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SMS-Nachberechnung über mehrere Monate von der Firma DPlus

AMTSGERICHT KAMEN

Az.: 12 C 609/99

Verkündet am 28. April 2000


Leitsätze vom Verfasser – Dr. Kotz:

1. Eine Rechtsgrundlage für die nachträgliche Berechnung von SMS-Gebühren ist nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich.

2. Etwaige Nachforderungsansprüche für SMS-Gebühren bestehen unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, nicht mehr, da sie verwirkt sind.


IM NAMEN DES VOLKES

Das Amtsgericht Kamen hat auf die mündliche Verhandlung vom 07. April 2000 für

R e c h t erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10,00 DM i.W.: zehn Deutsche Mark – nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz seit dem 18. September 1999 sowie 5,00 DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 99 % und die Beklagte 1 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist lediglich in Höhe des ausgeurteilten Betrages begründet. Bei den ausgeurteilten 10,00 DM handelt es sich um einen Restbetrag aus der Rechnung vom 19.05.1999. Mit Überweisung vom 17.06.1999 hat die Beklagte einen Betrag von 124,11 DM mit der Leistungsbestimmung für April und Mai 1999 gezahlt. Die Rechnung von April 1999, vom 19.04.1999, beläuft sich auf 59,24 DM. Es verbleibt sodann ein Betrag in Höhe von 64,87 DM. Aus der Rechnung vom 19.05.1999 wollte die Beklagte die berechneten nationalen Verbindungen, 37,59 DM, die Gebühr „Roaming“, 1,13 DM sowie die Grundgebühr von 21,51 DM und die Taktgebühr von 4,31 DM bezahlten. Er ergibt sich damit insgesamt ein Betrag in Höhe von 64,54 DM ohne Mehrwertsteuer. Es verbleibt damit rechnerisch zunächst ein Guthaben zu Gunsten der Beklagten in Höhe von 0,33 DM. Die Beklagte hat hierbei jedoch nicht berücksichtigt, dass auf den Teilbetrag aus dieser Rechnung noch die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen ist. Dies sind bei 16 % 10,33 DM. Nach Abzug der noch offenen 0,33 DM verbleibt der noch zu zahlende Betrag in Höhe von 10,00 DM. Weitere Ansprüche stehen der Klägerin aus den vorgelegten Rechnungen nicht zu.

Soweit in den geltend gemachten Rechnungen nachträglich Gebühren für SMS-Nachrichten, also per Mobiltelefon übermittelte kurze Texte verlangt, ist bereits eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Der eigentliche Vertragsvordruck ist nicht zu der Akte gereicht worden.

Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ergibt sich kein Anspruch auf Nachberechnung irgendwelcher Gebühren. Es ist dort auch kein Hinweis darauf enthalten, dass eventuell aus irgendeinem Grund irgendwelche Gebühren nachberechnet werden können. Unstreitig zwischen den Parteien ist lediglich, dass zwischen ihnen für die Versendung einer SMS-Nachricht ein Betrag von 0,23 DM pro Nachricht vereinbart worden ist, was durch die Klägerin in den vorangegangenen Rechnungen auch in diese eingestellt worden ist. Ob sich aus der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen angesprochenen Gebühren-Tarifordnung etwas anderes ergibt, vermochte das Gericht nicht zu überprüfen, da diese nicht zu den Akten gereicht worden ist. Der Vertreter der Klägerin vermochte im Termin vom 07.04.2000 weder die entsprechenden Unterlagen vorzulegen noch sonst irgendwelche erforderlichen Auskünfte zu geben.

Ein Anspruch ist auch nicht aus § 683 BGB, einer Geschäftsführung ohne Auftrag ersichtlich, soweit die Klägerin für die Beklagte die entsprechenden Leistungen bei Fremdanbietern zur Verfügung gestellt hat. Es fehlt insofern an jeder Berechnung der Aufwendungen im Sinne von §§ 683, 670 BGB. Diese Frage kann letztlich jedoch auch dahinstehen, da eventuelle Ansprüche der Klägerin auf Bezahlung verwirkt sind. Nach § 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin werden die ihr zustehenden Zahlungsansprüche und Gebühren dem Karteninhaber monatlich in Rechnung gestellt. Einwendungen des Kunden gegen Saldenmitteilung, Rechnungsabschlüsse oder gegen sonstige Abrechnungen und Anzeigen sind innerhalb eines Monats nach Rechnungsdatum schriftlich zu erheben. Mit Blick auf diese Regelung, den Umstand, dass es sich um ein Massengeschäft handelt und die weiteren Umstände ist davon auszugehen, dass etwaige Nachforderungsansprüche der Klägerin unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, nicht mehr bestehen, da sie verwirkt sind.

Das erforderliche Umstandsmoment ergibt sich bereits daraus, dass unstreitig fortlaufend durch die Klägerin in den monatlichen Abrechnungen Gebühren für SMS-Nachrichten erhoben worden sind. Im Hinblick auf den Umstand, dass es weder der Klägerin noch deren Kunden zuzumuten ist, sich längerfristig die Daten für die versandten Nachrichten sowie den Aufwand zu notieren oder sonst sicher zu stellen, konnte die Beklagte darauf vertrauen, insbesondere da keine anderweitigen Regelungen über Nachforderungen in dem Vertragstext enthalten sind, dass damit die jeweils monatlich angefallenen Gebühren abgerechnet worden sind.

Bei dem für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoment ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.

