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Nachlassverbindlichkeiten – Abzugsfähigkeit bei Steuern

 Finanzgericht Niedersachsen

Az: 3 K 332/10

Urteil vom 23.02.2011


Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob die Einkommensteuer des Todesjahres des Erblassers als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann.

Die Klägerin ist Tochter und Miterbin zu 1/2 nach dem am 31. Dezember 2004, 0.15 Uhr verstorbenen .. Die Ehefrau von . war bereits am 13. November 2004 vorverstorben. Weitere Miterbin ist die zweite Tochter des Erblassers. Das Finanzamt B. hat gegenüber den Erben nach den verstorbenen Eheleuten L. Einkommensteuer für 2004 festgesetzt. Der entsprechende Bescheid ist mehrfach geändert worden. Im aktuellen Bescheid vom 3. Januar 2011 wird Einkommensteuer in Höhe von 1.848.591,- €, Kirchensteuer in Höhe von 145.246,60 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 101.672,50 € festgesetzt. Die verstorbenen Eheleute L. haben im Jahre 2004 Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von 258.066,- € geleistet.

In der am 21. März 2006 beim Beklagten eingereichten Erbschaftsteuererklärung machten die Erben die Einkommensteuer 2004 entsprechend dem damals aktuellen Einkommensteuerbescheid in Höhe von 1.793.502,- € als Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Der Beklagte erließ unter dem Datum des 8. Februar 2007 einen Erbschaftsteuerbescheid, in dem er die Besteuerungsgrundlagen erklärungsgemäß berücksichtigte. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2008 beantragte die Klägerin die Änderung des Erbschaftsteuerbescheides gem. § 164 Abs. 2 AO. U.a. machte sie geltend, die Einkommensteuerschuld 2004 habe nur 1.791.926,85 € betragen.

Mit Datum des 22. September 2008 änderte der Beklagte den Erbschaftsteuerbescheid und setzte die Erbschaftsteuer herauf. Dies beruhte darauf, dass er die Einkommensteuer 2004 nicht mehr als Nachlassverbindlichkeit anerkannte. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Im Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass die Einkommensteuer 2004 als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könne. Die Einkommensteuerschuld sei bereits im Zeitpunkt des Todes von L. entstanden. Zwar entstehe die Einkommensteuer, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt sei, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums; Veranlagungszeitraum sei das Kalenderjahr. Sterbe aber der Steuerpflichtige vor Ablauf des Kalenderjahres, so würde abweichend davon die Steuer bereits im Todeszeitpunkt entstehen. Voraussetzung der Einkommensteuerpflicht sei das Vorhandensein eines Steuersubjekts und eines Steuerobjekts. Sterbe der Erblasser, so entfalle das Steuersubjekt, so dass für den restlichen Teil des Jahres mangels Steuersubjekts keine Einkommensteuer mehr entstehen könne. Es greife deshalb nicht die Grundregel des § 36 Abs. 1 EStG, sondern es sei i.S.d. § 36 Abs. 1 EStG etwas „anderes bestimmt“. Zudem liege ein verkürzter Einkünfteermittlungszeitraum vor, so dass die Einkommensteuerveranlagung unmittelbar mit dem Tod des Erblassers durchgeführt werden könne. Dies sei ursprünglich in § 25 Abs. 2 EStG geregelt gewesen. Durch die Aufhebung dieser Rechtsnorm habe sich nichts geändert, weil der Gesetzgeber dieses Ergebnis als nicht regulierungsbedürftige Selbstverständlichkeit angesehen habe.

Im Streitfall komme hinzu, dass L. am 31. Dezember 2004 gestorben sei. Es könne nicht darauf ankommen, ob er das Jahresende noch erlebt habe oder wenige Stunden zuvor verstorben sei.

Es sei mit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren, wenn der Erbe das vom Erblasser im Todesjahr erwirtschaftete Vermögen zu versteuern habe, nicht aber die darauf lastende Einkommensteuer abziehen könne. Bei der Erbschaftsteuer sei vielmehr die Nettobereicherung zu berücksichtigen. Eine Ungleichbehandlung sieht die Klägerin auch darin, dass zwar Einkommensteuervorauszahlungen abgezogen werden könnten, nicht aber die Schlusszahlung an Einkommensteuer.

Die Entscheidung des BFH vom 16. Januar 2008 stehe dem nicht entgegen. Denn in diesem Fall hätte ein Ehegatte, mit dem der Erblasser zusammen veranlagt worden sei, überlebt. Insofern sei für den Rest des Kalenderjahres noch ein Steuersubjekt vorhanden.

