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Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten bei Kreuzungsunfall

LG München I – Az.: 17 O 20308/16 – Urteil vom 03.08.2018

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin weitere 869,11 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 720,16 Euro seit dem 20.09.2016 und aus 148,95 Euro seit dem 23.11.2016 zu zahlen.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kfz-Sachverständigenbüro B., …straße …, … München, gemäß Rechnung Nr. Hbl1614048 vom 12.07.2016 in Höhe von noch 76,40 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 83 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch 17 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.446,22 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über weitere Schadensersatzansprüche aus einem Unfall vom 03.07.2016 in I. auf der R.straße/C.straße.

Unfallbeteiligt waren die Klägerin mit dem Fahrzeug Nissan X-Trail, amtliches Kennzeichen R…, und die Beklagte 1) mit dem bei der Beklagten 3) haftpflichtversicherten Fahrzeug Mercedes E 280 CDI, amtliches Kennzeichen M…, des Beklagten 2).

Die Klägerin fuhr aus der R.straße kommend in den Kreuzungsbereich zur C.straße, während die Beklagte 1) aus der C.straße in die Kreuzung einfuhr. An der Einmündung der C.straße zur R.straße ist die Vorfahrt nicht durch Verkehrszeichen besonders geregelt; es gilt daher „rechts vor links“. Zu zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Umständen kam es im Kreuzungsbereich zur Kollision der Parteifahrzeuge.

Die Klägerin behauptet:

Sie habe zunächst circa 100 m vor der Kreuzung am rechten Straßenrand angehalten und sei sodann in den Kreuzungsbereich eingefahren. Die Beklagte 1) habe beim Einfahren in die R.straße die von rechts herannahende Klägerin übersehen.

Infolge des Unfalls sei ihr ein Gesamtschaden in Höhe von 16.420,89 Euro entstanden. Hierauf hat die Beklagtenseite unter Berücksichtigung einer 25 %-igen Mithaftung der Klägerin einen Betrag von insgesamt 10.974,67 Euro gezahlt.

……………………..

Die Klägerin hat zunächst Zahlung der Sachverständigenkosten an sich selbst begehrt, im weiteren Verlauf (Schriftsatz vom 24.02.2017) insoweit jedoch Freistellung von ihrer diesbezüglichen Zahlungsverpflichtung beantragt.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt:

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 4.840,15 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 22.08.2016 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kfz-Sachverständigenbüro B., …str., … München, gemäß Rechnung Nr. HBI1614048 vom 12.07.2016 in Höhe von noch 606,06 Euro freizustellen.

III. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an die Rechtsanwälte S-R-S, …-Str., …, in Höhe von noch 142,32 Euro freizustellen.

Die Beklagten beantragen: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten:

Die Beklagte 1) habe vor der Kreuzung abgebremst und nach rechts geblickt. Sie habe kein Fahrzeug sehen können und sei deshalb mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren. Als das Beklagtenfahrzeug mit Schrittgeschwindigkeit mitten in der Kreuzung gewesen sei, sei das Klägerfahrzeug ungebremst mit diesem kollidiert. Das Klägerfahrzeug habe zuvor direkt hinter einem unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich geparkten Taxi angehalten und sei sodann mittig bis linksorientiert in den Kreuzungsbereich eingefahren.

Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert.

Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten bei Kreuzungsunfall
(Symbolfoto: Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Die Beklagten bestreiten ferner die Höhe des klägerseits geltend gemachten Reparaturaufwands. Die erforderlichen Reparaturkosten würden sich nur auf 8.981,70 Euro belaufen. Es könne zudem nicht die für die Ersatzbeschaffung angefallenen 3.346,97 Euro Umsatzsteuer verlangt werden, sondern lediglich die sich im Falle einer Reparatur ergebende Umsatzsteuer in Höhe von 1.888,01 Euro.

Die Beklagten bestreiten außerdem die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten. Sie bestreiten auch, dass die Klagepartei die Sachverständigenkosten bezahlt habe. Die geltend gemachten Beträge seien zudem unangemessen überhöht und nicht ortsüblich.

Desweiteren seien auch die beanspruchten Mietwagenkosten überhöht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch informatorische Anhörung der Klägerin und der Beklagten 1). Es hat überdies die Zeugen S, H. und P. uneidlich vernommen. Ferner hat es ein Sachverständigengutachten zum Unfallhergang erholt, welches am 15.03.2018 schriftlich ergänzt wurde.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Verhandlungsprotokoll der Sitzung vom 16.01.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Der Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von weiteren 945,51 Euro zuzüglich Nebenforderung.

