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Übersicht:
- ✔ Kurz und knapp
- Gericht erklärt Mithaftung überforderter Eltern für sittenwidrig
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Potsdam
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: Mithaftung von Eltern bei Darlehensverträgen ihrer Kinder
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Mithaftung bei Darlehensverträgen als sittenwidrig eingestuft wird?
- Welche Rolle spielt die formale Bezeichnung als „Mitdarlehensnehmer“ im Vertrag für die rechtliche Bewertung der Mithaftung?
- Welche finanziellen Faktoren werden bei der Bewertung einer möglichen Überforderung der Mithaftenden berücksichtigt?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Potsdam
✔ Kurz und knapp
- Die Mithaftung der Eltern für die Darlehensverträge des Sohnes ist sittenwidrig gemäß § 138 BGB und damit unwirksam.
- Die Kläger (Eltern) waren bei Vertragsabschluss mit der Darlehenshaftung finanziell krass überfordert.
- Trotz der Bezeichnung als „Mitdarlehensnehmer“ waren die Kläger lediglich Mithaftende ohne eigenes Interesse an der Kreditaufnahme.
- Die Hoffnung auf Pflege durch den Sohn oder die Wohnnutzung stellen keinen direkten geldwerten Vorteil dar, der die Haftungsübernahme rechtfertigen würde.
- Die krasse finanzielle Überforderung lässt widerleglich vermuten, dass die Bank die emotionale Verbundenheit der Eltern sittenwidrig ausgenutzt hat.
- Indirekte Vorteile wie die Wohnnutzung gegen Mietzahlung sind für die Beurteilung als echter Mitdarlehensnehmer unerheblich.
- Vage Zusagen des Sohnes zur späteren Pflege begründen kein durchsetzbares Recht und keinen direkten Vorteil.
- Das Feststellungsinteresse der Kläger zur Leugnung von Ansprüchen der Bank ist gegeben.
Gericht erklärt Mithaftung überforderter Eltern für sittenwidrig
Eltern übernehmen oft die Mithaftung für Darlehensverträge ihrer Kinder, um ihnen den Einstieg ins Erwachsenenleben zu erleichtern. Dabei spielen nicht nur finanzielle, sondern auch emotionale Aspekte eine wichtige Rolle. Allerdings kann eine solche Mithaftung rechtlich komplexe Folgen haben und sogar als sittenwidrig eingestuft werden, wenn die Eltern damit finanziell überfordert werden. In solchen Fällen kann die Bank verpflichtet sein, die Eltern von der Haftung zu entbinden. Ob eine Mithaftung zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und erfordert eine sorgfältige Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Im Folgenden soll ein aktuelles Gerichtsurteil zu diesem Thema näher beleuchtet werden.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Potsdam
Mithaftung der Eltern für Darlehensverträge des Sohnes

Am 12. Juli 2023 hat das Landgericht Potsdam unter dem Aktenzeichen 8 O 181/22 ein bedeutendes Urteil gefällt, das sich mit der Mithaftung von Eltern für die Darlehensverträge ihres Sohnes befasst. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Klage der Eltern von S. H. gegen die DSL-Bank. Die Kläger, ein Ehepaar im Rentenalter, hatten zusammen mit ihrem Sohn zwei Darlehensverträge am 28. November 2014 abgeschlossen. Diese Darlehen dienten der Finanzierung eines Hauskaufs durch den Sohn. Der Sohn versprach seinen Eltern im Gegenzug, dass sie in seinem Haus gegen Zahlung einer Miete wohnen könnten und dass er sich im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit um sie kümmern würde.
Die Darlehensverträge sahen eine Rückzahlung über 15 bzw. 47 Jahre vor, wobei die monatlichen Raten von 444,08 € und 188,35 € allein vom Sohn gezahlt wurden. Am 13. Januar 2015 unterzeichnete S. H. den Kaufvertrag für das Haus in Nauen und am 2. Februar 2015 die Sicherungserklärung zu einer Grundschuld von 139.500 €. Seine Eltern genehmigten diese Sicherungsvereinbarung am 24. Februar 2015 und übernahmen die persönliche Haftung für die Grundschuld.
