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Nachgewährung von Urlaubstagen

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Az: 11 Sa 1475/10

Urteil vom 10.11.2010


In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2010 für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Juni 2010 – 2 Ca 1648/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin sechs Urlaubstage für das Jahr 2009 nachzugewähren.

Mit einem am 17. Juni 2010 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Berlin – 2 Ca 1648/10 – die auf die Feststellung eines Anspruchs der Klägerin auf Gewährung von sechs Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 2009 gerichtete Klage abgewiesen und wegen der Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 16. bis 21. November 2009 den von dieser beantragten Urlaub gewährt hätte und der Anspruch der Klägerin damit erloschen sei. Auf die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB V komme es insoweit nicht an. Die Herbeiführung des mit der Bewilligung des Urlaubs bezweckten Leistungserfolgs, die Klägerin für diese Dauer von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen, sei damit zwar vereitelt worden, jedoch sei dies aus von keiner Partei zu vertretenden Gründen erfolgt. Konsequenz sei der ersatzlose Untergang des Urlaubsanspruchs. Soweit § 9 BUrlG davon eine Ausnahme mache, handele es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers auf den vorliegenden Fall nicht analog angewendet werden könne. Auch ein Anspruch auf Gewährung von Urlaub im Wege des Schadenersatzes komme nicht in Betracht. Dies sei lediglich dann zu erwägen, wenn der Arbeitgeber unabhängig von dem bereits bewilligten Urlaub aus anderen Gründen rechtlich verpflichtet gewesen wäre, den Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freizustellen und dieser durch den ersatzlosen Wegfall des Urlaubsanspruchs dem Normzweck widersprechend benachteiligt würde (wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 16 f. d. A. verwiesen).

Gegen diese ihr am 21. Juni 2010 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit einem am 8. Juli 2010 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. September 2010 am 1. September 2010 begründet.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für unzutreffend; denn das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ihr Anspruch auf Gewährung von Urlaub erloschen sei. Dies folge daraus, dass § 9 BUrlG entsprechend anzuwenden sei, wenn bei dem betroffenen Arbeitnehmer tatsächliche Beeinträchtigungen wie bei einer eigenen Krankheit vorlägen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts läge die für die Analogiebildung erforderliche planwidrige Regelungslücke vor. Infolge der heftigen Beschwerden ihres Kindes, die eine unmittelbare Betreuung durch die Mutter erforderlich gemacht hätten, sei es der Klägerin entgegen der Intention des Bundesurlaubsgesetzes nicht möglich gewesen, sich zu erholen. Statt ihre Arbeitskraft zu regenerieren, habe sie Pflegeleistungen erbringen müssen. Die Regelungslücke folge daraus, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 9 BUrlG die Regelung des § 45 SGB V noch nicht existiert hätte. Aber auch wenn man dem nicht folgen wollte, stünde der Klägerin der von ihr begehrte Anspruch zu. Mit dem Wegfall des Urlaubs träte nämlich eine Benachteiligung der Klägerin aus Gründen des Geschlechtes ein, die nach den §§ 1 und 7 Abs. 1 AGG verhindert werden müsse. Da in weit mehr als 50 % aller Fälle Frauen als Arbeitnehmerinnen den Anspruch auf Freistellung gemäß § 45 Abs. 3 SGB V geltend machten, sei sie mittelbar diskriminiert (Bl. 32 bsi 36 d. A.).

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.06.2010 zum Geschäftszeichen – 2 Ca 1648/10 – festzustellen, dass die Klägerin Anspruch auf Gewährung von sechs Urlaubstagen aus dem Jahr 2009 hat.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den nach ihrer Auffassung zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an, die sie mit weiteren Ausführungen unterstützt. Mit Recht habe das Arbeitsgericht das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke verneint; denn unabhängig von den bereits in der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genannten Zielen sei eine Vergleichbarkeit des gesetzlich privilegierten Falls der eigenen Erkrankung mit derjenigen des Kindes nicht möglich. Während die eigene Arbeitsunfähigkeit durch Attest sicher nachgewiesen werden könne, sei dies für die Betreuung bei Erkrankung des Kindes nicht möglich. Zudem habe der Gesetzgeber abgesehen von dem unmittelbar in § 9 BUrlG geregelten Fall eigener Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine klare Risikozuweisung vorgenommen. Den Eintritt urlaubshindernder Ereignisse habe nicht der Arbeitgeber zu vertreten. Im Übrigen würde die von der Klägerin vertretene Position aus Gründen der Gleichbehandlung auch für eine ganze Reihe ähnlicher Situationen gelten und würde damit dem Arbeitgeber unübersehbare Risiken aufbürden. Deshalb habe das Arbeitsgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei den zitierten Änderungen des Bundesurlaubsgesetzes aus Anlass der Einführung des § 45 SGB V sowie des Pflegezeitgesetzes von Änderungen des § 9 bewusst abgesehen hätte. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin im Hinblick auf die infolge der Erkrankung des Kindes eingetretenen Belastungen verspätet und damit unzulässig (Bl. 41 f. d. A.).