1.

Die gemäß §§ 7, 17 und 18 StVG durchgeführte Überprüfung der Verursachungsbeiträge, die zu dem Verkehrsunfall geführt haben, ergibt eine Haftungsverteilung von 75 % zu 25 % zulasten der Beklagtenpartei.

Das Gericht konnte sich nach der durchgeführten Beweisaufnahme somit nicht von einer vollen Haftung der Beklagtenseite dem Grunde nach überzeugen. Es geht vielmehr auch von einer Mithaftung der Klageseite aus.

a)

Die Klägerin gab an, sie habe etwa 100 m oder 150 m vor der Kreuzung angehalten, weil ihr eine Flasche hinunter gefallen sei. Sodann sei sie mit 15 oder 20 km/h zur Kreuzung gefahren und dort nochmal stehen geblieben, wobei sie in beide Richtungen geschaut und nichts gesehen habe; aus diesem Grund sei sie losgefahren. Dann habe es auch schon geknallt.

b)

Demgegenüber gab die Beklagte 1) an, sie sei auf die Kreuzung zugerollt, da sich dort ein Fahrzeug befunden habe, das ihr die Sicht versperrt habe. Als sie in die Kreuzung gefahren sei, habe sie das klägerische Fahrzeug erstmalig gesehen. Sie habe nicht beobachtet, dass dieses etwa vom Rand angefahren sei.

c)

Der Zeuge S. berichtete, dass er mit seinem Fahrzeug bereits längere Zeit in der R.straße vor dem Kreuzungsbereich gestanden sei. Er habe gesehen, dass die Klägerin in ihr Fahrzeug gestiegen sei, welches zwei oder drei Fahrzeuge hinter seinem eigenen gestanden sei. Sie sei sodann langsam auf die Kreuzung zugefahren. Ihr Kopf sei noch hin- und hergegangen, dann habe es auch schon „Peng“ gemacht. Das Beklagtenfahrzeug sei seiner Meinung nach schneller als 30 km/h gefahren.

d)

Der Zeuge H. schilderte, dass er zum Unfallzeitpunkt auf dem Balkon seiner Großmutter gestanden sei und eine Zigarette geraucht habe. Er habe von dort komplette Sicht auf die Kreuzung gehabt. Die Beklagte 1) habe seiner Meinung nach nicht an der Kreuzung gebremst; er denke, dass sie schneller als 30 km/h gefahren sei. Sie sei auf keinen Fall gerollt. Über das klägerische Fahrzeug könne er nicht viel sagen, da er dieses erst in den letzten Sekunden vor der Kollision wahrgenommen habe. Ob die Klägerin vor der Kreuzung noch angehalten habe, wisse er nicht.

e)

Der Zeuge P. gab an, die Beklagte 1), seine Ehefrau, sei langsam in die Kreuzung eingefahren. Auf jeden Fall sei sie weniger als 30 km/h gefahren. Sie habe auch nach links und rechts geschaut. Das klägerische Fahrzeug habe er erst mit der Kollision wahrgenommen.

f)

Der Sachverständige Dipl.-Ing. M. führte aus, dass das Beklagtenfahrzeug zum Kollisionszeitpunkt bereits 5,6 m in der Kreuzung zurückgelegt habe. Hingegen sei das klägerische Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt 1,4 m weit in den Kreuzungsbereich eingefahren gewesen. Für das klägerische Fahrzeug lasse sich eine Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich von 23 bis 27 km/h und für das Beklagtenfahrzeug eine solche von 8 bis 12 km/h feststellen.

Zum Zeitpunkt des Einfahrens des Beklagtenfahrzeuges in die Kreuzung sei das klägerische Fahrzeug noch 10,7 m bis 19,5 m vom Kollisionsort entfernt gewesen. Für die Beklagte 1) wäre das klägerische Fahrzeug in diesem Moment bereits vollständig zu sehen oder aber zumindest teilweise noch von dem Opel Zafira verdeckt gewesen.