Im Jahr 2020 überschieb S. H. das Haus auf seine spätere Alleinerbin N. H., ohne die Kläger zu informieren. Nach dem Tod ihres Sohnes im Jahr 2021 verlangten die Eltern eine Haftentlassung von der Bank, die jedoch nur gegen Vorfälligkeitsentschädigung möglich gewesen wäre. Die Kläger waren finanziell stark eingeschränkt, bezogen lediglich Renten und ein geringes Zusatzeinkommen aus einem Minijob. Sie behaupteten, sie seien von ihrem Sohn nur als Bürgen in die Darlehensverträge eingebunden worden und hätten erst nach seinem Tod erfahren, dass sie als voll haftende Darlehensnehmer eingetragen waren.
Gerichtliche Entscheidung und Begründung
Das Landgericht Potsdam entschied zugunsten der Kläger und stellte fest, dass der Beklagten, der DSL-Bank, keine Ansprüche aus den Darlehensverträgen gegen die Kläger zustehen. Die Beklagte wurde zudem zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.855,92 € verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Gericht sah die Kläger als finanziell krass überfordert an und erklärte ihre Mithaftung für sittenwidrig gemäß § 138 BGB. Entscheidender Punkt war das erhebliche Missverhältnis zwischen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kläger und dem Umfang ihrer Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen. Die Kläger konnten weder die Zinslast noch die Tilgungsraten aus ihrem Einkommen bestreiten, sodass die Vermutung nahe lag, dass sie die ruinöse Mithaftung aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Sohn eingegangen waren.
Bewertung der finanziellen Überforderung
Das Gericht führte aus, dass die Kläger finanziell stark eingeschränkt waren. Der Pfändungsfreibetrag lag im November 2014 bei 1.045,04 €, während die Kläger ein monatliches Einkommen von 1.150,53 € (Rente) und zusätzliche Einkünfte von 400,00 € aus einem Minijob hatten. Somit verfügten sie über ein Einkommen von 505,49 € über dem Pfändungsfreibetrag. Zieht man davon die monatlichen Darlehenszinsen von 456,33 € ab, verblieben den Klägern lediglich 49,16 €, um die restlichen Lebenshaltungskosten zu decken, was die finanzielle Überforderung deutlich macht.
Auch die mietvertragliche Vereinbarung, wonach die Eltern eine Miete von 532,00 € zahlen sollten, stellte keinen geldwerten Vorteil dar, der ihre Mithaftung rechtfertigen würde. Das Gericht betonte, dass ein bloßes Mitbewohnen des Hauses keinen direkten finanziellen Vorteil darstellt, der eine erhebliche finanzielle Verpflichtung ausgleichen könnte.
Rechtsfolgen und Bedeutung der Mithaftung
Das Gericht folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Grundsätze der Sittenwidrigkeit nicht nur auf Bürgschaften, sondern auch auf die Mithaftung bei Darlehensverträgen Anwendung finden. Hierbei kommt es entscheidend auf das Missverhältnis zwischen der Verpflichtung und der finanziellen Leistungsfähigkeit der Haftenden an. Im vorliegenden Fall war dieses Missverhältnis so gravierend, dass die Kläger die Darlehensverträge nur aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Sohn unterzeichnet haben konnten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass die Bank nicht durch die bloße Bezeichnung der Kläger als „Mitdarlehensnehmer“ in den Verträgen deren tatsächliche Stellung beeinflussen konnte. Entscheidend war, dass die Kläger keine eigene Entscheidungsgewalt über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensmittel hatten und somit nicht als echte Darlehensnehmer anzusehen waren.
Die Entscheidung verdeutlicht die Risiken und rechtlichen Grenzen der Mithaftung von Familienangehörigen bei Darlehensverträgen und unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit und der tatsächlichen Rolle der Mithaftenden.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil bekräftigt, dass eine Mithaftung von Familienangehörigen für Darlehensverträge als sittenwidrig einzustufen ist, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Haftenden und dem Umfang ihrer Verpflichtungen besteht. Entscheidend sind die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Rolle der Mithaftenden, unabhängig von der formalen Bezeichnung im Vertrag. Das Urteil mahnt zu einer sorgfältigen Prüfung der Risiken und Grenzen einer solchen Mithaftung.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Mithaftung von Eltern bei Darlehensverträgen ihrer Kinder
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Mithaftung bei Darlehensverträgen als sittenwidrig eingestuft wird?
