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Nachbarschaftliches Gemeinschaftsverhältnis – Unterlassungsanspruch Bauvorhaben

LG Flensburg – Az.: 3 O 259/09 – Urteil vom 23.11.2012

Die Beklagte wird verurteilt, den geplanten und am 16. März 2009 genehmigten Umbau des Vortragssaales auf dem Grundstück A. in der Gemeinde S. (Flurstück …) zu unterlassen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren als Nachbarn von der Beklagten das Unterlassen einer bereits genehmigten Erweiterung des auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Vortragssaales im sogenannten Neuen Kurzentrum in W..

Die Klägerin zu 1) setzt sich aus Wohnungseigentümern des Mittelblocks A des Kurzentrums zusammen (Flurstück …). Die Klägerin zu 2) ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Nordblock C (Flurstück …). Bei der Klägerin handelt es sich um eine Eigentümergemeinschaft für eine Ladenpassage, die sich zwischen Block A und Block C befindet (Flurstück …). Die Beklagte ist demgegenüber Eigentümerin des Flurstücks … der Gemarkung W.. Hinsichtlich der Lage der einzelnen Grundstücke wird auf die Anlage K 2 (Bl. 16 d. A.) verwiesen.

Bei dem gesamten Gebäudekomplex bestehend aus den vorbenannten Grundstücken und weiteren Grundstücken handelt es sich um das sogenannte Neue Kurzentrum in W., welches in den 60er/70er Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet wurde. Trotz der unterschiedlichen Flurstücke und der verschiedenen Eigentumsverhältnisse stellt sich der gesamte Gebäudekomplex als einheitliches Kurzentrum dar.

Das Grundstück der Beklagten ist u. a. mit einem Vortragssaal bebaut. Dieser Vortragssaal grenzt unmittelbar an den Block A der Klägerin zu 1) an. Nördlich des Vortragssaales befindet sich ein Durchgang vom Meer zum Block C und zur Ladenpassage A 3. Dieser Durchgang hat eine Breite von 10 m. Östlich des Vortragssaales befindet sich die sogenannte R.-Passage. Hierbei handelt es sich um eine Passage von etwa 4,3 m Durchgangsbreite. Diese Passage befindet sich vollständig auf dem Grundstück der Beklagten. Innerhalb der Passage befinden sich 4 Pfeiler. Um diese Pfeiler herum befinden sich Vitrinen, in denen in der Vergangenheit Werke des Fotografen R. ausgestellt waren. Nach einem Brand der Kurverwaltung wurden diese Vitrinen zunächst entfernt und im laufenden Rechtsstreit durch 5 andere Vitrinen ersetzt.

Zugunsten des Eigentümers des im Grundbuch von W. Blatt … eingetragenen Sondereigentums ist eine Dienstbarkeit zur Nutzbarkeit der Vitrinen unter der laufenden Nr. xx der xx. Abteilung des Grundbuchblattes … eingetragen. Bei dem herrschenden Grundstück handelt es sich um einen Heizungsausdehnungsgefäßraum im Dachgeschoss mit Nebenräumen. Dieses Sondereigentum steht heute im Eigentum von Herrn H.. Dieser gestattet der Klägerin zu 1) schuldrechtlich, das Vitrinennutzungsrecht zur Unterhaltung und Nutzung der Vitrinen auszuüben. Diesbezüglich wird auf die Anlage K 15a (Bl. 129 d. A.) Bezug genommen. Hinsichtlich weiterer Dienstbarkeiten wird auf die Anlage K 8 (Bl. 57 – 61 d. A.) Bezug genommen.

