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Mobbing – Haftung des Arbeitgebers für Mitarbeiter

Landesarbeitsgericht Hamm

Az: 9 Sa 836/06

Urteil vom 19.12.2006


1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 03.04.2006 – 6 (2) Ca 2985/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin.

Die am 21.01.13x geborene Klägerin war seit dem 01.06.1999 bei der Beklagten als „Maschinenarbeiterin (Abtlg. Bearbeitung)“ beschäftigt. Der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) vom 40 zuerkannt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 01.06.1999/09.07.1999 zugrunde, wonach die jeweiligen tariflichen Bestimmungen der nordrhein-westfälischen Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie zur Anwendung kommen. Auf die zur Akte gereichte Kopie des Arbeitsvertrages (Bl. 31, 32 d.A.) wird Bezug genommen. Ihre zuletzt bezogene monatliche Bruttovergütung lag bei 2.183,05 €.

Bei der Beklagten, die einen Schmiedebetrieb mit überwiegend männlicher Belegschaft unterhält, ist ein Betriebsrat gewählt, in den die Klägerin im März 2002 gewählt wurde. Das Betriebsratsamt legte die Klägerin zum 31.08.2003 nieder.

Unter dem 08.06.2003 verfasste die Klägerin einen Brief, gerichtet an den Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschaft der Beklagten, Herrn…. Diesem Schreiben fügte die Klägerin eine Broschüre zum Thema „Mobbing“ bei und erläuterte sowohl ihre Vorstellungen von einem guten Betriebsklima als auch ihre Motivation, bei der Beklagten zu arbeiten. Außerdem beschrieb sie Probleme in der Zusammenarbeit mit näher bezeichneten Arbeitnehmern, die von diesen ausgehen würden. Herr … habe ihr einmal vorgehalten, ob sie ihm wegen ihrer Verbesserungsvorschläge den Job streitig machen wolle. Außerdem habe Herr … sie gefragt, ob sie kündigen wolle, als sie ein Zwischenzeugnis verlangt habe. Von Herrn …, der den Meister … in dessen Urlaub vertrat, habe sie keine ordentlichen Auskünfte auf Fragen erhalten. Einmal habe Herr … sie sogar angerempelt. Außerdem habe sich Herr … nicht am Geschenk der Kollegen zur Hochzeit der Klägerin beteiligt. Als die Klägerin „einen ausgegeben“ habe, habe sie eine Kollegin gefragt, ob sie im Namen der Klägerin Herrn …nicht etwas rüber bringen könne. Die Kollegin habe das abgelehnt. Außerdem schilderte die Klägerin, dass sie von Herrn …bedroht, beschimpft und erpresst worden sei. Einer Kollegin habe sie sich deswegen anvertraut. Diese habe es der nächsten weiter erzählt. Wegen der Einzelheiten des Anschreibens vom 08.06.2003 wird auf die Kopie Bl. 37 ff d.A. Bezug genommen.

Am 17.06.2003 kam es auf Initiative der Klägerin zu einem persönlichen Gespräch zwischen der Klägerin und Herrn…., an dem auch der Ehemann der Klägerin teilnahm.

Nach diesem Gespräch erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig und nahm anschließend in der Zeit vom 06.08. bis 03.09.2003 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme der damaligen … … teil. Im ärztlichen Entlassungsbericht sind als Diagnosen aufgeführt: „Chron. Zervikobrachialgie, Rez. Lumboischialgien, Angst + Depression gemischt, Nikotinabhängigkeit, Rhizarthrosen bds.“, die unter der weiteren Rubrik „7. Rehabilitationsdiagnosen und -Ziele“ um die weiteren Diagnosen „Supinations-Trauma rechtes Oberes Sprunggelenk u. Leichte Hypercholesterinämie“ ergänzt wurden. Im Entlassungsbericht heißt es u.a. weiter:

10. Sozialmedizinische Epikrise

Frau S.. befindet sich in ungekündigtem Arbeitsverhältnis in einem Schmiedebetrieb in .. als Maschinen- und Montagearbeiterin mit 35 Wochenstunden. Sie sieht sich nach Beendigung des Heilverfahrens wieder in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen.

Sie wird deshalb ärztlicherseits auch arbeitsfähig entlassen.

Das berufsbezogene Leistungsbild der Patientin ist bei Entlassung nicht beeinträchtigt. Allerdings fürchtet sie bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit eine erneute rasche Verschlechterung zum einen wegen der Monotonie und immer gleichförmigen Belastungen am Arbeitsplatz, zum andern auch wegen der psychischen Belastung in einer Mobbing-Situation. Sie strebt deshalb eine Umschulung an.

Auf die Kopie des Entlassungsberichtes vom 06.09.2003 (Bl. 42 ff dA.) wird im übrigen Bezug genommen.

Nach Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme nahm die Klägerin etwa für ein Jahr regelmäßig an einer Psychotherapie teil und befand sich auch in orthopädischer Behandlung.

Mit Schreiben vom 10.10.2003 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, da sie „am 06.10.2003 widerrechtlich ihren Arbeitsplatz verlassen“ habe (Bl. 52 d.A.).

Unter dem 15.10.2003 (Kopie Bl. 51 d.A.) bescheinigte der ……, dass die Klägerin „für leichte Arbeiten, überwiegend im Gehen, zeitweise im Stehen und Sitzen, in Tages-, Früh- und Spätschicht sowie in Nachtschicht für 6 Stunden und mehr ohne wesentliche Einschränkung einsatzfähig“ sei.

Zum Jahreswechsel 2004/2005 meldete sich die Klägerin wegen andauernder Rückenbeschwerden, die auch behandelt wurden, zu einem Kursus „Rückenschule“ der … an.

Nach einem Kurzurlaub im Februar 2005 erfuhr die Klägerin am 22.02.2005, dass über den Urinalen der Herrentoilette in der vergangenen Woche ein Foto von ihr gehangen habe, welches für ein Firmenjubiläum angefertigt worden war. Nach dem Bekanntwerden des Vorfalls veranlasste Herr …, das besagte Foto zu entfernen. Nach Aufforderung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnete der Mitarbeiter … der Beklagten eine Unterlassungserklärung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Kopie Bl. 138 d.A.).

Die Klägerin war dann in der Zeit vom 28.02. bis 04.03. und anschließend ab 17.03.2005 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Attest vom 25.02.2005 hatten die sie behandelnden Ärzte die Klägerin „aus gesundheitlichen und psychischen Gründen“ zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses geraten (Bl. 61 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.03.2005 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis fristlos. Hier heißt es u.a. wörtlich:

Ihr Verhalten und das einiger Arbeitskollegen meiner Mandantin erfüllen den Tatbestand des Mobbings, so dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses meiner Mandantin nicht mehr zumutbar ist.

Ich behalte mir ausdrücklich vor, Schadensersatzansprüche wegen des Lohnverlustes geltend zu machen.

Auf die Kopie Bl. 33, 34 d.A. wird Bezug genommen.

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund dieser Kündigung zum 31.03.2005.

Mit der vorliegenden, zunächst zum Landgericht Hagen – dort eingegangen am 20.07.2005 – erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verlangt, welches 20.000,00 € nicht unterschreiten sollte. Nach rechtskräftiger Verweisung des Rechtsstreits durch Beschluss des Landgerichts (6 O 272/05; Bl. 73, 73 d.A.) vom 23.09.2005 hat die Klägerin ihr Begehren vor dem Arbeitsgericht Iserlohn weiter verfolgt.