Damit eine Mithaftung bei Darlehensverträgen als sittenwidrig eingestuft wird, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein zentrales Kriterium ist die krasse finanzielle Überforderung des Mithaftenden. Dies liegt vor, wenn der Mithaftende die Zinslast aus eigenem Einkommen nicht tragen kann, etwa weil er gar nicht oder nur geringfügig beruflich beschäftigt ist. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die emotionale Verbundenheit des Mithaftenden zum Hauptschuldner. Wenn der Mithaftende die Verpflichtung allein aus emotionaler Verbundenheit eingeht und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausnutzt, kann dies zur Sittenwidrigkeit führen.
Zusätzliche Umstände, die die Sittenwidrigkeit begründen können, sind die Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Mithaftenden, etwa durch die Darstellung der Mithaftung als „reine Formsache“ oder die Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit oder einer seelischen Zwangslage des Mithaftenden.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat diese Kriterien in mehreren Urteilen bestätigt. Beispielsweise hat der BGH in seiner Entscheidung XI ZR 32/16 vom 15.11.2016 klargestellt, dass eine Mithaftung sittenwidrig ist, wenn der Mithaftende finanziell krass überfordert ist und der Kreditgeber die emotionale Verbundenheit des Mithaftenden zum Hauptschuldner ausnutzt.
Welche Rolle spielt die formale Bezeichnung als „Mitdarlehensnehmer“ im Vertrag für die rechtliche Bewertung der Mithaftung?
Die formale Bezeichnung als „Mitdarlehensnehmer“ im Vertrag spielt für die rechtliche Bewertung der Mithaftung eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Umstände und die Interessenlage der Vertragspartner. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass die Bezeichnung im Darlehensvertrag ohne rechtliche Bedeutung ist, wenn die tatsächlichen Verhältnisse eine andere Bewertung nahelegen.
Ein Mitdarlehensnehmer ist nur derjenige, der ein eigenes sachliches und persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat und gleichberechtigt über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf. Dies bedeutet, dass der Mitdarlehensnehmer nicht nur formal im Vertrag genannt wird, sondern auch tatsächlich die Rechte und Pflichten eines Darlehensnehmers wahrnimmt. Ein Anhaltspunkt kann beispielsweise sein, ob der Mithaftende bei einer Immobilienfinanzierung als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
Im Gegensatz dazu steht der Mithaftende, der lediglich zur Sicherung des Kredits herangezogen wird und keine Entscheidungsgewalt über die Darlehensmittel hat. In solchen Fällen wird die Mithaftung oft als sittenwidrig eingestuft, insbesondere wenn der Mithaftende finanziell überfordert ist und die Verpflichtung allein aus emotionaler Verbundenheit eingegangen ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung XI ZR 32/16 vom 15.11.2016 bekräftigt, dass die Sittenwidrigkeit der Mithaftung vorliegt, wenn der Mithaftende die Zinslast aus eigenem Einkommen nicht tragen kann und der Kreditgeber die emotionale Verbundenheit des Mithaftenden zum Hauptschuldner ausnutzt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die formale Bezeichnung als „Mitdarlehensnehmer“ im Vertrag nicht ausschlaggebend ist. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände, insbesondere die fehlende Entscheidungsgewalt über die Darlehensmittel und die finanzielle Überforderung des Mithaftenden.
Welche finanziellen Faktoren werden bei der Bewertung einer möglichen Überforderung der Mithaftenden berücksichtigt?