Ausweislich der genehmigten Planung (Anlage K 12, Bl. 73 d. A.) plant die Beklagte, den auf ihrem Grundstück vorhandenen Vortragssaal nach Osten in die R.-Passage und nach Norden in den 10 m breiten Durchgang zu erweitern. Nach der vorgelegten Planung umschließt der Vortragssaal zukünftig die in der R.-Passage vorhandenen Pfeiler. Die R.-Passage wird auf eine Breite von 1,50 m verengt. Der Durchgang von Block C bzw. der Ladenpassage A 3 zum Meer wird von ca. 10 m auf 3 m verengt. Darüber hinaus ergibt sich aus der Planung der Beklagten, dass in dem noch verbleibenden 3 m breiten Durchgang weitere Wände als Windschutz eingezogen werden, sodass letztlich nur eine Durchgangsbreite von 1,20 m verbleibt. Ein gradliniger Durchgang bzw. auch das Durchblicken durch diesen Durchgang ist dann nicht mehr möglich. Hinsichtlich der Einzelheiten der Planung wird nochmals auf die Anlage K 12 Bezug genommen.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass sie im Falle der Ausführung dieses geplanten Bauvorhabens der Beklagten in ihren Rechten verletzt würden. Aufgrund der Ausweitung des Vortragssaales nach Osten in die R.-Passage sei das mit einer Dienstbarkeit abgesicherte Vitrinennutzungsrecht nicht mehr ausübbar, weil die bisher die Stützpfeiler umschließenden Vitrinen entfernt werden müssten. Ausweislich der Bauplanung befinden sich die Stützpfeiler innerhalb des Vortragssaales bzw. im Bereich der Mauer. Die Vitrinen seien dann nicht wieder herzustellen bzw. auch nicht rundherum begehbar. Darüber hinaus werde die R.-Passage ihren Charakter als Passage vollständig verlieren und stattdessen zu einem dunklen Flur umgebaut.

Auch die Planung im Hinblick auf die nördliche Erweiterung des Vortragssaales verletze die Klägerinnen in ihren Rechten, weil durch die versetzten Wände des Windfangs und die erhebliche Einengung für die Bewohner im Block C nicht mehr die Möglichkeit gegeben sei, durch den Durchgang direkt aufs Wasser zu sehen. Dies gelte jedenfalls für die Bewohner des Erdgeschosses und des ersten Stocks. Der Charakter einer Hauptzuwegung zum Meer und zum Strand werde zu einer bloßen Notzuwegung verändert.

Die Klägerinnen beantragen, die Beklagte zu verurteilen, den geplanten und am 16. März 2009 genehmigten Umbau des Vortragssaales auf dem Grundstück A. in der Gemeinde W. (Flurstück …) zu unterlassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist zunächst der Auffassung, dass die Klägerinnen nicht aktiv legitimiert seien. Ferner führe die Erweiterung des Vortragssaales nicht zu einer Beeinträchtigung des Vitrinennutzungsrechtes. Sie behauptet in diesem Zusammenhang, dass die Vitrinen im Jahre 1999 bei dem Brand des Kurverwaltungsgebäudes Schaden genommen hätten und seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden seien. Darüber hinaus blieben die Pfeiler in der R.-Passage durch die geplante Erweiterung sichtbar. Auch die Erweiterung im Norden des Vortragssaales führe nicht zu einer Beeinträchtigung von Rechten der Klägerinnen. Insbesondere bestehe kein Recht auf freie Sicht. Eine Verletzung eingetragener Grunddienstbarkeiten liege nicht vor.

Das Gericht hat am 02.11.2011 einen Ortstermin durchgeführt und sich im Rahmen dieses Ortstermins von den örtlichen Gegebenheiten einen persönlichen Eindruck verschafft. Hierbei sind die Vitrinen, die R.-Passage, das Kulturzentrum insgesamt sowie auch der Zugang zum Meer nördlich des Vortragssaales in Augenschein genommen worden. Insoweit wird auf das Protokoll des Ortstermins vom 02.11.2012 (Bl. 228 – 230 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Den Klägerinnen steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassen des Bauvorhabens, wie es sich aus der Anlage K 12 ergibt, zu.

Die Klägerinnen sind zunächst aktivlegitimiert. Das geplante Bauvorhaben der Beklagten, wie es sich aus der genehmigten Planung ergibt, beeinträchtigt jede der Klägerinnen in bestehenden Rechten. Soweit eine Beeinträchtigung der Dienstbarkeit bezogen auf das Vitrinennutzungsrecht besteht, ist der Klägerin zu 1) dieses Nutzungsrecht schuldrechtlich vom derzeitigen Eigentümer übertragen worden. Darüber hinaus ergeben sich Ansprüche aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis. Aufgrund dessen, dass es sich bei den Klägerinnen jeweils um betroffene Nachbarn der Beklagten handelt, sind die Klägerinnen zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen berechtigt und damit aktivlegitimiert.

