Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Vollstreckungsklausel: Gerichtliche Überprüfung und ihre Bedeutung im Rechtssystem
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, wenn eine Zwangsvollstreckung gegen mich eingeleitet wurde?
- Was bedeutet ein Nachweisverzicht bei der Grundschuld für mich als Schuldner?
- Wann ist eine Vollstreckungsklausel für die Zwangsvollstreckung erforderlich?
- Welche Rolle spielt der Notar bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel?
- Wie kann ich mich gegen eine unrechtmäßige Grundschuldvollstreckung wehren?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Münster
- Datum: 19.10.2021
- Aktenzeichen: 5 T 1565/21
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines Zwangsversteigerungsantrages
- Rechtsbereiche: Zwangsvollstreckungsrecht, Grundschuldrecht
Beteiligte Parteien:
- Gläubigerin: Sie hat eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Steinfurt eingelegt, welches ihren Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundbesitzes des Schuldners ablehnte. Sie argumentiert, dass der Nachweisverzicht des Schuldners eine einfache Vollstreckungsklausel ermöglicht und beruft sich auf eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofes.
- Schuldner: Er hatte im Jahr 2018 zugunsten der Gläubigerin eine Grundschuld bestellt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Es ging um die Sicherung von Darlehen in Höhe von 150.000 EUR.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Schuldner hatte der Gläubigerin bereits 2018 eine Grundschuld zugunsten der Gläubigerin eingeräumt und sich der Zwangsvollstreckung in sein Grundeigentum unterworfen. Nach einer erfolgten Kündigung der Grundschuld im Jahr 2020 beantragte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung. Das Amtsgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, es fehle an einer qualifizierten Vollstreckungsklausel, da die 6-monatige Kündigungsfrist gemäß § 1193 BGB nicht eingehalten worden sei.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Zwangsvollstreckung ohne eine qualifizierte Vollstreckungsklausel zulässig, wenn ein Nachweisverzicht bezüglich der Fälligkeitsvoraussetzungen der Grundschuld vereinbart wurde?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Münster hob die Entscheidung des Amtsgerichts Steinfurt auf und wies an, den Zwangsversteigerungsantrag der Gläubigerin erneut zu bescheiden.
- Begründung: Das Gericht folgte der Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass ein Nachweisverzicht des Schuldners den Charakter der Kündigungsfrist als Vollstreckungsbedingung aufhebt, somit eine einfache Vollstreckungsklausel ausreichend sei. Die Notwendigkeit einer qualifizierten Klausel entfalle, und die Zwangsvollstreckung könne durchgeführt werden, zumal dem Schuldner weiterer Rechtsschutz gegen die Zwangsvollstreckung offen stünde.
- Folgen: Die Gläubigerin kann mit der Zwangsversteigerung fortfahren. Das Urteil bekräftigt, dass ein Nachweisverzicht zu einer Verringerung der formellen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung führen kann, solange der materielle Schutz des Schuldners durch andere Rechtsmittel gewährleistet bleibt.
Vollstreckungsklausel: Gerichtliche Überprüfung und ihre Bedeutung im Rechtssystem
Die Vollstreckungsklausel spielt eine zentrale Rolle im Vollstreckungsrecht und ermöglicht es Gläubigern, ihre Ansprüche durch Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Insbesondere ift eine notarielle Vollstreckungsklausel von Bedeutung, da sie die rechtliche Grundlage für die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde bildet. Damit diese Klausel jedoch wirksam wird, kann sie einer gerichtlichen Überprüfung durch das Vollstreckungsgericht unterzogen werden, das die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung sicherstellen soll.
Das Verfahren zur Nachprüfung einer Vollstreckungsklausel ist für alle Beteiligten von entscheidender Bedeutung, da es Streitigkeiten über Vollstreckung und möglichen Vollstreckungsschutz regelt. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Anforderungen an die Klauselprüfung und die Rolle des Vollstreckungsgerichts beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Grundschuld-Vollstreckung nach Nachweisverzicht rechtmäßig
Das Landgericht Münster hat in einem wegweisenden Fall die Zwangsversteigerung einer Immobilie trotz fehlender qualifizierter Vollstreckungsklausel zugelassen. Der Schuldner hatte im Mai 2018 eine Grundschuld in Höhe von 150.000 Euro zugunsten der Gläubigerin bestellt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Dabei verzichtete er ausdrücklich auf den Nachweis der Entstehung und Fälligkeit der Grundschuld.