Bei der Bewertung einer möglichen finanziellen Überforderung der Mithaftenden werden mehrere Faktoren berücksichtigt. Zunächst spielt das Nettoeinkommen eine zentrale Rolle. Das Nettoeinkommen ist der Betrag, der nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben vom Bruttoeinkommen übrig bleibt. Es dient als Basis für die Berechnung des pfändbaren Einkommens.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Pfändungsfreibetrag, der sicherstellt, dass dem Schuldner ein Existenzminimum verbleibt. Dieser Freibetrag variiert je nach Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen. Für eine alleinstehende Person ohne Unterhaltspflichten liegt der Freibetrag aktuell bei 1.409,99 Euro monatlich. Wenn der Schuldner Unterhaltspflichten hat, erhöht sich dieser Betrag entsprechend der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen.
Die Höhe der Darlehenszinsen ist ebenfalls ein entscheidender Faktor. Hohe Zinsen können die finanzielle Belastung erheblich erhöhen und somit das Risiko einer Überforderung steigern.
Schließlich müssen die verbleibenden Mittel zur Deckung der Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden. Nach Abzug der pfändbaren Beträge und der Darlehenszinsen muss ausreichend Geld übrig bleiben, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken. Dies umfasst Ausgaben für Miete, Lebensmittel, Versicherungen und andere notwendige Ausgaben.
Diese Faktoren zusammen bestimmen, ob eine finanzielle Überforderung der Mithaftenden vorliegt. Eine sorgfältige Prüfung dieser Aspekte ist notwendig, um sicherzustellen, dass die Mithaftenden nicht in eine untragbare finanzielle Situation geraten.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 138 BGB: Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften. Im vorliegenden Fall wurde die Mithaftung der Kläger für die Darlehensverträge als sittenwidrig nach § 138 BGB eingestuft, da sie finanziell krass überfordert waren und die Bank dies ausgenutzt hat.
- BGH-Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit: Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften und Mithaftungen, insbesondere das Urteil vom 25.01.2005 (Az.: XI ZR 325/03), das besagt, dass krasse finanzielle Überforderung regelmäßig zur Sittenwidrigkeit führt.
- §§ 269, 270 BGB: Bestimmung des Erfüllungsortes. Für die negative Feststellungsklage war der Erfüllungsort der Wohnsitz der Kläger, da ihre Zahlungsverpflichtung im Mittelpunkt stand.
- § 256 ZPO: Feststellungsinteresse. Die Kläger hatten ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung, dass die Bank keine Ansprüche gegen sie hat.
- § 91 ZPO: Kostenentscheidung. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, da sie unterlegen ist.
- § 709 ZPO: Vorläufige Vollstreckbarkeit. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
- §§ 241 Abs. 2, 280 BGB: Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Die Kläger haben Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aufgrund der Pflichtverletzung der Beklagten.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Potsdam
LG Potsdam – Az.: 8 O 181/22 – Urteil vom 12.07.2023
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 28. November 2014 zu den Darlehensnummern 73…2 und 73…0 keine Ansprüche gegen die Kläger zustehen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.855,92 € zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger schlossen am 28. November 2014 zusammen mit ihrem Sohn S. H. zwei Darlehensverträge mit der DSL-Bank. Der Darlehensnennbetrag des einen Vertrages zur Kontonummer 73…012 betrug 139.500,00 €, der des anderen 20.000,00 € zur Kontonummer 73…004. Die DSL-Bank war bis zum Jahr 2000 in staatlichem Besitz, gehörte dann zur Deutschen Postbank AG und ist heute eine Niederlassung der Deutsche Bank AG. Zweck der Verträge war die Finanzierung eines Hauskaufes durch den Sohn S. H.. Dieser hatte seinen Eltern versprochen, sie in seinem Haus gegen Zahlung einer Miete wohnen zu lassen, sowie sich um sie zu kümmern, wenn sie pflegebedürftig werden sollten. Am 15.09.2014 schrieben S. H. und seine Schwester P. L. an die Beklagte bzw. ihren Vermittler Herrn G. u.a.:
„Mein Bruder möchte das Objekt DHH in Nauen allein erwerben. Wohnen würde er dann oben mit seiner Tochter (C., gemeinsames Sorgerecht – 14 Tage bei Ihr, 14 Tage bei Ihm) ist realistisch, siehe Objektbeschreibung und die untere Etage würden meine Eltern bewohnen (Mietsvertrag). Bezugsfähig ist die DDH ab 1. November 2014.“
Die Annuitätendarlehen sahen eine Rückzahlung in einem Zeitraum von 15 Jahren für das kleine und von über 47 Jahren für das große Darlehen vor. Die vereinbarten monatlichen Raten betrugen 444,08 € und 188,35 €. In den Darlehensverträgen ist allein das Konto des Herrn S. H. in Bezug auf die Ratenzahlung benannt und dieser zahlte die Raten auch allein. Am 13.01.2015 schloss, wie von ihm und den Klägern von Anfang an geplant und vereinbart, S. H. allein den Kaufvertrag über das Objekt F.straße … in Nauen. Auf Veranlassung der Beklagten begab sich S. H. desweiteren am 02.02.2015 zum Notariat K.-S. in Berlin und unterzeichnete die Sicherungserklärung zu einer Grundschuld in Höhe von 139.500,00 Euro. Am 24. Februar 2015 genehmigten die Kläger die Sicherungsvereinbarung. Sie übernahmen die persönliche Haftung für die Grundschuld. Am 1. Mai 2015 unterzeichneten die Kläger mit S. H. einen Mietvertrag über eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses. Dieser ist als Anlage K 16 zur Akte gelangt. Der Mietvertrag begann am 02.08.2015 und lief auf unbestimmte Zeit. Die Miete für die 70 qm2 große Wohnfläche im Erdgeschoss betrug 392,00 Euro. Zzgl.140,00 Euro Betriebskostenvorschuss waren insgesamt mithin 532,00 Euro zu zahlen. Inwieweit die Miete tatsächlich gezahlt wurde ist ebenso umstritten wie die Zahlung der vereinbarten Mietsicherheit in Höhe von 800,00 Euro. Unter § 27 „Sonstige Vereinbarungen“ ist festgehalten, dass die Kläger ein lebenslanges Wohnrecht in der Wohnung haben (vgl. Anlage K 16, Bl. 72 Anlagenheft Kläger). Im Jahr 2020 überschrieb S. H. das Haus auf seine Frau, seine spätere Alleinerbin N. H., schenkweise, ohne die Kläger darüber zu informieren. S. H. starb am 18.06.2021. Die Beklagte lehnte die Bitte der Kläger auf Haftentlassung ab, eine Ablösung sei nur gegen Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
Der Kläger war bei Abschluss der Verträge am 28.11.2014 66 Jahre alt, die Klägerin war 68. Die Kläger bezogen Renten in Höhe von 1.150,58 € und 885,71 € und der Kläger arbeitete zusätzlich im Rahmen eines Minijobs mit einer Vergütung von monatlich 400,00 €. Sonstige Einkünfte oder irgendwelches Vermögen besaßen und besitzen die Kläger nicht.
Die Kläger behaupten, Zweck der Darlehensverträge sei die Finanzierung eines Hauskaufes durch den Sohn S. gewesen. S. H. habe seine Eltern, die Kläger, gebeten, ihnen bei den Verhandlungen mit dem Finanzvermittler Herrn G. beizustehen. Sie hätten für die Finanzierung Bürgschaften übernehmen sollen, ihnen könne als Bürgen finanziell nichts passieren. S. H. könne den Kredit für das Haus sicher und allein mit der Miete von den Mietern/Eltern bezahlen, allerdings müssten die Eltern eben als zusätzliche Personen und Bürgen unterschreiben, dann hätte die Bank kein Problem und er könne sich das Haus kaufen. Die Kläger seien zu keiner Zeit ordnungsgemäß darüber informiert worden, welche vertraglichen Pflichten sie eingingen. Selbst nach dem Unterschriftstermin am 28.11.2014 hätten sie jahrelang geglaubt, lediglich Bürgen zu sein und erst nach dem Tod ihres Sohnes sei ihnen klar geworden, dass sie als Darlehensnehmer mit voller persönlicher Haftung eingebunden gewesen seien. Mit der Rückzahlung der Kredite seien sie jedoch von Anfang an, wie für die Beklagte auch ersichtlich, krass finanziell überfordert gewesen, so dass ihre Mithaft sittenwidrig sei.
