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Mobilfunkvertrag – Arglistanfechtung eines vermittelten Mobilfunkvertrages

AG Saarbrücken – Az.: 121 C 248/13 (09) – Beschluss vom 02.04.2014

Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe ohne Raten unter Beiordnung von Herrn RA D. gewährt.

Gründe

Der Antrag des Beklagten auf Prozesskostenhilfe ist zulässig und begründet.

Der Beklagte ist kostenarm im Sinne der §§ 114, 115 ZPO.

Seine Verteidigung ist erheblich.

Die Klägerin begehrt Entgelte aus einem Mobilfunkvertrag, der durch Erklärung des Beklagten vom 27.8.2012 zustande gekommen ist. Der Beklagte war vor Abschluss dieses Vertrags bereits Mobilfunkkunde der Klägerin. Im Laden der Fa. P und S GbR, D Str. 3, Saarbrücken, hat der Beklagte dann am 27.8.2012 ein Antragsformular unterschrieben, das seinem Inhalt nach auf den Abschluss eines weiteren, zusätzlichen Vertrages zwischen ihm und der Klägerin gerichtet war. Dieses Angebot hat die Klägerin angenommen. Aus diesem Vertrag macht sie Entgeltansprüche für Rechnungen zwischen dem 24.10.12 und dem 23.1.2013 geltend. Bei dem Geschäft der Fa. P und S GbR handelt es sich um einen sog. „Partnershop“, der – in Ermangelung anderen Vortrags nicht exklusiv – auf Provisionsbasis Verträge zwischen der Klägerin und deren Endkunden vermittelt.

Der Beklagte trägt vor, er sei durch die Zeugin Sch als Verkäuferin im „Partnershop“ der über den Inhalt einer Erklärung vom getäuscht worden, die er gegenüber der Klägerin, einem Mobilfunkanbieter, abgegeben hat. Er habe einen günstigeren Tarif für seinen bestehenden Vertrag gesucht. Die Zeugin habe ihm vorgespielt, es handele sich bei dem zu unterschreibenden Formular um einen Rabatt von € 120 für einen bestehenden Mobilfunk-Vertrag. Diesen erhalte er, weil er ein altes Handy zurückgegeben habe. Daraufhin habe er das Formular unterschrieben. Diesen Vortrag stellt er in das Wissen der Zeugin Sch.

Unstreitig ist dabei, dass der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten eine Anfechtungserklärung wegen dieses Sachverhalts am 9.11.2012 gegenüber der Klägerin ausgesprochen hat.

Es wird auf die Beweisaufnahme ankommen.

Denn die Zeugin Sch ist – obwohl bei der Fa. S und P GbR angestellt – „Nichtdritte“ im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB; eine Täuschung ihrerseits müsste sich die Klägerin zurechnen lassen, ohne dass es auf § 123 Abs. 2 BGB ankommt.

Die Zeugin Sch ist dem unstreitigen Sachverhalt nach nämlich Erfüllungsgehilfin im Sinne des § 278 BGB gegenüber der Vermittlerin der Vertragsleistungen der Klägerin, der Fa. S & P GbR. Denn sie ist – dahin dürfte der unstreitige Vortrag gehen – Angestellte der Fa. S & P GbR, welche für die Klägerin Verträge vermittelt.

Diese Vermittlungsgesellschaft ist ihrerseits Verhandlungsgehilfin (zum Begriff, Palandt-Ellenberger, 70.A., § 123 Rn. 12, 13 BGB und KG juris, 1.4.1997, 7 U 5782/95) und damit „Nicht-Dritte“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB im Verhältnis zur Klägerin. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 278 BGB werden Täuschungen ihrer Mitarbeiter der Klägerin zugerechnet. Denn die Klägerin bedient sich ihren Kunden gegenüber der Vermittlungsleistung dieser Gesellschaft, um ihre Kunden zu beraten (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, juris, 14.9.2012, I-16 U 77/11).

Entgegen der Rechtsprechung unter anderem des LG Arnsberg, Urteil vom 18.12.2012, I-3 S 108/12, vorgelegt durch die Klägerin Bl. 42 d.A.) dürfte es der überwiegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen, Personen, die im Lager einer Person stehen und die in diesem Rahmen auf Provisionsbasis Beratungsleistungen für eine Seite erbringen, als mögliche Täuschende auf dieser Seite zu erfassen.

Auch das erkennende Gericht ist der Auffassung, dass sich die Klägerin Erklärungen von Mitarbeitern in ihrer Vertriebsorganisation als Verhandlungsgehilfen zurechnen lassen muss, und zwar unabhängig davon, ob diese selbständig, als Handelsvertreter oder als Angestellte auftreten. Denn die Beratung vor und beim Vertragsschluss obliegt bei einem Verbrauchervertrag dem Unternehmer. Bedient sich ein Mobilfunkunternehmen wie die Klägerin zur Erbringung dieser Beratung weiterer Personen, haben diese den Status von Gehilfen im Sinne des § 278 BGB. Denn diese Beratungsleistung liegt unabhängig von Status der direkt beratenden Mitarbeiter – zumindest “auch“ – im Interesse und im Pflichtenkreis des Mobilfunkunternehmens, das in der Folge einen vorformulierten Antrag des Kunden annimmt.

Eine Täuschung der Zeugin Sch wäre der Klägerin damit zurechenbar.

 

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