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Fahrverbote – Nacheinandervollzug bei gleichzeitigem Rechtskrafteintritt

Amtsgericht Viechtach

Az: 7 II OWi 307/08

Beschluss vom 04.03.2008


I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 20.02.2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.
Der Betroffene wendet sich mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Berechnung der Fahrverbotsfrist durch die Verwaltungsbehörde nach Verhängung zweier Fahrverbote.

Mit Bußgeldbescheid vom 24.10.2007 hat die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von 3 Monaten festgesetzt. Zugleich hat die Verwaltungsbehörde gem. § 25 Abs. 2 StVG bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Der Bußgeldbescheid ist seit 05.02.2008 rechtskräftig.

Mit weiterem Bußgeldbescheid vom 06.08.2007 ist gegen den Betroffenen weiter ein Fahrverbot von 3 Monaten festgesetzt worden. Dieses Fahrverbot wurde mit Rechtskraft des Bußgeldbescheides am 05.02.2008 wirksam (§ 25 Abs. 2 S. 1 StVG).

Der Betroffene ist der Meinung, die Frist für beide Fahrverbote müsse ab Rechtskraft berechnet werden. Die Fahrverbote seien parallel zu vollziehen. Selbst wenn kein Parallelvollzug möglich sei, müsse die Frist spätestens am 29.06.2008 enden.

Demgegenüber vertritt die Verwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass ein Parallelvollzug nicht möglich sei und die Frist für das weitere Fahrverbot sich an den Vollzug des Fahrverbotes gemäß Bußgeldbescheid vom 06.08.2007 anschließe. Die Frist ende bei Nichtinanspruchnahme der 4-Monatsfrist für das zweite Fahrverbot am 30.06.2008.

II.
Der gem. §§ 103 Abs. 1 Nr. 1, 62 OWiG zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet.

Gem. § 25 Abs. 2a StVG sind die Fristen der gegen den Betroffenen verhängten Fahrverbote nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2a StVG liegen vor.

§ 25 Abs. 2a S. 2 StVG bestimmt, dass die Fahrverbote nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen sind (vgl. anstelle vieler: Amtsgericht Viechtach, Beschluss v. 09.08.2007, Az. 6 II OWi 01045/07).

Eine Beschränkung auf Fahrverbote nach § 25 Abs. 2a S. 1 StVG ist im Wortlaut des § 25 Abs. 2a S. 2 StVG nicht zu entnehmen. § 25 Abs. 2a S. 2 StVG verlangt aufgrund seiner Stellung im Rahmen von § 25 Abs. 2a StVG jedenfalls, aber auch nur ein Zusammentreffen mit einem Fahrverbot nach § 25 Abs. 2a StVG. Weder dem Wortlaut noch der Stellung des § 25 Abs. 2a S. 2 StVG lässt sich entnehmen, dass dieser nur bei einem Zusammentreffen zweier privilegierter Fahrverbote Anwendung finden soll.

Auch ideologische Erwägungen gebieten keine Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 25a Abs. 2a S. 2 StVG auf ein Zusammentreffen mehrerer privilegierter Fahrverbote nach § 25a Abs. 2a StVG. Durch § 25 Abs. 2a S. 2 StVG sollen durch die Privilegierung entstehende Missbrauchsgefahren (vgl. Deutsche Bundestagdrucksache 13/8655 v. 01.10.1997 zur Art. 4, NZV 1998, 131,133) ausgeglichen werden. Diese Gefahr der Zusammenlegung von mehreren Verfahren ist bereits bei Verhängung eines privilegierten Fahrverbotes mit Schonfrist gem. § 25 Abs. 2a S. 1 StVG gegeben.

Würde § 25 Abs. 2a S. 2 StVG nicht angewendet, würde der verfolgungswürdigere Verkehrssünder unbillig bessergestellt.

Durch den nacheinander Vollzug von zwei Fahrverboten nach § 25 Abs. 2a StVG und § 25 Abs. 2 StVG kann zwar in Einzelfa’llen der weniger hartnäckige Verkehrssünder (Ersttäter) schlechter gestellt sein als der Betroffene, gegen den zwei Fahrverbote nach § 25 Abs. 2 StVG (Wiederholungstäter) oder sogar § 44 StGB (Straftäter) zu vollstrecken sind.

