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Motorradfahrersturz – Kollision mit Motorradteilen durch Kraftfahrzeug

LG Essen – Az.: 6 O 106/18 – Urteil vom 10.12.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

Am …… befuhr der Kläger gegen 5.10 Uhr mit seinem Pkw W (amtliches Kennzeichen ………) die BAB 52 in Fahrtrichtung Essen. Er befuhr zunächst die linke von zwei Fahrspuren. Nachdem er im Rückspiegel den herannahenden Beklagten zu 1) erkannt hatte, wechselte der Kläger auf die rechte Fahrspur, um den Beklagten zu 1) überholen zu lassen.

Der Beklagte zu 1) fuhr auf seinem Motorrad I(amtliches Kennzeichen …….) auf der linken Spur mit einer Geschwindigkeit von etwa 170 km/h. Das Motorrad ist bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Als der Beklagte zu 1) das Fahrzeug des Klägers passiert hatte, wechselte dieser wieder auf die linke Fahrspur und verlor den Beklagten zu 1) aus den Augen. Der Beklagte zu 1) passierte weitere Fahrzeuge, wie zu Beispiel die Fahrzeuge der Zeugen I 1, T und H. Er – der Beklagte zu 1) – kam schließlich bei Kilometer 8,7639 zu Fall. Der Hergang des Geschehens, das zum Sturz des Beklagten zu 1) führte, ist zwischen den Parteien streitig.

Durch den Sturz des Beklagten zu 1) wurde sein Motorrad schwer beschädigt und zerbarst in diverse größere und kleinere Teile, die auf der unbeleuchteten Fahrbahn verstreut liegen blieben. Das Licht am Motorrad erlosch. Der Beklagte zu 1) war zunächst auf die linke Fahrspur gestürzt, konnte sich indes auf den Mittelstreifen bewegen. Dort verblieb er bis zum Eintreffen der Rettungskräfte.

Der Kläger, der den Sturz des Beklagten zu 1) nicht wahrgenommen hatte, näherte sich der Unfallstelle. Zu diesem Zeitpunkt herrschte mäßig starker Verkehr. Er bemerkte, dass sich mehrere Fahrzeuge auf der rechten Seite der Straße befanden, die ihr Warnblinklicht eingeschaltet hatten. Der Kläger fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 140 bis 150 km/h, als plötzlich ein Teil des Motorrads des Beklagten zu 1) vor ihm auf seiner Fahrspur auftauchte. Obwohl der Kläger sofort den Bremsvorgang einleitete und versuchte, dem Hindernis auszuweichen, konnte er eine Kollision nicht vermeiden. Er berührte das Motorradteil mit der vorderen linken Ecke, der linken Seite, dem linken Heck und dem Unterboden seines Pkw. Er befürchtete zunächst, auch den Beklagten zu 1) überrollt zu haben.

Durch diese Kollision wurde das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 6.158,49 EUR. Trotz Reparatur verblieb eine Wertminderung in Höhe von 160,00 EUR. Der Gutachter stellte für seine Tätigkeit 639,17 EUR in Rechnung. Ferner hatte der Kläger Kosten für einen Mietwagen, deren Höhe zwischen den Parteien streitig ist. Schließlich macht er eine Auslagepauschale in Höhe von 60,00 EUR geltend. Der Kläger forderte durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten die Beklagten unter Fristsetzung bis zum 25.02.2018 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von insgesamt 8.962,67 EUR zur Zahlung auf. Dieser Aufforderung kamen die Beklagten nicht nach.

Die Klageschrift ist den Beklagten am 06. bzw. 09.04.2018 zugestellt worden.

Der Kläger behauptet, dass der Beklagte zu 1) aufgrund erheblich überhöhter Geschwindigkeit auf das Fahrzeug des Zeugen T aufgefahren und dadurch zu Fall gekommen sei.

Er ist überdies der Ansicht, dass die Kollision seines Fahrzeugs mit dem Motorradteil für ihn unvermeidbar gewesen sei.