Den Klägerinnen steht zunächst ein Anspruch darauf zu, dass die Erweiterung des Vortragssaales nach Osten in die R-Passage unterbleibt. Insoweit folgt der Anspruch aus den §§ 1004, 1027 BGB. Es besteht unstreitig eine Grunddienstbarkeit zugunsten des derzeitigen Eigentümers H, dessen Ausübung schuldrechtlich auf die Klägerin zu 1) übertragen worden ist. Hinsichtlich des Inhaltes der Grunddienstbarkeit wird nochmals auf Bl. 59 d. A. Bezug genommen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten ergibt sich aus der Anlage K 12, dass der Ort der Vitrinen, der auch im Rahmen des Ortstermines eindeutig als solcher erkannt werden konnte und letztlich zwischen den Parteien unstreitig ist, durch das geplante Bauvorhaben überbaut wird. Ausweislich der Anlage K 12 befinden sich die Stützpfeiler, um die herum die Vitrinen angeordnet waren und derzeit auch (wieder) sind, im Bereich des Vortragssaales bzw. im Bereich der Wand. Zur Durchführung des Bauvorhabens ist folglich die Entfernung der Vitrinen an diesem Ort erforderlich. Ein Neuaufstellen dieser Vitrinen in dieser Größe und insbesondere umlaufend um die heute vorhandenen Pfeiler ist nach Durchführung des Bauvorhabens nicht mehr möglich. Dementsprechend wird die Grunddienstbarkeit für den Fall der Ausführung dieses Bauvorhabens beeinträchtigt. Aufgrund der genehmigten Planung ist davon auszugehen, dass die Beklagte in Zukunft beabsichtigt, dieses Bauvorhaben durchzuführen. Dementsprechend besteht bereits heute ein entsprechender Unterlassungsanspruch, um die Beeinträchtigung dieses Vitrinennutzungsrechtes zu verhindern.

Das Vitrinennutzungsrecht kann aus Sicht des Gerichts auch nicht an einem anderen Ort im Bereich der R-Passage nach Realisierung des Bauvorhabens ausgeübt werden. Aufgrund der Verengung des Durchganges auf 1,5 m ist ein Anbringen dieser Vitrinen in gleicher Größe nicht mehr möglich, weil dieses zu einer zusätzlichen Verengung des Durchgangs führen würde, die den Durchgang derart erschweren würde, dass Zweifel an der Zulässigkeit des Aufstellens dieser Vitrinen in diesem Durchgang bestünden. Darüber hinaus könnten die Vitrinen in keinem Fall so aufgestellt werden, dass sie umlaufend angesehen werden könnten. Unstreitig war die Dienstbarkeit jedoch so ausgestaltet, dass die Vitrinen um die Stützpfeiler herum angebracht und auch von beiden Seiten ohne weiteres eingesehen werden konnten. Dieses ist nach Ausführung des Bauvorhabens nicht mehr möglich. Es fehlt auch nicht an einem Vorteil der Dienstbarkeit im Sinne des § 1019 BGB zugunsten der Klägerin zu 1) bzw. des berechtigten Eigentümers. Die Besichtigung der R-Passage im Ortstermin am 02.11.2012 hat zwar ergeben, dass sich diese Passage in einem baulich sehr schlechten Zustand befindet und auch die Vitrinen sehr improvisiert gestaltet sind. Dies allein lässt aus Sicht des Gerichts jedoch den Vorteil des § 1019 BGB nicht entfallen. Hierbei ist insbesondere beachtlich, dass die Passage im Zuge einer Renovierung erheblich aufgewertet werden könnte. Auch die Vitrinen könnten im Falle einer Klärung, ob das Bauvorhaben der Beklagten zulässig ist oder nicht, wesentlich aufwändiger gestaltet werden. Für diesen Fall würde durch die Vitrinen die Attraktivität in der Passage aufgewertet. Aufgrund der unmittelbaren Strandnähe ist auch davon auszugehen, dass zumindest in den Saisonmonaten aufwändig gestaltete und nett anzuschauende Ausstellungen innerhalb dieser Vitrinen von Besuchern wahrgenommen werden würden. Ferner könnten zum Teil die Vitrinen auch zu Werbezwecken genutzt werden. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass diese Vitrinen einen wirtschaftlichen Nutzen zugunsten der Berechtigten haben können. Aufgrund der nur sehr geringen Anforderungen, die an einen Vorteil im Sinne des § 1019 BGB zu stellen sind, reichen auch ästhetische Gesichtspunkte aus. Würden folglich diese Vitrinen optisch ansprechend gestaltet, würde die R.-Passage allein dadurch an Attraktivität gewinnen, was sogar zu einer Wertsteigerung der unmittelbar an diese Passage angrenzenden Räumlichkeiten der Klägerin zu 1) führen könnte. Damit steht für das Gericht fest, dass die Dienstbarkeit jedenfalls nicht aufgrund eines nicht mehr feststellbaren Vorteils erloschen ist.

