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Mobilfunktelefon – Defekt – Wandelung des gesamten Vertrages?

AMTSGERICHT DÜSSELDORF

Az.: 34 C 3564/00

Verkündet am 15.06.2000


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2000 für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis in Form des am 06.05.1999 geschlossenen D2-Kartenvertrages mit der Rufnummer XXXX nicht besteht.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt, der Kläger zu 10 %, die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Seite kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch erbracht werden durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse.

Tatbestand :

Die Beklagte betreibt ein privates Mobiltelefonnetz. In einer Verkaufsaktion warb sie damit, daß an denjenigen, der einen für mindestens zwei Jahre befristeten Vertrag zur entgeltlichen Nutzung des Mobilfunknetzes (D2-Kartenvertrag) abschließt, ein Mobiltelefon der Marke Nokia 5110 zum Preise von 42,24 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verkauft werde. Der Listenpreis für ein derartiges Mobiltelefon betrug 343,10 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kläger schloß am 6.5.1999 den Kartenvertrag sowie den Kaufvertrag ab. Zusätzlich kaufte der Kläger Zubehör für das Mobiltelefon zum Preis von 84,48 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Einschließlich der Mehrwertsteuer zahlte der Kläger 147 DM. Verkäufer des Mobiltelefons war nicht die Beklagte, sondern ein von den Parteien nicht näher benannter Vertriebshändler. An dem Mobiltelefon trat bereits kurze Zeit später ein Defekt dergestalt auf, daß die Anzeige verblaßte und nicht mehr lesbar war. Der Kläger legte das Gerät der Beklagten zur Reparatur vor, die diese nicht ausführen konnte. Auf Anweisung der Beklagten wandte sich der Kläger unmittelbar an den Hersteller des Telefons, der die Verbindung zu einem Vertragshändler in Dortmund herstellte. Dort wurde das Telefon repariert, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg, denn bereits nach einigen Tagen trat der ursprüngliche Defekt wieder auf. Ebenso verhielt es sich nach weiteren Reparaturversuchen des Vertragshändlers. Sowohl dieser als auch die Beklagten gestanden zu, daß eine Reparatur des Mobiltelefons nicht möglich sei. Daraufhin verlangte der Kläger von der Beklagten, ihm ein neues Telefon zu verschaffen. Hierzu war die Beklagte nicht bereit. Daraufhin erklärte der Kläger durch Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 5.8.1999 „die Wandlung des gesamten Vertrages“. Die Beklagte erklärte sich mit der Wandlung des über das Mobiltelefon nebst Zubehör abgeschlossenen Kaufvertrages einverstanden und erstattete dem Kläger den gezahlten Kaufpreis von 147 DM. Hinsichtlich des Kartenvertrages bestand die Beklagte auf Vertragserfüllung durch den Kläger und stellte diesem weiterhin die vereinbarte monatliche Grundgebühr in Höhe von 24,95 DM in Rechnung. Da der Kläger auf die Rechnung der Beklagten vom 19.10.1999 und auf spätere Rechnungen keine Zahlungen leistete, deaktivierte die Beklagte die D2-Karte des Klägers und stellte diesem mit der Rechnung vom 21.1.2000 einen aufgrund der verbliebenen Mindestlaufzeit des Kartenvertrages berechneten Schadensersatz in Höhe von 336,67 DM in Rechnung. Der Betrag der letzten, vom Kläger nicht beglichenen Rechnung der Beklagten vom 21.1.2000 beläuft sich auf insgesamt 396,94 DM. In dieser Rechnung wurde der Kläger gebeten, den Rechnungsbetrag bis zum 1.2.2000 zu überweisen. Die Beklagte unterhält ein Kontokorrentkonto bei einem Bankinstitut, auf dem sie Kredit in Höhe eines die Widerklageforderung übersteigenden Betrages in Anspruch nimmt. Der mit der Widerklage verlangte Betrag wäre zur Rückführung des Kredites verwendet worden.

