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Mietwagenkosten – Schätzung des Normaltarifs

Landgericht Rostock, Az: 1 S 76/0, Urteil vom 31.08.2009


1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 26.03.2009 – 42 C 342/08 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 553,63 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtstreits I. Instanz tragen die Klägerin zu 71 % und die Beklagte zu 29 %.

Die Kosten des Rechtstreits II. Instanz tragen die Klägerin zu 66 % und die Beklagte zu 34 %.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Erstattung restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall, insbesondere um die Eignung der Schwacke-Liste als Grundlage richterlicher Schätzung und die Zulässigkeit eines prozentualen Aufschlags.

Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherer dem Grunde nach vollumfänglich für einen am 20.03.2008 (Donnerstag) in Rostock am Pkw Volvo V70 T5 … (191 kW) der …. GmbH verursachten Schaden einzustehen. Der Mitarbeiter … der Geschädigten war auf die Nutzung des Dienstwagens angewiesen. Die Geschädigte mietete deshalb noch am Unfalltage um 11:15 Uhr bei der Klägerin einen Ersatzwagen und trat der Klägerin Ansprüche gegen die Beklagte ab (Anlage K1 – GA 6-7). Sie gab den Ersatzwagen am 09.04.2008 (Mittwoch) um 18 Uhr zurück. Die Klägerin berechnete für 3 Wochen 4.473,51 Euro (Anlage K2 – GA 8):

Normaltarif Gr. 9 (785,71 Euro pro Woche) 2.357,14 Euro

30 % unfallbedingte Erhöhung 707,14 Euro

Versicherung Gr. 9 (129,41 Euro pro Woche) 388,24 Euro

Zubringer, Abholer 42,02 Euro

Winterräder (12,61 Euro pro Tag) 264,71 Euro

Zwischensumme 3.759,25 Euro

MWSt. 714,26 Euro

Summe 4.473,51 Euro

Die Beklagte zahlte einen Nettobetrag von 1.566,72 Euro, die zum Vorsteuerabzug berechtigte Geschädigte den darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrag von 297,67 Euro.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Schwacke-Liste sei eine geeignete Schätzgrundlage und ein Aufschlag von 30 % sei angemessen. Sie hat behauptet, der beschädigte Pkw sei der Mietwagengruppe 9 zuzuordnen; im Hinblick auf ersparte Eigenaufwendungen sei eine Abrechnung nach der Gruppe 8 erfolgt. Die Klägerin hat mit der Klage folgende Forderung geltend gemacht:

Netto-Rechnungsbetrag 3.759,25 Euro

abzgl. Zahlung der Beklagten 1.566,72 Euro

abzgl. Zahlung der Geschädigten 297,67 Euro

Summe 1.894,86 Euro

Auf Hinweis des Amtsgerichts hat die Klägerin die Klage hinsichtlich der Kosten für Winterräder (264,71 Euro) und eines Teiles der Zinsen zurückgenommen (GA 59) und lediglich noch 1.630,15 Euro gefordert.

Die Beklagte hat behauptet, am 18.11.2008 um 09:45 Uhr sei bei der Firma … in Rostock für 13:00 Uhr desselben Tages ein Pkw Audi A4 (4-türig) für 3 Wochen bei sofortiger Bezahlung zum Preis von 797,40 Euro netto buchbar gewesen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.

Gegen die Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie beanstandet die Schätzung auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels, den pauschalen Aufschlag von 30 % sowie Nebenkosten. Sie habe konkrete Einwände (Mängel bei der Erhebung) gegen die Schwacke-Liste vorgebracht, welche das Amtsgericht nicht berücksichtigt habe. Die Fehlerhaftigkeit der Schwacke-Liste ergebe sich bereits daraus, dass die aufgeführten Preise doppelt so hoch seien wie nach der Liste des Fraunhofer Institutes.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 26.03.2009 – 42 C 342/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts trägt sie vor, der Mehrpreis beruhe auf dem von der Klägerin getragenen Vorfinanzierungsrisiko, Bonitätsrisiko, Forderungsausfallrisiko, der Selbstbeteiligung, der Umsatzsteuervorfinanzierung, der Vermietung außerhalb der Geschäftsräume/Filiale, einem erhöhten Verwaltungsaufwand, der Fahrzeugvorhaltung und dem Laufleistungsrisiko (GA 152).