Soweit die Beklagte behauptet, dass die Pfeiler in der R.-Passage von der Bauplanung nicht betroffen seien, erschließt sich dieses nach dem genehmigten Bauplan nicht. Soweit eine Änderung der Planung beabsichtigt ist, ist ggf. neu zu klären, ob das dann genehmigte Bauvorhaben nachbarrechtlich zulässig ist oder nicht.

Den Klägerinnen steht darüber hinaus auch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte insoweit zu, als eine Erweiterung des Vortragssaales in den bisher 10 m breiten Durchgang im Norden des Saales geplant ist. Ansprüche der Klägerinnen auf Unterlassen folgen insoweit aus § 242 BGB. Bei den Ansprüchen aus einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis handelt es sich um den Ausfluss des § 242 BGB. Dementsprechend sind nur solche Maßnahmen unzulässig, die nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als nicht hinzunehmen anzusehen sind. Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung, weil insbesondere auch nachbarrechtliche Bestimmungen der Regelung des § 242 BGB vorgehen. Vorliegend bestehen hinsichtlich der Erweiterung des Vortragssaales im Norden jedoch keinerlei nachbarrechtliche Abwehransprüche aus den §§ 906 ff. bzw. 1004 BGB in direkter Anwendung. Dennoch geht das Gericht vorliegend davon aus, dass die gegenseitige Rücksichtnahme der Parteien als Nachbarn es gebietet, von diesem geplanten Bauvorhaben Abstand zu nehmen.

Im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses hat das Gericht vorliegend für die Frage der Anwendung des § 242 BGB auf das geplante Bauvorhaben berücksichtigt, dass der gesamte Gebäudekomplex in den 60er bzw. 70er Jahren des 20. Jahrhunderts als einheitliches Kurzentrum geplant und gebaut worden ist. Die verschiedenen Grundstücke bzw. Eigentümer sind gegenseitig auf eine Rücksichtnahme erheblich angewiesen, weil dem gesamten Komplex immanent ist, dass Bewohner und Nutzer der Räumlichkeiten nicht nur das jeweils eigene Grundstück betreten und nutzen, sondern darüber hinaus auch die Grundstücke der Nachbarn. Das gesamte Kurzentrum wird durch zahlreiche Passagen, Gänge und Durchgänge erschlossen. Es ist weiter geprägt durch die unmittelbare Lage am Strand. Aufgrund der Anordnung der verschiedenen Wohnblocks bzw. Gebäude ist bereits ersichtlich, dass im Rahmen der nachbarlichen Verhältnisse auch Rücksicht genommen wird auf die unmittelbare Strandnähe und den Blick auf das Meer. Diese enge Verwobenheit des Kurzentrums ergibt sich auch aus den zahlreichen Grunddienstbarkeiten, die gegenseitig eingeräumt worden sind. Diese Grunddienstbarkeiten betreffen zum Teil offensichtlich auch den sogenannten Meeresblick, weil beispielsweise Bebauungen mit mehr als einem Stockwerk nicht zulässig sind. Ferner gibt es auch Grunddienstbarkeiten im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Kurzentrums, die eine Überschreitung einer gewissen Höhe und einer Erweiterung dieses Baus nach Westen untersagen. Auch aus diesen Grunddienstbarkeiten ist ersichtlich, dass es ein Interesse der jeweiligen Eigentümer daran gibt, einen unverbauten Blick auf das Meer zu behalten. Aufgrund dieser Gesamtsituation erachtet das Gericht vorliegend die Anwendung des § 242 BGB in Form des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses auf den vorliegenden Sachverhalt für geboten.

