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Nachbarrecht NRW – Das wichtigste kurz erläutert

Was Sie zum Nachbarrecht in Nordrhein Westfalen wissen sollten

Bereits Friedrich Schiller betonte in seinem Stück „Wilhelm Tell“ im vierten Akt dritte Szene überdeutlich, dass auch der frömmste Mensch nicht in Frieden bleiben könne, wenn dem bösen Nachbar dies nicht gefiele. Obgleich dieses Stück schon einige Jahrhunderte in die Jahre gekommen ist, so hat diese Weisheit auch in der heutigen modernen Zeit der eng besiedelten Wohngebiete noch immer ihre Gültigkeit. Die Beziehung zu dem Nachbarn kann über das Wohl oder die Wehe des alltäglichen Lebens entscheiden und insbesondere dort, wo Menschen nebeneinander ein Haus erworben oder gar gebaut haben, ist dieser Frieden wahrlich Gold wert. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen ist eines der Bundesländer mit der dichtesten Besiedelung, sodass gesetzliche Regelungen das Neben- und Miteinander regeln müssen. Das Nachbarschaftsrecht ist hierfür maßgeblich und jeder Haus- oder Wohnungsbesitzer sollte dieses Recht kennen. Gegenseitige Rücksichtnahme ist die Grundlage des zivilisierten Zusammenlebens und doch versteht jeder Mensch etwas anderes unter dem Wort „Rücksichtnahme“. Da allein schon aus diesem Umstand heraus Streitigkeiten regelrecht vorprogrammiert sind ist das Nachbarschaftsrecht grundlegend wichtig, um den Frieden zu wahren.

Ebenso wie in anderen Bundesländern auch gelten für Nordrhein-Westfalen sowohl die bundesgesetzlichen als auch die landesrechtlichen Regelungen als maßgebliche rechtliche Grundlage für die rechtliche Beziehung von Nachbarn untereinander.

Die wichtigsten bundesgesetzlichen Regelungen

Streit unter NAchbarn - Was regelt das Nachbarrecht in NRW?
Streit unter NAchbarn – Was regelt das Nachbarrecht in NRW? – Symbolfoto: Von Koldunova Anna/Shutterstock.com

Obgleich jeder Immobilienbesitzer mit eigenem Grundstück das Nachbarschaftsrecht kennen sollte, so gehört diese rechtliche Grundlage zu denjenigen Gesetzen, die zumeist im Bedarfsfall konsultiert wird. Solange das Verhältnis zwischen den Nachbarn gut ist, wird das Nachbarschaftsrecht in den seltensten Fällen gebraucht. Ist das Verhältnis jedoch distanziert oder schlimmer noch nicht gut, so kann das Nachbarschaftsrecht durchaus interessant werden. Auf bundeseinheitlicher Ebene sind insbesondere die §§ 903 bis 924 sowie 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches wesentlich.

Es wird stets die Zielsetzung im Nachbarschaftsrecht verfolgt, dass Konflikte zwischen den nachbarschaftlichen Parteien durch die Abwehrrechte sowie die Duldungspflichten nebst den Ersatzansprüchen geregelt werden.

Der § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches befasst sich zunächst erst einmal mit der eigentumsrechtlichen Grundaussage welche besagt, dass ein Eigentümer einer Sache auch grundsätzlich nach eigenem Belieben mit der Sache verfahren und andere Personen von jedweder Mitwirkung erst einmal ausschließen kann. Dies gilt jedoch nur so lange, bis die Rechte von dritten Personen oder Gesetze nicht tangiert werden. Ist dies der Fall, so wird insbesondere der § 906 Bürgerliches Gesetzbuch (Abwehrrechte) sowie der § 910 Bürgerliches Gesetzbuch nebst dem § 912 Bürgerliches Gesetzbuch und ferner auch der § 919 Bürgerliches Gesetzbuch interessant. Die §§ 910 sowie 912 BGB beschreiben Überhänge sowie auch Überbauten und feste Grenzzeichen. Diese Thematiken gehören zu den häufigsten Streitursachen zwischen zwei Nachbarn.

