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Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall – Abtretung

Amtsgericht Crailsheim

Az.: 3 C 582/10

Urteil vom 26.04.2011


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz hat das Amtsgericht Crailsheim ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 304,20 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.7.2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt 87 % der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 13 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: EUR 350,16 €

Tatbestand:

Die Fertigung eines Tatbestandes ist gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO erlassen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in der tenorierten Höhe begründet, da nur insoweit ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Pflichtversicherungsgesetz besteht.

1.

Die Klägerin war aktivlegitimiert. Denn der Geschädigte trat ihr die Forderung durch Unterzeichnung des Formulars der Klägerin am 2.6.2010 gemäß § 398 BGB ab und die Klägerin nahm diese Abtretungserklärung an.

Diese Abtretung war auch nicht gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen §§ 2,3 RDG nichtig.

Denn bei der hier vorliegenden Abtretung der Forderungen auf Erstattung der Mietwagenkosten mit der Absicht diese später auch gegebenenfalls selbst durchzusetzen handelt es sich um eine bloße Nebentätigkeit eines Autovermieters im Sinne des § 5 RDG. Denn die Abtretung der hier konkret vorliegenden Forderung gehört als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Klägerin, da die Durchsetzung der Forderung im sachlichen Zusammenhang mit der Autovermietung steht und im konkreten Fall keine weitergehenden Rechtskenntnisse erfordert. Die Abtretung der Forderung dient u.a. dem Interesse der Klägerin eine Sicherheit für die Bezahlung des Mietzinses zu bekommen, wenn sie dem Geschädigten einen Mietwagen ohne eine Vorauszahlung überlässt, und hängt deshalb mit den besonderen Gegebenheiten bei der Vermietung an einen Unfallgeschädigten zusammen. Zudem sind die für die Durchsetzung der abgetretenen Forderungen erforderlichen Rechtskenntnisse hier schon für die ordnungsgemäße Beratung des Kunden bei Anmietung eines Fahrzeugs notwendig. Denn angesichts der Rechtsprechung des BGH zu den Pflichten der Fahrzeugvermieter, auf mögliche Probleme bei der Erstattungsfähigkeit der abgerechneten Mietwagenkosten hinzuweisen (BGH, NJW 2006, 2618 ff, NJW-RR 2009, 1101), gehört es schon dem Grunde nach bei Abschluss eines Mietvertrags zur Aufgabe des Vermieters, den jeweiligen Kunden über die Ersatzfähigkeit der Mietwagenkosten zu beraten. Dies gilt zumindest dann, wenn die Haftung wie hier dem Grunde nach unstreitig ist und zum Zeitpunkt der Abtretung klar ist, dass es im Grunde nur um die Frage der Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten geht.

Weiterhin wird durch die persönliche Durchsetzung der Forderungen eine Haftungsgefahr dadurch vermieden, dass bei falscher Beratung des Kunden dieser nach Abschluss eines Prozesses Schadensersatzansprüche gegen den Autovermieter geltend macht und deshalb die Kosten eines Prozesses gegebenenfalls doppelt anfallen.

2.

Die volle Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten für die Schäden aus dem Unfall vom 02.10.2009 ist dem Grund nach unstreitig und die Beklagte deshalb gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Pflichtversicherungsgesetz zur vollen Begleichung des entstandenen Schadens verpflichtet. Dazu gehören nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich auch Mietwagenkosten, soweit diese erforderlich sind.

a) Der von Teilen der Rechtssprechung für die Bejahung der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten geforderte Fahrbedarf liegt hier vor. Denn das Fahrzeug des Geschädigten wurde hier für die Fahrten der Ehefrau des Geschädigten zur Arbeit benötigt.

b) In Bezug auf die Höhe der ersatzfähigen Mietwagenkosten kann nach herrschender Rechtsprechung als erforderlicher Herstellungsaufwand nur der Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangt werden, die ein verständiger wirtschaftlicher denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH NJW-RR 2010, 679 ff). Deshalb ist der Geschädigte auch nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren Möglichkeiten immer den wirtschaftlicheren, also den günstigeren, Weg der Schadensbehebung zu wählen. Grundsätzlich ist deshalb nur der sogenannte Normaltarif zu ersetzen, den der Tatrichter nach § 287 ZPO zu schätzen hat. Als Grundlage dieser Schätzung können nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes sowohl der Schwacke-Automietpreisspiegel als auch die Fraunhofer-Liste und ein entsprechender Mittelwert zwischen diesen beiden Listen dienen (BGH NJW-RR 2010, 1251 ff). Denn § 287 ZPO gibt nicht eine Art der Schätzungsgrundlage vor. Vielmehr darf die Schadenshöhe lediglich nicht auf Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägung festgesetzt werden (vgl. BGH aaO). Die Eignung von Listen oder Tabellen, auf deren Grundlage die Schadensschätzung grundsätzlich erfolgen darf (BGH aaO, mwN), muss deshalb nur dann geprüft werden, wenn durch konkrete Tatsachen aufgezeigt wird, dass die Tabelle einen Mangel hat, der sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirkt.

