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Grundlage der Mietwagenkostenberechnung nach Verkehrsunfall

Amtsgericht Duisburg-Hamborn

Az: 6 C 268/14

Urteil vom 07.11.2014


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 221,83 € brutto gegenüber der X Autovermietung GmbH & Co. KG zu der Mietvertragsnummer … freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 78 % und die Beklagte zu 22 %zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Zahlung eines restlichen Schadensersatzbetrages geltend wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 11.12.2013 auf der …-Straße in D. ereignete.

Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin Eigentümerin und Halterin des Fahrzeugs Opel Astra (G), Selection (fünftürig) mit 55 KW und 1199 (Otto) mit dem amtlichen Kennzeichen A. Das klägerische Fahrzeug wurde von Herrn K gefahren. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten fuhr mit dem von ihr geführten Fahrzeug auf das Fahrzeug mit dem Kennzeichen B auf und schob dieses auf das verkehrsbedingt haltende Fahrzeug der Klägerin, das dadurch wiederum auf das davor befindliche Fahrzeug aufgeschoben wurde. Für die Klägerin stellte sich der Unfall als unabwendbares Ereignis dar.

Am 30.12.2013 verkaufte und übereignete die Klägerin ihr Fahrzeug an Herrn J.

Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin bezifferte den ihr entstandenen Schaden auf insgesamt 4.610,06 €, der sich zusammensetzte aus einem Totalschaden in Höhe von 2.450,00 €, einer Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €, Gutachterkosten in Höhe von 494,21 €, Ummeldekosten in Höhe von 62,10 € und Mietwagenkosten ausweislich der Rechnung der X Autovermietung GmbH & Co. KG vom 10.01.2014 in Höhe von 1.578,05 €.

Die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erfolgte vom 30.12.2013 bis zum 09.01.2014.

Die Beklagte zahlte insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.594,18 € an die Klägerin, und zwar 2.450,00 € auf den Totalschaden, 25,00 € auf die Kostenpauschale, 494,21 € auf die Gutachterkosten, 62,10 € auf die Ummeldekosten und 562,87 € auf die Mietwagenkosten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2014 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der restlichen Mietwagenkosten auf.

Mit Schreiben vom 05.02.2014 verweigerte die Beklagte eine weitere Regulierung des Schadens.

Die Klägerin behauptet, dass die Anmietung des Ersatzfahrzeuges ausweislich der streitgegenständlichen Rechnung der Firma X Autovermietung GmbH & Co. KG erforderlich gewesen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts ungeeignet sei, jedoch als Schätzungsgrundlage der Mietpreisspiegel nach Schwacke in Betracht komme.

Mit der der Beklagten am 18.07.2014 zugestellten Klage beantragt die Klägerin,

1. die Beklagte zu verurteilen, sie wegen restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.015,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.02.2014 gegenüber der X Autovermietung GmbH & Co. KG zu der Mietvertragsnummer … freizustellen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie wegen restlicher vorgerichtlicher Anwaltskosten als Nebenforderung einen Betrag in Höhe von 78,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schätzung der üblicherweise anfallenden Mietpreise nach dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts zu erfolgen habe.

Die Einholung von Vergleichsangeboten der Firma X und der Firma S zeige, dass seine Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu einem deutlich geringeren Preis möglich gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von einem restlichen Schadensersatzbetrages in Höhe von 221,83 € aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i. V. m. § 1 PflVG, §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 249 BGB.

Die Voraussetzungen des Anspruchs liegen dem Grunde nach unstreitig vor. Ebenfalls unstreitig ist die alleinige Haftung der Beklagten.

Der Umfang des zu ersetzenden Schadens richtet sich nach §§ 249 ff. BGB. Die Parteien streiten dabei nur noch um die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten.

Der Höhe nach stehen der Klägerin noch restliche Mietwagenkosten in Höhe von 221,83 € zu. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs der Klasse 3 zu 10 Tagen erfolgte.