Sie hat vorgetragen:

Es gebe insgesamt 83 Vorfälle in der Zeit von Juni 1999 bis März 2005, die sich dem Begriff des Mobbings zuordnen ließen und dementsprechend einen Schmerzensgeldanspruch begründen würden:

1. Im Juni 1999 habe der Meister der Abteilung, Herr …, die Klägerin an verschiedenen Maschinen eingearbeitet und ihr die Arbeitsabläufe erklärt. Er habe sie mit den Worten „Guten Morgen schöne bzw. junge Frau“ begrüßt oder Äußerungen wie „Du duftest aber wieder gut“ gemacht. An einem Tag habe sich Herr … vor Arbeitsbeginn gegen 5.45 Uhr in seinem Büro umgezogen als die Klägerin sein Büro betreten habe, um ihn etwas zu fragen. Dabei habe sie Herrn … in Unterhose angetroffen. Die Klägerin habe sich abgewandt, worauf Herr … sinngemäß geäußert habe, das wäre doch nicht so schlimm, ob sie noch nie einen Mann in Unterhose gesehen hätte.

2.-4. Die Arbeitskollegin Frau … habe sich gegenüber der Klägerin kränkend geäußert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ziffern zwei bis vier der Klageschrift (Blatt 3, 4 der Gerichtsakte) Verwiesen.

5.-11. Im Mai 2000 habe der Mitarbeiter … seine Tätigkeit aufgenommen, der ständig verbale Auseinandersetzungen mit der Klägerin provoziert habe. Sie sei von ihm hochgehoben und auf einen Behälter gesetzt sowie durch die Luft gewirbelt worden, was ihr sehr unangenehm gewesen sei. Ebenso habe er sei im Vorbeigehen auf den Mund geküsst und sei bei einer privaten Feier eines Kollegen aufdringlich geworden. Die Klägerin habe ihn auf der Rückfahrt des Fahrzeuges verwiesen, worauf Herr … in der Folgezeit mit Beschimpfungen während der Arbeitszeit reagiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird wiederum auf die Klageschrift zu Ziffern 5. bis 11. (Blatt 4 u. 5 der Gerichtsakte) verwiesen. Unstreitig ist jedenfalls, dass der Mitarbeiter … mit Schreiben vom 20.11.2000 wegen unentschuldigten Fehlens fristlos durch die Beklagte entlassen wurde.

12. Ende 2000 bzw. Anfang 2001 habe die Kollegin … die Klägerin nach deren Handynummer gefragt. Die Klägerin habe sie ihr mit der Bitte genannt, diese nicht weiter zu geben. Kurze Zeit später habe die Klägerin vom Sohn der Kollegin …, Herrn … …, eine SMS erhalten. Der Sohn habe eingeräumt, die Handynummer von seiner Mutter erhalten zu haben. Die SMS sei nur ein Scherz gewesen.

13. Kurze Zeit nach diesem Vorfall habe der Kollege … der Klägerin erzählt, er habe mit Herrn … gesprochen. Bei dem Gespräch sei auch die Ehefrau des Herrn … dabei gewesen, die ein Kind auf dem Arm gehabt habe. Am nächsten Tag sei Herr … an der Klägerin vorbeigegangen und habe das Lied „Liebeskummer lohnt sich nicht“ gepfiffen.

14. Seit Ende September 2001 hätten die Klägerin sowie deren Arbeitskolleginnen Frau …-… und … nach der Arbeit unter angeschwollenen Beinen und Schmerzen im Nacken und Schulterbereich gelitten. Die Klägerin machte hierfür die schweren Arbeitsschuhe sowie den unebenen Bodenbereich verantwortlich. Auf Nachfragen habe Herr … abgelehnt, neue Arbeitsschuhe zu genehmigen. Die Klägerin und ihre Kolleginnen hätten sich darauf hin selbstständig andere Arbeitsschuhe besorgt. Die Kollegin …-… habe für den Boden Kunststoffmatten mitgebracht, die eine erhebliche Verbesserung bei ständig stehender Tätigkeit bewirkt hätten.

Die Klägerin habe den Meister der Abteilung, Herrn …, über die Beschwerden informiert.

15. Ende 2001 habe die Klägerin den stellvertretenden Abteilungsleiter Herrn …. … gebeten, einem Kollegen bei der Arbeit zu helfen. Herr … habe darauf erwidert: „Macht doch euren Scheiß alleine“. Weiterhin behauptet die Klägerin, Herr … habe seine aufgerauchten Zigaretten im Bereich des Arbeitsplatzes der Klägerin fallen lassen (Beweis: Parteivernehmung der Klägerin).

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16.-18. Nach Wahl der Klägerin in den Betriebsrat im März 2002 sei es zu Konflikten insbesondere mit dem Betriebsratsvorsitzenden … gekommen. Wegen dieser Vorfälle wird auf die vorgetragenen Einzelheiten zu Ziffern 16 – 18 der Klageschrift (Blatt 6, 7 der Gerichtsakte) verwiesen.

19. Am 25.06.2002 lud die Klägerin ihre Kollegen und Betriebsratskollegen zur Feier ihres 40. Geburtstages zum … ein. Weil sie ihren Kollegen … nicht persönlich habe ansprechen wollen, habe sie ihre Kollegin … gebeten, Herrn … im Namen der Klägerin einzuladen. Die Kollegin … habe dies abgelehnt.

20. Im Juni 2002 habe Herr … die Klägerin und die Mitarbeiterin … gefragt, ob sie am Samstag arbeiten könnten. Frau … und auch die Klägerin hätten dies zunächst abgelehnt. Als die Klägerin darauf hin erfahren habe, dass Frau … doch am Samstag arbeiten würde, sei sie auch zur Arbeit gegangen.

21. u. 22 Diese Vorfälle betreffen verschiedene Verbesserungsvorschläge der Klägerin, die nach ihrem Vortrag vorgeblich nicht umgesetzt werden sollten, dann aber doch unter Zurechnung zu Herrn … realisiert worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift, dort Ziffern 21 und 22 (Blatt 8 der Gerichtsakte), verwiesen.

23. Es habe einen Konflikt mit der Versandleiterin Frau … … gegeben. Sie habe die Klägerin aufgefordert, die von der Klägerin bestellten Kartons mit Arbeitsschuhen, die in der Packstube standen, zu entfernen. Nachdem die Klägerin den Stapelfahrer um Hilfe gebeten habe, hätten zwei junge Kollegen aus der Packstube die Kartons abgeholt, um sie zu verbrennen. Am Montag der nächsten Woche habe Frau … der Klägerin vorgehalten, „was ihr eigentlich einfallen würde, ihre Leute von der Arbeit abzuhalten, ob sie glauben würde jetzt die Chefin zu sein, nur weil sie im Betriebsrat wäre“.

24. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, im September 2002 sei es zu körperlichen Annäherungsversuchen des Vorgesetzten, Herrn …, ihr gegenüber gekommen. Mehrmals habe er ihr das Angebot gemacht, sie solle doch in der Mittagspause oder vor Feierabend in sein Büro kommen, damit er ihr den schmerzenden Nacken oder die Schulter massieren könne. Manchmal sei er auch während der Arbeitszeit zu ihrer Maschine gekommen und habe versucht, ihr die Schulter zu massieren. Regelmäßig habe er ihr Mon Cheri an die Maschine gelegt. Ein anderes Mal habe er die Klägerin und die Kollegin Frau … aufgefordert, sich auf seine Knie zu setzen. Als sie sich den körperlichen Annäherungsversuchen des Herrn … entzogen habe, seien ihr schwerere Arbeiten an einer Bohrmaschine zugewiesen worden.