Für die Klägerin wäre die drohende Vorfahrtsverletzung des Beklagtenfahrzeuges spätestens dann zu erkennen gewesen, als dieses mit der Front einen Meter in den Kreuzungsbereich eingefahren gewesen sei. Der Anhalteweg aus 8 km/h – im Falle eines Starts aus dem Stillstand – betrage nur 2,3 m und aus 27 km/h 10,3 m. In beiden Fällen wäre der Unfall für die Klägerin durch Beobachtung der Kreuzung immer zu vermeiden gewesen, wenn sie unmittelbar nach Erkennen des Einfahrens des Beklagtenfahrzeuges in die Kreuzung eine Vollbremsung eingeleitet hätte. Um den in die Kreuzung einfahrenden Beklagten-Pkw zu erkennen, hätte die Klägerin gerade nach vorne schauen müssen. Von rechts kommender Verkehr sei in einer Entfernung von 9,3 m zur Kreuzung festzustellen gewesen, sodass es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich gewesen sei, nach rechts zu schauen.

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In seiner ergänzenden Stellungnahme führte der Sachverständige aus, dass, da die Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges 23 bis 27 km/h betragen habe und dieses vom Einfahren in den Kreuzungsbereich bis zum Kollisionsort eine Wegstrecke von 1,4 m zurückgelegt habe, eine Beschleunigung in Höhe von 14,5 bis 20,0 m/s2 erforderlich gewesen sei. Die maximal mit dem Kläger-Pkw mögliche Anfahrbeschleunigung betrage jedoch allenfalls 4,0 m/s2.

g)

Der Sachverständige M. ist dem Gericht aus zahlreichen Verfahren als äußerst sorgfältiger und fachkundiger Gutachter bekannt. Er hat sämtliche ihm zur Verfügung stehende Anknüpfungstatsachen umfassend ausgewertet und das Gutachten nachvollziehbar und plausibel erstattet. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen daher vollumfänglich an und macht sich diese zu Eigen.

Aufgrund der Angaben des Sachverständigen ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht – wie behauptet – in Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren ist. Auch die Angabe, sie habe vor dem Kreuzungsbereich angehalten, hält das Gericht aufgrund der sachverständigen Ausführungen nicht für glaubhaft. Ebenso schenkt das Gericht der Angabe der Klägerin, sie habe, als sie vor der Kreuzung angehalten habe – was wie dargestellt technisch auszuschließen ist -, nach rechts und links geschaut, hierbei jedoch nichts gesehen, keinen Glauben. Denn zu diesem Zeitpunkt wäre das Beklagtenfahrzeug nach den Ausführungen des Sachverständigen auf jeden Fall zu erkennen gewesen.

Demgegenüber ist aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen von einer im Vergleich zum klägerischen Fahrzeug wesentlich geringeren Kollisionsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges auszugehen. Den anderslautenden Schilderungen der Zeugen S. und H. folgt das Gericht insoweit nicht.

h)

Zwar darf ein Vorfahrtberechtigter grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Ist die Vorfahrt an einer Kreuzung – wie vorliegend – nicht besonders geregelt, so stellt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, der sich dieser Kreuzung nähert, die Verkehrslage so dar, dass er zwar gegenüber dem von links kommenden vorfahrtberechtigt, gegenüber Verkehrsteilnehmern von rechts aber wartepflichtig ist. Um deren Vorfahrt beachten zu können, muss er, wie es § 8 Abs. 2 Satz 1 StVO vorschreibt, mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren und sich darauf einstellen, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann.

Vorliegend sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Entgegen des Vortrags der Klägerin hat diese vor dem Kreuzungsbereich gerade nicht angehalten und sich insbesondere auch nicht nach links vergewissert. Zwar war der Kreuzungsbereich nach rechts bereits frühzeitig – 9,3 m vor der Kreuzung – gut einsehbar, sodass die Klägerin von rechts nahenden vorfahrtsberechtigten Verkehr ausschließen konnte. Es besteht auch selbstverständlich bei Kreuzungen mit Rechts-vor-links-Regelung keine Verpflichtung der Kraftfahrer anzuhalten, um auch auf denkbare Vorfahrtsverletzungen von nicht bevorrechtigten Kraftfahrzeugen achten zu können. Dies verkennt das Gericht nicht.

Im vorliegenden Fall ist aber zu sehen, dass die Klägerin, obgleich sie bereits erkennen konnte, dass von rechts kein Verkehr kommen würde und sie mithin nicht mehr gezwungen war, wegen der Regelung „rechts vor links“ nach rechts zu schauen, weiterhin nur nach rechts blickte und beim Herannahen an den Kreuzungsbereich nicht einmal geradeaus sah. Denn andernfalls hätte sie das Beklagtenfahrzeug ohne Weiteres sehen und die Kollision vermeiden können. Dies begründet aus Sicht des Gerichts einen Verstoß gegen § 1 StVO.

