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Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall – Schwacke-Liste 2007

Amtsgericht Rheinbach

Az: 5 C 140/08

Urteil vom 23.09.2008


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.357,35 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.12.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz (restliche Mietwagenkosten) in Anspruch. Die Klägerin ist ein Autovermietungsunternehmen. Der Unfallgeschädigte, Herr L, hatte bei ihr nach einem Unfall vom 01.10.2007, 6.25 Uhr, in S gemäß dem Mietvertrag vom selben Tag (B1.16 d.A.) für die Dauer der Reparatur seines eigenen Fahrzeuges, einem PKW Q Coupe, einen PKW D der Gruppe 1 als Ersatzfahrzeug gemietet. Auf die Rechnung der Klägerin vom 24.10.2007 über EUR 2.148,74 (B1.15 d.A.) zahlte die Beklagte als zum vollen Schadensersatz verpflichteter Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges des Unfallgegners EUR 791,39. Die Klägerin verlangt Zahlung weiterer EUR 1.357,35.

Der Geschädigte hat seinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe der Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, weitere EUR 1.357,35 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.12.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Mietwagenkosten überhöht seien; sie lägen weit über dem ortsüblichen Mietzins, wie die Vergleichsangebote der Firmen F (B1.61 , Bl.68 d.A.), der Firma T (B1.66 d.A.) und der Firma I (B1.70 f d.A.) zeigten. Der Schwacke Automietpreisspiegel 2006 und 2007 stelle demgegenüber keine ausreichende Schätzgrundlage für den ortsüblichen Mietzins dar. Dies zeige der G Marktpreisspiegel Mietwagen E 2008, der gegebenenfalls als Schätzgrundlage heranzuziehen sei. Insoweit bestreitet die Beklagte, dass der von der Klägerin berechnete weitergehende Unfallersatztarif den notwendigen Wiederherstellungsaufwand i.S.d. § 249 Abs.2 Satz 1 BGB darstelle. Besondere Leistungen, die einen über den Normaltarif hinausgehenden Preis rechtfertigten, habe die Klägerin nicht erbracht. Die Beklagte bestreitet, dass dem Geschädigten kein anderer, insbesondere kein günstigerer Tarif zugänglich gewesen sei. Insoweit sei er gehalten gewesen, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen. Auch stehe dem Klageanspruch ein Schadensersatzanspruch der Geschädigten in gleicher Höhe entgegen (§§ 241 Abs.2, 242, 255 BGB), da die Klägerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass es neben dem Unfallersatztarif noch den deutlich günstigeren Normaltarif gebe und dass es möglicherweise Schwierigkeiten bei der Erstattung des Unfalltarifs gebe. Schließlich habe der Geschädigte durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu einem Preis von EUR 2.148,74 auch insoweit in krasser Weise gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, als sein eigenes, beschädigtes Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt 17 Jahre alt gewesen sei und’gemäß den Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. M vom 08.10.2007 (B1.47 ff d.A.) nur noch einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von EUR 300,-gehabt habe. Erstattungsfähig seien schließlich allenfalls Mietwagenkosten für 14 Tage gemäß der von dem Sachverständigen angesetzten Wiederbeschaffungsdauer von 11 bis 12 Kalendertagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten Bezug genommen. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs.2 ZPO einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht aufgrund der von dem Geschädigten L erteilten Inkassoabtretung gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der restlichen Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt EUR 1.357,35 zu (§§ 823, 249, 398 BGB, 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PflVG).

Die volle Haftung der Beklagten für die dem Geschädigten durch das Unfallgeschehen vom 01.10.2007 in S entstandenen Schäden ist dem Grunde nach nicht im Streit.

Soweit der Geschädigte bei der Klägerin ein Fahrzeug für die Dauer vom 01.10. bis 22.10.2007 (21 Tage) zu einem Pauschalpreis von netto EUR 1.255,20 zuzüglich der Kosten für Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer, Zustellen und Abholung gemietet hatte, sind die hierdurch entstandenen Kosten von der Beklagten im Rahmen der von ihr geschuldeten Schadensersatzleistung zu erstatten.