25. Als die Klägerin, während sie dort Anschraubklötze fräste, sich gegenüber Herrn … über die belastende Arbeit beschwert habe, sei er ihr mit den Worten „dass durch das Rütteln, die Schulter doch schön locker werde“ entgegengetreten. Weiterhin hätte die Klägerin an einer Presse Anschraubklötze zu montieren gehabt, was üblicherweise von männlichen Kollegen erbracht werde. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Einsatz an dieser Presse einen Monat lang oder darüber hinaus erfolgte.

26. Dieser Vorfall betrifft abwertende Äußerungen der Kolleginnen … und …-… über den Betriebsrat und dessen Tätigkeit. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer 26 der Klageschrift (Blatt 10 der Gerichtsakte), verwiesen.

27. Im November 2002 habe der Vater der Klägerin, der ebenfalls im Betrieb der Beklagten arbeitete, einen Arbeitsunfall erlitten. Hierzu seien abfällige Äußerungen von Kollegen über den Vater gemacht worden. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer 27 der Klageschrift (Blatt 10 der Gerichtsakte) verwiesen.

28. Anfang Januar 2003, nachdem die Klägerin Ende 2002 geheiratet hatte, habe Herr … ihr gegenüber geäußert, „dass er sie auch geheiratet hätte“.

29. Im Januar 2003 sei der Klägerin auf ihr Verlangen ein Zwischenzeugnis erteilt worden. Auch hierüber sei ein Konflikt entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer 29 der Klageschrift (Blatt 11 der Gerichtsakte) verwiesen.

30.-33. Diese Vorfälle betreffen das Verhalten der Kolleginnen … und …. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer 30 bis 33 der Klageschrift (Blatt 11, 12 der Gerichtsakte) Bezug genommen

34. Der Arbeitskollege … habe ständig Zusammenstöße mit ihr provoziert, meistens jedoch sei es ihr gelungen, auszuweichen.

35. Eines Tages habe der Betriebsarzt mit den Kollegen …, … und Herrn … die Abteilung besucht. Die Klägerin als Frauenvertreterin sei weder vorher über sein Kommen, noch im Anschluss über das Ergebnis seines Rundgangs informiert worden.

36. Es habe eine Auseinandersetzung mit dem Kollegen … wegen sich häufender Annäherungsversuche gegeben. Dieser habe gegenüber der Klägerin geäußert, „Ich habe letzte Nacht einen schönen Traum gehabt. Hast Du keinen Druck zwischen den Beinen verspürt?“. Die Klägerin habe erwidert, dass er besser gehen solle. Bei Feierabend habe sich der Kollege … ihr in den Weg gestellt und sei erst zur Seite gegangen, nach dem die Klägerin ihn lautstark hierzu aufgefordert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer 36 der Klageschrift (Blatt 12 der Gerichtsakte) verwiesen.

37. Bei einer gemeinsamen Teilnahme mit dem Betriebsratskollegen … an einer Informationsveranstaltung der …-… habe er ihr beim Mittagessen keinen Platz im Speisesaal freigehalten.

38. u. 39. Es habe weitere Auseinandersetzungen mit der Kollegin Frau … gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffern 38 und 39 der Klageschrift (Blatt 13 der Gerichtsakte) verwiesen.

40. Im Mai 2003 sei die Klägerin allein an eine Maschine umgesetzt worden, die sich im hintersten Bereich der Halle befand.

41. Im Juni 2003 habe die Klägerin beobachtet, wie sich einige andere Kollegen in der Mittagspause draußen auf dem Hof zum Kaffee verabredeten und trafen. Die Klägerin sei jedoch nicht dazu gebeten worden.

Am 12.06.2003 habe die Klägerin den Kollegen … gebeten, die Bohrer zu schleifen. Außerdem habe sie ihn darauf hingewiesen, dass die von ihr bearbeiteten Teile nicht maßhaltig gewesen seien. Herr … habe zwar den Bohrer nachgeschliffen, aber die zuerst gebohrten Teile nicht nachgemessen.

42. Als die Klägerin kurz vor der Rehabilitationsmaßnahme (ab 06.08.2003) gearbeitet habe, sei sie von Herrn … weit ab von anderen Kollegen an einer Bohrmaschine eingesetzt worden. Herr … habe der Klägerin gegenüber seine Enttäuschung darüber geäußert, dass sie solange krank gewesen sei.

43. Als die Klägerin am 24.09.2003 aus der Rehabilitationsmaßnahme und dem anschließenden Urlaub in den Betrieb zurückgekehrt sei, hätten einige Kollegen nicht gegrüßt.

44. u. 45. Wegen dieser Vorfälle wird auf Ziffer 44, 45 der Klageschrift (Blatt 15 der Gerichtsakte) verwiesen. Sie betreffen das Verhalten anderer Arbeitskolleginnen.

46. Am 06.10.2003 habe die Klägerin im Montagebereich an der Presse gearbeitet. Sie habe sich schlecht gefühlt. Gegen 7.15 Uhr sei Herr … zu ihr gekommen und habe ihr vom Pausentisch einen Teller mit Süßigkeiten mitgebracht und gefragt, ob die Klägerin etwas davon haben möchte. Die Klägerin habe darauf hin unter Tränen und im Arbeitszeug den Betrieb verlassen. Für die Zeit vom 07.10.2003 bis zum 15.10.2003 legte die Klägerin unstreitig eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Wegen dieses Vorfalles erteilte die Beklagte die bereits erwähnte Abmahnung vom 10.10.2003.

47.-54. Weitere Vorfälle habe es in der Zusammenarbeit mit den Arbeitskolleginnen Frau …, Frau …, Frau … und dem Arbeitskollegen Herrn …. Auf Ziffern 47 bis 54 der Klageschrift (Blatt 16, 17 der Gerichtsakte) wird verwiesen.

55. Im Mai 2004 habe Herr … vor und hinter der Maschine, an der die Klägerin arbeitete, Behälter aufgestellt, so dass kein freier Ausblick mehr auf die Arbeitsbereiche der anderen Kollegen mehr bestand.

56. In dieser Zeit habe Herr … sich oft an schmalen Gängen an der arbeitenden Klägerin vorbeigedrängt und sie dabei an der Schulter gefasst. Herr … habe ihr einmal angeboten, in der sog. „Liebesschaukel“ – einer Kranbahn mit zwei Schlaufen zum Transport von Werkzeugen – Platz zu nehmen. Ein anderes Mal sei er zu ihr gekommen, wenn ein Bohrer quietschte oder abbrach, mit der Bemerkung „ob sie wieder einen Harten dazwischen hatte“. Als die Klägerin hierauf nicht eingegangen sei, habe er ihr gegenüber geäußert, „stille Wasser seien tief“.

57. u. 58. Die Klägerin habe im Mai 2004 sowohl von der Betriebsrätin Frau … als auch ähnlich von Herrn … erfahren, dass sie „bei der Geschäftsleitung unten durch sei“. Im Juni 2004 habe sie sodann erfahren, dass ihre Leistungszulage bereits 2003 und auch 2004 unberechtigterweise gekürzt worden sei.