Die Klägerin repliziert, dass die von der behandelnden Ärztin ausgestellte Bescheinigung hinreichend deutlich und aussagefähig wie das ärztliche Attest im Falle eigener Erkrankung sei. Zudem habe sie Beweis auch durch Zeugnis der Ärztin angetreten. Soweit die Beklagte auf § 2 Pflegezeitgesetz verweise, verkenne sie, dass diese Vorschrift und § 45 SGB V unterschiedliche Voraussetzungen enthielten, die jeweils zu erfüllen seien. Sie könnten daher nicht miteinander verglichen werden. § 67 Abs. 3 ArbGG sei nicht einschlägig, weil eine etwa erforderliche Beweisaufnahme im Kammertermin möglich sei (Bl. 43 bis 45 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die an sich statthafte, vom Arbeitsgericht zugelassene sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 3 und 6, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) bleibt ohne Erfolg.

I. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Kammer schließt sich den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an, die lediglich mit Rücksicht auf die mit der Berufung erhobenen Rügen einiger Ergänzungen und Anmerkungen bedürfen.

1. Dies gilt zunächst insoweit, als die Klägerin die Auffassung vertritt, dass im Streitfall eine analoge Anwendung des § 9 auf den Fall des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB V geboten sei, weil eine planwidrige Regelungslücke vorliege und eine den Analogieschluss rechtfertigende vergleichbare persönliche Belastung der Klägerin eingetreten sei.

a) Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG erfüllt der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Freistellung des Arbeitnehmers. Tritt anschließend Unmöglichkeit ein, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten ist, wird er gemäß § 275 Abs. 1 BGB von der Freistellungsverpflichtung frei. Der durch die Leistungshandlung des Arbeitgebers konkretisierte Anspruch des Arbeitnehmers geht in diesem Falle gemäß §§ 243 Abs. 2, 275 Abs. 1, 300 Abs. 2 BGB ersatzlos unter (BAG – 9 AZR 65/90 – vom 15.06.1993, AP Nr. 3 zu § 1 BiUrlG Nordrhein-Westfalen, BAG – 9 AZR 384/92 – vom 09.08.1994, AP Nr. 19 zu § 7 BUrlG).

b) Dies entspricht der Situation im Streitfall. Die von der Klägerin genannten Umstände rechtfertigen die von ihr geforderte analoge Anwendung des § 9 BUrlG nicht.

Es fehlt nämlich bereits an dem für den Analogieschluss erforderlichen Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, hat der Gesetzgeber nach der im Jahr 1989 erfolgten Einführung des § 45 SGB V das Bundesurlaubsgesetz mehrfach – zuletzt am 07.05.2002 – geändert, ohne den Text des § 9 BUrlG zu verändern. Hätte er dessen Anwendungsbereich auch auf die hier streitige Fallkonstellation ausdehnen wollen, wäre es ihm möglich gewesen, dies durch eine Änderung des Wortlauts des § 9 BUrlG deutlich zu machen. Dies ist jedoch nicht geschehen und deutet darauf hin, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 9 BUrlG nicht beabsichtigt ist. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass im Zusammenhang mit der Einführung des Pflegezeitgesetzes ebenfalls eine Änderung des Bundesurlaubsgesetzes unterblieben ist.