Er behauptet, ihm seinen Mietwagenkosten in Höhe von 1.975,01 EUR entstanden.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 8.962,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.09.2017 sowie weitere 808,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Motorradfahrersturz - Kollision mit Motorradteilen durch Kraftfahrzeug
(Symbolfoto: Dmitry Surov/Shutterstock.com)

Sie behaupten, dass der Zeuge T einen Fahrstreifenwechsel nach links ausgeführt habe, um in der Folge einen Lkw zu überholen. Dabei sei der Zeuge T – der zu diesem Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von ca. 105 bis 110 km/h gefahren sei – direkt vor das herannahende Motorrad des Beklagten zu 1) ausgeschert. Zu diesem Zeitpunkt habe die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) noch immer etwa 170 km/h betragen. Dieser sei nun zu einer Notbremsung gezwungen worden, um die Kollision zu vermeiden. Hierbei habe er die Kontrolle über sein Motorrad verloren und sei in Richtung des Lkw gerutscht, mit dem er schließlich auch kollidiert und deshalb zu Fall gekommen sei.

Sie sind der Ansicht, dass die Kollision des Beklagten zu 1) mit dem Lkw, die letztlich zum Sturz geführt habe, für ihn aufgrund des Verhaltens des Zeugen T unvermeidbar gewesen sei. Ihm – dem Beklagten zu 1) – sei an der Kollision des klägerischen Fahrzeugs mit Teilen des Motorrades kein Verschulden zuzurechnen.

Die Beklagten behaupten des Weiteren, dass die vom Kläger geltend gemachten Kosten für einen Mietwagen überhöht seien. Es sei dem Kläger möglich gewesen, ein gleichwertiges Fahrzeug für dieselbe Zeit zum Preis von schätzungsweise 540 EUR anzumieten. Sie sind der Ansicht, dass sich der Kläger hier ersparte Aufwendungen müsse anrechnen lassen, die mit mindestens 10 % zu beziffern seien. Schließlich sei ein Aufschlag für die abgeschlossene Vollkaskoversicherung nicht zu erheben.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. T., I 1 und H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2018 (B. 95 ff. d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A. Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Essen örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig. Der streitgegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich auf der BAB 52 auf dem Gebiet der Stadt H 1, die im Gerichtsbezirk des Landgerichts Essen liegt. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 23, 71 GVG zuständig.

B. Begründetheit

Die Klage ist unbegründet.

I. Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von 8.962,67 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 823, 249 ff. BGB

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 8.962,67 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 823, 249 ff. BGB.

Ein Anspruch ist bereits dem Grunde nach nicht entstanden. Denn es mangelt an einem vorwerfbaren Verschulden des Beklagten zu 1).

1. Beschädigung einer Sache bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs, §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG

Das Fahrzeug des Klägers wurde bei der Kollision mit Teilen des Motorrads des Beklagten zu 1) unstreitig beschädigt. Dies geschah bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Motorrad des Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt der Kollision stark beschädigt in Teilen auf der Fahrbahn gelegen hat. Denn es hat sich bei der Kollision eine Gefahr realisiert, die mit dem Motorrad als Verkehrsmittel verbunden hat. Ausreichend ist insoweit ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang. Es genügt, dass sich eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat, also dass das Fahrzeug durch eine Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (Burmann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage, § 7 StVG Rn. 7 m. w. N.). Die Kollision ereignete sich in unmittelbarer Nähe zu dem Ort, an dem der Beklagte zu 1) kurz zuvor mit seinem Motorrad gestürzt war. Die auf der Fahrbahn liegenden Teile des Motorrades haben den nachfolgenden Verkehrsfluss beeinträchtigt.

Der „Betrieb“ des Kfz war durch den Sturz auch nicht beendet. Den von einer Beendigung ist in der Regel erst dann auszugehen, wenn das Fahrzeug an einen Ort außerhalb des allgemeinen Verkehrs verbracht wurde (Burmann, a. a. O. Rn. 9). Auch ein unfallbeschädigtes Fahrzeug an der Unfallstelle ist ein Fahrzeug, das sich in „Betrieb“ befindet (Burmann, a. a. O., Rn. 10 m. w. N.).

