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Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall – Schwackeliste 2009

Amtsgericht Grevenbroich

Az.: 16 C 308/10

Urteil vom 28.04.2011


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Grevenbroich hat im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 28.04.2011 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 498,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2010 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

(entfällt gem. § 313 a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspach auf Ersatz der restlichen Mietwagenkosten aus abgebetenem Recht in Hohe von insgesamt 498,08 Euro aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 VVG, § 398 BGB.

Die Haftung der Beklagten aus dem Verkehrsunfallereignis vom 15.05.2010 auf der Düsseldorfer ……….Grevenbroich ist unstreitig. Der Unfall wurde von dem bei der Beklagen haftpflichtversicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … allein verursacht und verschuldet. Strittig waren lediglich Aktivlegitimation der Klägerin und die Höher der erstattungsfähigen Mietwagenkosten.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der Schadensersatzanspruch der aus dem Verkehrsunfall Geschädigten … wurde wirksam mit Erklärung vom 17.05.2010 an die Klägerin abgetreten, § 398 BGB. Ein Verstoß gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 3 RDG liegt nicht vor. Der streitgegenständliche Sachverhalt trug sich im Jahre 2010 zu, das Rechtsdienstleistungsgesetz ist mithin anwendbar. Die Klägerin betreibt die Einziehung einer auf fremde Rechnung abgetretenen Forderung in Ansehung der Wahrnehmung eigener Interesse als eigenständiges Geschäft. Gemäß §§ 5 Abs. 1, 3 RDG sine solche Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. In der amtlichen Begründung des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR Drs. 623/06, S. 110) wird als Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit ausdrücklich die Geltendmachung von Mietwagenkosten im Bereich der Unfallschadensregulierung genannt.

Die Mietwagenkosten gehören nach ständiger Rechtsprechung zum Herstellungsaufwand, den der Schädiger, soweit sie erforderten waren, zu erstatten hat (§ 249 Salz 2 BGB). Die Klägerin hat den Fahrbedarf der Geschädigten und damit die Erforderlichkeit der Anmietung eines Mieffahrzeugs hinreichend dargetan. Das Mietfahrzeug ist unbestritten während der Anmietungsdauer 384 km und mithin 76 km täglich gefahren worden.

Die geltend gemachten Mietwagenkosten sind der Höhe nach angemessen. Ein Verstoß gegen die dem Geschädigten obliegende Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB liegt nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH NJW 2009, 58) kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf den örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es grundsätzlich zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtige Mittel des „Schwacke-Autopreis-Spiegels (sog. Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen Die Eignung der Schwacke-Liste bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den entscheidenden Fall ausgewirkt haben.

Das Gericht übt vorliegend das ihm nach § 287 ZPO eingeräumte Ermessen dahingehend aus, dass die Höhe des Normaltarifs auf der Grundlage der Schwacke-Liste geschätzt wird.

Da sich der Unfall im Mai 2010 ereignete, ist die Schwacke-Liste 2009 anwendbar. Beklagtenseits wurden keine konkreten Mängel gegen die vorgenannte Schätzgrundlage eingewandt. Der pauschale Verweis auf die Schätzgrundlage nach der Fraunhofer-Mietwagenliste stellt keinen Einwand dar, dem das Gericht nachgehen muss. Auch die beklagtenseits vorgebrachten Einwendungen gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste greifen nach Ansicht des Gerichts nicht durch. Die Behauptung, die Mietwagenfirmen hätten gegenüber Schwacke fiktive Preise angegeben, um das reale Preisgefüge zu verschleiern und möglichst hohe Tarife abrechnen zu können, ist nicht durch konkrete Indizien zuverlässig erhärtet worden. Der Beklagten ist insoweit Recht zu geben, dass die anonyme Datenerhebung der Fraunhofer-Liste grundsätzlich einen methodischen Vorteil bringt. Andererseits sprechen aber auch gewichtige Nachteile geben die Anwendung der Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage. So beruht die Erhebung der Fraunhofer-Liste überwiegend auf der Abfrage von Internettarifen der sechs großen Autovermieter, was den Vorwurf der fehlenden Repräsentativität aufkommen lässt. Zudem beruht die Datenerhebung auf einer Vorbuchungsfrist von einer Woche, während die Anmietung bei einem Unfall in aller Regel kurzfristig erfolgt. Ferner spricht gegen die Fraunhofer erhobenen Preis auch, dass ihr ein Selbstbehalt bei der Vollkaskoversicherung von 750,00 bis 1.000,00 Euro zugrunde liegt, während bei Schwacke der Selbstbehalt „üblicherweise bei 500,00 Euro“ liegt. Schließlich ergeben sich Probleme daraus, dass in der Fraunhofer-Liste auch weitere Nebenkosten, die wesentlicher Bestandteil des zu ermittelnden Marktpreises sein können, nicht genannt werden.

