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Nebenkostenabrechnung – Einnahmen und Ausgaben falsch

LG Berlin

Az.: 55 S 346/11 WEG

Urteil vom 19.10.2012


1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 04.10.2011 – 70 C 84/11 WEG – teilweise wie folgt geändert:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.06.2011 zu TOP 1 wird insgesamt für ungültig erklärt.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben die Beklagte zu 2) 1 %, die Beklagten zu 1) 99 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits II. Instanz haben die Beklagten zu 1) zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313a, 540 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Es fehlt nicht an der erforderlichen Beschwer der Klägerin. Maßgeblich ist vorliegend der von ihr nach der Jahresabrechnung geschuldete Anteil (vgl. Beschluss des BGH vom 15.05.2012 – V ZB 282/11 – zitiert nach juris), der mit 3.505,67 EUR die Beschwerdesumme von 600,00 EUR im Sinne des § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO übersteigt.

Die Berufung ist auch begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

Der in der Eigentümerversammlung vom 07.06.2011 zu TOP 1 gefasste Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Jahresabrechnung 2010 nicht aus sich heraus nachvollziehbar ist.

Eine Jahresabrechnung entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sie übersichtlich und aus sich heraus nachvollziehbar ist. Grundsätzlich ist eine Jahresabrechnung nur dann rechnerisch schlüssig, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Kontenstände vom Jahresanfang und Jahresende übereinstimmt (vgl. Beschluss des OLG Hamm vom 03.05.2001 – 15 W 7/01 – zitiert nach juris; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 9. Auflage 2010, Rn. 62 zu § 28 WEG). Fehlen Angaben, muss die Abrechnung jedenfalls insgesamt verständlich und nachvollziehbar sein (Beschluss des BayObLG vom 08.05.2003 – 2 Z BR 8/03 -, zitiert nach juris).

a) Vorliegend gibt es keine Übereinstimmung zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einerseits („43.816,56 -„) und dem Saldo der Kontenstände vom Jahresanfang und Jahresende (25.733,97 EUR – 13.483,78 EUR) andererseits. Auch die von der Klägerin vorgenommene Rechnung Kontoanfangsbestand + Einnahmen – Ausgaben ergibt nicht den Kontoendbestand, es besteht ein Differenzbetrag von 3.433,26 EUR. Die Beklagte hat diesen Differenzbetrag im Laufe des Rechtsstreits zwar damit begründet, dass er sich daraus ergebe, dass im Vorjahr Ausgaben (erstattete Abrechnungsguthaben und beglichene Verbindlichkeiten) in die Jahresabrechnung eingestellt worden seien, die tatsächlich erst 2010 erfolgt seien. Allerdings ändert diese nachträgliche Erläuterung nichts daran, dass ohne einen entsprechenden Hinweis die Jahresabrechnung zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung aus sich heraus nicht verständlich war. Es wäre etwa ohne weiteres möglich gewesen, sowohl den Betrag von 2.632,86 EUR (auf S. 5 „Ausgleich Vorjahressalden“) als auch den Betrag von 800,40 EUR (auf S. 5 „Verbindlichkeiten“) bei den Ausgaben in der Jahresabrechnung 2010 mit dem Hinweis anzugeben, dass es sich um im Vorjahr bereits angegebene Ausgaben handelt.

