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Mietwohnung – Vertragsübernahme bei Zwangsversteigerung

BGH

Az: VII ZR 84/09

Urteil vom 20.01.2010


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2010 für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 9. März 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch, die der Beklagte wegen Lärmimmissionen aus der Nachbarwohnung gemindert hat.

Der Beklagte schloss im Januar 2000 mit der W. GmbH in W. einen Mietvertrag über eine Wohnung in L. . Die monatliche Miete betrug einschließlich der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten 1.415 DM (693,87 EUR). Eigentümer des Hausgrundstücks war seinerzeit N. B. . Dieser war zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der W. GmbH. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass N. B. für die W. GmbH den Mietvertrag unterschrieb und dass er als damaliger Eigentümer der Immobilie mit der Vermietung der Wohnung durch die W.

GmbH an den Beklagten einverstanden war. Die Miete zahlte der Beklagte entsprechend der mietvertraglichen Vereinbarung auf ein für die W. GmbH geführtes Konto.

Die Klägerin erwarb das Grundstück in der Zwangsversteigerung aufgrund des Zuschlagsbeschlusses des Amtsgerichts L. vom 19. Mai 2004. Nachdem die Klägerin dem Beklagten durch ihre Verwalterin mitgeteilt hatte, dass sie nunmehr als Eigentümerin in den Mietvertrag eingetreten sei, zahlte der Beklagte in der Folge die Miete an die Klägerin.

Im Dezember 2006 wurde in der unteren Etage des Gebäudes und in der Nachbarwohnung zum Beklagten ein Tonstudio eingerichtet. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 an die Verwalterin der Klägerin forderte der Beklagte wegen nach seiner Ansicht nicht hinnehmbarer Lärmbelästigungen aus der Nachbarwohnung diese zur unverzüglichen Nachbesserung auf. Er minderte ab Januar 2007 die Miete um monatlich 20 % (138,77 EUR).

Die Klägerin begehrt vom Beklagten rückständige Miete für die Monate Januar bis Oktober 2007 in Höhe von insgesamt 1.387,70 EUR nebst Zinsen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Zwischen den Parteien bestehe ein Mietvertrag, weil die Klägerin als Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten sei. § 566 BGB sei hier entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift trete der Erwerber, wenn der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert werde, anstelle des Vermieters in das Mietverhältnis ein. Entsprechendes gelte, sofern die Immobilie nicht veräußert, sondern – wie hier – versteigert werde, gemäß § 57 ZVG.

Zwar sei der Mietvertrag nicht vom damaligen Eigentümer N. B. selbst, sondern von der W. GmbH mit dem Beklagten geschlossen worden, so dass § 566 BGB in Verbindung mit § 57 ZVG nicht unmittelbar anzuwenden sei. § 566 BGB sei jedoch analog anzuwenden, wenn der Mietvertrag – wie hier – mit Zustimmung des Eigentümers von einer Gesellschaft abgeschlossen werde, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Eigentümer zum damaligen Zeitpunkt gewesen sei. Zwar habe der Bundesgerichtshof (Urteil vom 22. Oktober 2003 – XII ZR 119/02) entschieden, dass § 571 BGB aF (jetzt: § 566 BGB) grundsätzlich nur bei Identität zwischen Vermieter und veräußerndem Eigentümer anzuwenden sei. Eine analoge Anwendung des § 571 BGB aF habe der Bundesgerichtshof aber nicht generell verneint. Vielmehr habe er unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 1995 (1 BvR 1063/95) ausgeführt, dass in einem Fall, in dem ein Verwalter über die Verwaltertätigkeit hinaus kein eigenes Interesse an dem Zustandekommen und der Durchführung des Mietvertrags habe, es gerechtfertigt sein könne, den Vertrag im Zusammenhang mit § 571 BGB aF so zu behandeln, als habe der Eigentümer selbst vermietet.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall habe die dortige Beklagte den Mietvertrag jedoch gerade zur Erfüllung ihres Geschäftszweckes abgeschlossen, so dass ihre Beteiligung an dem Mietvertrag deshalb über die Beteiligung eines reinen Verwalters hinausgegangen sei. Entsprechendes könne im vorliegenden Fall hingegen nicht festgestellt werden. Der Gesellschaftszweck der W. GmbH habe unstreitig in dem Ankauf, der Aufteilung und dem Verkauf von Grundbesitz, nicht jedoch in der Vermietung von Wohnungen bestanden. Dass die W. GmbH über die Verwaltertätigkeit für den Eigentümer hinaus erkennbar auch kein eigenes Interesse an der Durchführung des Mietvertrages gehabt habe, ergebe sich unter anderem auch daraus, dass sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine Forderungen aus dem Mietvertrag gegenüber dem Beklagten geltend gemacht habe.