Der somit dem Grunde nach zu bejahende Ersatzanspruch der Klägerin reduziert sich daher im Rahmen der nach §§ 17, 18 StVG durchzuführenden Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles um 25 %. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles hält es das Gericht auch nicht für angemessen und gerechtfertigt, die vom Fahrzeug des Klägerin ausgehende Betriebsgefahr als so gering zu bewerten, dass sie gegenüber dem von den Beklagten vertretenden Verursachungs- und Verschuldensanteil völlig zurücktritt.

2.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihre Eigentümerstellung an dem klägerischen Fahrzeug wurde zur Überzeugung des Gerichts durch Vorlage der Bestätigung über die „Verbindliche Fahrzeugbestellung“ (Anlage K 11) nachgewiesen.

a)

In Bezug auf die der Höhe nach unstreitigen Schadenspositionen Wertminderung, Kosten für die Hebebühne und Standgebühren hat die Klägerin, nachdem die Beklagten hierauf bereits 75 % geleistet haben, keinen weiteren Anspruch mehr.

b)

Hinsichtlich der geltend gemachten Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro – dieser Betrag entspricht der Rechtsprechung der Münchner Verkehrsgerichte – stehen der Klägerin weitere 3,75 Euro zu.

c)

Die Klägerin kann ferner 75 % der geltend gemachten Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 9.936,90 Euro, somit in Höhe von 7.452,68 Euro,und nach Abzug der geleisteten 6.736,27 Euro von weiteren 716,41 Euro verlangen.

Die Beklagtenseite kann sich insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, dass sich die erforderlichen Reparaturkosten auf lediglich 8.981,70 Euro belaufen würden. Verbringungskosten und UPE-Aufschläge sind nach überwiegender Auffassung grundsätzlich auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung ersatzfähig. sofern diese im Falle einer Reparatur in der Region typischerweise erhoben werden (siehe nur OLG München. Az.: 10 U 3878/13).

Der Sachverständige M., dessen Ausführungen sich das Gericht auch insoweit zu Eigen macht, führte aus, dass alle drei Nissan-Händler in der Region der Klägerin Verbringungskosten sowie Ersatzteilkostenaufschläge berechnen würden. Auch die Materialkosten für die Hohlraumversiegelung in Höhe von 25,00 Euro seien nicht zu beanstanden.

d)

Daneben kann die Klägerin auch 75 % der begehrten Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.888,01 Euro. also in Höhe von noch 148,95 Euro (1.416,01 Euro abzgl. der bereits geleisteten 1.267,06 Euro) verlangen. Der Einwand der Beklagtenseite. die Klägerin könne nicht die für die Ersatzbeschaffung angefallenen 3.346,97 Euro Umsatzsteuer beanspruchen. geht ins Leere. da dieser Betrag überhaupt nicht begehrt wurde.

e)

In Bezug auf die beantragten Sachverständigenkosten kann die Klägerin Freistellung in Höhe von noch 76,40 Euro (75 % von 1.212,13 Euro abzgl. geleisteter 832,70 Euro) verlangen.

Die Beklagtenpartei kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, die geltend gemachten Beträge seien unangemessen erhöht und nicht ortsüblich. Ein evidentes oder auffälliges Missverhältnis liegt nicht vor (vgl. nur OLG München, Az.: 10 U 579/15, sowie den in diesem Verfahren erteilten Hinweis vom 07.04.2017).

Soweit die Klagepartei Freistellung in Höhe von 606,06 Euro verlangte, war die Klage – über den zugesprochenen Betrag hinaus – abzuweisen. Die Beklagten haben, wie dargestellt, auf die zunächst begehrten 1.212,13 Euro bereits einen Betrag in Höhe von 832,70 Euro geleistet. Freistellung kann mithin nur in Höhe des Differenzbetrages verlangt werden.

f)

Der Klägerin steht kein weiterer Anspruch auf Ersatz ihrer Mietwagenkosten zu.

Den ersatzfähigen Normaltarif für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs schätzt das Gericht vorliegend auf 1.300,00 Euro. Dabei stützt sich das – bei der Schätzung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Gericht – nicht auf sogenannte Listen oder Tabellen, sondern auf konkrete Angebote (ebenso LG Kempten, Az.: 5 S 1837/07, und LG Passau, Az. 1 S 5/08, jeweils aufrufbar bei beck-online).