Betragsmäßig berechne sich die als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähige Einkommensteuer wie folgt: Steuerfestsetzung laut Bescheid vom 3. Januar 2011:

Einkommensteuer 1.848.591,- €

+ Kirchensteuer 145.246,60 €

+ Solidaritätszuschlag 101.672,50 €

Zwischensumme: 2.095.510,10 €

Abzüglich in 2004 geleistete Vorauszahlungen ./. 258.066,- €

Abzüglich Zinsabschlag (Bl. 163) ./. 8.322,- €

Abzüglich KapErtrSt ./. 5.237,10 €

Summe (Nachlassverbindlichkeit): 1.823.885,- €

Davon 1/2 (für Klägerin) 911.942,50 €

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheides vom 22. September 2008 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 27. April 2010 weitere Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 911.942,50 € zu berücksichtigen

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, dass die Einkommensteuer 2004 nicht als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden könne. Nach § 36 Abs. 1 EStG entstehe die Einkommensteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. dem Kalenderjahr, soweit nichts anderes bestimmt sei. Zwar habe § 25 Abs. 2 EStG eine abweichende Regelung für den Fall des Todes des Steuerpflichtigen vorgesehen. Diese Regelung sei mit dem Jahressteuergesetz 1996 aufgehoben worden. Somit gebe es keine abweichende gesetzliche Bestimmung mehr.

Der BFH habe mit Urteil vom 16. Januar 2008 entschieden, dass Steuererstattungsansprüche des Todesjahres nicht zu berücksichtigen seien, da die Einkommensteuer des Todesjahres erst mit Ablauf des Kalenderjahres und somit nach dem Tod des Erblassers entstehe. Zwar habe der BFH einen Fall entschieden, in denen ein Ehegatte den Erblasser überlebt hat. Die zuvor zitierte Aussage des Urteils gelte aber unabhängig davon, ob ein überlebender Ehegatte vorhanden sei. Auch sei kein Unterschied nach der Veranlagungsart zu machen. Denn anderenfalls käme es zu nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen, wenn der Abzug der Steuerschuld davon abhänge, welche Veranlagungsart der Erblasser zufälligerweise gewählt hat.

Unerheblich sei auch, dass L. am 31. Dezember 2004 verstorben sei. Denn die Erbschaftsteuer entstehe gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 11 ErbStG am Todestag, nicht mit Ablauf des Todestages. Für die Entstehung der Einkommensteuer sei hingegen die logische Sekunde des Jahreswechsels maßgelblich.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann die anteilig auf sie entfallende Einkommensteuer für 2004 nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.

Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von dem Erwerb als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind. Für die Wertermittlung ist nach § 11 ErbStG der Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer maßgebend. Die Erbschaftssteuer entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers.

1. Ob die Einkommensteuer für das Kalenderjahr, in dem der Erblasser verstirbt, unter Berücksichtigung des in § 11 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG normierten Stichtagsprinzips als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

a) Meincke, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, § 10 Rn. 32, ist der Auffassung, dass auch aus der Sphäre des Erblassers herrührende latente Ertragsteuerbelastungen zumindest dann als Nachlassverbindlichkeiten anerkannt werden sollten, wenn deren Realisierung als sicher angesehen werden könnte. Gebel, BB 1999, 135, ebenso in Troll/Gebel/Jülicher-Gebel, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, § 10 Rn. 140, geht demgegenüber davon aus, dass die Einkommensteuer nicht erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, sondern schon mit dem Todestag entsteht bzw. dem Erblasser zumindest erbschaftsteuerlich zuzurechnen ist. Es handele sich nicht nur um eine latente Belastung, sondern die Verbindlichkeit sei bereits in der Person des Erblassers begründet worden. Kapp/Ebeling-Geck, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, § 10 Rn. 82 leitet aus dem Bereicherungsgrundsatz ab, dass die Einkommensteuer für das Todesjahr des Erblassers abgezogen werden müsse. Bei den Vorschriften über den Veranlagungszeitraum in §§ 25, 36 EStG handele es sich nur um technische Vorschriften, die nicht zur Folge hätten, dass eine noch in der Person des Erblassers begründete Steuernachzahlung nicht abzugsfähig sei.

