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Dauernachtwacheneinteilung – Rücksichtsnahme auf familiäre Belange

Landesarbeitsgericht Hamm

Az: 8 Sa 1493/02

Urteil vom 28.07.2003

Vorinstanz: Arbeitsgericht Gelsenkirchen, Az.: 4 Ca 2781/01
Nachinstanz: Bundesarbeitsgericht, Az.: 6 AZR 567/03


Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 26.06.2002 – 4 Ca 2781/01 – teilweise abgeändert.

Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Nachtdienst im sog. Sieben-Tage-Rhythmus zu beschäftigen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen beide Parteien je die Hälfte.

Tatbestand
Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin.

Der beklagte Verein unterhält in G verschiedene Behinderteneinrichtungen. Die Klägerin war seit 1990 zunächst als Stationsleiterin tätig. Nach der Geburt ihres ersten Kindes vereinbarte sie mit dem Beklagten ab dem 01.02.1997 eine Tätigkeit als Altenpflegerin, wobei sie auf eigenen Wunsch ausschließlich Nachtwachen durchführte. Zum damaligen Zeitpunkt war dieser Nachtdienst durchgängig in einem Sieben-Tage-Rhythmus – jeweils von Donnerstag zu Donnerstag – organisiert. Der Einsatz der Klägerin erfolgte im Haus 39 auf Station CD.

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes im November 1998 nahm die Klägerin bis zum 18.11.2001 Erziehungsurlaub in Anspruch. Mit dessen Ende wurde der Klägerin eine Tätigkeit als Nachtwache im sog. Wohnheimverbund „Die Alternative“, bestehend aus den Häusern 37, 39 und 7, im Zwei-Tage-Rhythmus zugewiesen. Dies hält die Klägerin für vertragswidrig und verlangt deshalb in erster Linie die Beschäftigung an ihrem früheren Arbeitsplatz im Haus 39 auf der Station CD. Im Übrigen vertritt sie den Standpunkt, mit Rücksicht auf ihre familiären Belange – der Ehemann der Klägerin ist ebenfalls in einem pflegerischen Beruf tätig und hat nach Behauptung der Klägerin Nachtbereitschaft in einem Sieben-Tage-Rhythmus zu leisten – habe der Arbeitgeber gegebenenfalls einer anderen Nachtwache den Dienst im Zwei-Tage-Rhythmus zuweisen müssen. Hilfsweise begehrt sie dementsprechend die Feststellung, dass der Beklagte sie im Nachtdienst im Sieben-Tage-Rhythmus zu beschäftigen habe.