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg:

1. Die Beklagte ist nach den §§ 398 Satz 2 BGB, 7 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 1 EGVVG dem Grunde nach zur Tragung der Mietwagenkosten verpflichtet. Die Anspruchshöhe bestimmt sich nach den folgenden Erwägungen:

a) Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind die erforderlichen Mietwagenkosten ersatzfähig. Das sind diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen darf er grundsätzlich nur den günstigeren wählen (vgl. BGH, NJW 2008, 1519; NJW 2009, 58). Ihm steht es hierbei allerdings frei, ein gleichwertiges Fahrzeug anzumieten. Die Beweislast für die Erforderlichkeit der Kosten trägt – nach dem Beweismaß des § 287 ZPO – der Gläubiger.

aa) Mietwagenkosten sind grundsätzlich objektiv erforderlich, soweit der Rechnungsbetrag dem („durchschnittlichen“) Normaltarif (1) zuzüglich einer Erhöhung wegen unfallspezifischer Kostenfaktoren (2) entspricht (vgl. BGH, NJW 2009, 58). Das Berufungsgericht ist hierbei an die Schätzung der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten durch das Erstgericht weder nach § 529 ZPO gebunden noch auf eine Fehlerkontrolle beschränkt. Vielmehr hat es das richterliche Ermessen im Rahmen des § 287 ZPO selbst auszuüben (vgl. BGH, NJW 2006, 1589; OLG Köln, VersR 2008, 364).

(1) Der Normalpreis kann auf der Grundlage von Listen geschätzt werden, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, NJW 2008, 1519; NJW 2009, 58). Dabei ist das Gericht nicht an die Listenwerte gebunden, sondern kann diese als Ausgangspunkt seiner Betrachtungen wählen und Korrekturen vornehmen (vgl. BGH, NJW 2009, 58). Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort maßgebend, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird (vgl. BGH, NJW 2008, 1519). Im Falle der Anmietung über mehr als eine Woche ist der eintretende Spareffekt zugunsten des Mieters zu berücksichtigen. Denn in den Tagespreisen sind Aufwendungen kalkuliert, die bei langfristiger Anmietung bereits mit der Miete für den ersten Teilabschnitt abgegolten sind. Dem Tatrichter steht es insoweit frei, den Normaltarif für den eine Woche übersteigenden Zeitraum nach Tagespreisen (vgl. BGH, MDR 2009, 799) oder nach anteiligen Wochenpreisen (vgl. BGH, NJW 2009, 58) zu schätzen. In Ausübung dieses Schätzungsermessens sieht es die Kammer im Regelfall als sachgerecht an, die Schätzung auf der Grundlage anteiliger Wochenpreise vorzunehmen. Nebenkosten wie Zustell- und Abholkosten sind erstattungsfähig, soweit sie erforderlich waren (vgl. BGH, NJW 2006, 360; OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08).