Diese Konsequenz ist aber noch als sachgerecht bzw. folgerichtig zu betrachten (in Übereinstimmung mit Albrecht, NZV 1998, 131, 133; Deutscher, NZV 1999, 111, 115). Die mit der 4-Monatsfrist bewirkte Besserstellung des Betroffenen wird, um Missbräuche auszuschließen, durch eine mit dem Nacheinander-Vollzug verbundene Schlechterstellung des Betroffenen kombiniert. Der Gesetzgeber hat also versucht, Vor- und Nachteile auszugleichen. Darin ist ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung des über § 25 Abs. 2a S. 1 StVG privilegierten Betroffenen gegenüber dem mit 2 Fahrverboten nach § 25 Abs. 2 StVG oder § 44 StGB Betroffenen gerade noch gerechtfertigt.

Diese Argumentation ist ebenso auf die sogenannten Mischfällen zu übertragen, sodass auch hier keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt.

Hier ist auch zu berücksichtigen, dass eine Zusammenlegung bei privilegierten Fahrverboten wesentlich einfacher zu bewerkstelligen wäre, die Missbrauchgefahr mithin bei vorliegen auch nur eines privilegierten Fahrverbotes wesentlich höher ist, als bei „normalen“ Fahrverboten.

Desweiteren ist zu beachten, dass das Zusammentreffen zweier Fahrverbote gem. § 25 Abs. 2a StVG aufgrund dessen tatbestandlicher Voraussetzungen eigentlich nicht die Regel ist. Dass der Gesetzgeber eine Sonderregelung nur für einen nach Gesetzeslage nur in Ausnahmefallen vorkommenden Fall geschaffen hat, kann nicht angenommen werden. Auch dies zeigt, dass diese Norm gerade auch für die sogenannten „Mischfälle“ gelten muss.

Auch das gleichzeitige Eintreten der Rechtskraft hindert nicht den Nacheinander-Vollzug gem. § 25 Abs. 2a StVG (vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., StVG, § 25, Rz. 30). § 25 Abs. 2a StVG bestimmt vorrangig, dass die Fahrverbote in „nacheinander“ zu berechnen sind. Sinn und Zweck von § 25 Abs. 2a S. 2 StVG ist, einen möglichen Missbrauch durch ein Zusammenlegen von Fahrverboten zu verhindern. Entgegen Krumm, DAR 2008 Seite 54 f. ist somit auch bei gleichzeitiger Rechtskraft ein Nacheinander-Vollzug zu bejahen. Ansonsten würde der Sinn und Zweck der Norm konterkariert und überdies von der Rechtsfolgenseite der Norm auf deren tatbestandliche Voraussetzungen geschlossenen werden. Die Reihenfolge der Rechtskraft ist nämlich nicht Voraussetzung der Norm, sondern lediglich Rechtsfolge. Die Unklarheit der Bestimmung auf Rechtfolgenseite kann durch sachgerechte Auslegung geschlossen werden, insofern als ein sachgerechter Nacheinandervollzug der Fahrverbote zu erfolgen hat.

Die von der Zentralen Bußgeldstelle vorgenommene Fristberechnung ist korrekt. Unter Zugrundelegung der Rechtskraft am 05.02.2008 endet das erste Fahrverbot gem. Bußgeldbescheid vom 06.08.2007 unter Berücksichtigung von 35 Sicherstellungstagen gemäß § 25 Abs. 6 StVG am 30.03.2008 (Ende 3-Monatsfrist 04.05.2008, abzgl. 35 Sicherstellungstage = 30.03.2008, 24.00 Uhr). Im Anschluss, also vom 31.03.2008 bis einschließlich 30.06.2008, erfolgt sodann der Vollzug des 3-monatigen Fahrverbotes gem. Bußgeldbescheid vom 24.10.2007, soweit die 4-Monatsfrist nicht in Anspruch genommen wird und ein unmittelbarer Anschlussvollzug gewünscht wird.

Der Antrag war damit als unbegründet zurückzuweisen.

III.
Kosten gem. § 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

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