Die pauschale Behauptung, der in Anspruch genommene Mietersatzwagen hätte zu niedrigeren Konditionen ortsüblich und marktangemessen angemietet werden können, reicht schließlich gleichfalls nicht aus, das gewichtige Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels als Entscheidungsgrundlage zu erschüttern.

Auch die Behauptung der Beklagten, die Geschädigte habe die Anmietungsdauer unnötig lang ausgedehnt, stellt eine reine Schutzbehauptung dar. Die Geschädigte hat nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB verstoßen. Die Geschädigte trägt kein Werkstatt- und Prognoserisiko, sondern hat sich lediglich ein vom Schädiger tatsächlich nachgewiesenes Auswahlverschulden anrechnen zu lassen. Bei der Berechnung der notwendigen Mietdauer ist im Übrigen auch der Zeitraum vom Unfalldatum bis zur Begutachtung durch den Sachverständigen zu berücksichtigen.

Darüber hinaus hält das Gericht vorliegend einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 % für angemessen, um den Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzgeschäfts im Vergleich zur „normalen“ Autovermietung angemessen zu berücksichtigen. Die Klägerin hat entgegen der Behauptung der Beklagten zu den unfallbedingten Mehrleistungen hinreichend vorgetragen. Nach höchstrichterlichen Rechtsprechung hat sich die Prüfung der Erforderlichkeit des Unfallersatztarifes darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH NJW 2008, 2910, 2911; BGH Urt. v. 02.02.2010, VI ZR 7/09).

Die von der Klägerin in Rechnung gestellten Nebenkosten für die Haftungsbefreiung und die Zustellung und Abholung sind gleichfalls erstattungsfähig (BGH, Urt. v. 15.02.2005, IV ZR 74/04; OLG Köln NZV 2007, 199). Das pauschale Bestreiten mit Nichtwissen, eine Zustellung bzw. Abholung seien nicht erfolgt, ist unerheblich. Die Kosten für Zustellung und Abholung sind in der Rechnung vom 27.05 2010 konkret ausgewiesen.

Die Klägerin hat bereits ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % in Abzug gebracht. Dies ist nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung angemessen.

Nach alledem ergibt sich unter Anwendung der Schwacke-Liste 2009, Fahrzeugklasse 7, PLZ-Gebiet 407, 5 Tage, arithm. Mittel, folgende Berechnung:

1x 3-Tagespreis à 366,00 Euro 366,00 Euro

2x 1-Tagespreis à 122,00 Euro 244,00 Euro

Abzgl. 10 % Ersparnis 61,00 Euro

Zwischensumme 549,00 Euro

Zzgl. Pauschales Aufschlag von 20 % 109,80 Euro

Zwischensumme 658,80 Euro

Zzgl. Haftungsbefreiung

1x 3 Tage à 78,00 Euro 78,00 Euro

2x 1 Tag à 26,00 Euro 52,00 Euro

Zustellung / Abholung 46,00 Euro

Zwischenergebnis 834,80 Euro

Abzgl. 19 % MwSt. – 133,29 Euro

Ergebnis 701,51 Euro

Die dem Kläger konkret in Rechnung gestellten Mietwagenkosten waren zwar mit 813,45 Euro (netto) höher, die Klägerin beschränkt sich klageweise jedoch auf die vorbezeichnete Berechnung unter Anwendung der Schwacke-Liste. Die geltend gemachten Kosten halten sich daher im angemessenen Bereich und sind gemäß § 249 Abs. 2 BGB erstattungsfähig. Die Beklagte hat bereits 203,53 Euro an den Kläger gezahlt. Damit verbleibt der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 498,98 Euro.

Die Zinsansprüche finden ihre Grundlage in den §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

 

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