AG Hamburg
Az.: 14 C 16/11
Urteil vom 16.06.2011
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2010 sowie weitere 27,75 € Mahn- und Inkassokosten zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 96 Prozent und die Beklagte 4 Prozent zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten restlichen Ausgleich von Mobilfunkrechnungen für die Zeiträume 16.05.2010 bis 15.06.2010 und 16.07.2010 bis 15.08.2010.
Die Klägerin bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Im Juni 2009 schlossen die Parteien über das Internet einen Vertrag, nach dem die Beklagte mit einer SIM-Karte zur Telefonnummer … über den Tarif „simply easy postpaid 2,95 EUR Versandk.“ Mobilfunk-Dienstleistungen der Klägerin in Anspruch nehmen konnte. In ihrem Antrag vom 23.06.2009 erkannte die Beklagte die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sowie die Gültigkeit der „simply Tarifliste“ für das Vertragsverhältnis an. Wegen der Einzelheiten des Vertrages, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der „simply Tarif Übersicht“ wird auf die Anlagen K 1, K 2, K 4 und K 5 Bezug genommen.
Die Klägerin bietet auch GPRS-Verbindungen als „GPRS by call“ an. Hierzu existiert eine Information „Allgemeine Hinweise und Preise“. Danach beträgt der Tagesnutzungspreis 0,19 €. Je angefangener 10 Kbyte kommen pro 10 Kbyte 0,19 € hinzu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.
Der marktübliche Preis für GPRS-Verbindungen betrug im Mai/Juni 2010 pro MB 0,19 bis 0,49 €.
Die Beklagte bekam im Mai 2010 von ihrem Mann ein iPhone geschenkt. Dieses nahm sie am 27.05.2010 mit der SIM-Karte der Klägerin in Betrieb. Sie deaktivierte die so genannte WiFi-Funktion. Dass das Telefon gleichwohl mittels GPRS Verbindung mit dem Internet aufnahm, war der Beklagten nicht erkennbar und nicht bekannt. Zwischen dem 27.05.2010 und dem 30.05.2010 rief das Gerät 66.924 KByte ab. Die Beklagte war davon ausgegangen, dass mit ihrer SIM-Karte GPRS-Verbindungen nicht ermöglicht werden. Anschließend sperrte die Klägerin vorübergehend die SIM-Karte der Beklagten und teilte ihr das Geschehen mit.
Die Klägerin rechnete unter dem 15.06.2010 im Rahmen Rechnung für den Zeitraum vom 16.05.2010 bis 15.06.2010 für GPRS-Verbindungen 1.069,4287 € netto ab. Daneben enthielt diese Rechnung sonstige Mobilfunk-Posten in Höhe von 42,15 € netto bzw. 50,16 € brutto. Mit weiterer Rechnung vom 15.08.2010 rechnete die Klägerin für den Zeitraum vom 16.07.2010 bis 15.08.2010 einen Betrag von 47,42 € brutto ab. GPRS-Verbindungen waren hierbei nicht enthalten. Wegen der Einzelheiten der Rechnungen wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.
Die Beklagte zahlte auf diese Rechnungen am 01.07.2010 einen Betrag von 110,16 €, wobei 60,00 € auf die GPRS-Verbindungen fallen sollten.
Die Klägerin mahnte die Restbeträge unter dem 20.09.2010 und dem 08.10.2010 an. Anschließend schaltete sie ein Inkassounternehmen ein.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass es Sache der Beklagten gewesen wäre, sich zu informieren, welche Kosten durch ihr Verhalten entstehen. Zwischen den Parteien sei ein Vertrag unter den Bedingungen von „GPRS by call“ zustande gekommen.
Die Klägerin hat im vorangegangenen Mahnverfahren noch weitere 39,00 € aus einer Rechnung vom 11.10.2010 sowie 30,00 € Mahnkosten und 177,50 € Inkassokosten geltend gemacht.
Die Klägerin beantragt bei Klagrücknahme im Übrigen, die Beklagte zu verurteilen, 1.260,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.222,78 € seit dem 15.06.2010 und aus weiteren 37,26 € seit dem 11.10.2010 nebst außergerichtlich entstandener Mahnspesen in Höhe von 5,00 € nebst entstandener Inkassokosten in Höhe von 97,46 € an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint insbesondere, dass der „GPRS by call“-Tarif sittenwidrig sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
1.