Durch Urteil vom 26.06.2002, auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, nach dem Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages sei die Klägerin als Altenpflegerin tätig, ohne dass arbeitsvertragliche Abreden über Arbeitszeit und Arbeitsort getroffen seien. Allein die Tatsache, dass die Klägerin ihre frühere, seit dem Jahre 1990 ausgeübte Tätigkeit als Stationsleiterin aufgegeben und nachfolgend eben wegen ihrer familiären Situation nach Geburt des ersten Kindes als Nachtwache eingesetzt worden sei, vermöge nichts daran zu ändern, dass weder eine Tätigkeit als Dauernachtwache vereinbart noch gar Arbeitsort und Arbeitszeit vertraglich festgelegt seien. Die Regelung dieser Fragen unterliege vielmehr dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht. Allein der Umstand, dass die Klägerin über einen längeren Zeitraum zu bestimmten Bedingungen gearbeitet habe, genüge nicht, um von einer Vertragsänderung durch „Konkretisierung“ auszugehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe der Beklagte bei der Ausübung des Direktionsrechts auch den Maßstab billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB eingehalten. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass allein die Zuweisung einer Tätigkeit im Nachtdienst im Sieben-Tage-Rhythmus im Haus 39 auf der Station CD die einzig richtige Ermessensentscheidung sei. Ebenso wenig sei der Beklagte nach Maßgabe des Hilfsantrages verpflichtet, anstelle der Klägerin einer anderen Mitarbeiterin den Dienst im Zwei-Tage-Rhythmus zuzuweisen, damit die Klägerin im Sieben-Tage-Rhythmus arbeiten könne. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten müsse davon ausgegangen werden, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers eine derartige Aufgabenzuweisung an andere Mitarbeiter nicht erlaube, da diese vertraglich als Dauernachtwache eingestellt seien oder jedenfalls das Direktionsrecht aufgrund des langjährigen Einsatzes als Dauernachtwache entsprechend eingeschränkt sei. Abgesehen davon verkenne die Klägerin, dass gerade die Mitarbeiterin S, aufweiche die Klägerin vorrangig verweise, bereits seit 30 Jahren als Dauernachtwache im selben Sieben-Tage-Rhythmus beschäftigt sei. Ein derartig langjährig ausgeübter Arbeitsrhythmus führe aber erfahrungsgemäß zu einer verfestigten privaten Lebensführung. Zusammen mit der Länge der Betriebszugehörigkeit dieser Mitarbeiterin sei damit deren Interesse an der Beibehaltung ihrer Arbeitsbedingungen nicht geringer als das Interesse der Klägerin an einer Arbeitszeitgestaltung im Sieben-Tage-Rhythmus zu bewerten. Auch im Verhältnis zu den übrigen Nachtwachen könne nach diesen Maßstäben die getroffene Arbeitseinteilung nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und hält insbesondere an der Auffassung fest, trotz Fehlens einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung im Arbeitsvertrag ergebe sich jedenfalls aus einer mündlichen Absprache eine rechtliche Bindung des Beklagten hinsichtlich der konkreten Arbeitseinteilung. Nachdem nämlich die bisherige Aufgabenstellung der Klägerin als Stationsleiterin nach Geburt des ersten Kindes gerade mit Rücksicht auf die familiären Belange dahingehend geändert worden sei, dass die Klägerin im Sieben-Tage-Rhythmus im Haus 39 auf Station CD als Altenpflegerin eingesetzt werde, müsse hier von einer vertraglich bindenden Bindung ausgegangen werden. Entgegen der Darstellung des Beklagten treffe es auch nicht zu, dass die übrigen Nachtwachen auf der Grundlage eines spezifischen Nachtwachenvertrages tätig seien; erst recht sei deren Einsatz im Sieben-Tage-Rhythmus nicht vertraglich fixiert. Unter Berücksichtigung der familiären Belange der Klägerin müsse danach jedenfalls die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als unbillig angesehen werden. Während nämlich die Klägerin bei einem Einsatz im Sieben-Tage-Rhythmus ihre Tätigkeit in zeitlicher Abstimmung mit ihrem Ehemann, welcher in seinem pflegerischen Beruf nächtliche Rufbereitschaft im Sieben-Tage-Rhythmus zu leisten habe, so ausüben könne, dass die Kinder des Nachts nicht alleine seien, letzteres hingegen beim Einsatz im Zwei-Tage-Rhythmus nicht gewährleistet werden könne, seien bei anderen Nachtwachen keine vergleichbaren Belastungen festzustellen. Dies gelte insbesondere für Frau SSxxxx (geboren 01.08.1947, Eintritt 02.05.1972). Allein die Tatsache, dass diese seit 1988 im Sieben-Tage-Rhythmus eingesetzt werde und sich hieran gewöhnt habe, könne keinen Vorrang vor den familiären Belangen der Klägerin begründen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, beginnend mit dem 19.11.2001 die Klägerin in der Nachtwache im Sieben-Tage-Rhythmus, jeweils Donnerstag bis Donnerstag, im Haus 39 des Beklagten auf Station CD zu beschäftigen, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin im Nachtdienst im sogenannten Sieben-Tage-Rhythmus zu beschäftigten.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend und hält die Berufung schon mangels ausreichender Berufungsbegründung für unzulässig. Soweit sich die Klägerin auf eine angeblich mündliche Vereinbarung – bezogen auf einen Einsatz im Sieben-Tage-Rhythmus im Haus 39 -beziehe, ergebe sich schon aus dem arbeitsvertraglichen Schriftformerfordernis sowie aus der Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 1 BAT die Unwirksamkeit der behaupteten Abrede. Soweit die Klägerin die Ausübung des Direktionsrechts als unbillig beanstande, müsse bestritten werden, dass die Klägerin aus familiären Gründen auf eine Nachtdiensttätigkeit ausschließlich im Sieben-Tage-Rhythmus angewiesen sei. Abgesehen davon, dass die Klägerin erst im Zuge des Prozesses ausreichend konkrete Angaben zu ihrer familiären Situation gemacht habe, weswegen der Einrichtungsleiter bei der Arbeitseinteilung im November 2001 diese habe gar nicht berücksichtigen können, könne auch nach dem zuletzt behaupteten Sachverhalt die getroffene Auswahlentscheidung nicht beanstandet werden. Hierzu trägt der Beklagte mit Schriftsatz vom 26.03.2003 nähere Umstände zu den einzelnen betroffenen Arbeitnehmern vor. Speziell zur Person der Mitarbeiterin S verweist der Beklagte auf die Tatsache, dass diese seit 1972 als Dauernachtwache tätig und seit dem 09.08.1988 im Sieben-Tage-Rhythmus eingesetzt ist. Wegen ihrer langjährigen Tätigkeit (knapp 15 Jahre) und ihrer Gewöhnung an den bisherigen Rhythmus lehne Frau S eine Tätigkeit im Zwei-Tage-Rhythmus ab und hätte sich auch im November 2001 nicht damit einverstanden erklärt.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptungen der Klägerin zu den Einsatzzeiten ihres Ehemannes durch dessen uneidliche zeugenschaftliche Vernehmung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.02.2003 (Bl. 132 d. Akte) Bezug genommen.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme nimmt der Beklagte wie folgt Stellung:

Soweit der vom Landesarbeitsgericht vernommene Ehemann der Klägerin ausgesagt habe, er habe seinerseits im Wechsel mit seinem Arbeitgeber nächtliche Rufbereitschaft im Sieben-Tages-Rhythmus zu leisten, auf Befragen habe sich sein Arbeitgeber mit einem Wechsel in einen Zwei-Tage-Rhythmus nicht einverstanden erklärt, sei nach der Zeugenaussage nicht nachvollziehbar, warum der Arbeitgeber – zu welchem der Ehemann der Klägerin offensichtlich ein außerordentlich gutes Verhältnis pflege – eine Tätigkeit im Zwei-Tage-Rhythmus ablehne. Die bloße Angabe des Zeugen, er als Arbeitnehmer habe die Vorgabe seines Arbeitgebers nicht zu hinterfragen, erscheine nicht überzeugend. Abgesehen von der mangelnden Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage müsse im Übrigen auch aus prozessualen Gründen der Verwertung der Zeugenaussage widersprochen werden. Tatsächlich habe nämlich der später als Zeuge vernommene Ehemann der Klägerin zuvor an der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht als Zuhörer teilgenommen. Erst nach Erörterung der Beweisproblematik habe die Klägerin sich dann – verspätet – auf das Zeugnis ihres Ehemannes berufen. Mit den Regeln des Prozessrechts sei dies nicht vereinbar.

Entscheidungsgründe
A
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere liegt eine ausreichende Berufungsbegründung im Sinne des § 520 ZPO vor. Soweit das Arbeitsgericht den Hauptantrag der Klägerin mit der Begründung abgewiesen hat, es fehle eine Vereinbarung über einen konkreten Arbeitseinsatz im Haus 39 und der Station CD, hat die Klägerin mit der Berufungsbegründung eine mündlich getroffene Vereinbarung behauptet. Dies genügt – ohne Rücksicht auf die Schlüssigkeit des Vorbringens – als Angriff auf den Subsumtionsschluss des arbeitsgerichtlichen Urteils. Darüber hinaus hat die Klägerin -für Haupt- und Hilfsantrag von Belang -vertraglich bindende Absprachen mit den übrigen Beschäftigten bestritten, welche nach dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils einer abweichenden Arbeitseinteilung entgegenstehen. Auch die weitere eigenständige Erwägung des Arbeitsgerichts zur Anwendung der Vorschrift des § 315 BGB, der langjährige Einsatz der Mitarbeiterin S führe zu einer Verfestigung der privaten Lebensführung, wird von der Klägerin ausreichend mit der Erwägung angegriffen, dass unter Berücksichtigung sozialer Auswahlkriterien die familiären Belange der Klägerin vorrangig zu berücksichtigen seien. Allein bei Abstimmung ihres Arbeitseinsatzes mit dem Arbeitseinsatzes ihres Ehemannes lasse sich eine Aufsicht über die Kinder mit der notwendigen Erwerbstätigkeit der Klägerin vereinbaren.

B
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, soweit es den verfolgten Hauptantrag betrifft. Wegen des verfolgten Hilfsantrages erweist sich die Berufung hingegen als begründet.

I
Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag erreichen will, auf ihren früheren Arbeitsplatz zurückzukehren, ist ihre Berufung unbegründet.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin auch in der zuletzt maßgeblichen Form der Klägerin keinen bestimmten Arbeitsplatz im Haus 39 und hier in Station CD zusichert. Soweit die Klägerin ergänzend im zweiten Rechtszug eine entsprechende mündliche Abrede behauptet, scheitert die Wirksamkeit dieser Vereinbarung schon an der arbeitsvertraglich vorgesehenen Schriftformabrede. Im Übrigen könnte mit der Erwägung, die Klägerin habe nur aufgrund der behaupteten mündlichen Absprache nach der Geburt ihres ersten Kindes ihren Dienst durchführen können, allein die Festlegung auf einen verbindlichen Einsatz als Nachtwache im Sieben-Tage-Rhythmus begründet werden, nicht hingegen die Festlegung auf die Station CD im Haus 39 als Arbeitsort.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht weiter eine „Konkretisierung“ der arbeitsvertraglichen Pflichten nach Maßgabe des Hauptantrages verneint. Für eine stillschweigende Vertragsänderung in dem Sinne, die Klägerin solle und müsse künftig ausschließlich noch unter den aktuellen Bedingungen auf einer bestimmten Station arbeiten, fehlt es an einer ausreichenden Grundlage. Insbesondere ist zu beachten, dass eine derartige stillschweigende Vertragsänderung auch im Interesse des Arbeitnehmers nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen angenommen werden kann. Ist nämlich die arbeitsvertragliche Aufgabenstellung des Arbeitnehmers auf einen bestimmten Arbeitsplatz beschränkt, so führt dies bei Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes zugleich zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit ohne die Notwendigkeit einer Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG (vgl. BAG, Urteil vom 17.09.1998 – 2 AZR 725/97- AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Nr. 36; LAG Hamm, Urteil vom 07.12.2000 – 12 Sa 1500/00).