Streit um Vollstreckungsvoraussetzungen bei Grundschuldkündigung
Nach der Kündigung der Grundschuld, die dem Schuldner am 9. Juli 2020 zugestellt wurde, beantragte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes. Das Amtsgericht Steinfurt wies den Antrag zunächst zurück und forderte eine qualifizierte Vollstreckungsklausel nach § 726 ZPO. Diese Entscheidung stützte sich auf eine frühere Rechtsauffassung, wonach die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten nach § 1193 BGB zwingend abzuwarten sei.
Bundesgerichtshof stärkt Rechte der Gläubiger
Das Landgericht Münster hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und stützte sich dabei auf ein richtungsweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Oktober 2020. Der BGH hatte festgestellt, dass bei einem Nachweisverzicht des Schuldners eine einfache Vollstreckungsklausel nach § 724 ZPO ausreichend ist. Die materielle Bedingung der Kündigung verliert durch den Verzicht ihren Charakter als Vollstreckungsvoraussetzung.
Rechtliche Absicherung des Schuldners bleibt gewahrt
Das Gericht betonte, dass der Schuldner trotz des Nachweisverzichts nicht schutzlos gestellt wird. Er kann sich weiterhin mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung wehren, wenn die Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Auch die Möglichkeit, die Unwirksamkeit des Nachweisverzichts durch eine prozessuale Gestaltungsklage anzufechten, bleibt bestehen. Der Nachweisverzicht dient lediglich der Vereinfachung des Nachweises der Vollstreckungsvoraussetzungen und hat keine materiell-rechtliche Wirkung.
Praktische Folgen für Zwangsversteigerungsverfahren
Die Entscheidung des Landgerichts Münster verdeutlicht, dass Vollstreckungsorgane wie das Versteigerungsgericht an eine vom Notar erteilte einfache Vollstreckungsklausel gebunden sind. Die sachlichen Erfordernisse der Vollstreckung sind ihrer Nachprüfung entzogen, wenn der Schuldner einen wirksamen Nachweisverzicht erklärt hat. Diese Rechtsauffassung entspricht der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung und ist für künftige Zwangsversteigerungsverfahren maßgeblich.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Ein Nachweisverzicht bei der Grundschuldbestellung vereinfacht das Zwangsversteigerungsverfahren für Gläubiger erheblich. Wenn ein Schuldner bei der notariellen Beurkundung auf den Nachweis der Fälligkeit verzichtet hat, reicht für die Zwangsversteigerung eine einfache Vollstreckungsklausel aus – auch wenn die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten noch nicht abgelaufen ist. Der Bundesgerichtshof stellt damit klar, dass der Nachweisverzicht nur den formalen Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen betrifft, während die materiellen Rechte des Schuldners unberührt bleiben.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie bei der notariellen Bestellung einer Grundschuld einen Nachweisverzicht unterschrieben haben, kann die Bank schneller als bisher eine Zwangsversteigerung Ihrer Immobilie einleiten. Sie müssen dann selbst aktiv werden und sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsversteigerung wehren, wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Es ist daher besonders wichtig, dass Sie bei finanziellen Schwierigkeiten frühzeitig einen Anwalt aufsuchen und nicht erst reagieren, wenn die Zwangsversteigerung bereits eingeleitet wurde. Durch rechtzeitige rechtliche Beratung können Sie Ihre Handlungsoptionen besser einschätzen und Ihre Rechte effektiv wahrnehmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, wenn eine Zwangsvollstreckung gegen mich eingeleitet wurde?
Als Schuldner stehen Ihnen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung, um sich gegen eine Zwangsvollstreckung zu wehren.
Vollstreckungsabwehrklage
Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist ein zentrales Instrument, wenn Sie Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend machen möchten. Diese Klage kommt in Betracht, wenn Sie beispielsweise die Forderung bereits bezahlt haben oder andere Gründe vorliegen, die den Anspruch nach Titelerlass beseitigt haben.
Ein typischer Fall wäre: Sie wurden im Juli zur Zahlung von 10.000 € verurteilt. Im August haben Sie den Betrag bezahlt. Wenn der Gläubiger dennoch im September die Vollstreckung einleitet, können Sie sich mit der Vollstreckungsabwehrklage dagegen wehren.
