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Mobilfunktelefonnutzung als Navigationsgerät

Oberlandesgericht Hamm

Az.: III-5 RBs 11/13

Beschluss vom 18.02.2013


Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

G r ü n d e :

I.

Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 40,- € kostenpflichtig verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hielt der Betroffene während einer Fahrt mit seinem PKW ein Mobiltelefon mit seiner rechten Hand vor sein Gesicht und tippte dabei dermaßen konzentriert auf das Gerät, dass er eine sich neben ihm befindliche Polizeistreife nicht bemerkte. Der Betroffene hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts beantragt und dazu zum einen ausgeführt, er habe das Mobiltelefon weder bedient noch benutzt. Tatsächlich habe er das Telefon während der Fahrt wieder in seine Ursprungsposition als von ihm genutztes Navigationsgerät bringen wollen, nachdem es aus seiner ursprünglichen Position herausgefallen sei. Zum anderen meint der Betroffene, die Benutzung eines Mobiltelefons als Navigationsgerät falle jedenfalls nicht unter das tatbestandliche Verbot des § 23 Abs. 1a StVO.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechts­beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Der rechtzeitig angebrachte und form- und fristgerecht begründete Antrag auf Zulas­sung der Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Da das Amtsgericht Essen den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,- € verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG we­gen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht, wegen der An­wendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen. Bei einer Verurteilung bis 100,- € kann die Rechtsbeschwerde dagegen nicht zur Sicherung einer einheitlichen Recht­sprechung zugelassen werden; die Zulassung ist insoweit bei Verstößen bis 100,- € noch weiter eingeschränkt.

1.

Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn der Ein­zelfall Veranlassung gibt, für die Auslegung von Rechtssätzen und die rechtschöpferische Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m.w.N.). Die Fortbildung des Rechts kommt demnach nur bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und ab­straktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht, ohne dass es dabei um die Nachprüfung des angewendeten Rechts im Einzelfall ginge. Derartige Rechtsfragen zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.

a)

Soweit der Betroffene beanstandet, er habe das Mobiltelefon tatsächlich bloß aufge­hoben und damit nicht i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO benutzt, erschöpft sich die Be­schwerdeschrift in unzulässigen Angriffen auf die Feststellungen des Tatgerichts. Rügen dieser Art sind – wenn sie nicht Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfah­rungssätze aufzeigen – als Sachrüge nicht ordnungsgemäß erhoben, wenn sich aus ihnen ergibt, dass nicht die Anwendung materiellen Rechts beanstandet, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Unrichtigkeit der Urteilsfeststellungen angegriffen werden sollen und der Betroffene die Fehlerhaftigkeit aus tatsächlichen Behauptungen herleitet, die – wie im vorliegenden Fall – in den Fest­stellungen des Urteils keine Stütze finden oder wenn er nur eine eigene, gegensätz­liche Beweiswürdigung vornimmt (vgl. OLG Hamm, DAR 2007, 216; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 344 Rdnr. 19). So verhält es sich hier. Das Amtsgericht hat ohne Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nach durchgeführter Beweisauf­nahme, insbesondere nach Vernehmung der seinerzeit beteiligten Polizeibeamten, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene sein Mobiltelefon während der Fahrt mit seiner rechten Hand vor sein Gesicht gehalten und dabei zugleich getippt hat.

b)

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Betroffene das Mobiltelefon während des vorbeschriebenen Tathergangs zum Telefonieren oder als Navigationshilfe genutzt hat. Denn entgegen der in der Beschwerderecht­fertigung vertretenen Ansicht ist unter „Benutzung“ i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO auch die Nutzung als Navigationsgerät zu verstehen (vgl. OLG Köln, NJW 2008, 3368, 3369; Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Aufl., § 23 StVO Rdnr. 22 a; König, in: Hentschel/König/Dauer, StVR, 41. Aufl., § 23 StVO Rdnr. 32). Insbesondere das Oberlandesgericht Köln hat bereits in seinem Beschluss vom 26. Juni 2008 (81 Ss OWi 49/08 = NJW 2008, 3368, 3369) zutreffend ausgeführt, der Gesamtheit der obergerichtlichen Recht­sprechung zu § 23 Abs. 1a StVO sei mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass auch die Nutzung der Funktion eines Mobilfunkgeräts als Navigationshilfe als unzulässig anzusehen sei. Denn die Nutzung des Geräts als Navigationshilfe bein­halte einen Abruf von Daten und stelle sich damit zugleich als „Benutzung“ dar. Ein derartiger Kommunikationsvorgang solle nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls im Zusammenhang mit einem Mobiltelefon unterbleiben (so OLG Köln, a.a.O.).

Der Senat folgt dieser Argumentation. Denn der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen (vgl. Senatsbeschluss vom 01. Februar 2012 – 5 RBs 4/12 – m. w. Nachw.). Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Gerät in der Hand gehalten wird oder nicht (vgl. bereits OLG Hamm, NZV 2003, 98) und die Handhabung des Geräts einen Bezug zu einer bestimmungsgemäßen Funktion desselben aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 (VBl. 2001, 8) soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gebrauch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein“. Hierzu zählt auch die Verwendung der Navigationshilfe, weil jegliche Nutzung untersagt wird, soweit das Mobiltelefon – wie im vorliegenden Fall festgestellt – in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch wiederum erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können.

Vorliegend hat der Betroffene das Mobiltelefon in der Hand gehalten und eine seiner Funktionen – nach eigener Einlassung die Navigationshilfe – genutzt und in diesem Zusammenhang Daten eingegeben bzw. „eingetippt“. Dieser Vorgang war durchaus mit einer mentalen Ablenkung verbunden und deshalb zu ahnden.

2.

Die Verletzung rechtlichen Gehörs ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.

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