b) Wilms/Jochum-Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, § 10 Rn. 128 hält die Einkommensteuerschuld des Erben auch dann für eine nichtabzugsfähige latente Steuerschuld, wenn die Entstehung der Einkommensteuer auf Geschehensabläufe zurückzuführen ist, die der Erblasser in die Welt gesetzt hat. Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter-Jüptner, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, § 10 Rn. 134 betont hingegen die Bedeutung des Stichtagsprinzips und hält die Einkommensteuerschulden aus dem Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt, für nicht abzugsfähig, weil die Einkommensteuerschuld erst mit Ablauf des Kalenderjahres und damit nach dem Besteuerungszeitpunkt entstehe. Moench/Weinmann-Weinmann, Erbschaftsteuergesetz, § 10 Rn. 54 erklärt, dass der Einkommensteuertatbestand erst nach dem erbschaftsteuerrechtlich maßgeblichen Stichtag in der Person des Erben verwirklicht werde. Folglich handele es sich um eine Steuerschuld des Erben und nicht des Erblassers. Es gebe keinen Verfassungsgrundsatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen aufeinander abgestimmt sein müssten.

2. Der Senat ist mit der zuletzt dargestellten Rechtsansicht der Überzeugung, dass die Einkommensteuer des Todesjahres des Erblassers beim Erben nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann, weil sie zum maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden ist.

Gem. § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Nach § 25 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 43 Abs. 4 EStG und § 46 EStG eine Veranlagung unterbleibt.

§ 25 Abs. 2 EStG in der bis 1995 geltenden Gesetzesfassung ermöglichte eine vorzeitige Veranlagung, wenn die Steuerpflicht nicht das volle Kalenderjahr bestand. Es kann dahin stehen, ob diese Regelung dahingehend auszulegen war, dass sie als Ausnahme von § 36 Abs. 1 EStG eine Verkürzung des Veranlagungszeitraums im Falle des Todes des Steuerpflichtigen im Verlaufe des Kalenderjahres bewirkte. Jedenfalls nachdem diese Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1996, BGBl. 1995, 1250 abgeschafft worden ist, kennt das Einkommensteuergesetz keine Vorschrift mehr über einen abweichenden Veranlagungszeitraum, obwohl verkürzte Besteuerungszeiträume dem deutschen Steuerrecht nicht fremd sind, wie sich beispielsweise aus § 16 Abs. 3 UStG ergibt. Es wird mithin nicht „etwas anderes“ im Sinne des § 36 Abs. 1 EStG bestimmt.

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In der einkommensteuerlichen Kommentarliteratur wird deshalb darauf hingewiesen, dass der Veranlagungszeitraum nicht abgekürzt werden könne und stets dem Kalenderjahr entspricht (Hermann/Heuer/Raupach-Pflüger, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 18; Blümich-Heuermann, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 50). Weil das Gesetz nichts anderes bestimmt, entsteht die Einkommensteuer erst mit Ablauf des Kalenderjahrs (Blümich-Heuermann, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 59; Lademann-Hetter, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 13).

In diesem Zusammenhang ist der Begriff des Veranlagungszeitraums abzugrenzen vom einkommensteuerlichen Einkünfteermittlungszeitraum. Zwar ende die persönliche Steuerpflicht mit dem Tode des Steuerpflichtigen, so dass die Einkünfte nur für den Zeitraum bis zum Ableben des Steuerpflichtigen zu ermitteln seien. Veranlagungszeitraum sei demgegenüber auch im Falle des Todes des Steuerpflichtigen das gesamte Kalenderjahr (BFH Urteil vom 17. Mai 1972 I R 126/70, BStBl. II 1972, 621; Hermann/Heuer/Raupach-Pflüger, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 18; Frotscher-Dürr, Kommentar zum EStG, § 25 Rn. 7; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Birkenfeld, Kommentar zum EStG, § 25 B 31).

Entsteht aber im Streitfall die Einkommensteuer 2004 erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2004, so kann sie nach dem für die Erbschaftsteuer maßgeblichen Stichtagsprinzip (§§ 9, 11 ErbStG) nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, weil sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch nicht entstanden war. Das gilt auch im Streitfall, der die Besonderheit aufweist, dass der Erblasser am 31. Dezember 2004 verstorben ist. Denn die Einkommensteuer entsteht nicht am letzten Tage des Veranlagungszeitraums, sondern mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. am 31. Dezember 2004, 24 Uhr. L. war aber bereits am 31. Dezember, 0.15 Uhr, also vor diesem Zeitpunkt, verstorben.