Einstweiliger Rechtsschutz
Parallel zur Vollstreckungsabwehrklage können Sie einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO stellen. Dies ist besonders wichtig, da die Klage allein die Vollstreckung nicht stoppt. Der Antrag muss beim Prozessgericht gestellt werden und die Gründe für die Vollstreckungsabwehrklage müssen schlüssig dargelegt werden.
Vorläufige Einstellung
Eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nach § 707 ZPO möglich, wenn Sie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt haben.
Digitale Möglichkeiten
Ab September 2024 werden die Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation im Zwangsvollstreckungsverfahren erweitert. Dies ermöglicht eine schnellere und effizientere Bearbeitung von Anträgen und Aufträgen im Vollstreckungsverfahren.
Voraussetzungen beachten
Grundsätzlich benötigt der Gläubiger für die Zwangsvollstreckung einen Vollstreckungstitel mit Vollstreckungsklausel. Diese Klausel ist eine formelle Bescheinigung des Urkundsbeamten, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Titel stattfinden darf. Prüfen Sie daher immer, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Was bedeutet ein Nachweisverzicht bei der Grundschuld für mich als Schuldner?
Ein Nachweisverzicht bei der Grundschuld ermöglicht dem Gläubiger eine deutlich schnellere Zwangsvollstreckung in Ihre Immobilie. Wenn Sie bei der notariellen Beurkundung der Grundschuld einen solchen Verzicht erklären, kann der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung erhalten, ohne das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nachweisen zu müssen.
Konkrete Auswirkungen
Der Nachweisverzicht bezieht sich auf die Tatsachen, die das Entstehen und die Fälligkeit der Grundschuld bedingen. Die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten bleibt zwar bestehen, aber der Gläubiger muss deren Einhaltung nicht mehr vor der Zwangsvollstreckung nachweisen.
Ihre rechtliche Position
Der Nachweisverzicht schränkt Ihre Rechte als Schuldner nicht vollständig ein. Sie können sich weiterhin gegen eine unrechtmäßige Zwangsvollstreckung wehren. Dafür stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO
- Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 769 ZPO
Praktische Bedeutung
Wenn Sie eine Immobilienfinanzierung aufnehmen, werden Sie in der Regel mit einem Nachweisverzicht konfrontiert. Die Bank kann dann schneller die Zwangsvollstreckung einleiten, ohne vorher die Kündigung oder andere Voraussetzungen beweisen zu müssen. Der Verzicht betrifft jedoch nur das Verfahren der Vollstreckung, nicht Ihre materiellen Rechte.
Wann ist eine Vollstreckungsklausel für die Zwangsvollstreckung erforderlich?
Die Vollstreckungsklausel ist grundsätzlich eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung der Zwangsvollstreckung. Sie stellt die formelle Bescheinigung dar, dass aus dem vorliegenden Titel vollstreckt werden darf.
Standardfälle der Vollstreckungsklausel
Die Vollstreckungsklausel wird auf dem Vollstreckungstitel vermerkt und lautet: „Vorstehende Ausfertigung wird dem Kläger/Beklagten zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt“. Sie wird vom zuständigen Urkundsbeamten erteilt, unterschrieben und mit einem Siegel versehen.
Ausnahmen von der Klauselpflicht
Bei bestimmten Vollstreckungstiteln ist keine Vollstreckungsklausel erforderlich. Dies gilt insbesondere für:
- Vollstreckungsbescheide aus dem deutschen Mahnverfahren
- Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen
- Haftbefehle
- Titel nach der Brüssel Ia-Verordnung
Besondere Klauselarten
Bei speziellen Konstellationen sind qualifizierte Vollstreckungsklauseln notwendig:
Die titelergänzende Klausel wird benötigt, wenn eine Zug-um-Zug Leistung vorliegt. In diesem Fall muss der Gläubiger durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, dass der Schuldner befriedigt wurde oder sich in Annahmeverzug befindet.
Die titelumschreibende Klausel kommt zur Anwendung, wenn sich die Parteien des Vollstreckungsverfahrens geändert haben.
Schutzfunktion der Vollstreckungsklausel
Die Vollstreckungsklausel erfüllt eine wichtige Schutzfunktion für den Schuldner, da sie eine Mehrfachvollstreckung verhindert. Sie darf grundsätzlich nur einmal erteilt werden. Gleichzeitig entlastet sie die Vollstreckungsorgane, da diese keine umfangreiche Prüfung der Vollstreckbarkeit mehr vornehmen müssen.
