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Mietwagenkosten – Ersatz nach unverschuldetem Unfall

Amtsgericht Coburg

Az: 11 C 89/05

Urteil vom 21.06.2007


In dem Rechtsstreit wegen Schadenersatzes erkennt das Amtsgericht Coburg gemäß § 128 Absatz 2 ZPO in schriftlichen Verfahren in welchem bis zum 11.6.2007 eingegangene Schriftsätze Berücksichtigung fanden, am 21.6.2007 für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.274,10 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 20.12.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Die Klägerin dar die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erstattung von Mietwagenkosten.

Der Klägerin gehörte der Lkw Iveco Daily 35 S 13, amtliches Kennzeichen XXX. Herr XXX fuhrt mit dem bei der Beklagten versicherten Kraftfahrzeug, amtliches Kennzeichen XXX, am Donnerstag, 6.11.2003 auf der Autobahn in Höhe von Osnabrück auf den verkehrsbedingt haltenden Transporter des Klägers auf. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs hundertprozentigen Schadensersatz zu leisten.

Der am 7.11.2003 beauftragte Sachverständige XXX, Nürnberg-Heilsbronn, schätzte in seinem Gutachten vom 13.11.2003 die Reparaturkosten auf 9.315,83 Euro netto und den Wiederbeschaffungswert auf 10.200 Euro netto. Die Parteien rechneten Ende Dezember 2003 auf Totalschadensbasis ab, die Klägerin erwarb am 20.11.2003 ein Ersatzfahrzeug.

Sie mietete am 6.11.2003 bei der XXX Nürnberg, einen Transporter Iveco Daily 35 S 13 an, den sie am 18.11.2003 gegen 14.35 Uhr zurückgab. Mit dem Fahrzeug wurden 8.972 km zurückgelegt. Auf die Rechnung der XXX vom 20.11.2003 über 5.713 Euro netto zahlte die Beklagte 3.000 Euro.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte müsse weitere 2.860,57 Euro Mietwagenkosten erstatten. Es sei lediglich ein Selbstbehalt von 3 % (156,75 Euro) gerechtfertigt. Sie die Klägerin habe unverzüglich nach Rückkunft des beschädigten Transporters gegen 18.00 Uhr das Ersatzfahrzeug anmieten müssen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Nachdem das verunfallte Fahrzeug finanziert gewesen sei und in dem am 1.3.2003 eröffneten Kurierdienstunternehmen noch keine Rücklagen hätten gebildet werden können, hätte die Klägerin die Mietwagenkosten weder mittels einer Kreditkarte noch in sonstiger Weise vorfinanzieren können. Der Inhaber der Klägerin habe sich auf die Empfehlung XXX verlassen und das Ersatzfahrzeug bei der XXX angemietet. Nur dort sei ein typengleicher Wagen mit Flügeltüren (Öffnungswinkel 270 Grad) verfügbar gewesen. Andere Vermieterfirmen wären darüber hinaus nicht billiger gewesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte hat an den Kläger 2.860,57 Euro nebst 5 % Zinsen aus 2.556,25 Euro über dem Basisdiskontsatz seit 20.12.2003 zu bezahlen sowie 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz aus 304,32 Euro seit Zustellung der Klageerhöhung.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte hält sich für nicht verpflichtet, den von der XXX geforderten Unfallersatztarif zu erstatten und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (seit 2004). Bei Firmen wie Sixt, Euopcar und Hertz hätte die Klägerin für weniger als 3.000 Euro das Ersatzfahrzeug erhalten können. Die Klägerin müsse sich angesichts der hohen Kilometerleistung eine Eigenersparnis von 20 % abziehen lassen. Selbst der Normaltarif bei der XXX hätte nur 3.216,72 Euro gekostet. In eigenen Angelegenheiten hätte die Klägerin ein Fahrzeug nicht zu einem um 70 % über dem Normaltarif liegenden Preis angemietet. Zumindest auf das Schreiben der Beklagten vom 10.11.2003 mit dem Angebot, bei der Reservierung eines Mietwagens behilflich zu sein, hätte die Klägerin reagieren müssen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen XXX und durch kommissarische Vernehmung des Zeugen XXX.

Wegen des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien übergebenen Anlagen Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 3.5.2007 hat das Gericht mit Zustimmung der Klägerin und den angenommenen Einverständnis der Beklagten angeordnet, dass schriftlich zu verhandeln ist.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung ergeht ohne weitere mündliche Verhandlung, § 128 Absatz 2 ZPO. Die Klägerin hat beantragt, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Die Beklagte hat zwar auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 2.4.2007 nicht reagiert. Sie hat aber bereits früher (mit Schriftsatz vom 27.9.2006) einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt und dem Beschluss vom 3.5.2007 nicht widersprochen.

Die Klage ist zulässig, das Amtsgericht Coburg ist gemäß § 17 ZPO zur Entscheidung zuständig.

Die Klageforderung ist zum überwiegenden Teil begründet. §§ 7 StVG, 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz, 249 BGB.