2. Haftung des Beklagten zu 1)

Indes trifft den Beklagten zu 1) im Ergebnis an dem dem Kläger entstandenen Sachschaden kein Verschulden, das zum Schadensersatz verpflichtet.

a) Kein Ausschluss nach § 7 Abs. 2 StVG

Zunächst ist eine Haftung des Beklagten zu 1) nicht wegen höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. Denn es handelte sich bei der Kollision seines Motorrades mit dem klägerischen Fahrzeug nicht um höhere Gewalt. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn ein von außen einwirkendes, außergewöhnliches und nicht abwendbares Ereignis zur Kollision geführt hat. Hier war der letztlich zur Kollision führende Sturz des Beklagten zu 1) kein auf höhere Gewalt zurückzuführender Unfall. Vielmehr geschah dieser verkehrsbedingt durch menschliches Fehlverhalten, wobei an dieser Stelle dahinstehen kann, wer den Sturz des Beklagten zu 1) verursacht hat.

b) Haftungsverteilung gemäß § 17 StVG

aa) Die Kollision zwischen dem klägerischen Pkw und den Teilen des Motorrades des Beklagten zu 1) war für keine der Personen ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 BGB. Von einem unabwendbaren Ereignis im Sinne dieser Norm ist auszugehen, wenn der Unfall auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht hätte abgewendet werden können. Hierbei kommt es nicht nur darauf an, wie ein „Idealfahrer“ in der konkreten Gefahrensituation reagiert hätte, sondern auch darauf, ob ein „Idealfahrer“ überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre (Heß, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage, § 17 StVG Rn. 8 m. w. N.). Für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses ist jeweils die Partei darlegungs- und beweisbelastet, die sich darauf beruft. Hier ist weder dem Kläger noch dem Beklagten zu 1) die Darlegung bzw. der Beweis gelungen, dass die Kollision für sie unabwendbar war.

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Hinsichtlich des Klägers war zu berücksichtigen, dass bereits nach seinen eigenen Ausführungen im Termin am 18.06.2018 das Bestehen eines unabwendbaren Ereignisses auszuschließen war. Denn er hat angegeben, mit einer Geschwindigkeit von 140 bis 150 km/h über eine nicht beleuchtete Autobahn gefahren zu sein. Er habe nicht mehr bremsen bzw. ausweichen können, als es in seinem Sichtfeld aufgetaucht sei. Ein „Idealfahrer“ hätte sei Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit geführt, die ihm ein Reagieren und Ausweichen bzw. Anhalten innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs ermöglicht.

Hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist das Gericht nicht im Sinne des § 286 ZPO davon überzeugt, dass der Sturz für ihn unvermeidbar gewesen ist. Dies beruht nicht allein auf der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit von etwa 170 km/h. Zwar wäre ein „Idealfahrer“ auf einer Autobahn im Dunkeln ggf. mit einer geringeren Geschwindigkeit an eine Kolonne auf der rechten Spur herangefahren und hätte damit gerechnet, dass eventuell ein Fahrzeug zum Überholen ausschert. Jedoch ist insoweit zu berücksichtigen, dass hier auch der Abstand mit dem das zum Überholen ansetzende Fahrzeug vor dem herannahenden Motorrad einschert von Bedeutung ist. Die Beklagten haben jedoch den ihm obliegenden Beweis dafür, dass der Zeuge T erst unmittelbar vor dem Beklagten zu 1) auf die linke Fahrspur wechselte, nicht erbracht. Zwar hat der Zeuge I 1 ausgesagt, dass der Beklagte zu 1) unmittelbar nach dem Ausscheren des Zeugen T zu bremsen begonnen habe und er – der Zeuge I 1 – diesen Überholvorgang des Zeugen T als „ziemlich knapp“ beschrieben. Doch stehen dieser Aussage die Angaben der Zeugen T und H gegenüber, die angaben, dass der Zeuge T bereits ausgeschert und einen Teil des Überholvorgangs abgeschlossen hatte, als der Beklagte zu 1) mit seinem Motorrad von hinten näher kam und schließlich ins Schlingern geriet, bevor er zu Fall kam. Das Gericht hält alle drei Zeugen für glaubwürdig. Dies gilt auch für den Zeugen T, der als der „Ausscherende“ ggf. ein Interesse daran gehabt haben könnte, seinen eigenen Verschuldensbeitrag zu relativieren. Das Gericht vermag es nicht, einer inhaltlichen Schilderung des Ablaufs den Vorrang zu geben. Die Beklagten bleiben beweisfällig.

bb) Es war demnach gemäß § 17 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 StVG eine Haftungsabwägung vorzunehmen. Es war zu beurteilen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Hier wiegt das Verschulden des Klägers an dem Verkehrsunfall so schwer, dass es im Ergebnis die bestehende Betriebsgefahr des Motorrades des Beklagten zu 1) vollständig zurücktreten lässt.

