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Motorraddiebstahl – Leistungsfreiheit – Versicherung

Oberlandesgericht Celle

Az.: 8 W 12/07

Beschluss vom 26.03.2007

Vorinstanz: Landgericht Hildesheim, Az.: 3 O 369/06


B e s c h l u s s

In dem Prozesskostenhilfeverfahren hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 16. November 2006 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 2. November 2006 am 26. März 2007 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G r ü n d e :

I.
Der Antragsteller beabsichtigt eine Klage gegen die Antragsgegnerin auf Kaskoentschädigung nach dem behaupteten Diebstahl seines Motorrades Harley Davidson in der Nacht vom 2. auf den 3. November 2005 in W.

Die Antragsgegnerin lehnte mit Schreiben vom 16. März 2006 (Bl. 30 d. A.), das dem Antragsteller am 17. März 2006 zugegangen ist, eine Leistung wegen Verstoßes des Antragstellers gegen seine Aufklärungsobliegenheit und mangels Nachweises eines versicherten Entwendungsschadens ab. Das Schreiben endet mit der Belehrung: „Sollten Sie die Ablehnung des Versicherungsschutzes für ungerechtfertigt halten, müssen Sie Ihren vermeintlichen Anspruch gegen uns innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend machen. Anderenfalls besteht für uns auch wegen Fristablaufs Leistungsfreiheit (Versicherungsvertragsgesetz § 12 Abs. 3). Die 6-Monats-Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem Ihnen dieser Brief zugeht“. Mit vorab per Telefax am 14. September 2006 beim Landgericht Hildesheim eingegangenem Schriftsatz beantragte der Antragsteller unter Beifügung eines Klageentwurfs die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und kündigte an: „Die Erklärung der Partei im amtlichen Vordruck wird nachgereicht“. Die Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ging mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 am 6. Oktober 2006 beim Landgericht ein. Nachdem der Kammervorsitzende dem Antragsteller mit Verfügung vom 11. Oktober 2006 eine Frist zur Beantwortung von Fragen zu der Erklärung gesetzt hatte und diese fruchtlos verstrichen war, wies die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim das Prozesskostenhilfegesuch mit Beschluss vom 2. November 2006 mangels nachvollziehbarer Darstellung und Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zurück.

Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Antragstellers vom 7. November 2006 hat das Landgericht mit Beschluss vom 29. Januar 2007 nicht abgeholfen und dies auch damit begründet, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, weil die Redlichkeitsvermutung durch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Antragstellers nachhaltig erschüttert sei.

II.

Das Rechtsmittel ist nach §§ 127 Abs. 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen.

Dabei kann sowohl offen bleiben, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen könnte, als auch, ob dem Antragsteller wegen dessen Unglaubwürdigkeit die Tatsachen nicht zu glauben sind, die das äußere Bild eines Kraftfahrzeugdiebstahls ausmachen (vgl. BGH VersR 1993, 571, 572). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung entfällt hier nämlich schon deshalb, weil der Antragsteller, worauf sich die Antragsgegnerin ausdrücklich beruft, die Frist des § 12 Abs. 3 VVG versäumt hat.

1. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird.

a) Die Frist beginnt, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat. Im Streitfall ist das mit einer Belehrung i. S. von § 12 Abs. 3 S. 2 VVG versehene Leistungsablehnungsschreiben der Antragsgegnerin vom 16. März 2006 dem Antragsteller ausweislich seines eigenen handschriftlichen Eingangsvermerks (Bl. 30 d. A.) am 17. März 2006 zugegangen.

b) Das Ablehnungsschreiben hat die Frist des § 12 Abs. 3 VVG auch wirksam in Lauf gesetzt. Dem steht die in § 14 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) geregelte Möglichkeit eines Sachverständigenverfahrens nicht entgegen. Dem Versicherer ist es zwar verwehrt, die Leistungsablehnung mit einer Belehrung zu verbinden, die die Frist des § 12 Abs. 3 VVG in Lauf setzt, solange dem Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen das unbefristete Recht eingeräumt ist, vom Versicherer einseitig die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens auch zu den tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchsgrundes zu verlangen (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1618, 1619, zu § 19 Nr. 1 S. 3 VHB 98). § 14 AKB sieht das Sachverständigenverfahren jedoch allein für Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Wiederherstellungsarbeiten vor. Eine Erstreckung des Sachverständigenverfahrens auch auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs, also auf die tatsächlichen Voraussetzungen zu dem hier streitigen Grund des Anspruchs ist nicht eröffnet.

c) Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG lief deshalb am 17. September 2006 ab. Vor diesem Fristablauf hat der Antragsteller seinen Anspruch nicht ordnungsgemäß gerichtlich geltend gemacht. Zwar kann für die gerichtliche Geltendmachung auch die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs genügen. Doch wahrt dieses eine gesetzliche Frist nach ständiger Rechtsprechung nur dann, wenn es vor Fristablauf in ordnungemäßer Form bei Gericht eingeht. Dazu gehört gem. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, dass dem Gesuch der ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt wird (vgl. BGH NJW 2006, 298 f. m. w. N.). Daran fehlt es vorliegend, weil der Antrag selbst keinerlei Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers enthielt und er den Vordruck überhaupt erst am 29. September 2006 – und damit nach dem schon am 17. September 2006 eingetretenen Fristablauf – ausgefüllt sowie mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 am 6. Oktober 2006 zu den Akten nachgereicht hat. Auf die Frage, ob ein (ordnungsgemäßes) Prozesskostenhilfegesuch die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nur dann wahre, wenn der Versicherungsnehmer alles ihm Zumutbare für eine Klagezustellung „demnächst“ unternehme, kommt es danach nicht mehr an (vgl. BGH NJW 2006, 298, 299 m. w. N.).

2. Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. Januar 2007 hilfsweise Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, ist dieser Antrag unzulässig. Bei der versäumten Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG handelt es sich nicht um eine für die Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO vorausgesetzte Notfrist. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf gegen die schuldlose Versäumung einer Notfrist oder anderer, in § 233 ZPO der Notfrist gleichgestellten prozessualen Fristen. Notfristen sind nur diejenigen Fristen, die das Gesetz als solche bezeichnet (§ 224 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG ist hingegen eine vorprozessuale Ausschlussfrist materiellen Rechts, auf die die zivilprozessualen Bestimmungen der Wiedereinsetzung nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 1961, 312, zu Art. 8 Abs. 10 FinVertr.).

3. Allerdings kann sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, wenn den Versicherungsnehmer an der Fristversäumung kein Verschulden trifft (vgl. BGH VersR 1987, 897, 898 m. w. N.). Der Antragsteller als Versicherungsnehmer hat indessen nichts dazu vorgetragen, warum er ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein soll, bis zum Ablauf des 17. September 2006 ein ordnungsgemäßes Prozesskostenhilfegesuch nebst ausgefülltem Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Landgericht einzureichen.

III.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Außergerichtliche Kosten werden nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

Motorraddiebstahl – Leistungsfreiheit – Versicherung

 

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