59. Im Juni 2004 nahmen die Klägerin und Herr … gemeinsam außerhalb der Arbeitszeit ganztägig an einem Inlinerkurs teil, wobei sie wohl vom Arbeitskollegen … gesehen worden sind. Zwischen den Parteien ist streitig, auf wessen Initiative diese gemeinsame private Teilnahme erfolgte. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, Herr … habe sie auf diesen Kurs angesprochen und erläutert, er würde gern mit seiner Frau teilnehmen, was diese aber wegen bestehender Knieprobleme nicht könne. Daraufhin habe die Klägerin vorgeschlagen, dass sie gemeinsam mit Herrn … teilnehmen könne. Die Klägerin habe sich wegen des zwischen Überfreundlichkeit und Ausgrenzung schwankenden Verhaltens des Herrn … hiervon versprochen, dass sie ihm deutlich machen könne, ein kollegiales/freundschaftliches Verhältnis sei möglich. Am nächsten Arbeitstag nach dem Kurs habe die Kollegin … im Umkleideraum erzählt, sie habe gerade vom Kollege … etwas erfahren. Dabei habe die Kollegin … die Klägerin grinsend angeschaut.

60.-77. Mit diesen Vorfällen beschreibt die Klägerin im wesentlichen weitere Begebenheiten in der Zusammenarbeit mit Arbeitskolleginnen und Vorgesetzten; insbesondere sei sie in bei Gesprächen gemieden und ihr z.T. schwere Arbeiten zugewiesen worden. Auch habe es während einer Abwesenheit des Herrn … Probleme mit seinem Vertreter Herrn … gegeben. Er habe sie ignoriert und entgegen einer früheren Einteilung des Herrn … an einer isoliert stehenden Maschine eingesetzt. Herr … habe seine Abneigung und Feindseligkeit gegen die Klägerin offen gezeigt.

Auf die Ziffern 60 bis 77 der Klageschrift (Blatt 19 bis 23 der Gerichtsakte) wird im übrigen verwiesen.

78. Anlässlich des Anbringens ihres Fotos in der Herrentoilette habe sie mit dem Prokuristen der Beklagten ein Gespräch geführt, wegen dessen vorgetragener Einzelheiten auf Blatt 23 der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

79.-83. Auch in der Folgezeit habe es kränkendes Verhalten von Arbeitskolleginnen sowie den Einsatz mit schweren körperlichen Arbeiten gegeben. Wegen der Vorfälle 79 bis 83 im einzelnen wird auf die Ziffern 79 bis 83 der Klageschrift (Blatt 23, 24 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die von ihr vorgetragenen Vorfälle erfüllten den sogenannten Tatbestand des „Mobbing“. Sie meint, ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,00 Euro sei angemessen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Jahreszinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Der in Rechtsprechung und Literatur entwickelte „Mobbingtatbestand“ sei nicht erfüllt. Es fehle an einem erforderlichen systematischen Handeln. Selbst wenn man den überwiegenden Sachvortrag der Klägerin als unstreitig betrachte, ergebe sich kein anderes Bild.

Jedenfalls sei es zu keinen körperlichen Annäherungsversuchen des Vorgesetzten, Herrn …, gegenüber der Klägerin gekommen. Zu keinem Zeitpunkt habe er die Klägerin aufgefordert, sich auf seine Knie zu setzen. Es sei in ihrem Betrieb gebräuchlich gewesen, dass Herr … einige Mitarbeiterinnen, so etwa Frau … und …, in unregelmäßigen Abständen massiert habe, um Verspannungen zu lösen. Dies sei deshalb geschehen da die stehende körperliche Tätigkeit im Betrieb der Beklagten bei den meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich führe. Dies sei auch im Hinblick auf die Klägerin geschehen, was sie auch mehrmals ausdrücklich gebilligt habe. Erst als die Klägerin es abgelehnt habe, habe der Mitarbeiter … dies umgehend unterlassen.

Kleine Präsente, wie z. B. eine Packung Mon Cheri, habe der Mitarbeiter … anlässlich von Geburtstagen oder Feiertagen wie Nikolaus oder Ostern für jeden Mitarbeiter in der gesamten Abteilung verteilt.

Keinesfalls seien der Klägerin aufgrund einer Zurückweisung von körperlichen Annäherungsversuchen schwerere Arbeiten zugewiesen worden. Es sei lediglich im Krankheits- oder Urlaubsfall vorgekommen, dass die Klägerin tageweise zur Vertretung auch an schwereren Arbeitsplätzen eingesetzt worden sei. Ansonsten würden sämtliche Arbeiten, die der Klägerin übertragen worden seien, auch von anderen weiblichen Beschäftigten erledigt.

Der Geschäftsführer, Herr …, habe umgehend nach dem Gespräch vom 17.06.2003 das Gespräch mit Herrn … gesucht, der die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe glaubhaft zurückgewiesen habe.

Die Vorwürfe der Klägerin gegen Herrn … seien auch vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin selbst Herrn … gebeten habe, in der privaten Freizeit mit ihr an dem besagten Inlinerkurs teilzunehmen, da sowohl ihr eigener Ehemann als auch ihr Bruder keine Lust hätten und sie unbedingt das Inlineskating lernen wolle. Sie habe Herrn … zur Kursteilnahme überredet.

Die Klägerin sei auch nicht mit irgendwelchen Kisten räumlich von den anderen Beschäftigten getrennt worden. Es habe sich hierbei um Holzkisten mit Material gehandelt, die auch in anderen Arbeitsbereichen mangels ausreichenden Stauraums so gestapelt worden seien und auch heute noch gestapelt würden.

Nach dem Vorfall mit dem Foto der Klägerin auf der Herrentoilette sei der hierfür verantwortliche Mitarbeiter … unter Kündigungsandrohung ermahnt worden.

Durch Urteil vom 03.04.2006 hat das Arbeitsgericht Iserlohn die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld. Keine der in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen sei erfüllt, wobei der Begriff „Mobbing“ selbst keine Anspruchsgrundlage darstelle. Der Anspruch ergebe sich nicht aus den §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, da schon eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorliege. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aus §§ 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf das Urteil vom 03.04.2006, Bl. 157 ff d.A., Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem 04.05.2006 zugestellt, wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 17.05.2006 vorab per Telefax eingegangenen und ebenfalls vorab per Telefax, eingegangen am 03.07.2006, begründeten Berufung.

Sie trägt vor: Das erstinstanzliche Gericht habe übersteigerte Substantiierungsforderungen gestellt. Es genüge, wenn die Klägerin einen typischen Lebenssachverhalt vortrage. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die gesundheitlichen Probleme der Klägerin als Folge der Mobbinghandlungen. Die medizinischen Zusammenhänge könne die Klägerin mangels medizinischen Fachwissens nicht im einzelnen darlegen. Die benannten Ärzte und Therapeuten hätten zu diesen Fragen vernommen werden müssen, wie im übrigen auch die von der Klägerin benannten Zeugen zu den Vorfällen, die nicht unstreitig geblieben seien. Bei Zweifeln hätte das Gericht dem Angebot der Klägerin nachgehen müssen, sich das mindestens 100seitige Mobbingtagebuch der Klägerin vorlegen zu lassen und sie als Partei vernehmen müssen.