(1) Dabei hat das Gericht in einem ersten Schritt die Verursachungsbeiträge des Klägers und des Beklagten zu 1) bestimmt. Der Verursachungsbeitrag wird durch die Summe der Gefahren gebildet, die in der konkreten Unfallsituation von dem Kfz ausgegangen sind und die sich auf den Unfall ausgewirkt haben.

Hinsichtlich des Klägers waren folgende Umstände zu berücksichtigen: Dem Kläger ist ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1 S. 2 und 4, 1 StVO vorzuwerfen. Denn allein der Umstand, dass er mit dem unmittelbar vor ihm auftauchenden Motorradteil kollidierte, führt zu der Feststellung, dass er entweder zu schnell oder unaufmerksam gefahren ist. Der Kläger hat nach eigenem Vortrag seine Geschwindigkeit nicht an die Straßen- und Sichtverhältnisse angepasst. Zudem fuhr er mit einer Geschwindigkeit, die es ihm nicht ermöglichte, innerhalb der von ihm übersehbaren Strecke anzuhalten. Diese Gebote gelten auch für Fahrzeuge, die bei Dunkelheit fahren. Einem Fahrzeugführer muss es auch bei Dunkelheit möglich sein, vor einem unbeleuchteten Hindernis anzuhalten. Dabei darf die Fahrgeschwindigkeit keinen Anhalteweg bedingen, der länger ist als die Sichtweite des Fahrzeugführers (BGH, Urt. v. 08.12.1987 – VI ZR 82/87 m. w. N.; OLG Koblenz, Urt. v. 10.06.1991 – 12 U 187/90 m. w. N.; OLG Hamm, Urt. v. 28.11.2003 – 9 U 95/02 m. w. N.). Dem Kläger war es nach eigenen Angaben nicht möglich auf das plötzliche Auftauchen des Motorradteils dergestalt zu reagieren, dass er eine Kollision vermeiden konnte. Dabei wurde er insbesondere nicht durch andere Fahrzeuge vor, neben oder hinter ihm beeinträchtigt. Dieser Umstand ist allein auf sein Fahrverhalten zurückzuführen. Erschwerend und verschuldenserhöhend kam hinzu, dass der Kläger nach eigenen Angaben bereits Fahrzeuge mit eingeschaltetem Warnblinklicht auf der rechten Seite der Straße erkannt hatte. Er war daher zu erhöhter Vorsicht verpflichtet, da er auf eine Gefahrenstelle hingewiesen worden war. Dass sich diese lediglich auf den rechten Straßenrand bezog bzw. lediglich die dort befindlichen Fahrzeuge betraf, durfte er nicht annehmen. Die Kammer hat an dieser Stelle berücksichtigt, dass der Kläger unmittelbar nach Erkennen der Warnblinklichter seinen Bremsvorgang einleitete, die Kollision indes nicht mehr vermeiden konnte. Aus der Schilderung des Klägers, dass Motorrad sei etwa 15 Meter vor ihm aufgetaucht, lässt sich schließen, dass der Kläger eine Geschwindigkeit innehatte, die ihm selbst das wirkliche Erkennen und Erfassen des vor ihm befindlichen Gegenstandes in einer Zeit, die Reaktionen noch zulässt, nicht ermöglichte. Dabei geht die Kammer mangels anderer Angaben des Klägers davon aus, dass die Frontscheinwerfer seines Fahrzeugs intakt waren. Der Kläger hat gleichzeitig gegen das im Straßenverkehr geltende Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verstoßen. Dies wurde ihm noch vor Ort klar, als er nach eigenen Angaben feststellte, dass er nicht einmal wisse, ob er nicht auch den Motorradfahrer überrollt habe. Schließlich hat der Kläger auch die auf Autobahnen empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130 km/h (§ 1 S. 1 Nr. 1 ABRichtgV) um ca. 10 % überschritten. Hierbei konnte die Kammer nicht unberücksichtigt lassen, dass der Verstoß vorliegend schwer wiegt, weil selbst diese Richtgeschwindigkeit nur dann empfohlen wird, wenn günstige Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse vorliegen. Der Kläger fuhr hier im Dunkeln auf einer unbeleuchteten Autobahn im beginnenden morgendlichen Berufsverkehr. Schließlich hat die Kammer auch die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs in seine Betrachtung einbezogen.