3. Die Tatsache, dass Anlass für die Änderung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit im Jahre 1997 die Geburt des ersten Kindes der Klägerin war, um so die Voraussetzungen für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu schaffen, bedeutet danach allein, dass der Beklagte bei der künftigen Ausübung seines Weisungsrechts auf die ihm bekannten familiären Verhältnisse der Klägerin im Sinne einer „Selbstbindung“ insoweit gesteigerte Rücksicht zu nehmen hatte, als nicht betriebliche Notwendigkeiten entgegenstanden. Eine abschließende vertragliche, nur durch Änderungskündigung zu beseitigende Regelung über einen Einsatz der Klägerin ausschließlich als Nachtwache mit einem bestimmten Arbeitszeitrhythmus und auf einer bestimmten Station lässt sich hingegen hier nicht begründen.
Auch auf der Grundlage einer solchen „Selbstbindung“ und dem dadurch erweckten Vertrauen war der Beklagte nicht gehindert, die bestehende Arbeitsorganisation so zu verändern, dass sich hieraus Auswirkungen auf den konkreten Einsatz der Nachtwachen und insbesondere auch der Klägerin ergaben. Die Zusammenfassung der Häuser 37, 39 und 7 zu einem Wohnverbund stellt sich als unternehmerische Entscheidung dar, welche vom Gericht nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft werden kann. Entsprechendes gilt für die Entscheidung des Beklagten, die Nachtdienste so zu organisieren, dass für eine der Nachtwachen anstelle des Sieben-Tage-Rhythmus ein Zwei-Tage-Rhythmus eingeführt wird und die Zuständigkeit einer Nachtwache nach Art einer „Springertätigkeit“ auf die Bewohner sämtlicher drei Häuser der neugeschaffenen Organisationseinheit ausgedehnt wird. Die dargestellte „Selbstbindung“ des Beklagten betrifft allein den Arbeitseinsatz im Rahmen der bestehenden Arbeitsorganisation. Demgegenüber liegt der Gedanke fern, der Arbeitgeber wolle sich dauerhaft zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Arbeitsorganisation verpflichten.

Nach alledem kommt ein Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz nicht in Betracht.

II
Begründet ist die Berufung demgegenüber, soweit es um den verfolgten Hilfsantrag der Klägerin geht, mit welchem die Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, die Klägerin im Nachtdienst im Sieben-Tage-Rhythmus zu beschäftigen.

1. Gegen die Zulässigkeit des verfolgten Feststellungsantrages bestehen keine Bedenken. Zwischen den Parteien besteht Streit über die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts und die vom Arbeitgeber vorgenommene Diensteinteilung, also über den Inhalt der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten. Zur Klärung dieser individualrechtlichen Frage ist der Weg des Feststellungsantrages geeignet und sinnvoll. Ob die Klägerin demgegenüber ihr Begehren auch im Wege eines Leistungsantrages durchsetzen könnte, erscheint im Hinblick darauf, dass die gerichtliche Klärung der hier streitigen Frage gegebenenfalls zu einer Umverteilung oder Neuorganisation der Arbeit führen muss und insoweit möglicherweise Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung berührt sein könnten, nicht unzweifelhaft. Schon aus diesem Grunde muss der Grundsatz des „Vorrangs der Leistungsklage“ zurücktreten.

2. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist auch in der Sache begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin im Nachtdienst im Sieben-Tage-Rhythmus zu beschäftigen.

Wie vorstehend ausgeführt worden ist, steht der Klägerin zwar auf der Grundlage des Arbeitsvertrages kein Anspruch darauf zu, ausschließlich – wie in der Vergangenheit – im Nachtdienst im Sieben-Tage-Rhythmus eingesetzt zu werden. Vielmehr unterliegt der Einsatz der Klägerin dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Bei der Auswahl, welche der eingesetzten Nachtwachen abweichend vom Sieben-Tage-Rhythmus im Zwei-Tage-Rhythmus eingesetzt wird, hat der Beklagte jedoch die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 BGB) nicht hinreichend beachtet. Bei zutreffender Auswahlentscheidung nach dem Maßstab der „Zumutbarkeit“ hätte der Beklagte nicht die Klägerin für den Zwei-Tage-Rhythmus vorsehen dürfen.

a) Das Arbeitsgericht hat bei der rechtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung auf der Grundlage unwidersprochenen Beklagtenvortrages angenommen, allein gegenüber der Klägerin sei eine Änderung des Arbeitseinsatzes in Betracht gekommen, da bei den übrigen Nachtwachen eine entsprechende vertragliche Festlegung vorliege.

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Im zweiten Rechtszuge ist insoweit klargestellt worden, dass zwar hinsichtlich der übrigen Kräfte eine vertragliche Regelung hinsichtlich des Nachtwacheneinsatzes, nicht aber hinsichtlich des Sieben-Tage-Rhythmus vorliegt. Anderes gilt allein für Frau HSxxxx, welche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens einen Vergleich geschlossen hat, in welchem ausdrücklich die Sieben-Tage-Regelung festgehalten ist.