In diesem Fall bestehen nach Auffassung des Gerichts gegen die Ermittlung des Normaltarifs anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels keine Bedenken. Insbesondere hat die Beklagte keine Mängel der Schwackeliste vorgetragen, die ihre Eignung für den konkreten Fall in Frage stellt. Denn die Beklagte hat sich zwar zur generellen Eignung der Fraunhofer-Liste geäußert, aber nicht dargelegt, warum die Anwendung der Schwackeliste in diesem Fall zu einem falschen Ergebnis kommen sollte. Insbesondere reicht der Vortrag nicht aus, dass der Erhebung des Fraunhofer-Insituts aus methodischer Sicht Vorzug vor der Schwackeliste zu gewähren sei. Denn die grundsätzliche methodische Eignung sowohl der Fraunhofer-Liste als auch der Schwackeliste für die Bestimmung der Mietwagenkosten hat der BGH in seinem oben angegebenen Urteil gerade festgestellt.

Bei einer Bestimmung des Normaltarifs anhand der Schwackeliste (Klasse 2) ergeben sich für die Anmietung eines Fahrzeugs für die Dauer von 5 Tagen Kosten in Höhe von EUR 378,50 inklusive Mehrwertsteuer.

Auf diesen Wert ist ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20 % zu gewähren. Denn nach der Rechtssprechung des BGH kann ein über dem Normaltarif nach der Schwackeliste liegender Tarif im Einzelfall erforderlich sein, wenn die Besonderheiten dieses Tarif mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind (BGH NJW-RR 2010 679 ff). Die Darlegungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufschlags obliegt dem Kläger (BGH aaO). Inwieweit aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein höherer Preis gerechtfertigt ist, hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt. Dabei kommt es nicht auf den konkreten Einzelfall an. Vielmehr muss auf Grund des Vortrags nur überprüft werden können, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen. Hier hat die Klägerin auf eine Vorfinanzierung der Mietwagenkosten verzichtet und die Anmietung des Ersatzfahrzeugs erfolgte kurzfristig am Tag nach dem Unfall. Die entsprechenden unfallbedingten Zusatzleistungen, die nach dem Vortrag der Klägerin u.a. einen erhöhten Aufwand für die Vorhaltung der passenden Fahrzeuge in mehreren Klassen und wegen der kurzfristigen Vermietung auslösen, rechtfertigen den gewährten Aufschlag.

c) Neben der demnach erforderlichen Summe von EUR 454,20 sind noch die geltend gemachten Kosten der Vollkaskoversicherung nach der Schwackeliste in Höhe von EUR 100 erstattungsfähig. Dies gilt unabhängig davon, ob das Unfallfahrzeug selber vollkaskoversichert war, denn grundsätzlich besteht ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen. Dies stützt sich insbesondere darauf, dass Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertig sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. dazu Metz, in: ausgewählte Probleme der Mietwagenrechtsprechung, NZV2009, 57, 61).

Nach den obigen Ausführungen ergibt sich zusammenfassend folgender erstattungsfähiger Betrag

Mietwagenkosten (Schwacke + 20 %) EUR 454,20

CDW EUR 100,00

Ersatzfähiger Gesamtbetrag EUR 554,20

Bereits gezahlt EUR 250,00

Noch zu zahlen EUR 304,20

3.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 286 Abs. 1 BGB ab dem 13.7.2010. Denn der den Anspruch auf die Verzugszinsen begründende Verzug der Beklagten trat mit Ablauf des 12.07.2010 ein, da die Beklagte mit Schriftsatz vom 2.7.2010 aufgefordert wurde den geschuldeten Betrag bis dahin zu begleichen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711,713 ZPO. Eine Entscheidung über den Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten durfte wegen § 712 ZPO nicht erfolgen.

 

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