegel 2006 eine geeignete Schätzungsgrundlage im Rahmen der nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensschätzung darstellt, handelt es sich nicht um eine die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO erfüllende Rechtsfrage.

 

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