Im Rahmen von § 287 ZPO schätzt das Gericht den Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels 2012 und der Fraunhofer-Liste 2013 (BGH, Urteil vom 18.05.2010- VI ZR 293/08 m. w. N.; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014 – 1 U 165/11; OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013 – 15 U 9/12). Auf die von der Beklagten vorgelegten Vergleichsangebote brauchte die Klägerin sich nicht verweisen zu lassen, da diese keine konkreten, verbindlichen Angaben zum streitgegenständlichen Fahrzeugmodell enthalten bzw. sich nicht über den konkreten Anmietungszeitraum verhalten.

Nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel beträgt die Miete für ein Fahrzeug der Gruppe 3 für das Postleitzahlengebiet 458 für 10 Tage insgesamt 827,30 € brutto (= Wochenpauschale von 534,72 € + 3-Tagespauschale von 292,58 €).

Die Kosten der Vollkaskoversicherung (CDW) sind ersatzfähig, da sie in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen sind (LG Düsseldorf, Urteil vom 14.07.2011 – 21 S 418/1 0). Da die Schwacke-Tarife ab 2011 eine Vollkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt bis zu 500,00 € enthalten, waren diese nicht noch zusätzlich zu berechnen. Etwas anderes gilt nur dann, soweit im konkreten Fall eine Selbstbeteiligung unter 500,00 € vereinbart worden ist. Doch dass dies hier der Fall gewesen ist, geht aus dem klägerischen Vortrag bezogen auf ihren konkreten Fall sowie aus der vorgelegten Rechnung des Mietwagenunternehmens nicht hervor. Allgemeine Ausführungen ersetzen keinen individuellen Vortrag zum konkreten Fall.

Hinzu kommen jedoch die Kosten für Winterreifen in Höhe von insgesamt 121,60 € brutto (= 10 Tage x 12,16 €), die das hiesige Gericht für erstattungsfähig erachtet, da Mietfahrzeuge mit wintertauglicher Bereifung auf dem Mietwagenmarkt in der Regel nur gegen Zahlung eines Zuschlags angeboten werden. Insoweit ist der zusätzliche Kostenaufwand für die Winterbereifung dann auch erforderlich. Hier erfolgte die Anmietung auch zu einer Jahreszeit, in der eine Winterbereifung erforderlich und von einem verständigen Mietwagenentleiher zu erwarten ist. Da in diesem Punkt die Schwacke-Tarife- anders als die Fraunhofer-Tarife (S. 35 Fraunhofer-Liste) – keine Kosten für eine dem Wetter angepasste Bereifung enthalten, sind die Mehrkosten für eine Winterbereifung, die in der Schwacke-Liste in einer Nebenkostentabelle gesondert aufgeführt sind, hinzuzurechnen.

Die Mietwagenkosten beziffern sich danach auf insgesamt 948,90 € brutto.

Nach der von der Beklagten vorgelegten Fraunhofer-Liste beträgt die Miete eines Fahrzeugs der Klasse 3 für das Postleitzahlengebiet 45 für 10 Tage insgesamt 377,82 € brutto (= 7-Tagespauschale von 228,54 € + 3-Tagespauschale von 149,28 €) inklusive der marktüblichen Haftungsreduzierung und einer dem Wetter angepassten Bereifung.

Nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen betragen die Kosten der streitgegenständlichen Anmietung 663,36 € brutto.

Sonstige Nebenleistungen, sofern sie tatsächlich angefallen sind, sind dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen zuzuschlagen. Ein Ansatz kann mit den jeweiligen Werten des arithmetischen Mittels aus der Nebenkostentabelle der anwendbaren Schwacke-Liste erfolgen (OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012 – 14 U 49/11). Sind die aus dem konkreten Mietvertrag ersichtlichen tatsächlichen Kosten für die betreffende sonstige Nebenleistung niedriger, sind diese maßgeblich (OLG Köln, Urteil vom 15.07.2013- 15 U 212/12).