(2) Besonderheiten eines Tarifs können einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, wenn sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter wiederum zu schätzen. Dabei ist er nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommt (vgl. BGH, NJW 2008, 2910). Die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, ob der Aufschlag auf einen günstigeren „Normaltarif“ wegen konkreter unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters objektiv zur Wiederherstellung erforderlich im Sinne des § 249 BGB war, trägt dabei nach allgemeinen Grundsätzen der Geschädigte, da es sich um Voraussetzungen für die Höhe seines Schadensersatzanspruchs handelt (vgl. BGH, NJW 2006, 1506). Der Geschädigte hat insoweit unfallbedingte Mehrleistungen und Mehrkosten des Vermieters darzulegen, die in die Kalkulation eingeflossen sind und den erhöhten Tarif allgemein rechtfertigen (vgl. BGH, NJW 2006, 1506; NJW 2008, 1519). Auf die Inanspruchnahme dieser Leistungen im konkreten Fall kommt es demgegenüber nicht an (vgl. BGH, NJW 2007, 1122; NJW 2007, 3782; NJW 2008, 2910; OLG Bamberg, SchPrax 2009, 19). Unfallspezifische Kostenfaktoren können insbesondere die Vorleistung, die fehlende Sicherheit und damit das Ausfallrisiko, der Zeitpunkt der Anmietung außerhalb üblicher Geschäftszeiten, ein erhöhter Verwaltungsaufwand sowie – wegen der fehlenden Planbarkeit einer unmittelbaren Anschlussvermietung – die regelmäßig zunächst unbekannte, jedenfalls aber mit Unsicherheiten verbundene Dauer der Vermietung sein. Allenfalls in geringem Maße wirken sich der fehlende Vorlauf bei der Anmietung und die erforderliche Fahrzeugvorhaltung aus, weil derartige Umstände bereits in allgemeinen Tarifen zum Tragen kommen.

bb) Auf den objektiv erforderlichen Betrag kommt es nicht an, wenn dem Geschädigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten ein wesentlich günstigerer als der tatsächlich gewählte Tarif in der konkreten Situation nicht zugänglich war (vgl. BGH, NJW 2008, 1519; NJW 2009, 58; VersR 2009, 83: subjekt bezogene Schadenbetrachtung). Der vereinbarte Betrag ist dann zu erstatten. Beweisbelastet ist auch insoweit der Geschädigte (vgl. BGH, NJW 2009, 58; VersR 2009, 83). Dabei muss ein wirtschaftlich denkender Geschädigter nach der Höhe des Tarifs fragen und sich bei Zweifeln an der Angemessenheit nach günstigeren Tarifen erkundigen (vgl. BGH, NJW 2008, 1519; NJW 2009, 58; VersR 2009, 83). Schert er sich demgegenüber – weil er von der Kostentragungspflicht des Gegners ausgeht – nicht um die Kosten des Ersatzwagens, wird er den Obliegenheiten eines wirtschaftlich denkenden Geschädigten nicht gerecht. Die über den objektiv erforderlichen Betrag hinausgehenden Kosten gehen dann nicht zu Lasten des Schädigers. Gegen die Zugänglichkeit eines günstigeren Tarifes kann die Dringlichkeit der Anmietung sprechen (vgl. BGH, NJW 2009, 58; VersR 2009, 83).

cc) Der objektiv erforderliche Betrag kann auch dann offen bleiben, wenn dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer (Normal-) Tarif ohne Weiteres zugänglich war. Mit der Vereinbarung des teureren Tarifes verstieß er dann gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB, so dass nur der geringere Betrag zu ersetzen ist (vgl. BGH, NJW 2008, 2910; NJW 2009, 58). Beweisbelastet ist der Schädiger. Dabei kann wiederum die Dringlichkeit gegen eine leichte Zugänglichkeit sprechen (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 130).

b) Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen steht dem Kläger ein über die objektiv erforderlichen Kosten hinausgehender Ersatzanspruch nicht zu. Zwar erfolgte die Anmietung am Unfalltag und war die Geschädigte auf ein Fahrzeug dringend angewiesen. Andererseits ereignete sich der Unfall in Rostock und wurde das Fahrzeug zur Reparatur in die Nähe von Rostock verbracht, wo eine Vielzahl von Autovermietern ansässig ist. Tatsächlich mietete die Geschädigte auch ein Fahrzeug bei der in Rostock ansässigen Klägerin. Vor allem aber wies die Klägerin den Mitarbeiter der Geschädigten auf mögliche Probleme bei der Erstattung der Kosten hin, ohne dass dieser sich nach einem günstigeren Tarif der Klägerin oder eines anderen Mietwagenunternehmens überhaupt erkundigte. Im Übrigen hätten sich der Geschädigten angesichts der Höhe – ohne Berücksichtigung der Winterräder und der Mehrwertsteuer für 3 Wochen 3.494,54 Euro – Zweifel an der Angemessenheit aufdrängen müssen.