Der Kläger beantragt, festzustellen, daß zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis aufgrund von Vertragsabschlüssen vom 6.5.1999 nicht besteht, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 348,99 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Im Wege der Widerklage beantragt die Beklagte, den Kläger zu verurteilen, an sie 396,94 DM nebst 6,5% Zinsen seit dem 2.2.2000 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend zulässig und begründet, teilweise ist sie unzulässig. Die Widerklage ist unbegründet.

Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß aufgrund des am 06.05.1999 geschlossenen Kaufvertrages über das Mobiltelefon und das Zubehör keine Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bestehen. Die Beklagte hat sich mit der Wandlung dieses Kaufvertrages einverstanden erklärt und dem Kläger den Kaufpreis erstattet. Die Beklagte berühmt sich insoweit nicht des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, so daß ein rechtliches Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens dieses Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. l ZPO) nicht gegeben ist.

Da die Beklagte der Ansicht ist, daß der D 2-Kartenvertrag zwischen den Parteien fortbestehe und der Kläger die monatliche Grundgebühr schulde, hat der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Vertrages. Insoweit ist seine Klage zulässig.

Die Klage ist in diesem Umfang auch begründet.

Der Kläger hat den zwischen den Parteien am 6.5.1999 geschlossenen Dienstvertrag über die Nutzung des von der Beklagten betriebenen Mobilfunknetzes (D2-Kartenvertrag) durch Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 5.8.1999 fristlos gekündigt. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Mobilfunkvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag, § 611 BGB (Palandt/Sprau, BGB, 58. Auflage, Rn. 16 vor § 631), so daß eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB in Betracht kam. Zu dieser Kündigung war der Kläger gemäß § 626 BGB berechtigt, weil er den Kaufvertrag über das Mobiltelefon wirksam gewandelt hat und der Kartenvertrag mit dem Kaufvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft bildet.

Die Parteien haben den am 6.5.1999 geschlossenen Kaufvertrag über das Mobiltelefon Nokia 5110 gewandelt. Die Beklagte hat sich mit dem Wandlungsverlangen des Klägers einverstanden erklärt und dem Kläger den für das Mobiltelefon sowie das Zubehör vereinnahmten Kaufpreis erstattet. Damit ist nach § 465 BGB die Wandlung vollzogen.

Durch das Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 5.8.1999 hat der Kläger den mit der Beklagten geschlossenen Dienstvertrag nach § 626 BGB wirksam gekündigt. In diesem Schreiben liegt eine auf den Kartenvertrag bezogene Kündigungserklärung des Klägers. Die Beklagte hat die Erklärung des Klägers auch in diesem Sinne verstanden. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger offensichtlich in seinem Schreiben vom 5.8.1999 von dem Bestehen nur eines Vertragsverhältnisses ausgeht und hinsichtlich dieses Vertrages die Wandlung erklärt. Dies ergibt sich daraus, daß der Kläger auf der ersten Seite des Schreibens seines Prozeßbevollmächtigten beide Vertragsverhältnisse, Kaufvertrag und Dienstvertrag, erwähnt und ausdrücklich hinsichtlich „des gesamten Vertrages“ die Wandlung erklärt. Wandlung bedeutet nach den Legaldefinitionen in § 462 und § 634 Abs. l Satz 3 BGB Rückgängigmachung des Vertrages. Durch die Bitte, zu bestätigen, „daß das Vertragsverhältnis beendet ist“, wird deutlich, daß sämtliche zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnisse mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden sollten. Die Beklagte hat der Wandlung des Kaufvertrages zugestimmt, die Kündigung des Dienstvertrages jedoch zurückgewiesen. Dadurch wird deutlich, daß auch die Beklagte die Erklärung des Klägers vom 5.8.1999 dahingehend verstanden hat, daß auch der Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung beendet werden soll.

