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Einzelgesprächsnachweis bei Mobilfunkverträgen – Entgeltzahlung

Landgericht Ulm

Az.: 1S 244/98

vom 13.01.1999

Vorinstanz: AG ULM –  Az.: 6 C 1010/98


Die l. Zivilkammer des Landgerichts Ulm (Donau) hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.1999 unter für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 22.09.1998 – 6 C 1010/98 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz.

TATBESTAND:

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 I ZPO abgesehen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Verbindungsentgelte aus den streitgegenständlichen Rechnungen vom 18.09.1998 und 17.10.1998,

Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG München I NJW-RR 96/893) können einem Telefonkunden Beweisnachteile entstehen, wenn er bei Abschluß eines Vertrags über Telekommunikationsdienstleistungen verlangt, daß seine Daten, die insbesondere auch Beginn und Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit betreffen (vgl. § 5 I Nr. 2 UDSV), gelöscht werden. Nach dem klaren Wortlaut von § 6 IV UDSV ist ein Unternehmen, das Telekommunikationsdienstleistungen anbietet, von der Pflicht zur Vorlage dieser Daten zu Beweiszwecken für die Richtigkeit der Entgeltrechnung frei, wenn der Kunde wünscht, daß die Daten spätestens mit Versendung der Rechnung gelöscht werden. Insoweit weicht § 6 IV UDSV eindeutig und unmißverständlich von dem tragenden Gesichtspunkt der Zivilprozeßordnung ab, daß derjenige, der einen Anspruch geltend macht, diesen auch zu beweisen hat. Wählt der Kunde bei Abschluß des Vertrags die Alternative der vollständigen Löschung seiner personenbezogenen Daten mit Versendung der Entgeltrechnung gemäß § 6 II Nr. l a UDSV, kann das Unternehmen die vom Kunden getätigten Verbindungen nicht näher konkretisieren und darlegen, da diese Verbindungsdaten gelöscht sind. § 6 II Nr. l a-c UDSV verpflichtet das Unternehmen, den Kunden unter den dort genannten Alternativen wählen zu lassen. Wählt der Kunde die Alternative der sofortigen Löschung spätestens mit Versendung der Rechnung, darf ein Telekommunikationsunternehmen die Verbindungsdaten nicht weiter speichern.

Lediglich wenn Anhaltspunkte für Störungen und Mißbrauch von Telekommunikationseinrichtungen bestehen, erlaubt § 7 UDSV die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Verbindungsdaten zur Aufdeckung eines strafbaren Mißbrauchs von Fernmeldeanlagen bzw. der mißbräuchlichen Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen. Vorliegend streiten die Parteien über Verbindungsentgelte vom 11.08.1997 bis zum 09.09.1997 aus der Rechnung vom 18.09.1997. Anhaltspunkte für eine mißbräuchliche Inanspruchnahme während der bisherigen Vertragsdauer bestanden für die Klägerin nach dem vorgetragenen Sachverhalt nicht. Damit war der Klägerin auch versagt, die Verbindungsdaten weiter zu speichern.

§ 6 IV UDSV entbindet das Telekommunikationsunternehmen aber nicht im Streit um die Richtigkeit von Telefonrechnungen, substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daß es über Aufzeichnungsvorrichtungen verfügt, nach denen die automatische Gebührenerfassung richtig arbeitet. Für einen Dienstanbieter im Rahmen der Mobilfunknetze gibt es nach der Rechtsprechung keinen Anscheinsbeweis dafür, daß dessen automatische Gebühreneinrichtung richtig arbeitet und damit die Gebührenforderungen richtig sind (vgl. LG Berlin NJW-RR 96/895). Entgegen der Ansicht der Klägerin gibt es nach der Rechtsprechung zudem keinen Anscheinsbeweis für der Richtigkeit einer gestellten Telefonrechnung. In der Rechtsprechung wird lediglich ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit auf technischen Aufzeichnungen beruhender Telefonrechnungen der Telekom für das normale Telefonnetz bejaht, sofern nicht im Einzelfall ein atypischer Geschehensablauf vorliegt (vgl. OLG Celle NJW-RR 97/568; LG Wuppertal NJW-RR 97/701; LG Weiden NJW-RR 95/1278; LG Essen NJW 94/2365; LG Aachen NJW 95/2364). Offen ist die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang sich auch Dienstanbieter für Mobilfunknetze auf einen solchen Anscheinsbeweis berufen können und nach welchen Kriterien sich die Annahme eines feststehenden typischen Geschehensablaufs bejahendenfalls richtet. Dazu gibt es noch keine gesicherte Rechtsprechung (vgl. OLG Celle NJW-RR 97/568),

Aber auch wenn die Klägerin nachweisen könnte, daß die von ihr verwendeten Aufzeichnungsgeräte zur Ermittlung der Verbindungsentgelte ordnungsgemäß arbeiten, kann sie mit ihrer Berufung im Ergebnis nicht durchdringen. Nach Auffassung der Kammer hat der Dienstanbieter über Telekommunikationseinrichtungen beim Vertragsschluß eine deutliche Hinweispflicht, die hier verletzt wurde. Der Dienstanbieter muß den Kunden, der die Wahl zur vollständigen Löschung seiner Verbindungsdaten gemäß § 6 II Nr. l a, IV UDSV beabsichtigt, deutlich und vor Vertragsschluß davor warnen, daß ihm Beweisnachteile bei Streitigkeiten über die Telefonrechnungen entstehen können.

Eine solche Hinweispflicht ergibt sich bereits aus der überlegenen Sachkunde des Dienstanbieters gegenüber dem Kunden. Dem Kunden wird in aller Regel nicht bekannt sein, daß für ihn beim Streit über die Telefonrechnungen – bei Wahl dieser Alternative – Beweisnachteile entstehen können. Zur Ausübung des freien Wahlrechts des Kunden ist deshalb unabdinglich über die beweisrechtlich möglichen Folgen ausreichend aufzuklären. Wird der Kunde im Antrag darüber nicht belehrt, liegt nach Auffassung der Kammer kein „Verlangen“ des Kunden gemäß § 6 IV UDSV vor. Im übrigen kann eine solche Hinweispflicht des Unternehmens auch aus den vertraglichen Nebenpflichten hergeleitet werden. In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, daß der Kunde unaufgefordert über die entscheidungserheblichen Umstände, die dem Vertragspartner aufgrund seiner Sachkunde bekannt sind, zu informieren ist (vgl. Palandt, BGB, 57. Aufl. 1998, § 276 BGB. Rdnr. 119, § 242 BGB. Rdnr. 37).

Vorliegend wurde der Beklagte im Antragsformular nicht deutlich darüber belehrt, daß ihm Beweisnachteile bei Streitigkeiten über die Telefonrechnungen entstehen können. Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, daß sie nicht zur naheren Substantiierung ihrer Telefonrechnung in der Lage ist, da die Daten gelöscht sind. Damit bleibt die Klägerin, selbst wenn sie beweisen würde, daß ihre technischen Aufzeichnungsgeräte richtig und korrekt arbeiten, beweisfällig.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 I ZPO.

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