Welche Rolle spielt der Notar bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel?
Der Notar hat bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel eine zentrale Kontrollfunktion. Bei notariellen Urkunden ist er das zuständige Klauselorgan und prüft die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckung.
Grundlegende Prüfungspflichten
Der Notar muss zunächst kontrollieren, ob ein formell wirksamer Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt. Dabei prüft er auch, ob die formellen vertraglichen Regelungen als Bedingung für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung erfüllt sind.
Arten der Vollstreckungsklausel
Bei der Erteilung unterscheidet der Notar zwischen zwei Varianten:
Einfache Vollstreckungsklausel: Diese wird erteilt, wenn in der Grundschuldbestellungsurkunde ein Nachweisverzicht erklärt wurde. In diesem Fall muss der Gläubiger die Fälligkeit und das Bestehen der Zahlungsverpflichtung nicht nachweisen.
Qualifizierte Vollstreckungsklausel: Diese ist erforderlich, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Der Notar prüft dann beispielsweise bei einer Grundschuld den Nachweis der Kündigung, bevor er die Klausel erteilt.
Besondere Prüfungssituationen
Bei der Übertragung einer Vollstreckungsklausel auf einen neuen Gläubiger muss der Notar zusätzlich prüfen, ob der neue Grundschuldgläubiger den Verpflichtungen aus dem ursprünglichen Sicherungsvertrag beigetreten ist.
Die vom Notar erteilte Vollstreckungsklausel hat eine besondere Rechtswirkung: Das Vollstreckungsgericht darf die materielle Rechtmäßigkeit einer vom Notar erteilten einfachen Vollstreckungsklausel nicht überprüfen. Nur der Schuldner kann die Erteilung einer Klausel mit der Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO anfechten.
Wie kann ich mich gegen eine unrechtmäßige Grundschuldvollstreckung wehren?
Vollstreckungsabwehrklage als primärer Rechtsbehelf
Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist der wichtigste Rechtsbehelf gegen eine unrechtmäßige Grundschuldvollstreckung. Sie können diese Klage erheben, wenn Sie nach der Grundschuldbestellung neue Einwendungen geltend machen können, etwa eine erfolgte Zahlung, Stundung oder einen Verzicht des Gläubigers.
Einstweilige Verfügung bei Dringlichkeit
In dringenden Fällen können Sie einen Antrag auf einstweilige Verfügung nach § 940 ZPO stellen. Dies ist besonders relevant, wenn die Verwertung der Grundschuld unmittelbar bevorsteht und Sie Zeit benötigen, um Ihre Rechte durchzusetzen.
Vollstreckungserinnerung als schnelle Option
Die Vollstreckungserinnerung können Sie einlegen, wenn Sie die Art und Weise der Zwangsvollstreckung beanstanden möchten. Wenn beispielsweise der Gerichtsvollzieher Verfahrensvorschriften nicht korrekt beachtet hat, ist dies der richtige Weg.
Praktische Handlungsoptionen
Wenn Sie Zahlungsschwierigkeiten absehen, sollten Sie frühzeitig aktiv werden. Sie können mit dem Grundschuldgläubiger über eine Anpassung der Tilgungsraten oder eine vorübergehende Stundung verhandeln. Selbst während eines laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens haben Sie noch die Möglichkeit, durch Zahlung der geschuldeten Beträge die Versteigerung zu stoppen.
Bei einer bereits begonnenen Vollstreckung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Einstellung des Verfahrens für sechs Monate nach § 30a ZVG beantragen. Können Sie nachweisen, dass Sie den geschuldeten Betrag überwiesen haben, muss die Zwangsvollstreckung eingestellt werden.
Die Klauselgegenklage steht Ihnen offen, wenn Sie der Meinung sind, dass die Vollstreckungsklausel zu Unrecht erteilt wurde. Auch bei Härtefällen können Sie einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO stellen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Vollstreckungsklausel
Eine Vollstreckungsklausel ist eine amtliche Bescheinigung, die einen Titel (z.B. Urteil oder notarielle Urkunde) für vollstreckbar erklärt. Sie ist die rechtliche Voraussetzung dafür, dass ein Gläubiger seine Ansprüche zwangsweise durchsetzen kann. Geregelt ist dies in §§ 724 ff. ZPO. Eine „einfache“ Vollstreckungsklausel bestätigt nur die generelle Vollstreckbarkeit, während eine „qualifizierte“ zusätzliche Bedingungen nachweist. Beispiel: Bei einem Gerichtsurteil bescheinigt die Vollstreckungsklausel, dass das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar ist.