Unzulässigerweise seien im Urteil vom Gericht vermutete andere Ursachen für die geschilderten Probleme der Klägerin zugrunde gelegt worden, worin ebenfalls ein erheblicher Verfahrensfehler liege. Auch sei zum Teil streitiger Sachverhalt als unstreitig bewertet worden. So habe die Klägerin ausdrücklich bestritten, dass Herr … nach dem Gespräch vom 17.06.2003 mit Herrn … geredet habe. Die Schilderungen der Klägerin in dem zugrunde liegenden Brief und im Gespräch hätten Anlass genug für entsprechende arbeitsrechtliche, organisatorische Maßnahmen der Beklagten gegenüber den angesprochenen Mitarbeiterinnen gegeben.

Auch sei streitig, ob Herr … wegen des Fotovorfalls überhaupt etwas unternommen habe. Ihren Vortrag hierzu hätte die Beklagte unter Beweis stellen müssen.

89Vom Sachvortrag der Klägerin ausgehend hätte das Gericht eine Pflichtverletzung der Beklagten annehmen und zumindest eine Beweisaufnahme durchführen müssen.

Das Vorliegen einer Verletzung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts durch den Mitarbeiter … habe das Gericht ohne weitere Begründung abgelehnt.

Schließlich habe das Gericht zu Unrecht auf einzelne Vorfälle abgestellt und sie isoliert bewertet. Genau das Gegenteil sei wegen des Mobbingvorwurfes erforderlich gewesen, da dieser die systematische Anfeindung durch eine Vielzahl einzelner Vorfälle beinhalte.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 03.04.3006 – 6 (2) Ca 2985/05 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Jahreszinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend. Insbesondere sei in ihr zutreffend gewürdigt worden, dass die Klägerin die erforderliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen habe. Der Großteil des – in der Tat nicht bestrittenen – Vorbringens der Kläger betreffe Bagatellen, die es nicht wert seien, einer näheren Überprüfung unterzogen zu werden. Mangels Substantiierung habe das Gericht zu Recht keine Beweisaufnahme durchgeführt; der Amtsermittlungsgrundsatz gelte nicht.

Die Beklagte verbleibe dabei, dass Herr … nach der Unterredung mit der Klägerin am 17.06.2003 das Gespräch mit Herrn … gesucht habe. Doch selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte – wie die Klägerin meint -, liege hierin keine Pflichtverletzung, da der dem Gespräch mit Herrn … zugrunde liegende Brief der Klägerin keine konkreten Vorwürfe enthalte, auf die die Beklagte hätte reagieren müssen.

Ihren Vortrag zum Fotovorfall habe die Beklagte unter Zeugenbeweis gestellt. Eine Beweisaufnahme sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin nicht bestritten habe, dass ihr Foto sofort nach Bekanntwerden der Angelegenheit abgenommen worden sei. Lediglich ihr Vorbringen zur – späteren – Unterlassungserklärung des Mitarbeiters … widerspreche nicht dem Vortrag der Beklagten hierzu.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen die Beklagte hat.

I.

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus einer Verletzung des Arbeitsvertrages durch die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB.

A.

a. Nach § 253 Abs. 2 BGB besteht bei Gesundheitsverletzungen ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, der nicht voraussetzt, dass deliktisches Handeln vorliegt. Vielmehr reicht nach § 253 Abs. 2 BGB eine einfache Vertragsverletzung aus (§ 280 Abs. 1 BGB), weshalb sich die Haftung auch auf das Fehlverhalten eines Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 278 BGB erstreckt, das dieser in Ausübung einer übertragenen Aufgabe begangen hat. Bei Vorgesetzten kann das regelmäßig angenommen werden.

Durch diese Neuregelung des Schadensersatzrechts sind die rechtlichen Voraussetzungen für Schmerzensgeldansprüche ausgeweitet worden (vgl. Diller/Grote, MDR 2004, 984). Für den vorliegenden Rechtsstreit folgt daraus, dass die Beklagte grundsätzlich für denkbare Verletzungshandlungen jedenfalls der betrieblichen Vorgesetzten der Klägerin, insbesondere des Abteilungsmeisters … und seines Vertreters …, zu haften hätte. Auch ist anerkannt, dass den Arbeitgeber als vertragliche Nebenpflicht die Verpflichtung trifft, den Arbeitnehmer während der Arbeit vor Verletzungen des Körpers, der Gesundheit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der sexuellen Selbstbestimmung zu schützen und nicht etwa im Gegenteil zu verletzen (LAG Berlin, Urteil vom 07. November 2002, 16 Sa 938/02, bei juris). Insofern trifft den Arbeitgeber auch die Pflicht, gegebenenfalls gegenüber gleichgeordneten Arbeitnehmern Maßnahmen zu ergreifen, soweit er von Tatsachen erfährt, aufgrund derer die Verletzung eines der oben genannten Rechtsgüter eines Arbeitnehmers droht.

b. Mit dem Begriff „Mobbing“ allein indessen lässt sich allerdings ein Schadensersatzanspruch nicht begründen. Es handelt sich nicht um ein Tatbestandsmerkmal einer gesetzlich geregelten Anspruchsgrundlage (Vieweg, juris-PK BGB, 3. Aufl. 2006, § 253 BGB Rdnr. 38), sondern um ein soziales Phänomen, das durch Konflikte am Arbeitsplatz geprägt ist. Im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.01.1997, 7 ABR 14/96, NZA 1997, 781, die Mobbing definiert als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte, wird in der Rechtsprechung Mobbing wie folgt beschrieben:

Mobbinghandlungen sind „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Mobbingopfers verletzen“, so LAG Thüringen, Urteil vom 05.02.2001, 5 Sa 102/00, NZA RR 2001, 577; LAG Bremen, Urteil vom 17.10.2002, 3 Sa 232/02, NZA RR 2003, 234; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.08.2001, 6 Sa 415/01, NZA-RR 2002, 121; LAG Sachsen, Urteil vom 17.02.2005, 2 Sa 751/03 bei juris; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2006, 5 Sa 595/05, NZA-RR 2006, 402; Vieweg, juris-PK-BGB aaO, § 253 BGB Rdnr. 38 mit zahlreichen Nachweisen.

Es geht deshalb nicht um einzelne Vorgänge, denen für sich allein genommen kein besonderer Unrechtsgehalt zukommt, sondern um ein Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg, das erst in einer Gesamtschau das Maß überschreitet, das am Arbeitsplatz hingenommen werden kann. Mobbing ist die „Politik der kleinen Nadelstiche“ (LAG Hamm, Urteil vom 06.03.2006, 16 Sa 76/05 bei juris). Zu verlangen ist also ein Fortsetzungszusammenhang zwischen einzelnen Verhaltensweisen im Sinne eines roten Fadens (so LAG Berlin, Urteil vom 06.03.2000, 3 (18) Sa 2299/02, MDR 2003, 881; Diller/Grote aaO). Die Klägerin muss dabei nicht bestimmte Motive nachweisen, vielmehr genügt der Vortrag eines typischen Geschehensablaufs, der bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zu dem Ergebnis führt, dass das Verhalten von der Rechtsordnung nicht gebilligt wird.

c. Zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs aus § 253 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB, der auf den so beschriebenen Begriff des Mobbings gestützt wird, muss die Klägerin ebenso wie in allen anderen Fällen behaupteter Vertragspflichtverletzungen deshalb Handlungen konkret darlegen, durch die kausal Rechtsverletzungen verursacht worden sind. Es muss ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden des Arbeitgebers bzw. ein ihm über § 278 BGB zurechenbares Verschulden seines Mitarbeiters vorliegen, wobei insbesondere psychische Schäden voraussehbar gewesen sein müssen (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 15.07.2004, 16 Sa 2280/03, NZA RR 2005, 13; LAG Hamm, Urteil vom 06.03.2006 aaO, LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2006 aaO).