Hier ist zu berücksichtigen, dass laut der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin die Abrechnungen monatlich erfolgen. Hieraus und aus der Formulierung: „Stellt die ihr zustehenden Zahlungsansprüche und Gebühren“ kann der Kunde der Klägerin, und damit die Beklagte, nur schließen, dass nicht nur einmal im Monat überhaupt eine Rechnung erteilt wird, sondern, dass diese Rechnung jeweils für einen Zeitraum von einem Monat gilt. Andererseits wird dem Kunden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch lediglich eine Frist von einem Monat zur Erhebung von Einwendungen eingeräumt. Dies erscheint auch im Hinblick auf das Massengeschäft der Telekommunikation und die Schwierigkeiten des Kunden, längerfristig genauere Informationen über die geführten Telefonate oder versandte Nachrichten zu behalten, angemessen. Andererseits ist damit davon auszugehen, dass ein sehr kurzes Zeitmoment hier gegeben. Zur Überzeugung des Gerichts korrespondiert dieses Zeitmoment mit der Frist der monatlichen Abrechnung und der Einspruchsfrist von einem Monat. Folglich ist daraus zu schließen, dass sämtliche von der Klägerin gegebenenfalls nachforderbaren Gebühren zwei Monate nach deren Entstehen als verwirkt anzusehen sind. Da der Vertrag zwischen den Parteien am 19.05.1998 geschlossen worden ist, und erstmals mit Rechnung vom 19.03.1999 Nachforderungen erhoben wurden, kann davon ausgegangen werden, dass sämtliche Nachforderungen damit verwirkt sind.

Dementsprechend brauchte die Beklagte die unstreitig als Nachforderung berechneten Sondergespräche aus den geltend gemachten Rechnungen nicht zu begleichen.

Die Klägerin kann die Rücklastschriftkosten und die Sperrgebühr aus der Rechnung vom 19.05.1999 sowie die Deaktiverungsgebühr aus der Rechnung vom 22.06.1999 nicht verlangen. Nach § 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sie nämlich nur dann zur Sperrung der Karte berechtigt, wenn sich der Kunde in Zahlungsverzug befindet oder die Lastschrift für fällige Entgelte aus Gründen, die der Kunde zu vertreten hat, nicht eingelöst werden konnte. Die Lastschrifterlaubnis durfte die Beklagte jedoch widerrufen, da in der Rechnung vom 19.03.1999, wie oben gezeigt, Gebühren abgerechnet worden sind, die der Klägerin nicht zustehen. Den Einzug der vollständigen Rechnung brauchte die Beklagte daher nicht hinzunehmen. Sie konnte, wie geschehen, das Lastschriftüberweisungsverfahren beenden und die der Klägerin zustehenden Gebühren gesondert zahlen. Die Klägerin kann auch nicht die Sperrgebühr verlangen, da sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Kartensperre, der in der Rechnung vom 19.05.1999 mit dem 11.05.1999 angegeben ist, noch nicht mit einer Zahlung in Verzug befand. Die Deaktivierungsgebühr und den Kündigungsschaden aus der Rechnung vom 23.06.1999 kann ebenfalls von der Klägerin nicht gefordert werden. Unabhängig davon, dass für die Höhe des Kündigungsschadens nichts vorgetragen ist, sodass nicht ersichtlich ist, wie dieser berechnet worden ist, war die Klägerin nicht berechtigt, das Vertragsverhältnis zu kündigen. Gemäß § 12 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach Abs. 1 b) eine außerordentliche Kündigung möglich, wenn der Karteninhaber in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, mit der Bezahlung eines erheblichen Teils der Entgelte in Verzug kommt. Ein erheblicher Teil der Entgelte ist erreicht, wenn die Hälfte der fälligen Gesamtschuld überschritten ist. Dies lässt sich bezüglich der rückständigen 10,00 DM zu keinem Zeitpunkt feststellen. Die fristlose Kündigung der Klägerin war damit unberechtigt, sodass kein aus einer Kündigung entstehender Schaden verlangt werden kann. Dementsprechend war die Klägerin auch nicht berechtigt, die Karte der Beklagten zu deaktivieren. Da die erfolgte Deaktivierung unzulässig war, kann die Klägerin unabhängig von der Frage, woraus sich der Anspruch ergeben sollte, die entsprechenden Gebühren nicht verlangen.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 10 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Mit der Zahlung der noch offenen 10,00 DM befand sich die Beklagte jedenfalls nach Zugang der unbestritten gebliebenen und automatisch 11 Tage nach Rechnungsdatum übersandten Mahnung in Verzug. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vertragsklausel bestehen nicht.

Unter Verzugsgesichtspunkten kann die Klägerin für eine Mahnung einen durch das Gericht gemäß §287 ZPO geschätzten Betrag von 5,00 DM verlangen. Weitere Beträge kann sie für Mahnungen nicht fordern.

Wie oben dargestellt, befand sich die Beklagte lediglich mit einem Teilbetrag aus der Rechnung vom 19.05.1999 in Rückstand. Die von der Klägerin vorgetragenen Mahnungen vom 15.04.1999 und 11.05.1999 lagen damit vor Fälligkeit der geltend gemachten Forderung. Die Mahnung, die automatisch 11 Tage nach Rechnungsdatum erfolgt, hatte verzugsbegründenden Charakter, sodass hierfür keine Kosten gefordert werden können. Letztlich ist die Mahnung vom 08.06.1999 jedoch nach Verzugsantritt erfolgt, sodass für diese Mahnung der Verzugsschaden geltend gemacht werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO zu entnehmen.

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