Dieses nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis wird durch das geplante Bauvorhaben im Bereich der nördlichen Erweiterung des Vortragssaales beeinträchtigt, weil durch die Neugestaltung dieses Durchganges der Charakter vollständig verändert wird. Derzeit wird von Block C und der Ladenpassage A 3 dieser Durchgang, wie er derzeit besteht, als Hauptdurchgang zu der Strandpromenade, zum Strand und zum Meer angesehen und auch genutzt. Dieser Durchgang in der aktuellen Gestaltung ermöglicht ferner von Block C, insbesondere aus den unteren Stockwerken, einen Blick aufs Meer. Die Ortsbesichtigung hat in diesem Zusammenhang ergeben, dass es sich hierbei keineswegs nur um einen kleinen Ausschnitt des Meeres handelt, sondern durchaus durch diesen Durchgang ein guter Blick auf das Meer erlangt werden kann. Der Beklagten ist zwar insoweit zuzugeben, dass es grundsätzlich ein Blickrecht nicht gibt. Andererseits muss hier die Lage des gesamten Gebäudekomplexes berücksichtigt werden. Das Kurzentrum befindet sich in unmittelbarer Strandnähe. Wie bereits ausgeführt spricht auch die Anordnung der verschiedenen Gebäude dafür, dass von diesen möglichst ein Meeresblick zu erlangen sein soll. Dementsprechend gebietet aus Sicht des Gerichts die nachbarlich gebotene Rücksichtnahme bei dieser engen Verwobenheit der Nachbarn, diesen Meeresblick nicht durch Bauvorhaben zu beeinträchtigen bzw. zu vereiteln. Das ausweislich der Anlage K 12 geplante Vorhaben würde jedoch dazu führen, dass durch den derzeit bestehenden 10 m breiten Gang ein Blick aufs Meer überhaupt nicht mehr ermöglicht wird, weil auch der 3 m breite Durchgang letztlich durch die versetzten Windschutzwände vollständig undurchsichtig gestaltet wird. Für die Eigentümer des Blocks C insbesondere im Bereich der unteren Stockwerke würde dies eine erhebliche Wertminderung ihres Eigentums bedeuten. Es ist für die Insel S. bekannt, dass der Meeresblick besonders wertvoll ist. Dementsprechend gebietet das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis hier eine Rücksichtnahme auf die Interessen der Klägerinnen. Diese Rücksichtnahme lässt das bisher geplante Bauvorhaben vermissen.

Zusammenfassend ergibt sich folglich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis in dem Komplex des Neuen Kurzentrums eine gesteigerte Pflicht der Rücksichtnahme, weil die verschiedenen Grundstücke miteinander verwoben und eine sinnvolle Nutzung der jeweiligen Grundstücke nicht ohne Mitbenutzung der benachbarten Grundstücke möglich ist. Aufgrund dieser Besonderheiten dieses Kurzentrums ist bei einer Umgestaltung von Räumlichkeiten auf die nachbarlichen Belange Rücksicht zu nehmen. Werden Durchgänge in ihrem Gesamtcharakter verändert, beeinträchtigt dieses möglicherweise Interessen der Nachbarn, die auf die Nutzung dieser Gänge und Räumlichkeiten angewiesen sind. Dies gilt insbesondere vorliegend für den 10 m breiten Durchgang nördlich des Vortragssaales. Dies gilt jedoch auch für die R.-Passage, wobei sich der Unterlassungsanspruch hier bereits aufgrund der Beeinträchtigung der Dienstbarkeit direkt aus § 1004 BGB ergibt. Dementsprechend war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Bei der Bemessung der Sicherheitsleistung ist das Gericht zunächst von gewissen Umsatzeinbußen aufgrund der Nichtnutzbarkeit des möglicherweise modernisierten Vortragssaales ausgegangen. Mangels konkreter Anhaltspunkte hat das Gericht einen möglichen Schaden für die Dauer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung auf 10.000,00 € geschätzt.

 

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