Die von der Klägerin berechneten Kosten stellen in dieser Höhe den nach § 249 Satz 2 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand dar. Beurteilungsmaßstab ist zunächst der Schwacke-Automietpreis-Spiegel nebst Nebenkostentabelle, hier Stand 4006, da die Anmietung 2007 erfolgte (BGH DAR 06, 438; OLG Düsseldorf, NJW-R,R 2001, 132). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Mietpreisspiegel 2006 enthaltenen Preisveränderungen etwa auf ein unredliches Verhalten der befragten Mietwagenunternehmen zurückgingen und sich nicht an der tatsächlichen Marktentwicklung orientierten (LG Bonn NZV 07,362). Der von der Beklagten vorgelegte G Marktpreisspiegel Mietwagen E 2008 erscheint demgegenüber als Schätzgrundlage weniger geeignet,’da er auf den Preisen für 2008 beruht, während die Anmietung hier im Oktober 2007 erfolgte, und der Preisspiegel bei der Aufteilung der PLZ-Gebiete weniger differenziert als der Schwacke-Mietpreis-Spiegel, der bis zur 3. Ziffer des jeweiligen PLZ-Gebietes aufgeteilt ist.

Auf den sich danach ergebenden Normal-Grundtarif ist sodann zur Erfassung der erhöhten Kosten bei der Vermietung von Unfallersatzwagen (z.B. Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen, Vorhaltung eines Notdienstes u.ä.) ein Aufschlag von 25% zu machen (LG Bonn a.a.O.).

Danach ergibt sich für das Postleitzahlengebiet 538 und eine Mietdauer von 14 Tagen für ein Fahrzeug der Gruppe 1 ein erforderlicher Mietaufwand nach Normaltarif in Höhe von EUR 2.163,54. Der Aufwand errechnet sich aus der Adition von drei Wochentarifen, jeweils unter Zugrundelegung des gewichteten Mittelpreises (Modus), wie folgt:

Grundpreis
Wochentarif EUR 365,21 x 3 = EUR 1.095,63
25% Aufschlag EUR 273,91
insgesamt EUR 1.369,54
Haftungsbegrenzung
Wochentarif EUR 108,– x 3 = EUR 324,-
Zusatzfahrer (21 Tage á EUR 20,– =) EUR 420,-
Zustellung/Abholung (2 x EUR 25,– =) EUR 50,-
Summe (incl. MWSt.) EUR 2.163,54

Damit liegt der Preis der Klägerin mit EUR 2.148,74 noch unter dem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis. Die Beklagte hat unstreitig EUR 791,39 gezahlt, so dass noch insgesamt EUR 1.357,35, die Klageforderung, zu zahlen sind.

Der Anspruch auf Erstattung dieser restlichen Mietwagenkosten entfällt auch nicht wegen Verletzung einer der Klägerin gegenüber dem Kunden (Geschädigten) etwa obliegenden Hinweispflicht im Hinblick auf billigere Tarife. Eine solche Hinweispflicht der Klägerin bestand hier jedenfalls schon deswegen nicht, weil sich der berechnete Tarif der Klägerin – wie gezeigt – im Rahmen eines betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Tarifs bewegt und damit erstattungsfähig ist; auf möglicherweise billigere Angebote anderer Anbieter brauchte die Klägerin nicht hinzuweisen. Insoweit fehlt es aber auch an der Zugänglichkeit des Geschädigten zu einem wesentlich günstigeren Tarif. Für die Frage der Zugänglichkeit ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen; dabei können sowohl objektive als auch subjektive Elemente eine Rolle spielen (BGH NJW 2006, 1506). Dass der Geschädigte besondere Kenntnisse von den Tarifen der Autovermietungsunternehmen hatte, ist nicht anzunehmen und von der Beklagten auch nicht dargelegt worden. Eine Marktforschung brauchte der Kläger vor der Anmietung nicht zu betreiben.

Das Alte~ und der Wert des Fahrzeuges des Geschädigten stehen der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Mietwagenkosten ebenfalls nicht entgegen. Sie haben beide keinen Einfluss auf die Nutzungsmöglichkeit für den Geschädigten und sind deswegen nicht maßgeblich für die Nutzung eines Mietfahrzeuges (OLG Karlsruhe DAR 89, 67; BGH NJW 87, 50; BGH NJW 05, 1044).

Schließlich hat der Geschädigte auch mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für 3 Wochen nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Mit dem Sachverständigen Dipl. Ing. M ist gemäß seinen Ausführungen im Gutachten vom 08.10.2007 davon auszugehen, dass die erforderliche Wiederbeschaffungsdauer für ein Ersatzfahrzeug 12 Arbeitstage betrug; dies entspricht unter Berücksichtigung der Wochenenden und des Feiertags (03.10.) rund 21 Kalendertagen. Hinzu kommt, dass der Geschädigte grundsätzlich berechtigt war, zunächst das Gutachten abzuwarten, das hier erst am 08.10.2007 vorlag.

Die zugesprochenen Zinsen in der beantragten gesetzlichen Höhe kann die Klägerin nach den §§ 286 Abs.3, 288 Abs.1 BGB beanspruchen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs.1, 708 Nr.11, 711 ZPO.

 

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