Richtig ist danach allein, dass den übrigen Beschäftigten – anders als der Klägerin – die Nachtwachentätigkeit als solche nicht einseitig entzogen werden kann. Darum geht es hier jedoch nicht. Allein die Tatsache, dass der Beklagte berechtigt wäre, der Klägerin auch eine andere als eine Nachtwachentätigkeit zuzuweisen, hingegen die übrigen genannten Personen arbeitsvertraglich als Nachtwachen tätig sind, hat mit dem maßgeblichen Arbeitsrhythmus nichts zu tun. Hinsichtlich des Arbeitsrhythmus fehlt es damit bei sämtlichen, als Nachtwachen eingesetzten Kräften an einer vertraglichen Festlegung.

b) In inhaltlicher Hinsicht hat sich die erforderliche Auswahlentscheidung, welcher eingesetzten Nachtwache eine Tätigkeit im Zwei-Tage-Rhythmus zugewiesen wird, nicht anders als bei Ausspruch einer Änderungskündigung daran zu orientieren, welchem der Arbeitnehmer die Änderung am ehesten zuzumuten ist. Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten oder ein sonstiger erworbener „sozialer Besitzstand“ sind zwar im Falle einer Beendigungskündigung für die Frage entscheidend, wen der Verlust des Arbeitsplatzes am härtesten trifft. Demgegenüber kommt es bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen im Zuge einer Änderungskündigung darauf an, wem die Änderung am ehesten zumutbar ist (BAG, Urteil vom 19.05.1993 – 2 AZR 584/92 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 31 = EZA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 73; KR-Rost, 6. Aufl., § 2 KSchG Rz 103 a; APS-Künzl, § 2 KSchG 1969 Rz 281 m.w.N.). So kann etwa die Änderung der Arbeitszeit einen Arbeitnehmer wegen familiärer Bindungen besonders hart treffen, wenn hierdurch etwa die Betreuung der Kinder im Wechsel mit dem gleichfalls berufstätigen Ehegatten in Frage gestellt wird (KR-Rost a.a.O.; BAG Urteil vom 18.01.1990 – 2 AZR 183/89 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 27).

Bedarf es zur Änderung der Arbeitszeit keiner Änderungskündigung, erfolgt diese vielmehr auf der Grundlage des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, so kann hiefür im Grundsatz kein anderer Beurteilungsmaßstab gelten (LAG Hamm, Urteil vom 12.02.1996 – 8 (9) Sa 1235/95 – LAGE § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 35; LAG Köln, Beschluss vom 15.8.1996 – 5 (4) TaBV 26/96 – NZA 1997,887; LAG Berlin, Urteil vom 14.12.1998 – 9 Sa 95/98; MüKo-Gottwald, 4. Aufl., § 315 BGB Rz. 72). Zwar muss der Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeit bzw. Arbeitsrhythmus vertraglich nicht festgelegt ist, eher als der vertraglich geschützte Arbeitnehmer mit entsprechenden Änderungen rechnen. Gelten aber hinsichtlich der Arbeitseinteilung gleiche Vertragsbedingungen für eine Mehrzahl von Arbeitnehmern, so ist unter diesen die Auswahl unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der geänderten Arbeitszeit zu treffen.

Hieraus ergibt sich zunächst, dass eine Orientierung der Auswahlentscheidung an der Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht im Rahmen billigen Ermessens liegt. Ebenso wenig folgt allein aus der Tatsache, dass die seit dem Jahr 1990 tätige Klägerin erst seit dem 01.02.1997 als Nachtwache tätig ist, die übrigen Nachtwachen hingegen überwiegend bereits seit dem Jahre 1988 im Sieben-Tage-Rhythmus arbeiten, deren Vorrang bei der erforderlichen Auswahlentscheidung. Letzterer Gesichtspunkt wäre allein von Belang, wenn ansonsten keine relevanten Auswahlgesichtspunkte vorhanden wären. Allein bei gleicher Zumutbarkeit könnten Betriebszugehörigkeit bzw. Dauer der konkreten Beschäftigung als Auswahlgesichtspunkte ergänzend herangezogen werden.

Kommt es danach bei der erforderlichen Auswahlentscheidung auf die Frage der Zumutbarkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen für die betroffenen Arbeitnehmer an, so ist hier die familiäre Situation der Klägerin zu würdigen.

Unstreitig hat die Klägerin – gemeinsam mit ihrem Ehemann – minderjährige Kinder zu betreuen. Eben wegen der Geburt ihres ersten Kindes hat die Klägerin ihre frühere Tätigkeit als Stationsleiterin aufgegeben und ist seither als Nachtwache tätig. Zu demjenigen Zeitpunkt, als die Klägerin nach der Geburt ihres zweiten Kindes aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrte und ihr der geänderte Arbeitsrhythmus zugewiesen wurde (November 2001), war das zweite Kind drei Jahre alt. Auch im gegenwärtigen Zeitpunkt sind damit beide Kinder der Klägerin noch in einem Alter, in welchem sie auf eine Betreuung angewiesen sind und nicht ohne Not des Nachts allein im Hause zurückgelassen werden können.

c) Zu der Frage, inwiefern diese familiären Umstände einen Einsatz im Sieben-Tage-Rhythmus erfordern, hat die Klägerin vorgetragen, sie habe auf der Grundlage der früheren Arbeitseinteilung die Kindesbetreuung in der Weise organisiert, dass sie im Wechsel mit ihrem Ehemann die Kinderbetreuung erledige. Dieser habe im Sieben-Tage-Rhythmus nächtliche Rufbereitschaft zu leisten, wobei durch wechselseitige Abstimmung der Sieben-Tage-Dienste die Anwesenheit eines Elternteils in der Nacht gewährleistet sei. Eine Änderung in dem Sinne, dass auch der Ehemann wie die Klägerin im Zwei-Tage-Rhythmus arbeite, scheide aus, da der Arbeitgeber des Ehemannes hierzu nicht bereit sei.