B.

Unter Beachtung dieser Anforderungen liegt kein die Klägerin schädigendes Verhalten der Beklagten im Sinne eines Mobbings vor, ohne dass es weiterer Sachverhaltsaufklärungen hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Fragen bedurfte, wie das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend erkannt hat.

a. Vorauszuschicken ist, dass die Klägerin dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, Herrn …, selbst keine aktiven Verletzungshandlungen im o.g. Sinne vorwirft, die der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 31 BGB zugerechnet werden müssten. Soweit ersichtlich, hat die Klägerin hierzu nur dargelegt, Herr … habe im Zusammenhang mit der anstehenden Rehabilitationsmaßnahme im Jahre 2003 seine Enttäuschung über den Umfang krankheitsbedingter Ausfälle der Klägerin geäußert.

Ein systematischer Zusammenhang einer solchen Äußerung mit den weiteren, gegenüber anderen Beschäftigten erhobenen Vorwürfen der Klägerin im Sinne fortgesetzter Anfeindungen sieht die erkennende Berufungskammer nicht. In diesem Zusammenhang ist nicht zu verkennen, dass sowohl in gesetzlichen Regelungen als auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu besonderen Fallgruppen der personenbedingten Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG anerkannt ist, dass durchaus eine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehen kann, auf der Grundlage der ihn treffenden Fürsorgepflicht ein Personalgespräch mit der Arbeitnehmerin über krankheitsbedingte Fehlzeiten zu führen: So beschreibt § 84 Abs. 2 SGB IX die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Beteiligung der Arbeitnehmerin am betrieblichen Eingliederungsmanagement nach Eintritt einer bestimmten Arbeitsunfähigkeitsdauer. Auch wenn offen bleiben kann, ob im vorliegenden Streitfall die Voraussetzungen vorlagen, unter denen eine Verpflichtung der Beklagten zum Personalgespräch über krankheitsbedingte Fehlzeiten angenommen werden kann, widerspricht es jedenfalls weder einer gesetzlichen noch einer tarifvertraglichen oder vertraglichen Pflicht, wenn der Arbeitgeber den Umfang krankheitsbedingter Fehlzeiten anspricht.

b. Die Beklagte hat auch ihre vertragliche Pflicht zum Einschreiten bei Pflichtverletzungen ihrer Beschäftigten (s.o. I.A.a.) nicht verletzt.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung erkannt, dass die Voraussetzungen für die Pflicht zum Einschreiten der Beklagten nicht vorlagen. Die Beklagte hätte nämlich zunächst von Tatsachen erfahren müssen, aufgrund derer eine Verletzung der Rechtsgüter der Klägerin drohte.

aa. Zwischen den Parteien ist hierzu auch im Berufungsverfahren unstreitig geblieben, dass sich die Klägerin erstmals mit dem genannten Schreiben vom 08.06.2003 an den Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, Herrn …, gewandt hat. Die in diesem Brief angesprochenen Vorfälle waren nicht geeignet, einen objektiv abwägenden Arbeitgeber zum Ergreifen von arbeitsrechtlichen und /oder arbeitsorganisatorischen Maßnahmen zu veranlassen. Die von der Klägerin geschilderten Umstände zeigten zwar Probleme in der Zusammenarbeit mit Herrn … und Herrn … sowie mit weiteren Beschäftigten auf. Ob und inwieweit diese Probleme einen Bezug zu drohenden Rechtsgutverletzungen der Klägerin durch Mobbinghandlungen im eingangs genannten Sinne hatten, ließ sich indessen nicht erkennen. Insbesondere war der Mitarbeiter …, dem die Klägerin Bedrohungen, Beschimpfungen und Erpressungen vorwarf, bereits im November 2000 von der Beklagten entlassen worden, so dass insofern keinerlei Wiederholungen zu befürchten waren.

bb. Auch der weitere Vortrag der Klägerin zum Gespräch am 17.06.2003 zwischen ihr, dem Geschäftsführer und ihrem Ehemann hat nicht zu einer Konkretisierung der Vorwürfe gegenüber den Beschäftigten geführt. Zwar hat die Klägerin nach ihrer Darlegung in diesem Gespräch auch auf die aus ihrer Sicht bestehenden Missstände im Betrieb der Beklagten (schlechtes Betriebsklima, chaotische Urlaubsvertretungen durch Herrn …, Annäherungsversuche durch Herrn …) hingewiesen. Ob und welche Vorfälle die Klägerin in diesem Gespräch im Einzelnen dem Geschäftsführer schilderte, ist indessen nicht vorgetragen worden. Insofern ist der Vortrag der Beklagten, die Vorwürfe in diesem Gespräch vom 17.06.2003 seien wenig konkret geblieben, unwidersprochen geblieben. Vor diesem Hintergrund kam es – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – nicht entscheidungserheblich darauf an, dass zwischen den Parteien in der Tat streitig geblieben ist, ob die Beklagte den Abteilungsmeister … wegen der von der Klägerin erhobenen allgemeinen Vorwürfe zur Rede gestellt hat oder nicht.

cc. Ebenso verhält es sich mit dem weiteren Vortrag der Klägerin, sie habe im Oktober/November 2004 erneut versucht, die Beklagte auf das schlechte Arbeitsklima hinzuweisen und hierzu Herrn … einen Zeitungsausschnitt über ein Seminar mit dem Thema „Gesunde Unternehmen; Psychische Erkrankung, Umgang mit Suchtkranken, Ergonomie am Arbeitsplatz“ übergeben zu haben. Eine Pflicht der Beklagten, Maßnahmen zu ergreifen, konnte sich hieraus schon deshalb nicht ergeben, da der Geschäftsführer aus diesem Zeitungsausschnitt nicht auf irgendwelche konkreten Vorfälle schließen konnte, die die Klägerin in ihren Rechtsgütern bedroht hätten.

dd. Hinsichtlich des Vorfalles im Februar 2005 wegen des Fotos auf der Herrentoilette geht die angegriffene Entscheidung zu Recht davon aus, dass die Beklagte hierzu eine Pflicht zum Eingreifen traf, da diese Vorgehensweise des wohl verantwortlichen Mitarbeiters … das Persönlichkeitsrecht der Klägerin aus Art.1 i.V.m. Art. 2 GG, § 823 BGB verletzte, was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt. Dieser Vorfall ist der Beklagten auch bekannt geworden, wie sie selber vorgetragen hat, so dass sie nach den eingangs genannten Grundsätzen im Verhältnis zur Klägerin zum Einschreiten verpflichtet war.

Dieser Pflicht zum Einschreiten ist die Beklagte auch nachgekommen, wovon auch die Berufungskammer auszugehen hatte. Zwar hat die Klägerin bestritten, dass der Mitarbeiter … durch Herrn … ermahnt und aufgefordert worden sei, entsprechendes in Zukunft zu unterlassen und auf die von ihr erwirkte Unterlassungserklärung hingewiesen. Indessen ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben, dass das Foto der Klägerin sofort nach Bekanntwerden des Vorfalles in der Geschäftsführung entfernt worden ist. Daraus folgt unmittelbar, dass die Beklagte diesen Vorfall – wozu sie auch verpflichtet war – eben nicht zu Lasten der Klägerin hingenommen hat, sondern tatsächlich eingeschritten ist.

