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Mietwagenkosten aus Verkehrsunfall – negative Feststellungsklage

AG Stuttgart

Az.: 42 C 1878/11

Urteil vom 11.11.2011


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Das Urteil ist bezüglich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Feststellung, dass die Beklagte keine weiteren Ansprüche auf Erstattung von Mietwagenkosten aus der einer Kundin gestellten Rechnung hat.

Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer des Herrn …, der am … mit seinem Pkw das Fahrzeug der Kundin der Beklagten, schädigte. Die alleinige Einstandspflicht der Klägerin und ihres Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit diesem Verkehrsunfall ist unstreitig.

Die Geschädigte … hat im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 30.11. bis 14.12.2010 ein Mietfahrzeug bei der Beklagten in Anspruch genommen. Die Beklagte stellte die Kosten mit 1.626,87 € brutto in Rechnung.

Die Beklagte machte aus abgetretenem Recht gegenüber der Klägerin diese Kosten geltend, woraufhin die Klägerin ein Betrag in Höhe von 788,00 € erstattete.

Mit Schreiben vom 13.01.2011 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den Differenzbetrag von 838,87 € bis zum 20.01.2011 zu bezahlen, ansonsten werde sie das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. In der Folgezeit forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, zu bestätigen, dass die Beklagte keinerlei Ansprüche wegen Mietwagenkosten mehr habe.

Die Klägerin trägt vor,

sie habe ein Interesse auf die im Wege der negativen Feststellungsklage geltend gemachten Feststellungen. Die Beklagte mache laufend aus abgetretenem Recht überhöhte Mietwagenkosten geltend. Die Klägerin bezahle die angemessenen Mietwagenkosten, wobei die Beklagte dann darauf beharre, dass die noch offen stehenden Kosten aus den entsprechenden Rechnungen von der Klägerin vollständig bezahlt würden. Die Beklagte drohe auch mit Klage. Die Klägerin habe ein Interesse daran, den vorliegenden Versicherungsfall abzuschließen. Soweit die Angelegenheit nicht erledigt sei, habe sie auch noch eine Reserverückstellung zu bilden und könne diese Reserve nicht auflösen. Ferner sei es für sie mit zunehmendem Zeitablauf immer schwieriger, den Nachweis der Verfügbarkeit von günstigeren Mietwagenangeboten zum Unfallzeitpunkt zu führen. Außerdem bestehe auch die Besorgnis, dass die Beklagte weiterhin gegenüber der Klägerin Forderungen aus überhöhten Mietwagenrechnungen geltend mache.

Die Klägerin habe die Mietwagenkosten angemessen reguliert. Sie habe hierbei den Marktpreisspiegel für Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Instituts nach Telefonerhebung zugrunde gelegt. Die Ermittlung über die Schwacke-Liste führe zu falschen, d. h. überhöhten Ergebnissen.

Die Klägerin beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom … gegen den Kläger keine Ansprüche auf Erstattung von Mietwagenkosten aus ihrer an Frau … gestellten Rechnung hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, es fehle hier an einer Rechtsgrundlage für das Feststellungsinteresse. Zwischen den Parteien bestehe kein Rechtsverhältnis.

Mit der Feststellungsklage begehre die Klägerin, die gesetzlichen Verjährungsfristen zu unterlaufen. Mit der Feststellungsklage versuche die Klägerin, das Ergebnis einer eventuell durch die Beklagte zu führende Leistungsklage vorweg zu nehmen.

Im Übrigen habe die Beklagte die in Rechnung gestellten Mietwagenkosten in Anlehnung an den Schwacke-Mietpreisspiegel Stand 2010 – Normaltarif kalkuliert. Gegen eine Verwendung des Marktpreisspiegels Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Instituts als Schätzgrundlage bestünden aufgrund gravierender Fehler der Liste Bedenken.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 20.09.2011 (Bl. 78/80 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Feststellungsklage ist unzulässig. Streitgegenstand der Feststellungsklage kann nach § 256 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnis, Anerkennung einer Urkunde oder Feststellung ihrer Unechtheit sein. Ferner muss ein Feststellungsinteresse vorliegen.

Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsverhältnis.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann Inhalt eines Feststellungsurteils auch einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses, auch Umfang und Inhalt einer Leistungspflicht sein (BGH, NJW 95, S. 1097, m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte gegenüber der Klägerin aus abgetretenem Recht Mietwagenkosten geltend gemacht, die von der Klägerin nur teilweise beglichen wurden. Die Beklagte berühmt sich bezüglich der restlichen Mietwagenkosten einer Forderung gegenüber der Klägerin, die sie auch durch Schreiben vom 13.01.2011 geltend gemacht hat. Somit hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass hier ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien besteht.

Die Klägerin hat aber kein gemäß § 256 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse. Das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse besteht grundsätzlich dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, NJW 86, 2507 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin Feststellung, dass die Beklagte keine weiteren Mietwagenkosten aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls gegenüber der Klägerin geltend macht.

Die Klägerin kann ihr Interesse nicht damit begründen, den streitgegenständlichen Versicherungsfall abzuschließen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie müsse dafür Reserverückstellungen bilden, reicht dies nach Ansicht des Gerichts für die Bejahung eines Feststellungsinteresses nicht aus.

Im vorliegenden Fall geht es um einen Betrag von 838,87 €, die eventuell von der Beklagten noch geltend gemacht würden. Im Hinblick auf die Versicherungswirtschaft und der damit stets verbundenen erforderlichen Rücklagenbildung ist dies nach Ansicht des Gerichts ein Betrag, der die Klägerin nicht unverhältnismäßig belastet.

Im Übrigen muss die Klägerin als Versicherung immer bis zum Ablauf der Verjährung noch mit Forderungen rechnen.

Würde man im vorliegenden Fall ein Feststellungsinteresse bejahen, würde dies den Schutzzweck der Verjährungsfristen gemäß der §§ 194 ff. BGB unterlaufen. Die Verjährungsvorschriften dienen u. a. dem Schuldnerschutz. Die Verjährung ist ein zur Wahrung der Interessen des Schuldners unverzichtbares Rechtsinstitut. In der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich ausgeführt, dass die „verdunkelnde Macht der Zeit“ (Motivation I 512) die Beweisposition des Schuldners verschlechtern kann und der Zeitablauf ihn zugleich um Regressmöglichkeiten bringt. Schutzbedürftig ist ferner die Dispositionsfreiheit des Schuldners. Danach kann der Schuldner nicht verpflichtet sein, unbegrenzt Rücklagen für Risiken aus früheren Geschäften bilden zu müssen, sondern muss irgendwann allein aufgrund des Zeitablaufs berechtigt sein, den Anspruch ohne ein Eingehen auf die Sache zurückzuweisen (Palandt, BGB, 70. Auflage, 2011, Überblick vor § 194 Rdnr. 8).

Im Umkehrschluss kann daraus gefolgert werden, dass nach Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften des BGB die Schuldnerseite innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist verpflichtet ist, Rücklagen zu bilden. Es ist folglich der Schuldnerseite und hiermit der Klägerin zuzumuten, bis zum Ablauf der 3 Jahre die Rückstellungen bereit zu halten. Die Schuldnerseite kann nicht im Wege einer negativen Feststellungsklage diese Verjährungsfristen unterlaufen.

Auch das Vorbringen der Klägerin, mit zunehmendem Zeitablauf sei es immer schwieriger, den Nachweis der Verfügbarkeit von günstigeren Mietwagenangeboten zum Unfallzeitpunkt zu führen, reicht für die Bejahung eines Feststellungsinteresses nicht aus. Da in der Regel die Gerichte die Mietwagenkosten auf der Basis von Mietpreisspiegeln nach § 287 ZPO schätzen, und die jeweiligen Tabellen der letzten Jahre jeweils vorliegen, ist dieses Vorbringen zur Begründung eines Feststellungsinteresses unzureichend.

Mangels Feststellungsinteresse war daher die Klage als unzulässig abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

 

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