Der Beklagte hat derartige Hinderungsgründe bestritten und im Übrigen das Fehlen eines Beweisantritts beanstandet.

Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (BGHZ 41, 271; MüKo-Gottwald, 4. Aufl., § 315 BGB Rz. 52; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 315 BGB Rz. 3) liegt die Beweislast dafür, dass die vom Berechtigten getroffene Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, beim Bestimmungsberechtigten. Folgt man dieser Auffassung, so trifft ohnehin den Beklagten die Beweislast. Berücksichtigt man demgegenüber die Tatsache, dass vorliegend nicht die Billigkeit der Änderung des Arbeitsrhythmus an sich, sondern die erforderliche „Sozialauswahl“ in Frage steht, liegt eine Parallele zur Beweislastverteilung des § 1 Abs. 3 S. § KSchG nahe. Das gilt um so mehr, als aus den vorstehenden Gründen der Maßstab für die zu treffende Auswahlentscheidung – nämlich die Zumutbarkeit – sich hier an die Regeln der Änderungskündigung gemäß § 2 KSchG anlehnt.

Dementsprechend hat die Kammer auf Antrag der Klägerin Beweis über die maßgeblichen Arbeitsbedingungen ihres Ehemannes erhoben. Dieser hat die Darstellung der Klägerin bestätigt, dass er seinerseits in einem Sieben-Tage-Rhythmus nächtliche Rufbereitschaft zu leisten hat. Auf Befragen hat der Zeuge weiter ausgesagt, sein Arbeitgeber sei zu einer Änderung der Arbeitszeitregelung nicht bereit, weil er selbst aus familiären Gründen auf die bestehende Regelung angewiesen sei.

Die Kammer hat keine Bedenken, der Aussage des Zeugen Glauben zu schenken. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem Zeugen um den Ehemann der Klägerin handelt, genügt nicht, dem Zeugen die Glaubwürdigkeit von vornherein abzusprechen. Auch die Tatsache, dass der Zeuge vor seiner Benennung an der mündlichen Verhandlung als Zuhörer teilgenommen hat, steht weder – wie im Folgenden auszuführen ist – der prozessualen Verwertbarkeit der Aussage entgegen, noch kann den Umständen nach davon ausgegangen werden, der Zeuge habe erst durch Teilnahme an der mündlichen Verhandlung diejenigen Tatsachen erfahren, welche er alsdann bei seiner Zeugenvernehmung bestätigen solle.

Vielmehr ergibt sich schon aus der Klageschrift (S. 5/6), dass die Klägerin sich im Zusammenhang mit der Frage der „Sozialauswahl“ darauf berufen hatte, ihr Ehemann sei als Pflegedienstleiter an Nachtdienste mit Rufbereitschaft gebunden und teile sich diese Dienste mit dem Inhaber des privaten Pflegedienstes im Sieben-Tage-Rhythmus, ein Wechsel zum Zwei-Tage-Rhythmus sei dem Ehemann nicht möglich. Der Gedanke, dem Ehemann der Klägerin sei dieser Sachvortrag zunächst unbekannt gewesen, erst durch Teilnahme an der mündlichen Verhandlung habe er hiervon erfahren und habe dann, als Zeuge benannt, seine Aussage „wunschgemäß“ verfasst, erscheint unter diesen Umständen ausgesprochen fernliegend. Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es auch keineswegs an einer plausiblen Erklärung, warum der Arbeitgeber des Ehemannes seinerseits zu einem Wechsel in einen Zwei-Tage-Rhythmus nicht bereit war und warum der Zeuge insoweit keine verstärkten Anstrengungen unternommen hat, einen Meinungswechsel herbeizuführen. Der Zeuge hat insoweit ausgesagt, der Geschäftsführer habe eine Änderung des Arbeitsrhythmus abgelehnt und wolle am Sieben-Tage-Rhythmus festhalten, weil er selbst zwei Kinder habe und seine Ehefrau berufstätig sei; er – der Zeuge – wisse nicht, was er als Arbeitnehmer dagegen machen solle. Nach Auffassung der Kammer steht diese Sicht sowohl mit den rechtlichen Gegebenheiten als auch mit den tatsächlichen Gepflogenheiten des Arbeitslebens durchaus im Einklang. Allein der vom Beklagten herausgestellte Umstand, dass der Zeuge offensichtlich ein außerordentlich gutes Verhältnis zu seinem Arbeitgeber pflege, vermag hieran nichts zu ändern. Im Gegenteil wäre nicht auszuschließen, dass ein Beharren des Zeugen auf seiner Forderung das bisher ungestörte Arbeitsklima empfindlich belasten könnte.