Grundschuld
Die Grundschuld ist ein Grundpfandrecht, das eine Immobilie mit einem bestimmten Geldbetrag belastet (§§ 1191 ff. BGB). Anders als die Hypothek ist sie von einer zugrundeliegenden Forderung unabhängig. Der Grundschuldgläubiger kann bei Nichtzahlung die Zwangsversteigerung der Immobilie betreiben. Beispiel: Eine Bank lässt sich für einen Immobilienkredit eine Grundschuld am finanzierten Haus eintragen, um ihre Forderung abzusichern.
Zwangsversteigerung
Die Zwangsversteigerung ist ein gerichtliches Verfahren zur Verwertung von Immobilien, geregelt im Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG). Sie ermöglicht Gläubigern, ihre Forderungen durch Verkauf der Immobilie zwangsweise durchzusetzen. Der Erlös wird zur Befriedigung der Gläubiger verwendet. Das Verfahren läuft über das Amtsgericht und endet mit dem Zuschlag an den Höchstbietenden. Beispiel: Eine Bank lässt eine Immobilie zwangsversteigern, weil der Kreditnehmer seine Raten nicht mehr zahlt.
Vollstreckungsabwehrklage
Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist ein Rechtsmittel des Schuldners gegen eine Zwangsvollstreckung. Mit ihr kann er Einwände geltend machen, die erst nach dem Vollstreckungstitel entstanden sind, etwa die Erfüllung der Forderung oder eine Stundungsvereinbarung. Die Klage richtet sich gegen den materiellen Anspruch des Gläubigers. Beispiel: Ein Schuldner klagt gegen die Zwangsvollstreckung, weil er die Forderung bereits bezahlt hat.
Nachweisverzicht
Der Nachweisverzicht ist eine Erklärung des Schuldners, mit der er auf den Nachweis bestimmter Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung verzichtet. Dies vereinfacht die Vollstreckung für den Gläubiger, da er diese Voraussetzungen nicht mehr nachweisen muss. Der Verzicht ist in notariellen Urkunden üblich und durch § 726 ZPO geregelt. Beispiel: Der Schuldner verzichtet bei einer Grundschuld darauf, dass der Gläubiger die Fälligkeit der Forderung nachweisen muss.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 726 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph regelt die Anforderungen an eine qualifizierte Vollstreckungsklausel bei Grundschulden. Eine qualifizierte Klausel muss bestimmte rechtliche Bedingungen erfüllen, um die sofortige Zwangsvollstreckung in das belastete Eigentum zu ermöglichen. Sie stellt sicher, dass die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung klar und rechtssicher formuliert sind.Der konkrete Fall betrifft die Notwendigkeit einer qualifizierten Vollstreckungsklausel gemäß § 726 ZPO. Das Amtsgericht Steinfurt hatte den Zwangsversteigerungsantrag aufgrund einer angeblich fehlenden qualifizierten Klausel abgelehnt. Das Landgericht Münster hob diesen Beschluss auf und wies das Amtsgericht an, den Antrag erneut zu prüfen, da die zitierte Entscheidung des Amtsgerichts nun durch eine höhere Rechtsprechung widerlegt wurde.
- § 1193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph behandelt die Kündigung von Grundschulden durch den Schuldner. Gemäß § 1193 BGB wird das Kapital der Grundschuld erst nach einer Kündigungsfrist von sechs Monaten fällig, sofern nicht anders vereinbart. Diese Kündigungsfrist dient dem Schutz des Schuldners vor einer zu schnellen Zwangsvollstreckung.Im vorliegenden Fall spielte § 1193 BGB eine zentrale Rolle, da die Vollstreckungsklausel vor Ablauf der Kündigungsfrist erteilt wurde. Das Amtsgericht und die Kammer interpretierten dies zunächst so, dass die Klausel nur nach Ablauf der sechs Monate wirksam sein dürfe. Der Bundesgerichtshof stellte jedoch klar, dass bei einem Nachweisverzicht des Schuldners eine einfache Vollstreckungsklausel bereits vor Ablauf der Frist zulässig ist.