Andererseits hat die Beklagte bereits nicht hinreichend dargetan, ein günstigerer Tarif sei ohne Weiteres zugänglich gewesen. Hierzu genügt insbesondere nicht die Vorlage der Internet-Buchungsanfrage vom November 2008, zumal diese nicht ein gleichwertiges Fahrzeug betrifft. Die Geschädigte war im vorliegenden Falle auch nicht gehalten, die Anmietung etwa durch den Einsatz einer Kreditkarte zunächst selbst zu finanzieren.

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Hiernach kommt es auf den objektiv erforderlichen Betrag zur Anmietung eines Fahrzeuges an, der sich – wie oben ausgeführt – nach dem Normaltarif (1) und einem pauschalen Aufschlag (2) bestimmt. Dabei mietete die Geschädigte einen dem beschädigten Fahrzeug gleichwertigen Pkw: Der beschädigte Pkw ist der Mietwagengruppe 9 zuzuordnen (§ 529 ZPO, Anlage K7 – GA 51). Nach dieser Gruppe rechnete die Klägerin auch ab, wie sich – entgegen ihrer Behauptung (GA 47) – aus dem Vertrag (Anlage K1 – GA 6) und der Rechnung (Anlage K2 – GA 8) ergibt. Auf der Grundlage der obigen Ausführungen ist der Normaltarif nach dem 3-fachen Wochenpreis zu bestimmen. Maßgeblich ist – unabhängig vom Unfallort – das Preisniveau am Reparaturort 18211 Bargeshagen, wo auch die Anmietung erfolgte. Dabei kann der beklagtenseits vorgetragene konkrete Preis eines Mietwagenunternehmens allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Überhöhung der Schadenersatzforderung darstellen, naturgemäß aber nicht den maßgeblichen Durchschnittspreis des gesamten Marktes wiedergeben. Dabei ist auch zu beachten, dass die Recherche erst in Vorbereitung der Klageerwiderung erfolgte und es sich nicht um einen gleichwertigen Pkw handelt.

(1) Zur Ermittlung des Normaltarifes werden verschiedene Listen herangezogen:

(a) Teilweise wird zur Bestimmung des Normaltarifes der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 (AMP 2007, Anlage K8 – GA 52, 160; als Schätzgrundlage zuletzt gebilligt von: BGH, NJW 2008, 1519; NJW 2008, 2910; NJW 2009, 58; SchPrax 2009, 147; MDR 2009, 799; OLG Bamberg, SchPrax 2009, 19; OLG Dresden, Beschluss vom 29.06.2009 – 7 U 499/09 [GA 156]; OLG Köln, SchPrax 2008, 218 [15. Zivilsenat]; Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2009 – 3 U 30/09) herangezogen. Dieser weist verschiedene statistische Werte aus. Der Modus bezeichnet den am häufigsten genannten Wert. Hieraus lässt sich auf den Normaltarif nicht schließen (aA. OLG Köln, SchPrax 2008, 218; Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08). Denn einerseits können auch der höchste oder der niedrigste Preis am häufigsten, andererseits verschiedene Preise gleich häufig genannt sein („bi-“ beziehungsweise „multi-modal“). Geeigneter erscheint das arithmetische Mittel . Dieses ist allerdings sehr empfindlich gegenüber „Ausreißern“. Der nahe Mittel -Wert (derjenige real genannte Betrag, der dem Mittel am nächsten liegt) beseitigt diese Unzulänglichkeiten nicht, kann sogar zufällig auf derselben Seite des Mittelwertes liegen wie der „Ausreißer“ und das Ungleichgewicht damit noch verstärken. Insoweit ist der Median in der Regel aussagekräftiger. Dieser bezeichnet den Wert, welcher in der Mitte einer geordneten Zahlenreihe liegt: die Hälfte der genannten Preise liegt höher und die Hälfte der genannten Preise liegt niedriger. Im Falle einer geraden Stichprobengröße ergeben sich dabei denklogisch zwei Median-Werte ( Median 1 und Median 2 ); in diesem Falle sind beide Werte zu mitteln. Auf dieser Grundlage ergibt sich für das angemietete Fahrzeug (Klasse 9) im PLZ-Bereich „182..“ bei 15 Nennungen ein Median von 1.210,00 Euro brutto. Dieser ist zugrunde zu legen. Der Vergleich mit benachbarten und übergreifenden PLZ-Bereichen bietet keinen Anlass für Abweichungen. So weist die Erhebung für den PLZ-Bereich „181..“ bei 15 Nennungen einen Median 1 von 935,00 Euro und einen Median 2 von 1.210,00 Euro (Mittelwert 1.072,50 Euro) aus, für den Bereich „180..“ bei 6 Nennungen keinen Median, aber einen Mittelwert von 1.072,50 Euro (bei Werten zwischen 935,00 Euro und 1.210,00 Euro), für den übergreifenden Bereich „1….“ bei 418 Nennungen einen Median von 935,00 Euro und für das Bundesgebiet bei 5.518 Nennungen ebenfalls einen Median von 935,00 Euro. Bei den Nebenkosten erscheint es angemessen, die Kosten der Haftungsfreistellung für die 3-wöchige Anmietung auf den Betrag für eine 1-monatige Anmietung zu begrenzen, selbst wenn die Mietdauer bei Abschluss des Vertrages noch nicht feststeht. Denn das Haftungsrisiko ist bei gleicher Mietzeit nicht davon abhängig, ob die Mietzeit bereits zu Beginn feststand.

Es ergibt sich die folgende Berechnung:

Normaltarif 3.050,43 Euro (1.016,81 Euro netto pro Woche)

Versicherungskosten 252,94 Euro (Netto-Monatsbetrag statt 182,35 Euro pro Woche)

Zustell-/Abholkosten 42,02 Euro (21,01 Euro netto je Strecke)

Summe 3.345,39 Euro

(b) Andere Gericht favorisieren den Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts (Anlage B3 – GA 35, BB1-BB3 – GA 112; als Schätzungsgrundlage zuletzt gebilligt von: OLG Hamburg, MDR 2009, 800; OLG Jena, r+s 2009, 40; OLG Köln, DAR 2009, 33 [6. Zivilsenat]; OLG München, DAR 2009, 36 [hierzu BGH, NJW 2009, 58). Hieraus ergibt sich für ein Fahrzeug der Klasse 9 im PLZ-Bereich „18…“:

Normaltarif incl. Versicherung 1.154,61 Euro (384,87 Euro netto pro Woche)

Zustell-/Abholkosten 42,02 Euro (21,01 Euro netto je Strecke)

Summe 1.196,63 Euro

(c) Zur Ermittlung des Normaltarifes sind beide Listen in Betracht zu ziehen. Dem AMP 2007 gebührt nicht etwa deshalb der Vorrang, weil der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) über Jahre die Schwacke-Listen als taugliche Grundlage ansah (vgl. NJW-Spezial 2006, 548). Eine rechtlich erhebliche „Selbstbindung“ der Beklagten trat hierdurch nicht ein.