Die prozessuale Verwertbarkeit der Zeugenaussage ist schließlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Zeuge vor seiner Bennennung durch die Klägerin zunächst als Zuhörer an der Verhandlung teilgenommen hat. Die Frage der Beweislast ist erst in der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2003 erörtert worden. Erst nach Beratung der Kammer ist der rechtliche Hinweis an die Klägerin zur Frage des erforderlichen Beweisantrittes ergangen. Dass der Ehemann der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt die Verhandlung verfolgt hat, muss danach zwar bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, stellt jedoch weder einen Verfahrensmangel dar, noch könnte ein solcher ein Verwertungsverbot begründen. Nachdem im Zuge der Beweisaufnahme im Übrigen der Ehemann der Klägerin seinen Arbeitgeber namhaft gemacht hat, hätte der Beklagte ohne weiteres seinerseits Gelegenheit gehabt, entsprechenden Gegenbeweis anzutreten. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffen- oder Chancengleichheit liegt danach nicht vor.

d) Den somit festgestellten familiären Belangen der Klägerin hat der Beklagte im Schriftsatz vom 26.03.2003 diejenigen Gründe entgegengestellt, welche aus seiner Sicht dafür maßgeblich waren und sind, dass den übrigen Nachtwachen der Zwei-Tage-Rhythmus nicht zuzumuten sei. Da die Klägerin insoweit keine Gegenerklärung abgegeben hat, sind die entsprechenden Tatsachen zugestanden. Danach muss davon ausgegangen werden, dass mit Ausnahme der Mitarbeiterin S, aufweiche nachfolgend gesondert einzugehen ist, für sämtliche übrigen Nachtwachen plausible Gründe angegeben sind, die deren Einsatz im Zwei-Tage-Rhythmus erschweren oder ausschließen. Dies gilt für die Betreuung des Ehemannes durch Frau H ebenso wie für die Betreuung von Enkelkindern und Schwiegermutter durch Frau O, gesundheitliche Gründe der Mitarbeiterin G, den Wohnort B sowie die Schlafstörung beim Mitarbeiter S und schließlich die familiäre Situation des Mitarbeiters B.

Demgegenüber trägt der Beklagte zur Mitarbeiterin S allein vor, dass diese seit 1972 bei der Beklagten als Dauernachtwache tätig ist, und zwar seit August 1988 im Sieben-Tage-Rhythmus. Wegen ihrer langjährigen Tätigkeit und ihrer Gewöhnung an den bisherigen Rhythmus lehne Frau S eine Tätigkeit im Zwei-Tage-Rhythmus ab.

Wie bereits ausgeführt, kann die Dauer der Betriebszugehörigkeit für die Frage der Zumutbarkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen nicht unmittelbar herangezogen werden. Die Frage der Gewöhnung an den bisherigen Arbeitsrhythmus ist zwar keineswegs gänzlich unbeachtlich, weil zweifellos bei einem jeden Arbeitnehmer davon ausgegangen werden kann, dass er sich auf eine langjährig geübte Arbeitseinteilung innerlich und organisatorisch eingestellt hat. Ein Wechsel wird deshalb in der Regel als nachteilig und lästig empfunden. Demgegenüber kann aus dem Gesichtspunkt der Gewöhnung nicht ohne weiteres auf gesundheitliche Belastungen geschlossen werden. Dies ergibt sich hier schon daraus, dass der Beklagte ausdrücklich bei den übrigen Beschäftigten neben der Gewöhnung an den langjährigen Rhythmus bei einzelnen Mitarbeitern zusätzlich gesundheitliche Gründe anführt und etwa beim Mitarbeiter S auf Schlafstörungen hinweist. Aus demselben Grunde kann auch aus dem Alter der Mitarbeiterin S (geboren 1947) nicht ohne weiteres gefolgert werden, für einen über fünfzigjährigen Arbeitnehmer sei generell ein Wechsel des Arbeitrhythmus bzw. ein Zwei-Tage-Rhythmus der Gesundheit abträglicher als ein Sieben-Tage-Rhythmus. Weder ist ein solcher Erfahrungssatz vorgetragen noch offenkundig.

Damit verbleibt auf Seiten der Mitarbeiterin S allein die vom Arbeitsgericht aus der langjährigen Arbeitseinteilung wohl zu Recht gefolgerte „verfestigte private Lebensführung“. Stellt man diesen Gesichtspunkt der Problematik gegenüber, welche sich für die Klägerin aus dem Wechsel des Arbeitsrhythmus ergibt, so vermag die Kammer dem Standpunkt des Arbeitsgerichts nicht zu folgen, bei beiden Arbeitnehmerinnen lägen gleichwertige Interessen vor, so dass von einer ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung nicht ausgegangen werden könne.