Der Kläger war zu der außerordentlichen Kündigung des Dienstvertrages berechtigt, weil der Kaufvertrag über das Mobiltelefon gewandelt wurde und beide Verträge eine rechtliche Einheit bilden. Ein einheitliches Rechtsgeschäft ist dann anzunehmen, wenn zwei an sich selbständige Vereinbarungen nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden miteinander „stehen und fallen“ sollen (BGH NJW 1976, 1931). Ein solches einheitliches Rechtsgeschäft liegt hier vor. Nach dem für die Beklagte erkennbaren Willen des Klägers sollten der Kauf- und der Dienstvertrag nicht für sich allein gelten, sondern gemeinsam miteinander stehen und fallen. Dies ergibt sich daraus, daß beide Verträge von der Beklagten in einer Aktion gemeinsam beworben worden sind und das Angebot zum Abschluß des Kaufvertrages unter der Bedingung des Abschlusses eines für mindestens zwei Jahre befristeten Kartenvertrages stand. Es wäre nicht möglich gewesen, den Kaufvertrag zu dem günstigen Preis ohne den gleichzeitigen Abschluß eines Kartenvertrages zu schließen. Aufgrund dieser Angebotsgestaltung konnte die Beklagte erkennen, daß ihre Kunden den Kartenvertrag abschließen, um das für die Nutzung des Mobilfunknetzes unentbehrliche Mobiltelefon zu einem gegenüber dem Listenpreis günstigen Preis erwerben zu können.

Zudem ist davon auszugehen, daß die Beklagten den Kunden, die auf das geschilderte Angebot eingehen, das Mobiltelefon nicht – auch nicht teilweise – schenkt, sondern daß der Erwerb des Mobiltelefons durch die im Rahmen des Kartenvertrags vom Kunden zu erbringenden Leistungen mitfinanziert wird (vgl. BGH NJW.1999, 211, 213). Hat das Mobiltelefon einen Mangel und wird nach der Wandlung des Kaufvertrages lediglich der vergünstigte Kaufpreis erstattet, der Kunde aber an dem Kartenvertrag zu den ursprünglichen Konditionen festgehalten, so führt dies dazu, daß der Kunde über die Leistungsentgelte für den Kartenvertrag das Mobiltelefon, das er wegen der Wandlung des Kaufvertrages nicht erworben hat, dennoch (zumindest teilweise) bezahlt. Daher war für die Beklagte erkennbar, daß ihre Kunden für den Fall, daß ihnen das Mobiltelefon nicht mehr funktionstüchtig zur Verfügung steht, auch an den in Verbindung mit dem Kaufvertrag geschlossenen Kartenvertrag nicht mehr gebunden sein wollen. Der Annahme einer rechtlichen Einheit steht es nicht entgegen, daß Vertragspartner des Klägers bei dem Kaufvertrag offenbar nicht die Beklagte, sondern ein Dritter war. An Verträgen, die eine rechtliche Einheit bilden, müssen nicht durchweg dieselben Personen beteiligt sein (BGH NJW 1976, 1931, 1932). Es spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, daß mehrere selbständige Verträge, die in verschiedenen Urkunden niedergelegt sind, keine rechtliche Einheit bilden sollen (BGHZ 78, 346, 349). Diese Vermutung ist im vorliegenden Fall jedoch durch die soeben dargestellten Umstände widerlegt.

Soweit die Beklagte sich auf die Entscheidung BGH NJW 1999, 211 ff. beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr sprechen auch die dortigen Ausführungen des BGH, der Rechtsverkehr halte sich nicht mit rechtlichen Erwägungen der Aufspaltung in zwei Rechtsgeschäfte auf, dafür, daß von einem einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen ist.

Die Beklagtenseits zitierten Entscheidungen des Amtsgerichts Bingen und des Amtsgerichts Düsseldorf lassen nicht erkennen, daß die Angebotsgestaltung mit der vorliegenden vergleichbar war und ob auch in jenen Fällen von einem einheitlichen Rechtsgeschäft ausgegangen werden konnte.

Die gemäß § 33 ZPO zulässige Widerklage ist unbegründet, da der Kläger den D2-Kartenvertrag mit Schreiben vom 05.08.1999 gekündigt hat und daher die Zahlungsansprüche der Beklagten, wegen derer sie Schadensersatz verlangt, nicht bestehen. Aus diesem Grund kann auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht gegeben sein.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. l, 108 Abs. l Satz l, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Das Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit des Mobilfunkvertrages entspricht der Schadensersatzforderung der Beklagten. Der unzulässige Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrages war im Vergleich dazu nur von einem geringfügigen Gegenstandswert. Insgesamt ergibt sich daher ein Streitwert: bis 600,— DM.

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