Die Kläger beantragen, wie erkannt
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass die Kläger als „echte“ Darlehensnehmer und nicht als bloße Mithaftende anzusehen seien, so dass eine Sittenwidrigkeit nicht in Betracht käme. Die Kläger seien in den Darlehensverträgen ausdrücklich als Darlehensnehmer bezeichnet und hätten zudem beim Notar als „Kreditnehmer“ die persönliche Haftung für die Grundschuld erklärt, ohne dass sie durch die Beklagte hierzu gedrängt worden seien. Bei Abgabe ihrer Vertragserklärungen sei mithin unabhängig von den Erklärungen des S. H. offenkundig gewesen, dass sie Darlehensverträge abgeschlossen hätten und keine Bürgschaftsverträge. Die Kläger hätten die streitgegenständlichen Darlehensverträge gemeinsam und gleichberechtigt mit ihrem Sohn unterzeichnet. Die Kläger seien zudem ebenso auch an den vorangegangenen Vertragsverhandlungen maßgeblich beteiligt gewesen. Die Verwendung der Darlehensvaluta für den Erwerb einer Immobilie habe dem gemeinsamen Wunsch entsprochen. Die Kläger hätten an der Darlehensgewährung insoweit ein ganz erhebliches persönliches Eigeninteresse gehabt, nachdem von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, dass auch sie in die finanzierte Immobilie einziehen und der Sohn sich um sie kümmern solle. Sie hätten ein Wohnrecht ebenso erhalten wie die häusliche Pflege ohne ihrerseits Schenkungs- oder Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Dieser Wunsch sei der Beklagten gegenüber auch entsprechend kommuniziert worden. Zudem sei die Miethöhe weder ortsüblich noch tatsächlich gezahlt worden. Selbst bei Annahme einer bloßen Mithaftung lägen zudem die Voraussetzungen einer krassen finanziellen Überforderung nicht vor. Die monatliche Zinsbelastung für die beiden streitgegenständlichen Darlehen betrüge EUR 456,32 (EUR 327,82 + EUR 128,50). Der monatliche Pfändungsfreibetrag habe bei Vertragsabschluss EUR 1.045,04 betragen. Der Kläger zu 2) habe die monatliche Zinsbelastung daher aus dem pfändbaren Teil seines Einkommen – hier EUR 505,49 – aufbringen können. Jedenfalls sei die tatsächliche Vermutung für ein sittenwidriges Ausnutzen der Kläger durch deren Eigeninteresse an der Finanzierung wiederlegt. Letztlich habe der klägerische Prozessbevollmächtigte auch weder ein außergerichtliches Mandat gehabt noch hätten die Kläger diesbezügliche Zahlungen geleistet.
Für die weiteren Einzelheiten der widerstreitenden Parteivorträge wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zunächst zulässig.
Das Gericht ist örtlich und sachlich zuständig. Der Klageantrag zu 1) beinhaltet eine negative Feststellungsklage, mit der Erfüllungsansprüche der Beklagten auf Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen geleugnet werden sollen. Bei einer solchen negativen Feststellungsklage richtet sich die örtliche Zuständigkeit „spiegelbildlich“ nach der Leistungsklage umgekehrten Rubrums und dem für eine solche Leistungsklage maßgeblichen Erfüllungsort nach den §§ 269, 270 BGB. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist die Verpflichtung der Kläger maßgeblich, deren Nichtbestehen sie richterlich festgestellt wissen wollen. Ausschlaggebend ist mithin die Zahlungsverpflichtung der Kläger und Darlehensnehmer. Hierfür ist Erfüllungsort der Wohnsitz der Kläger. Für die negative Feststellungsklage von Darlehensnehmern gegen die den Kredit gewährende Bank ist mithin der Wohnsitz des Darlehensnehmers für die örtliche Zuständigkeit ausschlaggebend. Die Kläger wohnen im Landgerichtsbezirk Potsdam. Das Feststellungsinteresse folgt aus § 256 ZPO, nachdem die Beklagte zu erkennen gegeben hat und gibt, aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen Zahlungsansprüche gegen die Kläger geltend machen zu wollen.