Die Klägerin begehrt hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderungen von der Beklagten zu Recht nur 47,42 €. Hierauf hat sie einen Anspruch aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Mobilfunkvertrag. Die Beklagte hat die Teilzahlungen vom 01.07.2010 von insgesamt 110,16 € (schon wegen des gegebenen Zeitmoments) nur auf die Rechnung vom 15.06.2010 geleistet, nämlich 60,00 € auf die GPRS-Gebühren und 50,16 € auf die sonstigen Rechnungsposten. Damit ist die Rechnung vom 15.08.2010 offen geblieben. In dieser Rechnung werden auch die hier streitigen GPRS-Verbindungen nicht abgerechnet. Andere Rechnungsposten als die Gebühren für die GPRS-Verbindungen hat die Beklagte nicht beanstandet.
2.
Dagegen begehrt die Klägerin zu Unrecht weitere 1.212,62 € aus der Rechnung vom 15.06.2010. Sie hat hierauf aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch.
a)
Ausgangspunkt ist, dass die Beklagte die Rechnung vom 15.06.2010 ausgeglichen hat, soweit die Posten neben den GPRS-Gebühren betroffen sind. Erstere machten 50,16 € aus.
Die Kosten für die GPRS-Verbindungen hat die Beklagte mit einer Zahlung von 60,00 € ebenfalls hinreichend abgedeckt.
b)
Die Klägerin hat nämlich zunächst keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung ihrer Tarife „GPRS by call“ gemäß der Anlage K 3.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist zwischen den Parteien eine Vereinbarung zum Dienst „GPRS by call“ nicht zustande gekommen.
aa)
Dies gilt zunächst für den Vertragsschluss vom Juni 2009. Aus den Vertragsunterlagen wird nicht hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Herstellung von GPRS-Verbindungen zu dem in der Anlage K 3 genannten Preis vornehmen lassen kann. So hat sie gemäß ihrem Antrag vom 23.06.2009 (Anlage K 1) den Tarif „simply easy postpaid“ gewählt. Nach der Tarifübersicht (Anlage K 2) beinhaltet dieser Sprachverbindungen und SMS-Versand. In einer Fußnote (Nummer 2) wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Sprachverbindungen keine „Daten“ beinhalten.
Die AGB (Anlage K 4) verweisen unter Ziffer I in erster Linie auf diese Tarifübersicht und geben erst in Ziffer II an unübersichtlicher Stelle einen indirekten Hinweis auf mögliche Datenverbindungen. Insoweit ist dies angesichts der fehlenden Nennung von Datenverbindungen im Antrag und in der Tarifübersicht überraschend im Sinne von § 305c Absatz 1 BGB.
Aber selbst wenn man dies nicht für überraschend hielte, führte die Aufmachung der „Allgemeinen Hinweise und Preise“ für „GPRS by call“ (Anlage K 3) dazu, dass die Möglichkeit der Herstellung solcher Verbindungen zwischen den Parteien nicht vereinbart wurde. So heißt es dort im ersten Abschnitt unter anderem in Fettschrift:
„Einrichtung kostenlos
Monatliche Grundgebühr kostenlos
Tagesnutzungspreis (…).“
Die Benutzung des Wortes „Einrichtung“ ergibt zumindest die naheliegende Auslegungsvariante, dass die Möglichkeit der Herstellung von GPRS-Verbindungen extra eingerichtet werden muss und nicht ohne weiteres besteht. Die Beklagte aber hat eine solche Einrichtung im Juni 2009 unstreitig nicht beantragt. Dies geht nach § 305c Absatz 2 BGB zu Lasten der Klägerin.
bb)
Auch durch die Inbetriebnahme des iPhone im Mai 2010 kam es dann nicht zu einer Vereinbarung von „GPRS by call“. So war für die Beklagte unstreitig nicht erkennbar, dass das iPhone Verbindungen zum Internet herstellte. Deswegen und angesichts des soeben unter aa) Ausgeführten durfte die Klägerin das Verhalten der Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht als (konkludente) Willenserklärung, gerichtet auf einen Vertragsschluss, auffassen.
c)
Damit hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach nur einen Anspruch aus § 812 BGB. Dieser ist auf das marktübliche Entgelt für die entsprechende Dienstleistung gerichtet.
Unstreitig betrug der Marktpreis für GPRS-Verbindungen im Zeitraum Mai/Juni 2010 bei Discount-Anbietern wie der Klägerin 0,19 bis 0,49 € pro MB. Da das Gerät der Beklagten weniger als 67 MB abrief, genügen die bezahlten 60,00 € daher auf jeden Fall zur Abdeckung des geschuldeten Wertersatzes.
3.
Der Zinsanspruch folgt – soweit er wegen des Bestehens einer Hauptforderung zuzusprechen war – aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Der Anspruch auf Erstattung von Mahnkosten und Inkassokosten folgt aus den §§ 280, 286 BGB. Hinsichtlich der Inkassokosten war die Klage ebenfalls teilweise abzuweisen, da die Kosten nur nach einem Gegenstandswert von 47,42 € zu berechnen waren.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 269 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nummer 11, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2.