Die Tatsache wiederum, dass der Mitarbeiter … zu einem späteren Zeitpunkt die von der Klägerin geforderte Unterlassungserklärung unterzeichnete, steht dem Vorbringen der Beklagten nicht entgegen, da sie nicht zwingend das frühere Einschreiten der Beklagten ausschließt.

ee. Schließlich führte die Klägerin am 22. Februar 2005, nachdem sie von den Fotos in der Herrentoilette erfahren hatte, ein Gespräch mit dem Prokuristen der Beklagten, Herrn B3x. In diesem Gespräch wies sie auf Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit ihren Kollegen hin, ohne dass sie im Rechtsstreit dargelegt hätte – sieht man vom Vorfall wegen des Fotos ab -, dass sie dem Prokuristen gegenüber die von ihr inkriminierten Verhaltensweisen anderer Beschäftigter konkretisiert hat. Eine Pflicht der Beklagten, Maßnahmen zu ergreifen, konnte sich hieraus schon deshalb nicht ergeben.

ff. Im übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung zur Bewertung der Vorfälle 41 – 83 mit der Maßgabe Bezug genommen (vgl. § 69 Abs. 2 ArbGG), dass es sich nicht um Verletzungshandlungen von Arbeitskollegen gehandelt hat, die die Beklagte zum Eingreifen verpflichtet hätten.

Dabei verkennt die Berufungskammer nicht, dass diese im wesentlichen unstreitig gebliebenen Vorfälle das Arbeitsverhältnis der Klägerin aus ihrer Sicht sicherlich belastet haben mögen und ebenso aus ihrer Sicht keine Bagatellen – wie die Beklagte formuliert hat – darstellten. Das für den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch notwendige Überschreiten der Grenze der Pflichtverletzung war – wie dargelegt – indessen nicht feststellbar. Ob die Beklagte unterhalb dieser Grenze der Verpflichtung zum Einschreiten das von der Klägerin beschriebene Verhalten der ArbeitskollegInnen tolerieren will oder nicht, stand nicht zur Entscheidung der Berufungskammer.

c. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schmerzensgeld gem. §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB gestützt auf unmittelbare, der Beklagten zuzurechnende Verletzungshandlungen betrieblicher Vorgesetzter, besteht ebenso nicht.

Zwar hat die Klägerin im Hinblick auf das Verhalten des Abteilungsmeisters … vorgetragen, dass dieser von ihr nicht tolerierte Annäherungsversuche begangen und ihr bei Ablehnung unverhältnismäßig schwere Arbeiten zugewiesen habe, obschon ihm gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin bekannt gewesen seien. Auch wären solche Verhaltensweisen, so der Vortrag der Klägerin zuträfe, grundsätzlich geeignet, Pflichtverletzungen der betrieblichen Vorgesetzten annehmen zu können.

Gleichwohl bedurfte es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht, worauf das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter Berufung auf die bisher zum Themenkreis des Mobbings ergangenen Entscheidungen insbesondere mehrerer Landesarbeitsgerichte hingewiesen hat.

In einem Prozess auf Schmerzensgeld wegen Mobbings trägt nämlich die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutverletzung und den eingetretenen Schaden. Das gilt sowohl hinsichtlich der behaupteten einzelnen Vorfälle als auch hinsichtlich des Vorliegens einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung oder Rechtsgutverletzung sowie des Kausalzusammenhangs zwischen den geschilderten Verhaltensweisen und der Rechtsgutverletzung (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 01. April 2004, 3 Sa 542/03, bei juris; LAG Hamm, Urteil vom 21. Dezember 2004, 13 (5) Sa 659/04, bei juris).

aa. Soweit die Klägerin zu ihren Arbeitseinsätzen vorgetragen hat, konnte die Berufungskammer diese Voraussetzungen nicht annehmen.

Hinsichtlich des konkreten Arbeitseinsatzes der Klägerin ist nämlich zu bedenken, dass es schon nach der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO im Direktionsrecht des Arbeitgebers liegt, Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistung einseitig – nach billigem Ermessen – zu bestimmen. Hierzu fehlt substantiierter Vortrag der Klägerin, wonach die Zuweisung bestimmter Aufgaben in der Produktion nicht mehr vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt sein sollen (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 28.03.2006 aaO zu 1.b.aa) der Gründe). Die der Klägerin zugewiesenen Tätigkeiten halten sich augenscheinlich im Rahmen des arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungsbildes (Maschinenarbeiterin, Abtlg. Bearbeitung, vgl. Ziffer 1 des Arbeitsvertrages) und sind jedenfalls nicht offensichtlich unterwertig im Vergleich zu den Aufgaben, die die Klägerin ansonsten ausübte. Ebenso ist es schon von der Art des von der Beklagten geführten Unternehmens her (Schmiedebetrieb, Gesenkschmiede) nicht von der Hand zu weisen, wenn die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, dass es von der körperlichen Anstrengung her leichte Arbeitsplätze im Produktionsbereich nicht gibt.

bb. Eine andere Bewertung ergibt sich unter Berücksichtigung des der Klägerin zuerkannten Grades der Behinderung von 40 nicht. Abgesehen davon, dass diese Zuerkennung keine Bedeutung für die Zeit vor dem 11.10.2004 (Datum des Erstbescheides des Versorgungsamtes, Bl. 54 d.A.) haben kann, ist die Klägerin nicht anerkannter schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX, da hierfür die Zuerkennung eines GdB von 50 oder eine Gleichstellung durch die Arbeitsverwaltung (§ 2 Abs. 3 SGB IX) erforderlich ist. Nur in diesen genannten Fällen wäre die besondere Vorschrift des § 81 Abs. 4 SGB IX zu berücksichtigen, wonach den Arbeitgeber beim Arbeitseinsatz schwerbehinderter Menschen besondere Pflichten treffen. So aber verbleibt es bei den Ausführungen zu I.B.c.aa.)

cc. Ein Schmerzensgeldanspruch wegen sexueller Belästigung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar schützte das seinerzeit anwendbare Beschäftigtenschutzgesetz (BGBl.I, 1406, 1412; heute abgelöst durch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz -AGG- vom 14.08.2006, dort § 3 Abs. 4) vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (vgl. § 2 Beschäftigtenschutzgesetz); indessen beschrieb dieses Gesetz keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Schmerzensgeldanspruch, sondern regelte insbesondere das Ergreifen von Maßnahmen durch den Arbeitgeber sowie ein Leistungsverweigerungsrecht der Beschäftigten (§ 4 Beschäftigtenschutzgesetz). Auch war überwiegend anerkannt, dass § 2 BeschäftigtenschutzG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellte.

Allerdings hat das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter Rückgriff auf die auch in § 253 Abs. 2 BGB genannte sexuelle Selbstbestimmung – ohne § 2 Beschäftigtenschutzgesetz ausdrücklich zu nennen – mit zutreffenden Erwägungen eine Verletzung des in § 2 Abs. 1 BeschäftigtenschutzG normierten Schutzes vor sexueller Belästigung verneint.