II.
Die Klage ist auch begründet. Die Kläger waren bei Vertragsabschluss mit der Darlehenshaftung finanziell krass überfordert, so dass sich ihre Mithaftung aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen als sittenwidrig und damit nach § 138 BGB als unwirksam darstellen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- und Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab. Zwar reicht selbst der Umstand, dass der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2005, Az.: XI ZR 325/03).
Entgegen der Auffassung der Beklagten findet die vorgenannte Rechtsprechung im Vorliegenden Anwendung. Denn die Grundsätze der sogenannten „Bürgschaftsrechtsprechung“ gelten nicht nur für Bürgschaften, sondern auch für die Mithaftung für Darlehensverträge (BGH, Urteil vom 15. November 2016 – XI ZR 32/16 m.w.N.; BGH, Urteil vom 5. November 1996, Az.: XI ZR 274/95). Die Grundsätze der Sittenwidrigkeit von Haftungsübernahmen sind nicht auf bestimmte Verwandtschaftsbeziehungen beschränkt, wie Kinder und Ehegatten, sondern erfassen auch die Eltern eines Hauptschuldners (BGH, Urteil vom 26. April 2001, Az.: IX ZR 337/98).
Bei den Klägern handelt es sich lediglich um Mithaftende. Die Kläger sind in den Verträgen zwar als Mitdarlehensnehmer bezeichnet. Jedoch ist nicht die Bezeichnung entscheidend.
Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes – sachliches und/oder persönliches Interesse – an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (vgl.BGH, Urteil vom 06.10.1998, Az.: XI ZR 244/97). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen auf Seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. „Mitdarlehensnehmer“, „Mitantragsteller“, „Mitschuldner“ oder dergleichen einen bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (BGH, Urteil vom 04.12.2001, Az. XI ZR 56/01). Zur Abgrenzung „echter“ von lediglich „unechten“ Darlehensnehmern reichen zudem mittelbare Vorteile des haftenden Darlehensnehmers oder Bürgen nicht aus. Es muss sich vielmehr um einen direkten rechtlichen Vorteil handeln (Schimanski und andere Bankrechtshandbuch, 3. Auflage § 98 Rdnr. 238; Kammergericht, Urteil vom 04.06.2002, Az.: 4 U 124/01; OLG Dresden, Beschluss vom 17.07.2006, Az.: 12 W 769/06; BGH, Urteil vom 16.06.2009, Az.: XI ZR 539/07).
Ein solcher unmittelbarer Vorteil ist im Vorliegenden nicht in dem Umstand begründet, dass die Kläger mit ihrem Sohn einen Mietvertrag abgeschlossen hatten und das finanzierte Objekt somit ebenfalls nutzen wollten. Denn hierin liegt gerade kein „unmittelbarer und ins Gewicht fallender geldwerter Vorteil“ durch den Abschluss der Darlehensverträge. Das bloße Mitbewohnen eines gekauften Hauses stellt keinen Vorteil dar, der vernünftigerweise eine hoffnungslose Überschuldung ausgleichen könnte. Dies gilt hier umso mehr, als die Kläger durch die mietvertragliche Vereinbarung mit ihrem Sohn auch schuldrechtlich zu ortsüblichen Mietzahlung in Höhe von 532,00 Euro monatlich verpflichtet waren. Inwieweit tatsächlich Mietzahlungen erfolgten – was die Beklagte bestreitet – erweist sich als irrelevant, da sich zum einen die diesbezügliche schuldrechtliche Verpflichtung aus der Anlage K 16 ergibt. Zum andern stellt sich die entgeltliche Mitnutzung einer Immobilie auf der Grundlage eines Mietvertrages in keinem Fall als geldwerter direkter Vorteil der Darlehensübernahme dar.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Mietvertrag vorgesehen Wohnrecht, nachdem es sich unstreitig um eine lediglich schuldrechtliche Vereinbarung und gerade nicht um ein im Grundbuch eingetragenes dingliches Wohnrecht handelte. Alleineigentümer der finanzierten Immobilie war allein S. H., der Sohn der Kläger.