Wie in diesem Verfahren bereits darauf hingewiesen, hat das OLG München insoweit Folgendes ausgeführt:

„Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen „Normaltarifes“ ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Der Tatrichter ist grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die „Schwacke-Liste“ noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden „Normaltarif“ – abweichen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen.“

(OLG München Hinweisbeschluss v. 27.6.2016 – 10 U 3766/14, BeckRS 2016, 112010, beck-online)

Die Beklagtenseite hat konkrete Angebote der Firmen Sixt, Avis und Hertz aus dem Internet vorgelegt, woraus sich für die Mietdauer von 22 Tagen Mietpreise von zwischen 756,80 Euro und 964,80 Euro ergeben. Der Ort der Anmietung ist hierbei jeweils München. Auch eigene Internetrecherchen des Gerichts bei in München ansässigen Mietwagenfirmen (www.mietwagen.check24.de) ergaben für einen vergleichbaren Mietwagen Mietpreise für 22 Tage für unter 1.000,00 Euro.

Wenngleich die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in Frauenau hat, ist zu sehen, dass diese nach ihrem eigenen Vortrag von Montag bis Freitag in Ismaning nächtigte. Offenbar hielt sich die Klägerin auch gelegentlich schon am Wochenende in München auf, da sich der Unfall an einem Sonntag in München/Ismaning ereignete.

Auch bei Berücksichtigung der individuellen Situation der Klägerin nach dem Eindruck des Gerichts von dieser in der öffentlichen Sitzung ist dem Gericht kein Grund ersichtlich, warum es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, die günstigeren Tarife Münchner Anbieter aus dem Internet zu suchen und in Anspruch zu nehmen.

Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin, die sich in München befand (wo sie sich unter der Woche aufhielt), auf Mietwagenangebote in Langenpreising zurückgreifen musste, zumal sie ja auch ein in München ansässiges Sachverständigenbüro beauftragte.

Langenpreising, wo die Klägerin offensichtlich das Fahrzeug anmietete (vgl. Anlage K7) befindet sich nicht, wie im Schriftsatz vom 13.04.2018 angedeutet, im „Raum 94258 Frauenau/Landkreis Regen“. Vielmehr liegt 85465 Langenpreising im oberbayerischen Landkreis Erding und ist laut der Routenplanung bei google maps mindestens 145 km von Frauenau entfernt. Es wirft daher durchaus die Frage auf, weshalb und insbesondere wie die Klägerin, nachdem sie gegen 17:00 Uhr in München verunfallte und ihr Fahrzeug abgeschleppt wurde, in das rund 50 km entfernte Langenpreising gelangte (ein Ersatzfahrzeug stand der Klägerin ja nicht zur Verfügung!?), um sodann dort an einem Sonntag um 20:00 Uhr -wie die nicht unterschriebene Rechnung der … Autovermietung vom 02.08.2018 belegen will – ein Fahrzeug anzumieten, obgleich die Klägerin ab Montag wieder in München/Ismaning weilte.

Diese Umstände verwundern das Gericht durchaus ein wenig und werfen auch so manchen Zweifel an einem wahrheitsgemäßen Vortrag auf.

Da die durch die Beklagtenseite vorgelegten Angebote hinsichtlich des Anmietzeitraums nicht dem tatsächlichen Mietzeitraum entsprechen, können sie daher nicht ohne weiteres für eine Abrechnung zu Grunde gelegt werden. Das Gericht legt aus diesem Grund für seine Schätzung gemäß § 287 ZPO zwar das Angebot in Höhe von 964,80 Euro zu Grunde. Wegen preislicher Unwägbarkeiten wird dieses jedoch großzügig auf 1.300,00 Euro aufgerundet.

Nach Anwendung der Haftungsquote ergibt sich ein ersatzfähiger Betrag in Höhe von 900,00 Euro. Nachdem seitens der Beklagtenseite vorgerichtlich bereits ein Betrag in Höhe von 1.007,62 Euro (ausgehend von erforderlichen Mietwagenkosten von insgesamt 1.343,51 Euro) beglichen wurde, steht der Klägerin kein weiterer Anspruch zu.

2.

Weitere Rechtsanwaltskosten stehen der Klagepartei nicht zu. Die Beklagtenseite hat vorgerichtlich – ausgehend von einem Gegenstandswert bis 13.000,00 Euro – hierauf bereits 958,19 Euro geleistet.

3.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Hinsichtlich der begehrten restlichen Reparaturkosten (netto) und der Unkostenpauschale ist Verzug seit dem 20.09.2016 und bezüglich der Umsatzsteuer seit dem 23.11.2016 eingetreten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts des Verfahrens ergibt sich aus § 3 ZPO.

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