Erfasst werden nämlich neben der Bestimmung zu sexuellen Handlungen im Sinne der §§ 177 ff Strafgesetzbuch (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 BeschäftigtenschutzG; vgl. auch Heinrichs in Palandt, BGB, 63. Auflage, § 253 RdNr. 14) auch sonstige sexuelle Handlungen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das Zeigen und Anbringen pornographischer Abbildungen, die vom Betroffenen erkennbar abgelehnt werden (vgl. Mästle, BB 2002, S. 250 ff).

Insoweit hat die Klägerin von Annäherungsversuchen des Abteilungsmeisters … gesprochen und seine Versuche beschrieben, ihr die Schulter zu massieren und sie im Bereich der Taille und Hüfte in den Arm zu nehmen versucht habe. Die Berufungskammer konnte aufgrund dieses Sachvortrages indessen nicht feststellen, dass diesen Verhaltensweisen eine sexuelle Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 2 S.2 BeschäftigtenschutzG zugrunde lag. Schließlich ist der Vortrag der Klägerin nicht frei von Widersprüchen. Zum einen trägt sie vor, der Kollege … habe wiederholt Annäherungsversuche unternommen. Zum anderen hat sie sich aber gerade mit eben diesem Kollegen – unstreitig – privat und ganztägig zu einem Inlinerkurs getroffen.

Dass die geschilderten Vorfälle mit dem Kollegen … im o.g. Sinne keine Bestimmung zu sexuellen Handlungen im Sinne des Strafrechts darstellen, liegt auf der Hand.

Soweit die Klägerin die Vorfälle mit dem Mitarbeiter … angeführt hat, konnte die Kammer offen lassen, ob hierin die Tatbestandsmerkmale der sexuellen Belästigung erfüllt sind. Denn dieser Mitarbeiter war nicht betrieblicher Vorgesetzter, sondern gleichgeordneter Arbeitskollege der Klägerin. Eine Haftung der Beklagten für dessen Verhalten kommt nach den eingangs genannten Grundsätzen daher nur in Betracht, wenn die Beklagte eine Pflicht zum Einschreiten getroffen hätte. Das kommt jedoch nicht in Betracht, da Herr … im November 2000 bereits ausgeschieden ist und die Beklagte vor dessen Ausscheiden streitlos keine Kenntnis von den vorgetragenen Vorfällen hatte.

II.

Auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB) steht der Klägerin der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch nicht zu.

Nach ständiger Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts besteht bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, wenn eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, subjektiv eine besonders schwere Schuld des Schädigers gegeben ist und die Persönlichkeitssphäre bei Versagen einer Entschädigung ohne Schutz bliebe (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 04.03.2004, 1 BVR 2098/01, NJW 2004, 2371 m.w.N.; zusammenfassend auch Vieweg, juris-PK BGB aaO, § 253 BGB Rdnr. 39 ff). Zum Schutz der Individualsphäre, bei der ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegen kann, gehört auch das berufliche Wirken des Betroffenen. Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich nur aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände beurteilen (BAG, Urteil vom 18.12.1984, 3 AZR 389/83, EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 2 m.w.N.).

Unabhängig davon, auf welche Rechtsgrundlage man den Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stützt (vgl. zur Entwicklung Vieweg, juris-PK aaO, § 253 BGB Rdnrn. 40, 41), steht jedenfalls fest, das zunächst immer auf der objektiven Seite eine besondere Schwere des Eingriffs festgestellt werden muss (vgl. zuletzt BGH, Urteil v. 05.10.2004, VI ZR 255/03, NJW 2005, 215-218).

Da somit die Anforderungen an diesen Anspruch über die Voraussetzungen des Schmerzensgeldanspruches wegen Vertragspflichtverletzung (§ 253 Abs. 2 BGB) hinaus gehen und bereits letztere nicht gegeben sind, verweist die Kammer vollinhaltlich auf die obigen Ausführungen zu I. dieser Entscheidung.

III.

A.

Abschließend weist die Berufungskammer darauf hin, dass – auch wenn es darauf nach den obigen Ausführungen nicht mehr ankommt – die subjektiven Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs in Form des notwendigen Verschuldens (§ 276 Abs. 1 u. 2 BGB) zweifelhaft sind. Denn das von der Klägerin darzulegende Verschulden muss sich nicht nur auf die einzelnen Verletzungshandlungen beziehen, sondern auch auf die hierdurch verursachte Erkrankung (LAG Berlin, Urteil vom 15.07.2004 aaO). Es bedarf daher zumindest der Darlegung, dass die Beklagte damit rechnen musste, dass ihre Handlungen bzw. Unterlassungen geeignet waren, Gesundheitsschäden auszulösen oder eine bestehende Erkrankung zu verschlimmern (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2006 aaO). Ob hierzu die von der Klägerin vorgetragenen gegebenen Hinweise zu körperlich belastenden Tätigkeiten und/oder ihren gesundheitlichen Einschränkungen ausreichen, scheint zweifelhaft, bedurfte aber – s.o.- keiner abschließenden Entscheidung.

B.

Schließlich bestehen noch Bedenken – auch hierzu bedarf es aus o.g. Gründen keiner abschließenden Entscheidung -, ob sich nach dem Vortrag der Klägerin ein kausal zurückführbarer Schaden im Sinne der §§ 253 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB feststellen lässt.

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nämlich nicht, dass das Verhalten ihrer Kollegen und/oder Vorgesetzten ursächlich für eine von ihr erlittenen Gesundheitsschädigung war. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht litt die Klägerin an Beschwerden im Schulter- und Nacken-Bereich sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule und überdies an (schmerzbedingten) depressiven Verstimmungen.

Zu den beschriebenen orthopädischen Krankheitsbildern hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die – streitlos – körperlich anstrengende Arbeit in einem Schmiedebetrieb zu den beschriebenen orthopädischen Beschwerden führen können.

Zu den psychiatrischen Krankheitsbildern hat die Klägerin sich darauf berufen, dass wegen des Verhaltens der Beklagten eine akute psychische Erkrankung aufgetreten ist und die Kopie der Bescheinigung der Ärzte D3. H5x u.a. vom 25.02.2005 vorgelegt. Hierin bescheinigt der Arzt der Klägerin indessen, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen und psychischen Gründen nicht ratsam sei. Ein Zusammenhang mit den der Beklagten vorgeworfenen Rechtsverletzungen ist hieraus nicht zwingend abzuleiten.

Im übrigen sind die Angaben zur so bezeichneten Mobbingsituation sowohl im Rehabilitationsentlassungsbericht als auch im ärztlichen Attest vom 25.02.2005 erkennbar auf der Basis der Aussagen der Klägerin im Rahmen der Behandlung gemacht worden, da die behandelnden Ärzte und /oder Therapeuten mangels eigener Kenntnis nicht das Geschehen am Arbeitsplatz beurteilen können. Selbst wenn man also andere Ursachen ausschließen und einige Befunde als „typisch“ beurteilen kann, beweisen der Rehabilitationsentlassungsbericht und die ärztliche Bescheinigung allenfalls, dass die Klägerin psychischem Druck ausgesetzt gewesen sein kann. In diesem Zusammenhang kommt also – wenn überhaupt – nur eine schwache Indizwirkung des Berichtes/Attestes im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln in Betracht (vgl. hierzu M. Benecke, Mobbing. Arbeits- und Haftungsrecht, 1. Aufl. 2005, Rdnr. 329 ff.).

Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG. Als unterliegende Partei hat die Klägerin die Kosten der Berufung zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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