b) Die Darstellung der Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage auf S. 1 der Jahresabrechnung widerspricht ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung. Die tatsächlich erfolgten Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind wie die Vorschüsse auf das Wohn- oder Hausgeld eine Einnahme der Gemeinschaft. Diese muss in der Abrechnung als solche erscheinen. Daran ändert es nichts, wenn die Zahlungen der Wohnungseigentümer auf dem allgemeinen Konto der Gemeinschaft eingehen und von dort entsprechend ihrer Zweckbestimmung auf ein davon getrenntes Rücklagenkonto weitergeleitet werden. Denn das ist ein interner, bei Fehlen eines besonderen Rücklagenkontos sogar ein bloß buchungstechnischer Vorgang (Ott, ZWE 2007, 508, 509). Anders als die in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WEG genannten Ausgaben führt die Zuordnung der Zahlungen zur Rücklage nicht zu einem Geldabfluss. Die Zahlungen bleiben der Gemeinschaft vielmehr, wie nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG auch geboten und mit den Zahlungen angestrebt, erhalten. Das schließt eine Behandlung als Ausgabe oder sonstige Kosten aus.“ (Urteil des BGH vom 04.12.2009 – V ZR 44/09 -, zitiert nach juris). Dem schließt sich die Kammer an.

Die Aufstellung der Gesamtbeträge auf S. 1 der Jahresabrechnung genügt diesen Anforderungen nicht. Der Aufstellung ist vielmehr zu entnehmen, dass die auf die Instandhaltungsrücklage entfallenden Zahlungen i.H.v. 24.500,01 EUR als Ausgaben gewertet wurden, da dieser Betrag von der Position „Wohngeldzahlungen insgesamt“ abgezogen wurde. Wären die Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage als Einnahme eingestellt worden, würde das Abrechnungsergebnis an dieser Stelle nicht – 43.816,56 EUR, sondern lediglich – 19.316,55 EUR betragen. Sofern für vertretbar gehalten wird, dass bei der Darstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung die Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage unberücksichtigt bleiben, d.h. dass bei den Einnahmen die Wohngeldzahlungen ohne den Rücklagenanteil angesetzt werden (vgl. Wanderer/ Kümmel, „Darstellung der Instandhaltungsrücklage: Versuch einer Musterabrechnung“, GE 2010, 600, 602), geht diese Auffassung davon aus, dass in einem weiteren Schritt unter der Position „Instandhaltungsrücklage“ die tatsächlichen Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage als Einnahmen berücksichtigt und sodann ein Gesamtergebnis gebildet wird (a.a.O., S. 603). Unter der Position „Instandhaltungsrücklage“ werden hier die tatsächlichen Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage nicht als Einnahmen berücksichtigt, es wird kein Gesamtergebnis gebildet. Auch nach dieser Auffassung wäre deshalb eine rechtsfehlerhafte Darstellung anzunehmen.

c) Die Beanstandungen der Klägerin zur Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage auf S. 5 der Jahresabrechnung stehen vorliegend in engem Zusammenhang mit ihrem unter Punkt b) erörterten Vortrag. Denn die Klägerin hat die Position Instandhaltungsrücklage bereits innerhalb der Begründungsfrist genannt und ihre Beanstandungen zur Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage stellt eine Replik auf die Klageerwiderung der Beklagten dar, die sich ihrerseits auf eine korrekte Darstellung der Instandhaltungsrücklage berufen haben. Diese Darstellung ist aus sich heraus nicht nachvollziehbar, denn aus der Jahresabrechnung wird nicht verständlich, warum einerseits die Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage, die unter den Rubriken „tatsächliche Entwicklung“ und „geplante Entwicklung“ angegeben sind, gleich geblieben sind, andererseits der Saldo zum 31.12.2010 zwischen der tatsächlichen und der geplanten Entwicklung einen Betrag von – 6.570,54 EUR aufweist. Dass es sich bei diesem Betrag um Wohngeldrückstände einzelner Eigentümer aus vergangenen Jahren handelt, kann der Jahresabrechnung nicht entnommen werden.

c) Über die weiteren Beanstandungen der Klägerin war nicht zu entscheiden, da sie – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – erst nach Ablauf der Anfechtungsbegründungsfrist nach § 46 WEG vorgetragen wurden. Dennoch war der Beschluss über die Jahresabrechnung aufgrund der oben ausgeführten Mängel insgesamt für ungültig zu erklären, da sie dadurch insgesamt aus sich heraus nicht mehr nachvollziehbar war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. 3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

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