2. Die Klägerin hat aber auch keinen sonstigen Anspruch auf Nachgewährung des von ihr wegen der Erkrankung ihrer Tochter nicht zweckentsprechend genutzten Urlaubs.

a) Dabei ist ihr grundsätzlich darin zu folgen, dass ein Arbeitnehmer, der seinen Urlaub wegen des Eintritts eines unvorhergesehenen Ereignisses nicht nutzen konnte, einen Anspruch auf Nachgewährung haben kann, wenn eine ihn schützende Rechtsnorm besteht. Ob es sich dabei um einen Schadensersatzanspruch handelt (so BAG – 9 AZR 251/04 – vom 10.05.2005, AP Nr. 4 zu § 8 BUrlG) oder eher um eine gesetzlich angeordnete Risikoverlagerung auf den Arbeitgeber anzunehmen ist, kann dabei offen bleiben.

b) (aa) Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen Anspruchs ist in jedem Falle eine Vorschrift, die – wie in dem zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts § 3 Abs. 1 THW-Helferrechtsgesetz – den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck bringt, dass dem von ihr begünstigten Personenkreis aus einem darin benannten Anlass kein Nachteil erwachsen darf (BAG aaO.).

(bb) (1) Wenn die Klägerin sich insoweit auf das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG bezieht und sich dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AGG zurechnet, entspricht dies dem zuvor genannten Regelungsmodell allerdings nicht unmittelbar; denn anders als das THW-Helferrechtsgesetz knüpft das AGG nicht an eine konkrete gesetzliche Verpflichtung an, deren Erfüllung durch die von der Vorschrift begünstigten Personen diesen keinen Nachteil bringen soll.

(2) Jedoch lässt der Vortrag der Klägerin auch bei Berücksichtigung des AGG nicht erkennen, dass im Streitfall eine Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt wäre.

(a) Soweit sie in der Berufungsbegründung ausgeführt hat,

„…

Da in weit mehr als 50 % der Fälle Frauen als Arbeitnehmerinnen den Anspruch auf Freistellung gem. § 45 Abs. 3 SGB V gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, sind diese durch das Erlöschen ihres Urlaubsanspruchs während der Freistellung wegen Erkrankung ihres Kindes unmittelbar diskriminiert.

Beweis: Sachverständigengutachten

…“

hat dies nicht zur Folge, dass der Klage stattgegeben werden müsste.

Mit ihrem Hinweis auf die vorzugsweise Nutzung des § 45 Abs. 3 SGB V durch Frauen und dem Beweisantritt: „Sachverständigengutachten“ hat die Klägerin der sie als Anspruchstellerin treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.

Insbesondere in Fällen der Diskriminierung wegen des Geschlechts hat der EuGH und – ihm folgend auch das Bundesarbeitsgericht – vor dem Inkraftteten des AGG einen statistischen Vergleich der durch die Anwendung einer zu überprüfenden Regelung unterschiedlich betroffenen Personengruppen zugelassen (EuGH Rs.170/84 vom 13.05.1986, AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag – Bilka -; EuGH Rs.167/97 vom 09.02.1999, Slg. 1999, S. I – 00623; BAG 9 AZR 750/00 vom 20.08.2002, NZA 2003 S. 861; BAG – 3 AZR 506/04 – vom 18.10.2005, AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG). Allerdings müssen die empirischen Grundlagen ausgewiesen werden, um Zufallsergebnisse oder den Einfluss konjunktureller Erscheinungen ausschließen zu können (grundlegend: EuGH Rs.127/92 vom 27.10.1993, AP Nr. 50 zu § 119 EWG-Vertrag – Enderby -; s. auch Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 2. A., § 22 Rn. 12 „Statistikbeweis“; Boemke/Danko, AGG im Arbeitsrecht, § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006 S. 898; Wackerbarth ZIP 2007 S.453; a.A. Schiek/Kocher, AGG, § 2 Rn. 30; Däubler AiB 2007 S. 97). Hinzu kommt, dass danach von einem Hinweis auf das Vorliegen einer Diskriminierung, den der Arbeitgeber dann entkräften musste, erst ausgegangen werden kann, wenn die Gruppe der benachteiligten Personen deutlich überwiegt. Dies erfordert im Regelfall, dass jedenfalls 75 % der betroffenen Personen der benachteiligten Gruppe zuzurechnen sind (ErfKomm/Schlachter, AGG, § 3 Rdnr. 7; Wissmann in: Festschrift Wlotzke, S. 807).

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Diesen Anforderungen genügt der pauschale Hinweis der Klägerin auf die überwiegende Inanspruchnahme des § 45 Abs. 3 SGB V durch Frauen ersichtlich nicht. Es handelt sich lediglich um eine Vermutung, deren Grundlage nicht erläutert wird und die zudem auch keinen Hinweis auf den konkreten Grad der Betroffenheit von Frauen enthält.

