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Geschäftsführer hat die Zuwiderhandlung gegen Verhaltensgebot persönlich zu vertreten

THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

Az.: 6 W 678/01

Beschluss vom 22.11.2001


In dem Verfahren hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde vom 29. 10. 2001 gegen den Beschluss des Landgerichts – 3. Kammer für Handelssachen – Gera vom 01.10. / 15.10.2001 ohne mündliche Verhandlung am 20.11.2001 b e s c h 1 o s s e n

1. Die sofortige Beschwere wird kostenfällig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in dem angefochtenen Beschluss ersatzweise verhängte Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr S.B., zu vollstrecken ist.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 13.000.- DM festgesetzt.

Gründe:

Es kann dahinstehen, ob die Behauptung der Beschwerdeführerin zutrifft, ihrem satzungsmäßigen Geschäftsführer sei die Existenz der Unterlassungsverfügung vom 10.10.2000 bis zur Einleitung des vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht bekannt gewesen. Selbst wenn das so gewesen wäre – wogegen der Umstand spricht, dass nach dem Inhalt der Postzustellungsurkunde der Geschäftsführer S die von Amts wegen erfolgte Zustellung einer Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 10.10.2000 entgegengenommen hat und dass, von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, die Verfügungsklägerin am 06.11.2000 den Unterlassungstitel der Beschwerdeführerin erneut hat zustellen lassen – würde dies nichts daran ändern, dass nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin selbst der Vollstreckungstitel, wenn nicht dem satzungsgemäßen Vertretungsorgan der Beschwerdeführerin, dann doch einem ihrer verantwortlichen Mitarbeiter, nämlich dem damaligen „faktischen Gesellschafter“ N bekannt gewesen ist. Auch diese Kenntnis muss die Beschwerdeführerin sich zurechnen lassen (vgl. BVerfGE 20, 323,332; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 890 Rn. 5), soweit es um Vollstreckungsmaßnahmen geht, welche nicht an einer Person, sondern am Gesellschaftsvermögen vollzogen werden. Dies ist bei der Zahlung eines Ordnungsgeldes der Fall.

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes gegen die Beschwerdeführerin zugleich angeordnete Ordnungshaft kann zwar nur gegen den satzungsmäßigen Geschäftsführer vollstreckt werden (Zöller/Stöber a.a.O. Rn. 6). Dies setzt wegen des § 890 ZPO zugrunde liegenden Verschuldensprinzips voraus, dass der Geschäftsführer die Zuwiderhandlung gegen das in der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verhaltensgebot persönlich zu vertreten hat. Aber auch diese Vollstreckungsvoraussetzung ist gegeben, denn der Geschäftsführer hat nicht nur für ein bewusst verbotswidriges Handeln einzustehen, er hat in gleicher Weise sein Unterlassen in Bezug auf die Befolgung des gerichtlich verfügten Gebots zu vertreten, wenn er es versäumt hat, den Geschäftsbetrieb „seiner“ GmbH so zu organisieren, dass die für den Betrieb der Gesellschaft bedeutsamen Sachverhalte in seinen Kenntnisbereich gelangen. Ein solcher Sachverhalt ist der Zugang einer gerichtlichen Untersagungsverfügung. Diese Verpflichtung des Geschäftsführers hat ihre gesetzliche Grundlage in § 43 Abs. 1 GmbHG, wonach er in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anwenden muss. Aus dieser gesetzlichen Verpflichtung kann der Geschäftsführer durch den oder die Gesellschafter nicht entbunden werden. Schon gar nicht wird er von der Verpflichtung zur sachgerechten, zweckfördernden Betriebsorganisation und zu deren Überwachung im Verlauf der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft dadurch befreit, dass eine dritte Person als „faktischer Geschäftsführer“ auftritt und den satzungsmäßigen Geschäftsführer in eine Statistenrolle abdrängt. Das Verschulden des satzungsmäßigen Geschäftsführers daran, dass die Beschwerdeführerin gegen das vom Landgericht Gera am 10.10.2000 ausgesprochene Unterlassungsgebot verstoßen hat, ergibt sich bereits daraus, dass der Betrieb der Beschwerdeführerin so organisiert war, dass Herrn B. die Existenz der einstweiligen Verfügung unbekannt geblieben ist und zwar nicht aufgrund eines einmaligen Versehens eines Mitarbeiters, sondern deswegen weil – wie die Beschwerdeführerin vorträgt – Herr N. systematisch dem satzungsmäßigen Geschäftsführer wichtige Unternehmensdaten vorenthalten hat.

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes (25.000.- DM) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Sie trägt der Nachhaltigkeit und der Hartnäckigkeit der Zuwiderhandlungen sowie dem Umstand Rechnung, dass das verbotswidrige, betrugsähnliche Verhalten nicht allein die Beschwerdegegnerin, sondern auch zahlreiche Dritte geschädigt oder den in rechtswidriger Weise angesprochenen Personenkreis zumindest der Gefahr nicht unbeträchtlicher Schädigungen ausgesetzt hat. In Bezug auf die Beschwerdegegnerin fällt zusätzlich ins Gewicht, dass das der Beschwerdeführerin verbotenen Verhalten sie in den Verdacht der Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin bringen konnte, so dass die Verbotsverletzungen den guten Ruf der Beschwerdegegnerin gravierend zu beeinträchtigen drohten.

Der angefochtene Beschluss bedurfte jedoch insoweit einer Klarstellung, soweit darin lediglich bestimmt ist, dass Ordnungshaft an dem „Geschäftsführer der Schuldnerin“ zu vollziehen ist. Ohne die namentliche Benennung des Betroffenen ist der Titel zu unbestimmt; eine Vollstreckung daraus wäre unzulässig. Wegen des schwerwiegenden Eingriffs in die persönlichen Freiheitsrechte des Betroffenen ist es erforderlich, dass schon die Formel eines auf § 890 Abs.1 ZPO gestützten Beschlusses unzweideutig den Adressaten einer etwaigen Ersatzhaft erkennen läßt (vgl. Zöller/Stöber a.a.O. Rn 16).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist gern. § 3 ZPO nach dem Erzwingungsinteresse der Beschwerdegegnerin bemessen; dieses ist mit etwa einem Viertel des Hauptsachewertes bestimmt.

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