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Mietwohnungsrückgabe Schadensersatz – Aufrechnung

AG Montabaur

Az.: 5 C 309/12

Urteil vom 23.04.2013


Entscheidungsgründe:

a)

Der Verjährungstatbestand des § 548 Abs. 1 BGB ist weit und umfassend zu verstehen. Im Sinne einer zügigen Abwicklung eines beendeten Mietverhältnisses nach Rückgabe des Mietsache (vgl. BT-Dr. 14/4553, S. 45) umfasst er alle Schadenersatzansprüche des Vermieters wegen vertragswidrigem Gebrauch, der Nichterfüllung von vom Mieter übernommener Pflichten und Schönheitsreparaturen, abhanden gekommener Teile der Mietsache, Verschlechterung der Mietsache wie auch wegen Verletzung von Obhuts- und Anzeigepflichten sowie wegen unterlassener Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache z. B. durch Entfernung von Einbauten oder Gegenständen des Mieters. Gleiches gilt für eine wie hier in § 11 des Mietvertrags vereinbarte Ersatzpflicht für Abnutzung durch bestimmungsgemäßen Gebrauch (vgl. Palandt/Weidenkaff BGB 71. Aufl. 2012 § 548 Rdn. 6 m. w. Nw.).

Schadenersatz wegen einer derartigen vertragswidrigen Rückgabe der Mietsache bzw. wegen derartiger vereinbarter Ersatzpflichten der Klägerin macht der Beklagte zu 2) vorliegend im Wege der Aufrechnung geltend.

b)

Die Rückgabe der Mietwohnung fand hier am 02.04.2012 statt, so dass etwaige Ersatzansprüche des Beklagten zu 2) gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens mit Ablauf des 02.10.2012 verjährt waren.

Die ausnahmsweise nach § 215 BGB gegebene Möglichkeit der Aufrechnung mit einer verjährten Forderung kommt vorliegend nicht zum Zuge, weil die weitere Voraussetzung dieser Vorschrift, nämlich dass der Ersatzanspruch des Beklagten zu 2) in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem der Beklagten zu 2) erstmals mit diesem Ersatzanspruch aufrechnen konnte, vorliegend nicht gegeben ist.

c)

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es für den Eintritt der Aufrechnungslage dabei allerdings nicht nur darauf an, dass der Beklagte zu 2) die behaupteten Mängel ihr gegenüber konkret geltend gemacht hat.

Vielmehr setzt das Bestehen einer Aufrechnungslage zunächst die Gleichartigkeit der sich einander zur Aufrechnung gegenüberstehenden Forderungen sowie die Fälligkeit der Gegenforderung, mit der aufgerechnet, hier also des Ersatzanspruchs des Beklagten zu 2) voraus (vgl. Palandt/Grüneberg a. a. O. § 387 Rdn. 8 und 11). Denn § 215 BGB dispensiert nur von der Einrede der Verjährung; die sonstigen Voraussetzungen einer Aufrechnung müssen hingegen zu dem nach § 215 BGB maßgeblichen Zeitpunkt, also zu nichtverjährter Zeit der nach Verjährungseintritt zur Aufrechnung gestellten Forderung des Beklagten zu 2) vorgelegen haben (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2002, 658 Tz. 6 und Staudinger/Peters/Jacoby BGB Neubearbeitung 2009 § 215 Rdn. 5).

aa)

Als aufrechenbare Ersatzforderung des Beklagten zu 2) kommt vorliegend nur ein Ersatzanspruch in Geld in Betracht. Denn die Forderung der Klägerin auf Rückzahlung des Mieterdarlehens ist auf Geldzahlung gerichtet, so dass nur durch eine ebenfalls auf Zahlung gerichtete Gegenforderung des Beklagten zu 2) die nach § 387 BGB erforderliche Gleichartigkeit der sich einander zur Aufrechnung gegenüberstehenden Forderungen gewahrt ist.

bb)

Bis zum 02.10.2012 – dem Ablauf der Verjährungsfrist gemäß § 548 Abs. 1 BGB – war hier ein etwaig auf Geldzahlung gerichteter Ersatzanspruch des Beklagten zu 2) indes noch nicht entstanden.

Im Falle einer nicht vertragsgemäßen Rückgabe der Mietsache steht dem Vermieter zunächst auch weiterhin nur ein auf vertragsgemäße Rückgabe gerichteter Erfüllungsanspruch gegen den Mieter zu. Die Nichterfüllung dieser Vertragspflicht durch den Mieter begründet erst dann einen Schadenersatzanspruch des Vermieters, nachdem dieser den Mieter gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (vgl. OLG Düsseldorf a. a. O. Tz. 5 sowie Palandt/Weidenkaff a. a. O. § 546 Rdn. 7 und Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Auflage 2009 Rdn. 1213, jew. m. Rspr.-Nw.).