Ein Recht des Beklagten, die Miete zu mindern, habe nicht bestanden. Dieser habe nicht bewiesen, dass die Mietsache im streitgegenständlichen Zeitraum einen Mangel aufgewiesen habe, der ihren vertragsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich beeinträchtigt habe. Aufgrund der Vernehmung des Zeugen M. sei festzustellen, dass keine erhebliche Lärmbelästigung von der Nachbarwohnung des Beklagten ausgegangen sei.

II.

Diese Beurteilung hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

1.

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin hinsichtlich des Anspruchs gemäß § 535 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 1.387,70 EUR aktivlegitimiert ist.

a)

Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt, setzt die entsprechende Anwendung von § 566 BGB im Falle des Erwerbs eines vermieteten Grundstücks durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung gemäß § 57 ZVG allerdings grundsätzlich voraus, dass das Grundstück im Eigentum des Vermieters steht, denn § 566 BGB erfordert nach seinem Wortlaut die Identität von Vermieter und veräußerndem Eigentümer (Senatsurteil vom 3. Juli 1974 – VIII ZR 6/73, NJW 1974, 1551, unter B I 1; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2003 – XII ZR 119/02, NJW-RR 2004, 657, unter 2 b m.w.N. – zu der Vorgängerregelung § 571 BGB aF). Im Falle des Erwerbs des Grundstücks durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung bedeutet dies, dass der Zwangsvollstreckungsschuldner, also der Eigentümer des Grundstücks, im Zeitpunkt der Erstehung des Grundstücks im Wege des Zuschlags in der Zwangsversteigerung identisch mit dem Vermieter sein muss.

Diese Voraussetzung war hier nicht erfüllt, weil nicht der Grundstückseigentümer N. B. , sondern die W. GmbH den Mietvertrag mit dem Beklagten abgeschlossen hatte. Ob die Klägerin dennoch – wie das Berufungsgericht meint – in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag entsprechend § 566 BGB in Verbindung mit § 57 ZVG kraft Gesetzes eingetreten ist, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

b)

Denn jedenfalls ist das Mietverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin, nachdem diese das Grundstück ersteigert hatte, auf Grund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung aller Beteiligten – einschließlich der W. GmbH und des N. B. – fortgesetzt worden.

Die Auswechslung eines Vertragspartners kann sowohl im Wege eines dreiseitigen Vertrags zwischen der ausscheidenden, der übernehmenden und der verbleibenden Partei vereinbart werden als auch durch Vereinbarung zwischen zwei Beteiligten, wenn der Dritte zustimmt (BGHZ 95, 88, 93 f.; 96, 302, 308). Letzteres ist nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall.

Der Beklagte hat nach Mitteilung seitens der Klägerin, dass sie nunmehr als Eigentümerin in den Mietvertrag eingetreten sei, die Miete fortan an die Klägerin gezahlt. Er hat dem Vermieterwechsel spätestens dadurch konkludent zugestimmt, dass er von der Klägerin als neuer Vermieterin Erfüllung des Vertrags verlangte (vgl. BGHZ 154, 171, 175), indem er diese – und nicht etwa die W. GmbH – zur Abhilfe hinsichtlich der von der Nachbarwohnung angeblich ausgehenden Lärmbelästigung aufforderte. Die Klägerin sah sich als neue Vermieterin des Beklagten und führte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf dessen Mängelanzeige wegen nicht akzeptabler Lärmbelästigung hin Arbeiten in der Nachbarwohnung durch. Die W. GmbH wiederum hat nach der Zwangsversteigerung des Grundstücks zu keinem Zeitpunkt ausstehende Mietzahlungen reklamiert und auch ansonsten keine Forderungen aus dem Mietverhältnis gegen den Beklagten geltend gemacht. Sie hat durch dieses Verhalten konkludent der Vertragsübernahme durch die Klägerin zugestimmt.

2.

Soweit die Revision Verfahrensrügen gegen die Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht im Hinblick auf die Berechtigung des Beklagten zur Mietminderung wegen Lärmbelästigung aus der Nachbarwohnung erhoben hat, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).

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