(b) Eine abweichende Beurteilung der Rechtslage ist aber auch nicht bei Berücksichtigung von § 3 Abs. 2 AGG geboten.

Seine Anwendung schließt die Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung zur Verwendung statistischer Daten nicht aus (ErfKomm/Schlachter, AGG, § 3 Rdnr. 7). Folgte man der Auffassung, dass auch bei Anwendung des § 3 Abs. 2 AGG die in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen erfüllt sein müssten, um die Vermutungswirkung der Vorschrift auszulösen (Annuß, BB 2006, S. 1629; Wisskirchen, DB 2006, S. 1491; Thüsing, AGG, § 3 Rdnr. 57), wäre ein Erfolg der Klage nach den voran stehenden Ausführungen ausgeschlossen.

Allerdings ist für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung ein statistischer Nachweis zwar möglich, jedoch nicht erforderlich (BAG – 1 ABR 47/08 – vom 18.08.2009, NZA 2010, S. 222), so dass die bereits angesprochenen Mängel des Vortrags der Klägerin in dieser Hinsicht nicht unmittelbar zur Zurückweisung der Berufung führen.

Ausreichend wäre nämlich auch eine strukturell angelegte besondere Betroffenheit von Frauen durch die negativen Wirkungen einer Rechtsnorm. Dies setzte – wie jedoch nicht geschehen – voraus, dass dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen wäre, dass eine dem Anschein nach neutrale Vorschrift (§ 45 Abs. 3 SGB V) Frauen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen könnte, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren seien durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

Aber auch diese „hypothetische“ Betrachtung hilft im Streitfall nicht weiter; denn anders als etwa im Falle der Benachteiligung wegen der Staatsangehörigkeit, für deren Vorliegen auf das scheinbar neutrale Erfordernis der fehlerfreien Sprachkenntnisse abgestellt werden kann (EuGH Rs.124/99 vom 21.09.2000, NZS 2001, S. 254 – Borawitz -), gibt der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt dazu nichts her. Eine das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung indizierende logische Verbindung zwischen der Inanspruchnahme der Freistellungsmöglichkeit des § 45 Abs. 3 SGB V und dem dadurch verursachten Verlust von Urlaubsansprüchen ist nicht dargelegt.

Soweit sogar ein an das in der jeweils anzuwenden Vorschrift enthaltenes Unterscheidungsmerkmal anknüpfendes „vernünftiges Vermuten“ als hinreichender Ansatz für die Verlagerung der Beweislast angesehen wird (Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, Rn. 258), gibt es vorliegend aber auch dafür keinen Anhaltspunkt. Die etwa in der Rechtssache O´F. mögliche und sinnvolle Verbindung zwischen der örtlichen Bindung des Anspruchstellers und der Gewährung einer Leistung, die eine Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern nahe liegend erscheinen ließ (Thüsing aaO.), ist im Streitfall nicht möglich. Insbesondere ist aus dem Hinweis, dass vorwiegend Frauen § 45 Abs. 3 SGB V in Anspruch nähmen, nicht gleichzeitig auch zu schließen, dass der Struktur der Norm folgend überwiegend Frauen vom Verlust des Erholungsurlaubs infolge der Zwecksetzung der Vorschrift betroffen wären.

Zu bedenken ist auch, dass bei Berücksichtigung der hypothetischen Betrachtungsweise zwar die Anforderungen an die Darlegungslast im Hinblick auf den Eintritt eines Nachteils sinken (krit.: Meinel/Heyn/Herms, AGG, § 3 Rn. 21), dies jedoch die Klägerin nicht davon befreit, sich zum Vorliegen einer konkreten Benachteiligung zu äußern. Ein Verzicht auf eine Darlegung zu diesem Punkt ist mit der Einführung von § 3 Abs. 2 AGG nicht verbunden (BAG 18.02.2003, AP Nr. 22 zu § 611 a BGB; ErfKomm/Schlachter, § 3 AGG, Rdnr. 8).

Jedoch fehlt es vorliegend auch daran. Mehr als der Hinweis auf die nach Auffassung der Klägerin überwiegende Inanspruchnahme des § 45 SGB V durch Frauen wird nämlich nicht vorgetragen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.

III. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) lagen nicht vor. Die Kammer folgte bei der Entscheidung des Rechtsstreits den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen.

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