Hinsichtlich beider Listen besteht der Verdacht der Unschärfe. Dieser ergibt sich bereits aus der erheblichen Abweichung der Werte. Hinzu treten methodische Schwächen beider Erhebungen. So war bei den Datenerfassungen zur Schwacke-Liste den befragten Autovermietern der Zweck bekannt; hieraus ergibt sich die Möglichkeit der Manipulation zugunsten der Autovermieter. Unbeachtlich ist demgegenüber, ob Mietwagenunternehmen den von der Liste vorgegebenen Rahmen „ausschöpfen“ und sich schon deshalb bei einer Folgeerhebung ein höherer Durchschnittspreis ergibt. Denn der Grund für die Herausbildung des (tatsächlichen) Normaltarifes ist allenfalls kartellrechtlich relevant. Die Erhebung des Fraunhofer-Institutes weist für die relevanten Gebiete demgegenüber geringe Stichprobengrößen aus und erweitert deshalb die Auswertung auf die deutlich größeren zweistelligen Postleitzahlgebiete. Für den Normaltarif auf dem örtlichen Markt ist diese Datengrundlage mit größeren Unschärfen verbunden. Zudem beruht die Erhebung auf einer Vorbuchungsfrist von einer Woche, also nicht der sofortigen Anmietung. Schließlich wurde die Erhebung durch den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft über sog. Drittmittel finanziert, so dass für einen Außenstehenden der Eindruck entstehen kann, bereits die Auswahl der Erhebungsmethode könne von dieser Finanzierung beeinflusst sein. Insgesamt besteht deshalb die Möglichkeit, die Werte könnten zugunsten der Versicherer vom tatsächlichen Normaltarif abweichen.

Letztlich verbleibt es für beide Listen bei der Möglichkeit der Ungenauigkeit. Konkrete Fehler wie zum Beispiel tatsächliche Falschangaben der befragten Mietwagenunternehmen, die tatsächliche Auswahl einer der Versicherungswirtschaft günstigen Erhebungsmethode oder das tatsächliche Abweichen der Erhebungen von den Marktpreisen sind demgegenüber nicht festzustellen. Die Kammer sieht deshalb im Grundsatz in beiden Listen geeignete Schätzgrundlagen. Bei einer Gesamtschau beider Werte und der erheblichen Differenz wie auch der weiteren Umstände ist die Kammer letztlich indes mit der im Rahmen des § 287 ZPO erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der tatsächliche Normaltarif zwischen beiden Tabellenwerten liegt. Die Kammer bildet insoweit keinen „Durchschnitt zweier Durchschnittswerte“. Einerseits ist aus dem AMP 2007 bereits nicht das arithmetische Mittel, sondern der Median zugrunde gelegt. Vor allem aber würdigt die Kammer in der gebotenen Weise das Zustandekommen der Listenwerte und auch weitere Umstände. Entgegen der mit Schriftsatz vom 26.08.2009 geäußerten Auffassung der Klägerin setzt die Kammer auch nicht eine eigene Auswertung der Erhebungen beziehungsweise eine Schätzung ohne Anknüpfungstatsachen an die Stelle nicht tragfähiger Listen. Vielmehr hält die Kammer – wie ausgeführt – beide Listen für geeignet, sieht sich aufgrund der Abweichung indes gehalten, einen korrektiven Ausgleich vorzunehmen. Im Ergebnis schätzt die Kammer im konkreten Fall den Normaltarif incl. Versicherung auf 2.200,00 Euro netto – der rechnerische Mittelwert betrüge 2.228,99 Euro netto. Hinzu treten die weiteren Nebenkosten von 42,02 Euro netto. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es bei dieser Sachlage nicht.