- § 724 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph regelt die einfache Vollstreckungsklausel bei Grundschulden ohne zusätzliche Qualifikationen. Eine einfache Klausel ermöglicht die Zwangsvollstreckung, setzt jedoch weniger strenge Voraussetzungen als eine qualifizierte Klausel.Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall VII ZB 2/20 klärte, dass bei einem Nachweisverzicht des Schuldners eine einfache Vollstreckungsklausel gemäß § 724 ZPO ausreicht. Dies war im vorliegenden Fall relevant, da der Schuldner auf den Nachweis der fälligkeitsbegründenden Tatsachen verzichtet hatte, wodurch die Voraussetzung für eine qualifizierte Klausel entfiel.
- § 732 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph beschreibt das Verfahren der Klauselerinnerung, in dem die Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsklausel überprüft werden kann. Es erlaubt den Parteien, die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Klausel gerichtlich feststellen zu lassen.Im Falllandgericht Münster wurde auf § 732 ZPO Bezug genommen, um die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu überprüfen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass solche Prüfungen vorzunehmen sind, insbesondere wenn Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Klausel bestehen, was zur Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses führte.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Grundbuchrecht: Das Grundbuchrecht im BGB regelt die Eintragung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten von Grundpfandrechten wie der Grundschuld. Es stellt sicher, dass die Rechte der Gläubiger und die Schutzrechte der Schuldner klar definiert sind.Im vorliegenden Fall wurde eine Grundschuld zugunsten der Gläubigerin bestellt und im Grundbuch eingetragen. Die rechtlichen Auseinandersetzungen drehten sich um die Wirksamkeit der Vollstreckungsklausel im Zusammenhang mit der Grundschuld und den Kündigungsfristen gemäß § 1193 BGB, was direkt das Grundbuchrecht betrifft.
Weitere Beiträge zum Thema
- Kündigung einer Grundschuld erteilten Vollstreckungsklausel – Wirksamkeit
Das Gericht entschied, dass eine Vollstreckungsklausel gemäß § 724 ZPO, die ohne Prüfung der Fälligkeit durch das Klauselorgan erteilt wurde, unwirksam ist. Eine Befreiung von der Nachweispflicht gemäß § 134 BGB wurde als gesetzeswidrig angesehen. → → Unwirksamkeit von Vollstreckungsklauseln bei Grundschulden - Zwangsvollstreckung bei Leistung Zug um Zug
Der Gerichtsvollzieher darf die Zwangsvollstreckung erst beginnen, nachdem der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung dem Schuldner ordnungsgemäß angeboten hat. Ein wörtliches Angebot genügt, wenn zur Bewirkung der Gegenleistung eine Handlung des Schuldners erforderlich ist. → → Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung bei Zug-um-Zug-Leistungen - Gerichtlicher Widerrufsvergleich – Erfordernis einer qualifizierten Vollstreckungsklausel
Das Gericht stellte fest, dass bei einem Widerrufsvergleich, dessen Widerruf nicht ausschließlich dem Gericht gegenüber zu erklären ist, eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gemäß § 726 ZPO erforderlich ist. Die Erteilung einer einfachen Klausel nach § 724 ZPO wurde als unzureichend erachtet. → → Notwendigkeit einer qualifizierten Vollstreckungsklausel - Vollstreckungsklausel Grundschuld: Vor Kündigung erteilten – Wirksamkeit
Das Gericht entschied, dass Vollstreckungsklauseln, die unmittelbar nach Errichtung der Urkunde ohne Prüfung der Fälligkeit erteilt wurden, gemäß § 724 ZPO unwirksam sind. Die Kündigung der Grundschuld ist ein gesetzliches Fälligkeitserfordernis gemäß § 1193 Abs. 1 BGB. → → Unwirksamkeit von Vollstreckungsklauseln ohne Fälligkeitsprüfung - Vollstreckungsklausel notarielle Grundschuldbestellungsurkunde – Verzicht auf Fälligkeitsnachweis
Das Gericht hob einen Beschluss auf und wies das Amtsgericht an, die Zwangsversteigerung weiter zu betreiben. Es wurde festgestellt, dass ein in der Urkunde erklärter Nachweisverzicht hinsichtlich der Fälligkeit wirksam ist und die Vollstreckung nicht hindert. → → Gültigkeit des Nachweisverzichts in Grundschuldbestellungen
Das vorliegende Urteil
Landgericht Münster – Az.: 5 T 1565/21 – Beschluss vom 19.10.2021
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