Die von der Klägerin geltend gemachte Zustell- und Abholgebühr in Höhe von 64,00 € brutto ist hier nicht erstattungsfähig, da ein diesbezüglicher Vortrag der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht fehlt. Dass diese Kosten auf Grund einer tatsächlichen Zustellung bzw. Abholung -was von der Beklagten bestritten worden ist- angefallen sind, ist nicht dargelegt oder gar Beweis dafür angeboten worden.

Die geltend gemachten Kosten für einen zusätzlichen Fahrer sind dagegen erstattungsfähig. Da zum Zeitpunkt des Unfalls das klägerische Fahrzeug unstreitig von Herrn K geführt worden ist, kann die Beklagte nicht pauschal in Abrede stellen, dass das Fahrzeug von einer weiteren Person genutzt worden ist. Da die aus der streitgegenständlichen Mietwagenrechnung ersichtlichen Kosten für einen zusätzlichen Fahrer in Höhe von 50,00 € brutto niedriger sind als die nach der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste berechneten Kosten in Höhe von insgesamt 137,40 € brutto (= 10 Tage x 13,74 €), waren die 50,00 € brutto anzusetzen.

Auf den danach berechneten Gesamtbetrag in Höhe von 713,36 € brutto kommt ein pauschaler Aufschlag von 20 % als unfallbedingter Mehraufwand, der einen ersatzfähigen Schadensposten darstellt (LG Düsseldorf, a. a. 0.). Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO kann sich die Prüfung des Gerichts darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an den Geschädigten im Allgemeinen einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt, wenn dafür eine hinreichend konkrete Tatsachengrundlage vorliegt (BGH, Urteil vom 19.01.2010 – VI ZR 112/09). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin führt an, dass Mehraufwendungen in Form einer Kreditierung durch das Mietwagenunternehmen entstanden seien. Ebenfalls zeigt die klageweise Geltendmachung des Anspruchs in Form der Freistellung von den Mietwagenkosten gegenüber der Firma X Autovermietung GmbH & Co. KG, dass der Klägerin eine Kreditierung gewährt worden ist.

Hiervon abzuziehen sind wiederum die von der Geschädigten ersparten Eigenaufwendungen in Höhe von 10% der Mietwagenkosten (Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 249 Rn. 36 m. w. N.), die sich die Klägerin entgegenhalten lassen muss.

Damit ergibt sich ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von insgesamt 784,70 € brutto. Da die Beklagte hierauf bereits einen Betrag in Höhe von 562,87 € gezahlt hat, ist insoweit Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB eingetreten. Weiterhin zu erstatten sind restliche Mietwagenkosten in Höhe von 221,83 €.

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB.

Die Voraussetzungen des Anspruchs liegen nicht vor, da eine Geldschuld im Sinne des § 288 Abs. 1 BGB nicht gegeben ist. Bei einem Freistellungsanspruch besteht keine Zinspflicht (Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 288 Rn. 6).

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung restlicher vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 78,90 € aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i. V. m. § 1 PflVG, §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 249 BGB.

Da der Klägerin aus den vorgenannten Gründen nur ein berechtigter Gesamtschadensersatzanspruch wegen des Verkehrsunfalls vom 11.12.2013 in Höhe von 3.816,01 € (= bereits bezahlter Betrag in Höhe von 3.594,18 € + 221,83 €) zustand, war dieser Wert bei der Berechnung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugrundezulegen. Bei der Geschäftsgebühr von 1,3 zuzüglich der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 € und der Umsatzsteuer ergibt dies einen Betrag in Höhe von 413,64 €. Da die Beklagte diesen Betrag bereits an die Klägerin erstattet hat, ist Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB eingetreten und ein weiterer Anspruch nicht gegeben.

IV. Mangels Vorliegens eines Anspruchs auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 78,90 € hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen hieraus aus §§ 291, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB.

V. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.015,88 €

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