Ein wesentlicher Bestandteil der Abwehrrechte ist der sogenannte Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch, welcher in dem § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch seine rechtliche Grundlage findet. Dieser Anspruch kommt dann zur Geltung, wenn das Eigentum einer Person durch eine Entziehungsmaßnahme oder eine Vorenthaltung einer weiteren Person beeinträchtigt wird. Der Begriff „Beeinträchtigung“ definiert sich hierbei als Eingriff in die tatsächliche oder rechtliche Herrschaftsmacht des jeweiligen Besitzers, sodass dieser von seinen Abwehrrechten Gebrauch machen kann.

Von dieser Regelung kann es jedoch Ausnahmen geben. Ausnahmen sind für gewöhnlich dann gegeben, wenn die orts- oder regional übliche Nutzung eingehalten wird. In einem derartigen Fall hat der „beeinträchtigte“ Besitzer die Beeinträchtigung im Rahmen der Duldungspflichten hinzunehmen.

Das Nordrhein-Westfälische Nachbarschaftsrecht

Im Vergleich zu dem bundeseinheitlichen Nachbarschaftsrecht hat das landeseigene Nachbarrechtsgesetz von Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1969 (kurz: NachbG NRW) eine erheblich höhere Bedeutung. Das NachbG NRW kennt insgesamt 13 Abschnitte, wobei insbesondere die Abschnitte 1 bis 8 für private Eigentümer von Immobilien besonders relevant sind.

In diesen Abschnitten finden sich auch die wichtigsten Paragrafen wieder, welche die gängigsten Streitigkeiten zwischen Nachbarn regeln:

§§ 1 bis 3 Grenzabstände
§§ 4 bis 6 Fensterabstände zum nachbarschaftlichen Grundstück
§§ 7 bis 18 rechtliche Verhältnisse von Nachbarwänden
§§ 19 bis 23 Regelungen für Grenzwände
§§ 24 bis 25 „Hammerschlags- sowie Leitergesetz“
§§ 27 bis 29 Niederschlagswasser sowie Übertritt von anderweitigen Flüssigkeiten

Öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie beispielsweise die Landesbauordnung) haben im Vergleich zu dem landeseigenen Nachbarschaftsrecht stets eine vorrangige Bedeutung.

Eine sehr speifische Regelung kennt das NachbG NRW im Hinblick auf die klare rechtliche Trennung zwischen der Grenzwand sowie der Nachbarwand. Die Nachbarwand wurde in früheren Zeiten auch Kommunmauer genannt und stellt die Begrenzung zwischen zwei Grundstücken dar, welche lediglich durch die Grundstücksgrenze eine Trennung erfährt. Die Kommunmauer diente dem Zweck, dass sie als Abschlusswand für weitere bauliche Anlagen auf beiden Grundstücken sowie auch zur Unterstützung genutzt werden kann. Die Kommunmauer wird in den §§ 7 bis 18 NachbG NRW behandelt. Die Grenzwand findet ihre rechtliche Grundlage jedoch in den §§ 19 bis 23 und definiert die unmittelbare Grenze zu dem Nachbargrundstück. Im Gegensatz zu der Kommunmauer kann ein Immobilienbesitzer an die Grenzwand direkt anbauen, allerdings ist hierfür die Einwilligung des jeweiligen Nachbarn vorab einzuholen.

Das NachbG NRW räumt einem Nachbarn auch ausdrücklich die Befugnis zum Betreten des Nachbargrundstücks ein, um an eigenen Bauten Verschönerungs- oder Instandsetzungsarbeiten durchzuführen. Auch Befestigungs- oder Errichtungsarbeiten können durchgeführt werden, ohne dass der Nachbar den Zutritt des Nachbarn zum eigenen Grundstück verwehren darf. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu erwähnen, dass der Nachbar zu diesem Zweck auch Gerätschaften auf dem Grundstück des Nachbarn lagern und Gerüste sowie Leitern aufstellen darf. In den §§ 24 bis 25 NachbG NRW ist der genaue Umfang dieser Befugnis geregelt.

Das Hammerschlags- sowie Leitergesetz sieht jedoch ausdrücklich auch eine Nutzungsentschädigung für denjenigen Nachbarn vor, der den Zutritt des ausführenden Nachbarn auf seinem Grundstück dulden muss.