Hinsichtlich der Beklagten waren dagegen folgende Umstände zu berücksichtigen: Zunächst war der Beklagte zu 1) nach seinem Sturz nicht mehr in der Lage, die Straße gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO den Verkehr zu sichern und etwa beiseite zu fahren. Er lag verletzt am Rand der linken Fahrspur und rollte sich schließlich auf den Mittelstreifen. Ein Aufstehen war ihm nicht möglich. Zudem waren die Teile seines Motorrades auf der Fahrbahn verteilt. Ein Aufheben der Teile wäre ihm zudem gemäß § 34 Abs. 3 StVO auch verboten gewesen, bevor nicht die notwendigen Unfallspuren gesichert sind. Inwieweit den Beklagten zu 1) an dem Sturzgeschehen selbst ein Verschulden im Verhältnis zum Zeugen T trifft, ist zudem im Verhältnis zum Kläger und dem nachfolgenden Kollisionsgeschehen im vorliegenden Fall unerheblich. Es ist insoweit lediglich die Betriebsgefahr des Motorrades zu berücksichtigen.

(2) In einem zweiten Schritt hat das Gericht sodann die Verursachungsbeiträge gegeneinander abgewogen. Dabei ist bedacht worden, dass derjenige den größeren Haftungsanteil trägt, dessen Verhalten den Eintritt des Schadens in höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. Dies war hier der Kläger.

Denn unabhängig von der Frage, ob der Beklagte zu 1) zuvor den zum Sturz führenden Unfall verursacht hat, hätte der Kläger bei Einhaltung der Vorschriften der StVO einen Schaden an seinem Fahrzeug vollständig vermeiden können. Denn er wäre dann in der Lage gewesen, vor den vor ihm befindlichen Motorradteilen anzuhalten oder diesen jedenfalls auszuweichen. Der Beklagte zu 1) indes war nach dem Sturz zu einer Verhinderung der Kollision nicht mehr in der Lage. Diese Einschätzung führt dazu, dass die Betriebsgefahr des Motorrads des Beklagten zu 1) hier vollständig zurücktritt und den Kläger im Ergebnis das alleinige Verschulden an der Kollision trifft.

3. § 823 Abs. 1, 2 BGB

Auch im Rahmen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 823 Abs. 1, 2, BGB ist für die Begründung einer Ersatzpflicht der Beklagten ein Verschulden des Beklagten zu 1) an der eingetretenen Rechtsgutsverletzung beim Kläger erforderlich. An einem solchen vorwerfbaren Verschulden fehlt es im Ergebnis, weil dem Kläger ein Vorwurf des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB in Höhe von 100 % zur Last fällt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen, die hier sinngemäß gelten.

II. Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Verzinsung der Hauptforderung

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Verzinsung der Hauptforderung gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 ff. BGB. Anspruchsvoraussetzung ist eine Pflicht der Beklagten, mit der sie sich in Verzug befunden haben können. Als solche kommt hier lediglich die Pflicht zum Ersatz des dem Kläger aufgrund der Kollision entstandenen Schadens in Betracht. Zum Ersatz dieses Schadens sind die Beklagten indes nicht verpflichtet. Es wird auf die Ausführungen unter I. verwiesen.

III. Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Verzinsung

Der Kläger hat gegen die Beklagten zudem keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 ff. BGB bzw. auf Verzinsung derselben ab Rechtshängigkeit gemäß §§ 288, 291 BGB. Mangels Pflicht der Beklagten zum Ersatz des dem Kläger kollisionsbedingt entstandenen Schadens bestand auch keine Pflicht der Beklagten zum Ersatz der dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Mangels Hauptforderung kommt auch ein Anspruch auf Verzinsung dieser Hauptforderung nicht in Betracht.

C. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 8.962,67 EUR festgesetzt.

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