Dass die Beklagte grundsätzlich verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu erstatten, ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Über die bereits bezahlten 3.000 Euro hinaus schuldet die Beklagte weitere 2.274,10 Euro.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin noch am Unfalltag ein Ersatzfahrzeug benötigte. Der Unfall ereignete sich bei Osnabrück (Niedersachsen); der Zeuge XXX gab an, er sei mit dem verunfallten Fahrzeug zur XXX gefahren. Laut Gutachten des Sachverständigen XXX vom 13.11.2003 war die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Klein-Lkws nicht mehr gewährleistet, so dass die Klägerin ihn unrepariert nicht weiter benutzen konnte.

Der Zeuge XXX hat glaubhaft bestätigt, dass für die folgende Nacht ein Transport in den Raum Bremen geplant war.

Aus der Sicht der Klägerin war es wegen des dringenden Bedarfs erforderlich, das von XXX genau passende Ersatzfahrzeug der XXX am 6.11.2003 anzumieten. Der Inhaber der Klägerin hat bei seiner informatorischen Anhörung nachvollziehbar angegeben, er habe zunächst die Ankunft des Lkws abwarten müssen um feststellen zu können, wie weiterverfahren wird. Er hat ferner angegeben, er habe damals die Reparatur bzw. Anschaffung und die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nicht vorfinanzieren können. Diese besonderen Umstände, – wonach es in erster Linie um die Aufrechterhaltung des Betriebs des Klägers ging rechtfertigen ausnahmsweise die Anmietung des Kraftfahrzeugs durch den Inhaber der Klägerin ohne nach dem Preis zu fragen (vgl. Seite 3 der Niederschrift vom 16.11.2003).

Das Gericht entnimmt der Aussage des Zeugen XXX, dass die Klägerin einen 24-Stunden-Service anbot. Dementsprechend musste sie, unabhängig von der tatsächlichen Auftragslage, auch nach der Erledigung des Transports vom 7.11.2003 ständig ein Fahrzeug bereithalten.

Der Aussage des Zeugen XXX entnimmt das Gericht, dass die Beschaffung eines billigeren Iveco Daily gleicher Ausstattung mit Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Der Zeuge selbst hätte der Klägerin ein Fahrzeug zum Normaltarif nur gegen Kaution und Vorlage einer Kreditkarte überlassen. Dass auch andere Firmen Sicherheiten verlangt hätten, ist gerichtsbekannt.

Allerdings hat die Beklagte den Inhaber der Klägerin mit Schreiben vom 10.11.2003 auf günstigere Mietwagenpreise hingewiesen mit dem Angebot, bei der Reservierung behilflich zu sein. Die Beklagte listete aber nur Pkw-Mietpreise auf. Das Schreiben enthält auch nichts woraus sich die Bereitschaft ergäbe, eine Kaution oder Ähnliches zu stellen.

Auch wenn die Klägerin nicht nur auf die Angaben der Vermieterfirma vertraut hätte, wäre ihr im November 2003 selbst von einem Rechtsanwalt nicht der Rat erteilt worden, sich mit Hilfe der gegnerischen Versicherung (nach Erhalt des Sachverständigengutachtens) um einen günstigeren Mietwagentarif zu bemühen. Bis zu der seit dem Jahr 2004 ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkannten die Gerichte in der Regel den Unfallersatztarif bei einer nicht über zwei Wochen hinausgehenden Anmietdauer an.

Der Anspruch der Klägerin errechnet sich wie folgt:

(1) Wochenpauschale: 1.471,00 Euro
(2) 5 Zusatztage á 203,00 Euro: 1.015,00 Euro
(3) 15 % Eigenersparnis: ./. 372,90 Euro
(4) 12 x 31,00 Euro Haftungsbefreiung: 372,00 Euro
(5) Zusatzkilometer laut Rechnung vom 20.11.2003: 2.536,00 Euro
(6) Zusatzkilometer 300 anstatt 13. Tag: 168,00 Euro
(7) Zustellung / Abholung: 85,00 Euro
= 5.274,10 Euro
Zahlung der Beklagten: ./. 3.000,00 Euro
= 2.274,10 Euro

Zu (2):
Die Position Zusatztage war um einen Tag zu kürzen. Ihren Vortrag, das Fahrzeug sei um 8.00 Uhr angemietet worden, hat die Klägerin dahin korrigiert, dass die Uhrzeit richtig 18.00 Uhr lauten muss. Angesichts der Rückgabe um 14.35 Uhr am 18.11.2003 reduziert sich die Mietdauer um einen Tag.

Zu (3):
Das Gericht schätzt angesichts der intensiven Nutzung des Mietwagens die Eigenersparnis gemäß § 287 ZPO auf 15 %.

Zu (4):
Bei 12 anstatt 13 Tagen reduziert sich die Haftungsbefreiung um 31,00 Euro gegenüber der Mietwagenrechnung.

Zu (5) und (6):
Grundsätzlich muss die Beklagte nur die tatsächlich berechneten Zusatzkilometer, Preis 2.536,00 Euro erstatten. Nachdem 300 Kilometer für den 13. Tag entfallen, sind aber 300 x 0,56 Euro = 168,00 Euro zusätzlich zu zahlen.

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ZU (7):
Die Kosten für die Anlieferung zur Werkstatt und die Abholung im Betrieb der Klägerin gehören zum erstattungsfähigen Schaden, § 249 BGB.

Zinsen schuldet die Beklagte gemäß §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708, Nr. 11, 709, 711 ZPO.

 

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