Ein Eigeninteresse wird auch nicht durch die Hoffnung der Haftenden begründet, in Zukunft vielleicht einmal von dem Eigentümer gepflegt zu werden. Denn auch insoweit fehlt es an einem direkten, geldwerten Vorteil durch die Kreditvergabe, dies abgesehen davon, dass insoweit eine vage Zusage und keine entsprechend, durchsetzbare Verpflichtung des Sohnes im Raum stand.
Gegen eine Mitdarlehensnehmerschaft der Kläger spricht letztlich auch der Umstand, dass ihr Sohn das Darlehen allein bedient hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 2004 – XI ZR 114/03).
Darüberhinaus waren die Kläger nach der somit anwendbaren „Sittenwidrigkeitsrechtsprechung“ auch finanziell krass überfordert. Eine solche finanzielle Überforderung liegt vor, wenn die Verbindlichkeit, für die der Bürge oder Mithaftende einstehen soll, so hoch ist, dass bereits bei Vertragsschluss nicht zu erwarten ist, er werde – wenn sich das Risiko verwirklicht – die Forderung des Gläubigers wenigstens zu wesentlichen Teilen tilgen können (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 – IX ZR 257/97). Davon ist bei nicht ganz geringfügigen Hauptschulden jedenfalls dann auszugehen, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen der Hauptschuld aufzubringen vermag.
Die Zinslast aus den beiden Darlehen beträgt im Vorliegenden unstreitig 456,33 €. Der Pfändungsfreibetrag lag im November 2014 bei 1.045,04 €. Bei einem monatlichen Einkommen von 1.150,53 Euro (Rente), zuzüglich Einkünften aus einem Minijob in Höhe von 400, 00 Euro, wie es der Kläger gegenüber der Beklagten in 2014 angegeben hatte, hat er grundsätzlich monatlich 505,49 Euro über dem Pfändungsfreibetrag zur Verfügung (1.550,53 Euro abzüglich 1.045,04 Euro). Vermögen hatte der Kläger nicht. Der Kläger ist allerdings gegenüber seiner Frau, der Klägerin, unterhaltspflichtig. Das Einkommen der Klägerin liegt bzw. lag unter der Pfändungsfreigrenze. Zieht man vom pfändungsfreien Einkommen des Klägers in Höhe von 505,49 Euro nun 393,30 € ab, konnte er bei Vertragsschluss mit einem verfügbaren Einkommen von 112,00 Euro die Darlehenszinsen nicht bedienen. Die Klägerin besitzt kein Vermögen und ihr monatlich verfügbares Einkommen lag mit 885,71 € unter dem Pfändungsfreibetrag, so dass sie ebenfalls nicht zum Ausgleich der anfallenden Darlehenszinsen in der Lage war.
Die nach alledem begründete Vermutung, dass die Kläger als Eltern des S. H. die Kreditverträge lediglich aus emotionaler Verbundenheit unterzeichnet haben, ist letztlich auch nicht widerlegt. Auch wenn ein Kreditinstitut der Gefahr vorbeugen wollte, dass der echte Darlehensnehmer Vermögenswerte auf Angehörige überträgt und somit dem Einflussbereich des Kreditinstituts entzieht, kann dies als berechtigtes Interesse und Ausschlussgrund für die Sittenwidrigkeit nicht herangezogen werden (BGH-Urteil v. 14.11.2000, Az.: XI ZR 248/99).
Die streitgegenständlichen Darlehensverträge verstoßen folglich im Hinblick auf die Klägerin und auf den Kläger gegen § 138 BGB und sind daher im Verhältnis zu beiden unwirksam, was im Tenor zu 1) festzustellen war.
Die Berechtigung zur Einforderung der angefallenen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 241Abs. 2, 280 BGB, nachdem das Bestreiten der Beklagtenseite im Hinblick auf den Ausgleich der diesbezüglichen Rechnung des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.08.2021 ersichtlich ebenso ins Blaue hinein erfolgte wie dasjenige der Mandatierung der Klägervertreter.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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