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Mitteilungspflichten gegenüber Rechtsschutzversicherung bzgl. Versicherungsfall

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 22 W 27/00

BESCHLUSS vom 30.03.2001

Vorinstanz: Landgericht Darmstadt – Az.: 10 O 590/99


In dem Prozeßkostenhilfeverfahren hat der 22. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der Beratung vom 30. März 2001 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 1. März 2000 – Nichtabhilfebeschluß vom 26. April 2000 – aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin vom 17. Dezember 1999 an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Landgericht wird angewiesen, der Klägerin nicht die Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht ihrer Klage zu verweigern.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei: Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die statthafte (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) und auch sonst zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß vom 01.03.2000, durch den ihr das Landgericht die Prozeßkostenhilfe für ihre Klage verweigert hat, ist begründet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts bietet die Klagehinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO):

Nach bisherigem Sach- und Streitstand kann die Klägerin gemäß § 26 ARB 75 von der Beklagten, bei der sie rechtsschutzversichert ist, Versicherungsschutz verlangen für die außergerichtliche Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen gegenüber der aus dem Darlehensvertrag vom 21.12.1990 und der aus dem Darlehensvertrag vom 27.05.1993 (Schadensersatzansprüche und Abwehr von Zahlungsansprüchen).

Der Versicherungsschutz hierfür entfällt nicht nach § 26 Abs. 1 (Fassung 1975) S. 5 ARB 75. Danach ist die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Ansprüche, welche die Klägerin gegen die genannten Banken erhebt, hängen zusammen mit dem Erwerb der beiden Mietshäuser, welche die Klägerin in den Jahren 1990 und 1993 von der gekauft hat. Denn die Klägerin behauptet, die Banken hätten sie bei der Gewährung der Darlehen von über 1,3 Mio. DM, mit denen sie den Erwerb der beiden Mietshäuser voll finanziert hat, im Zusammenwirken mit der Verkäuferin in unlauterer Weise geschädigt. Der Erwerb der beiden Mietshäuser hat nicht einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin gedient. Der Senat ist im Gegensatz zum Landgericht der Auffassung, daß die Verwaltung dieser Mietshäuser, in denen sich insgesamt zwölf Mietwohnungen befinden, nicht so umfangreich ist, daß sie einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, insbesondere die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte erfordert (vgl. dazu BGH, NJW 1992, 3242). Die Betreuung der zwölf Mietverhältnisse, um die es hier im wesentlichen geht, ist nicht so aufwendig, daß hierfür ein Büro oder eine sonstige Geschäftsorganisation eingerichtet werden müßte. Sie ist praktisch „nebenher“ zu bewältigen, und eine Wohnungsecke mit wenigen Ordnern oder einem Computer dürfte für sie ausreichen.

Die Beklagte ist nicht nach § 15 Abs: 1 a, Abs. 2 ARB 75 leistungsfrei.

Zwar hat die Klägerin die ihr durch § 15 Abs. 1 a ARB 75 auferlegte Obliegenheit verletzt, die Beklagte unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalls zu unterrichten. Unstreitig hat die Klägerin Ende 1998 den Rechtsanwalt beauftragt, ihre rechtlichen Interessen gegen die X und die A wahrzunehmen (Schadensersatzansprüche und Abwehr von Zahlungsansprüchen), und unstreitig hat sie die Beklagte über die Umstände dieses Versicherungsfalls erst mit den Schreiben des Rechtsanwalts vom April 1999 und vom 25.06.1999 unterrichten lassen, also nicht mehr unverzüglich. Diese Obliegenheitsverletzung ist mangels eines entgegenstehenden substantiierten Vortrags der Klägerin vorsätzlich geschehen (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main, VersR 1984, 857, 858; BGH, VersR 1993, 960; Römer/Langheld, Kommentar zum VVG, 1997, § 6 Rn 94 mit weiteren Nachweisen).

Jedoch kann sich die Beklagte nach der „Relevanzrechtsprechung“ des Bundesgesrichtshofs (siehe etwa BGH, VersR 1984,226), welcher der Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, nicht auf die Leistungsfreiheit berufen. Die ObliegenheitsverIetzung der Klägerin ist nicht generell geeignet gewesen, die berechtigten Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. In der Rechtsschutzversicherung kommt es in der Regel nicht entscheidend darauf an, daß der Versicherer so schnell wie möglich von den Umständen des Versicherungsfalls erfährt. Das ergibt sich schön daraus, daß es in der Rechtsschutzversicherung dem Versicherungsnehmer nicht obliegt, .den Versicherungsfall dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, sobald er von die- sein Kenntnis erlangt (Harbauer, Kommentar, zur Rechtsschutzversicherung, 6. Aufl. 1998, § 15 ARB 75 Rn 6; Prölss/Martin, Kommentar zum VVG; 26. Aufl. 1998, § ,15 ARB 75 Rn 1). Das braucht er nur, wenn er sich nach angemessener Oberlegungsfrist entschlossen. hat, Versicherungsschutz zu begehren (Harbauer, a. a. O. Rn 9). Auch kann der Rechtsschutzversicherer, anders als beispielsweise der Diebstahl- oder Unfallversicherer, schon aus der Natur der Rechtsschutzversicherung heraus im, allgemeinen nicht selbst ermittelnd Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalls nehmen, sondern seine Aufgabe besteht weitgehend darin, die ihm vorgegebenen Umstände des Versicherungsfalls tatsächlich und rechtlich zu würdigen. Hierbei ist das Zeitmoment nicht ausschlaggebend, abgesehen von eiligen Fristsachen, um solche geht es aber vorliegend nicht. Nach alledem fällt die nur um wenige Monate verspätete Unterrichtung der Beklagten kaum ins Gewicht. Soweit die Beklagte pauschal Gegenteiliges anführt (Schriftsatz vom 21.02.2000, Seite 6 Abs. 2), ist dieses.. Vorbringen unerheblich, da es die erforderlichen Einzelheiten vermissen läßt.

Weitere Einwendungen gegen die Klageforderung als die, welche oben behandelt worden sind, hat die Beklagte. bisher nicht erhoben (vgl. dazu auch BGH, NJW 1974, 1241).

Das Landgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht; nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1952 Kostenverzeichnis und auf § 127 Abs. 4 ZPO.

 

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