Der Senat hält es auch nicht für geboten, im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 9, 11 ErbStG einen spezifisch erbschaftsteuerlichen Zeitpunkt der Entstehung der Einkommensteuer zu bestimmen, der einen Abzug der Einkommensteuerschuld des Todesjahres ermöglicht, weil anderenfalls das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt wäre. Es gibt keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Lücken oder von Mehrfachbelastungen aufeinander abgestimmt werden müssten (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Januar 1999 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152). In einem Vielsteuersystem ist es lediglich geboten, jede Steuer für sich folgerichtig auszugestalten; es ist hingegen zulässig, den verschiedenen Steuerarten unterschiedliche Systeme der Erfassung der Besteuerungsgrundlagen – hier Stichtagsprinzip bei der Erbschaftsteuer, Jahresveranlagung bei der Einkommensteuer – zugrunde zu legen. Im Übrigen wirkt sich das Abstellen auf die Vollendung des Kalenderjahres als Entstehungszeitpunkt der Einkommensteuer nicht einseitig negativ für den Steuerpflichtigen aus. Zu denken ist etwa an den Fall, dass der Erblasser mit hohen Einkommensteuervorauszahlungen sein der Erbschaftsteuer unterliegendes Vermögen zu Lebzeiten gemindert hat und der spätere Einkommensteuererstattungsanspruch im Zeitpunkt seines Todes noch nicht als Forderung zu erfassen ist.

3. Der Senat sieht sich mit seiner Rechtsansicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, der sich in den drei Urteilen vom 14. November 2008 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574; vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BStBl. II 2008, 624 und vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BStBl. II 2010, 641 auch mit der hier einschlägigen Thematik beschäftigt hat. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass die diesen drei Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte nicht gänzlich dem des Streitfalles entsprechen. Dennoch enthalten die Entscheidungen diverse Aussagen, die sich auch auf den Streitfall übertragen lassen.

So betont der BFH in dem Urteil vom 14. November 2008 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574, dass der Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten deren rechtliche Bestand im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer, also bei Eintritt des Erbfalls voraussetzt. Damit verweist der BFH auf die einschlägigen einkommensteuerrechtlichen Regelungen über den Zeitpunkt der Steuerentstehung und macht deutlich, dass er weder den Abzug latenter Steuerschulden für möglich hält, noch für Erbschaftsteuerzwecke von einem anderen Zeitpunkt der Steuerentstehung ausgeht.

In der Entscheidung vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BStBl. II 2008, 624, verweist der BFH eingangs auf den Ablauf des Veranlagungszeitraums als Zeitpunkt der Entstehung hier der Steuererstattungsansprüche; in den steuerpflichtigen Erwerb würden nur die Erstattungsansprüche aus im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits abgelaufenen Veranlagungszeiträumen fallen. Soweit der BFH im weiteren ausführt, dass Einkommensteuererstattungsansprüche aus der Veranlagung des Todesjahres „jedenfalls“ bei einer Zusammenveranlagung mit einem überlebenden Ehegatten erst mit Ablauf des Jahres entstehen würden, sieht der Senat in dem Hinweis auf die Zusammenveranlagung ein zusätzliches Argument des BFH, das aber nicht dahingehend umgekehrt werden kann, dass bei fehlender Zusammenveranlagung der Anspruch bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstehe. Dies führte im Übrigen zu sinnwidrigen Ergebnissen, weil der Abzug der Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten dann davon abhinge, ob die Ehegatten die getrennte Veranlagung (dann Abzug möglich) oder die Zusammenveranlagung (dann kein Abzug) gewählt hätten.

Auch im Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BStBl. II 2010, 641 betont der BFH mehrfach die Bedeutung des Stichtagsprinzips und stellt klar, dass die auf den Einnahmen latent lastende Einkommensteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könne. Berücksichtigt werden könnten nur Verbindlichkeiten, die zum maßgebenden Stichtag, dem Tod des Erblassers, bereits bestehen. Der Erbe übernehme den Nachlass in dem Zustand, wie er beim Tod des Erblassers vorhanden sei. Dies schließe die Berücksichtigung von künftigen Belastungen des Erben aus. Alles andere liefe im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine Schlussbesteuerung beim Erblaser hinaus, die das Einkommensteuergesetz gerade nicht vorsehe.

Der Senat lässt die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil die hier entschiedene Rechtsfrage in der Literatur kontrovers diskutiert wird und noch keine BFH-Entscheidung zu einem Fall mit vergleichbarem Sachverhalt vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

 

 

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