Vorliegend hat der Beklagte zu 2) der Klägerin nach seinem eigenen Vortrag erst mit Schreiben der Hausverwaltung vom 01.10.2012 eine solche Nachfrist – von zwei Wochen – gesetzt (Bl. 53 f. d. A.). Erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist Mitte Oktober 2012 konnte sich der Erfüllungsanspruch des Beklagten zu 2) auf vertragsgemäße, also mangelfreie Rückgabe der Mietsache somit in einen auf Geldzahlung gerichteten Schadenersatzanspruch umwandeln und eine Aufrechnungslage entstehen. Zu diesem Zeitpunkt war dieser Schadenersatzanspruch indes bereits gemäß § 548 Abs. 1 BGB aufgrund Verjährungseintritts am 02.10.2012, 24.00 Uhr verjährt.

cc)

Die zunächst seltsam anmutende Konsequenz, dass der Schadenersatzanspruch des Vermieters damit ohne Rücksicht auf dessen Entstehen schon verjährt ist, bevor er überhaupt entstehen kann, ist Folge der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB und wurde vom Gesetzgeber im Rahmen des Mietrechtsreformgesetzes ausdrücklich gebilligt (vgl. BT-Dr. 14/4553, S. 45 und Wolf/Eckert/Ball, a. a. O. Rdn. 1211 ff.).

Ist dem Vermieter die vertragswidrige Rückgabe der Mietsache vor Ablauf der in § 548 Abs.1 BGB normierten kurzen Verjährung bekannt, ist er auch nicht schutzlos gestellt. Denn obgleich auch der Erfüllungsanspruch der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB unterliegt und der Vermieter nach Ablauf dieser kurzen Verjährung weder den Erfüllungsanspruch klagewiese durchsetzen kann noch gegen das Kautionsrückzahlungsverlangen mit einem Ersatzanspruch wegen nicht vertragsgemäßer Rückgabe aufrechnen kann, wenn er – wie hier der Beklagte zu 2) – den Erfüllungsanspruch verjähren lässt, bevor er in den Zahlungsanspruch übergehen konnte, so dass – wie vorliegend – in unverjährter Zeit nie eine Aufrechnungslage bestand, weil sich in unverjährter Zeit lediglich ungleichartige und deshalb nicht aufrechenbare Ansprüche gegenüber standen, kann der Vermieter aufgrund des mit der nicht vertragsgemäßen Rückgabe fortbestehenden oben bereits erwähnten Erfüllungsanspruchs auf Rückgabe der Mietsache im vertragsgemäßen Zustand gegenüber dem Kautionsrückzahlungsverlangen des Mieters ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 215 BGB geltend machen (vgl. OLG Düsseldorf a. a. O. Tz. 5 und OLG Düsseldorf GE 2007, 1119 Tz. 3). Hierbei ist nicht erforderlich, dass der Vermieter das Zurückbehaltungsrecht vor Verjährungseintritt bereits geltend gemacht hatte (vgl. BGHZ 53, 122).

Unabhängig davon, dass der Beklagte zu 2) sich vorliegend bereits nicht auf solch ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat, wäre er hier indes allerdings auch mit der Geltendmachung dieses Zurückbehaltungsrechts ausgeschlossen. Denn während nach Ablauf der mit Schreiben vom 01.10.2012 gesetzten Frist zunächst elektive Anspruchskonkurrenz zwischen dem Erfüllungsanspruch auf Rückgabe der Wohnung im vertragsgemäßen Zustand und dem Zahlungsanspruch auf Ersatz der zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands erforderliche Kosten bestand (vgl. Palandt/Grüneberg a. a. O. § 280 Rdn. 49), ging der Erfüllungsanspruch gemäß § 281 Abs. 4 BGB sodann mit dem Schadenersatzverlangen des Beklagten zu 2) in der Klageerwiderung vom 19.02.2013 unter. Infolge dieses Anspruchsuntergangs könnte der Beklagte zu 2) sich somit im Falle der behaupteten vertragswidrigen Rückgabe der Wohnung trotz der hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts gegebenen Voraussetzungen des § 215 BGB nunmehr nicht mehr auf dieses berufen.

dd)

Nachdem etwaige Schadenersatzansprüche des Beklagten zu 2) somit erst nach Ablauf ihrer Verjährung entstanden wären sowie die Klägerin sich auf diese Verjährung auch beruft und der Beklagte zu 2) ein ihm etwaig wegen behaupteter nicht vertragsgemäßer Rückgabe zustehendes Zurückbehaltungsrecht nach § 281 Abs. 4 BGB verloren hat, kann er bereits aus Rechtsgründen dem Kautionsrückzahlungsverlangen der Klägerin keine eigenen Ansprüchen mehr entgegen setzen.

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