Mit Rücksicht auf den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Familie können die Probleme der Kinderbetreuung nicht als rein privates Anliegen der Klägerin bewertet werden. Dies gilt auch, wenn man vorrangig die Möglichkeit ins Auge fasst, die Kinderbetreuung während der Nachtstunden gegebenenfalls anderweitig – etwa durch eine bezahlte Betreuungskraft – zu sichern. Abgesehen davon, dass die Klägerin hierzu auf die finanziellen Belastungen infolge eines Hausbaus hingewiesen hat, wäre eine derartige Regelung jedenfalls nur mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand zu gewährleisten, welcher dem unterschiedlichen Arbeitsrhythmus der Klägerin und ihres Ehemannes Rechnung tragen müsste. Dementsprechend müsste eine Kinderbetreuung nicht durchgängig und auch nicht wöchentlich wechselnd, sondern speziell für die Tage gefunden werden, an denen sich die Nachtdienste der Klägerin und ihres Ehemannes überschneiden. Im Rahmen der Personalplanung eines größeren Betriebes erscheint ein solch rollierender Arbeitseinsatz durchaus denkbar, im hier vorliegenden Zusammenhang einer privat organisierten Kinderbetreuung hingegen als wenig realistisch, zumal der Gesichtspunkt der personellen Kontinuität bei der Betreuung von Kleinkindern Beachtung verdient. Dies bedeutet nicht, dass etwa sämtliche Probleme der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufstätigkeit der Eheleute auf dem Rücken des Arbeitgebers oder der übrigen Beschäftigten und insbesondere der Personen ausgetragen werden können, welche entsprechende familiäre Pflichten nicht oder nicht mehr zu erfüllen haben. Die Klägerin hat jedoch schon dadurch, dass sie ihre Tätigkeit als Stationsleiterin zugunsten einer Nachtwachentätigkeit aufgegeben hat, ihrerseits Verantwortung für die Kindererziehung übernommen und für den Beklagte erkennbar gemacht, dass sie ihre Arbeit mit ihrer familiären Aufgabenstellung in Einklang zu bringen sucht. Dementsprechend geht es mit dem Hilfsantrag nicht darum, dass die Klägerin sich aus Anlass einer als nachteilig empfundenen Arbeitseinteilung auf familiäre Belastungen beruft und Nachteile auf andere Beschäftigte abwälzen will. Vielmehr kann die Klägerin ihre Tätigkeit realistischerweise nur fortführen, wenn der frühere Sieben-Tage-Rhythmus für sie bestehen bleibt. Dann muss aber bei der Auswahlentscheidung des Arbeitgebers gemäß § 315 BGB und der Gegenüberstellung von Nachteilen und zumutbaren Belastungen daran festgehalten werden, dass allein mit dem Hinweis auf Alter, Betriebszugehörigkeit und lange Gewöhnung sich ein Vorrang der Belange der Mitarbeiterin S vor den familiär begründeten Belangen der Klägerin nicht begründen lässt.

Die von dem Beklagten getroffene Auswahlentscheidung hielt sich danach nicht im Rahmen billigen Ermessens. Die Unbilligkeit der Ermessensentscheidung hat zur Folge, dass die getroffene Änderung des Arbeitsrhythmus unwirksam ist. An die Stelle der unwirksamen Ausübung des Direktionsrechts tritt damit die frühere Einteilung der Klägerin im Sieben-Tage-Rhythmus.

e) Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es für die Begründetheit des verfolgten Feststellungsantrages nicht darauf an, ob die Klägerin bereits zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub und der Zuweisung des Zwei-Tage-Rhythmus diejenigen Gründe offengelegt hat, welche für die Ablehnung der Ermessensausübung maßgeblich waren. Abgesehen davon, dass die Klägerin bereits vorgerichtlich mit Schreiben vom 04.10.2001 – freilich neben anderen Gerichtspunkten – darauf hingewiesen hat, dass die wechselnden Einsatzschichten wegen der Versorgung der beiden Kinder ihr nicht zumutbar seien und aus diesem Grunde die getroffene „Sozialauswahl“ beanstandet werde, kommt es aus rechtlichen Gründen für die Entscheidung über den Klageantrag auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Gegenstand des Klagebegehrens ist nicht eine in der Vergangenheit liegende Maßnahme, welche – wie etwa die Rechtmäßigkeit einer Kündigung – punktuell zu beurteilen ist, vielmehr soll mit dem verfolgten Feststellungsantrag eine gegenwärtige Verpflichtung des Beklagten festgestellt werden. Selbst wenn die Klägerin vorprozessual oder im ersten Rechtszug ihr Begehren unzureichend begründet hätte und dementsprechend die Arbeitseinteilung nach Rückkehr der Klägerin aus dem Erziehungsurlaub ermessensfehlerfrei war, war mit der Angabe relevanter Gründe bzw. mit deren Feststellung eine erneute Ausübung des Ermessens erforderlich. Dass zwischenzeitlich – aufgrund etwaiger Dispositionen des Arbeitgebers – sich die Verhältnisse im Betrieb so geändert haben, dass nunmehr die von der Klägerin gegehrte Arbeitseinteilung nicht mehr möglich ist, trägt der Beklagte selbst nicht vor. Dann ist aber für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Belang, ob der Beklagte bei der erstmaligen Ermessensausübung anlässlich der Rückkehr der Klägerin aus dem Erziehungsurlaub eine ermessensfehlerfreie oder ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen hatte.

C
Von den Kosten des Verfahrens tragen beide Parteien je die Hälfte, §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

D
Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG zugelassen.

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