Nicht selten ist auch das Niederschlagswasser ein Grund für Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Im NachbG NRW gibt es diesbezüglich jedoch eine klare rechtliche Regelung im Hinblick auf das Niederschlagswasser, welche sich in dem § 27 wiederfindet. Der § 27 NachbG NRW besagt, dass die baulichen Anlagen auf einem Grundstück in der Form einzurichten sind, dass keinerlei Niederschlagswasser auf das Grundstück des Nachbarn abgeleitet oder übertritt bzw. tropft. Das Übertreten des Abwassers sowie anderweitiger Flüssigkeiten auf das Nachbargrundstück ist auf jeden Fall zu unterbinden. Die Errichtung von entsprechenden Vorrichtungen, beispielsweise durch eine entsprechend ausgelegte Dachtraufe, obliegt der Eigenverantwortung des jeweiligen Immobilienbesitzers.

Die Gründe, warum es zwischen zwei Nachbarn zu Streitigkeiten kommen kann, sind überaus vielseitig und nicht selten auch äußerst banal. Die häufigsten Gründe für einen ausgewachsenen nachbarschaftlichen Streit, der nicht lediglich durch eine gerichtliche Entscheidung beigelegt werden kann, sind jedoch:

  • Grenzstreitigkeiten durch bauliche Veränderungen bzw. bauliche Maßnahmen
  • Lärm
  • Niederschlagswasser oder anderweitige Flüssigkeiten, die auf das andere Grundstück gelangen
  • Errichtung von Gebäuden, welche die Sicht beeinträchtigen oder Sonnenlicht abschirmen

Im Grunde genommen ist es stets sehr ratsam, zunächst erst einmal das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen. Zur Wahrung des Friedens kann sehr viel Streitpotenzial bereits im Vorfeld bei dem viel berühmten Bier oder bei der beruhigenden Tasse Tee bzw. Kaffee im Vorfeld friedlich geklärt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die „Chemie“ zwischen den Nachbarn dem Grunde nach stimmt und dass beide Parteien auch ein Interesse an der Wahrung des Friedens haben. Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Kommunikation nur schwerlich oder überhaupt nicht möglich ist und wenn ein Nachbar gewisse Dinge aus Prinzip heraus „blockiert“ oder ablehnt. Derartige Verhaltensmuster können die Pläne eines Immobilienbesitzers merklich durchkreuzen und nicht selten zusätzlichen Unmut herbeiführen. Fakt ist, dass es jeder Immobilienbesitzer auf seinem Grund und Boden so schön wie möglich haben möchte. Fakt ist jedoch auch, dass jeder Mensch den Begriff „schön“ anders definiert und dass der Blick nur zu häufig nicht über den Tellerrand hinaus gerichtet wird. Die Auswirkungen, welche die Realisierung der eigenen Pläne auf den Besitz der anderen Person ausübt, wird nur zu gern und häufig aus dem Fokus gerückt. Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass in Deutschland extrem viele Nachbarschaftsstreitigkeiten auf dem Gerichtsweg ausgetragen werden.

Sicherlich ist der Gang zu dem regional zuständigen Bauamt vor dem Beginn einer Maßnahme immer die richtige Entscheidung. Fakt ist jedoch auch, dass das Bauamt nicht für jede bauliche Veränderung oder Maßnahme im Garten immer eine Genehmigung erteilen muss. Ist das Anliegen „genehmigungsfrei“, so kann der Immobilienbesitzer rein theoretisch sofort mit der Realisierung des Projekts beginnen. Dieser Umstand bedeutet jedoch nicht, dass das Projekt bei dem Nachbarn auch immer so zwingend auf Gegenliebe stößt bzw. allein der rechtliche Status „genehmigungsfrei“ keine Streitigkeiten nach sich zieht. Eine Garantie auf die Wahrung des Friedens kann das Bauamt unter gar keinen Umständen geben, auch wenn dieser Umstand im Hinblick auf gerichtliche Streitigkeiten schon einmal eine gute Grundlage darstellt.

Wer gänzlich auf Nummer sicher gehen möchte sollte vor der Realisierung des Projekts in Nordrhein-Westfalen erst einmal das NachbG NRW genau studieren. Hierbei ist jedoch der Begriff „studieren“ fast schon wörtlich gemeint, denn das Nachbarschaftsrecht in Nordrhein-Westfalen ist mitunter für juristische Laien nur schwer verständlich. Dies ist jedoch keine bundeslandtypische Eigenheit, sondern ein leider Begleitumstand der deutschen Rechtsprechung bzw. Gesetzgebung. Im absoluten Zweifel kann es daher enorm sinnvoll sein, zunächst erst einmal eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen und den Fall bzw. das Anliegen genau zu schildern.

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