Es ergibt sich folgende Berechnung:

Normaltarif incl. Versicherung 2.200,00 Euro

Zustell-/Abholkosten 42,02 Euro

Summe 2.242,02 Euro

(2) Ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Besonderheiten kann hier lediglich mit 20 % vorgenommen werden (§ 287 ZPO). Hierfür sind folgende Faktoren maßgebend: Die Geschädigte zahlte nicht sofort per Kreditkarte, so dass die Klägerin die Vermietung vorfinanzieren und das Ausfallrisiko zu tragen hatte. Die Auswirkung dieser Umstände auf die Tarifkalkulation liegt auf der Hand. Auch bedeuten die erforderliche Zahlungsüberwachung und Forderungsdurchsetzung einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Eine Umsatzsteuervorfinan-zierung vermag die Kammer indes nicht zu erkennen: Umsatzsteuer fällt erst an, wenn die Zahlung erfolgt. Die Vermietung außerhalb der Geschäftsräume/Filiale ist im Wesentlichen durch die Zustell-/Abholpauschale abgegolten. Soweit der Werkstatt für die Vermittlung eine Provision gezahlt wird, kann dies nicht zu Lasten des Ersatzpflichtigen gehen. Auch ein gegenüber „normalen“ Vermietungen höheres Laufleistungsrisiko besteht nicht. Schließlich hat die Klägerin nicht dargetan, die Vermietung erfolge – wenn auch nicht im vorliegenden Fall – auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten, was als Kostenfaktor bei der Bemessung des Tarifes berücksichtigt worden sei.

c) Die Geschädigte – und damit die Klägerin – muss sich im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen, welche in der Rechtsprechung üblicher Weise auf 3 bis 10 % des Mietwagenpreises geschätzt werden (Übersicht bei Nugel, juris-PR-VerkR 13/2009 Anm. 5 Abschnitt E). Die Anrechnung könnte nur unterbleiben, wenn die Geschädigte ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet hätte (vgl. hier Heinrichs in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 249 Rn. 32). Dies ist nicht der Fall. Angesichts der Nutzung als Dienstwagen und der damit regelmäßig verbundenen hohen Laufleistung erscheint vorliegend ein Abzug von 10 % angemessen. Der Abzug wäre auch vorzunehmen, würde die Schwacke-Liste als alleinige Schätzgrundlage herangezogen und läge der tatsächlich in Rechnung gestellte Preis für ein Fahrzeug der Gruppe 9 unter dem „zulässigen“ Preis für ein Fahrzeug der Gruppe 8. Denn tatsächlich erhielt die Geschädigte zu diesem Preis ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, so dass den ersparten Eigenaufwendungen ein entsprechender Verzicht auf Leistung und Komfort nicht gegenübersteht.

d) Es ergibt sich folgende Berechnung:

Normaltarif incl. Versicherung 1.980,00 Euro (2.200,00 Euro abzgl. 10 %)

Erhöhung 20 % 396,00 Euro

Zubringer 42,02 Euro

Summe 2.418,02 Euro

2. Der Ersatzanspruch ist durch Zahlung von 1.566,72 Euro und weiteren 297,67 Euro erfüllt (§ 362 BGB), so dass eine Restforderung von 553,63 Euro offen steht.

3. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Auffassung geht die Kammer nunmehr vom Vorliegen eines Revisionsgrundes im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO aus. Nach der zunächst vertretenen Auffassung hat die Kammer trotz uneinheitlicher Beurteilung der Eignung der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste im Rahmen der Bestimmung der ersatzfähigen Mietwagenkosten in der Rechtsprechung und der Abweichung von beiden Polen die grundsätzliche Bedeutung wie auch die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichtes zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung verneint. Denn die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten kann durch das Revisionsgericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden. Mit der Revision könnte deshalb nicht die bessere Eignung einer der Listen gerügt werden, sondern allenfalls die Nichteignung. Mit Schriftsatz vom 26.08.2009 stellt die Klägerin nunmehr indes in Zweifel, ob die Kammer sich mit der vorgenommenen Schätzung überhaupt im Rahmen des eingeräumten tatrichterlichen Ermessens bewegt. Ein solcher Ermessensfehler wäre der Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zugänglich.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

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