1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Mai 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Braunschweig (21 O 6743/19 (057)) wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.001,00 Euro zu zahlen.
Auf die zweitinstanzliche Klageerweiterung wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 142.161,00 Euro zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die erweiterte Klage abgewiesen.
3. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte
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20 Komplettgurte von Petzl,
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20 Helme von Petzl für Kinder,
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70 Sicherheitsstifte für Hindernisse,
3 Rettungsgeräte für Teilnehmer
herauszugeben und der Beklagten Eigentum an den genannten Ausrüstungsgegenständen zu verschaffen, Zug-um-Zug gegen Zahlung des unter den Ziffern 1. und 2. tenorierten Betrages in Höhe von 147.162,00 Euro.
4. Soweit die Widerklage auf Herausgabe von bzw. Eigentumsverschaffung an „Funkgeräten und Werkzeug“ gerichtet ist, wird diese als unzulässig verworfen.
5. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
6. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Beklagte. Von den Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
9. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.123,22 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf entgangenen Gewinn wegen Nichtüberlassung einer Pachtsache geltend.
Die Klägerin betreibt an verschiedenen Standorten in Niedersachsen Hochseilgärten. Die Beklagte besteht aus den Gesellschaftern Landkreis A., Gemeinde B. und Samtgemeinde C.. Die Beklagte betreibt den Erlebnispark T..
Ende des Jahres 2017 nahmen die Parteien Gespräche über den Abschluss eines Pachtvertrages über den Betrieb einer Hochseilkletteranlage am T. auf. Dabei gingen beide Parteien davon aus, dass für die Aufstellung eines Kletterturms eine Baugenehmigung erforderlich sein würde. In einem Gespräch am 27. Oktober 2017 wies der Geschäftsführer der Klägerin angesichts des geplanten Starttermins im Sommer 2018 darauf hin, dass die Baugenehmigung für das von ihr in D. betriebene Objekt erhebliche Zeit benötigt hätte. Er empfahl für eine Absicherung des Projekts eine Bauvoranfrage zu stellen. Mit E-Mail vom 26. Januar 2018 bat der Geschäftsführer der Klägerin noch einmal „dringend die Vorgehensweise mit der Baugenehmigung zu prüfen“.
Er wies noch einmal auf die Erfahrungen der Klägerin mit ihrem Standort in D. hin und empfahl „unbedingt mit einer Bauvoranfrage die rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen zu lassen“. Ob bzw. wie die Beklagte auf diese E-Mail antwortete ist zwischen den Parteien streitig.
Am 19. Juni 2018 fand ein weiteres Gespräch zwischen den Geschäftsführern der Parteien statt, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Unstreitig betraf das Gespräch aber auch das Thema Baugenehmigung. Am 21. Juni 2018 beantragte die Beklagte sodann die Erteilung der Baugenehmigung bei dem Landkreis A..
Einen Tag später, am 22. Juni 2018, schlossen die Parteien einen Pachtvertrag über den Betrieb der Hochseilkletteranlage. Der Pachtvertrag enthält unter anderem folgende Vereinbarungen:
§ 1 Vertragsgegenstand
…
3. Die öffentlich-rechtliche Baugenehmigung der zuständigen Stadt B. ist von der T. zu beantragen bzw. einzuholen und diesem Vertrag beizufügen. Sie ist Bestandteil dieses Vertrages.
…
§ 2 Vertragsgegenstand
…
2. Sollte die Fertigstellung und Möglichkeit für die Inbetriebnahme des Kletterturms mit weiteren Elementen nach dem Vertragsbeginn zu 1. erfolgen, so verschiebt sich der Vertragsbeginn auf den Tag der Fertigstellung bzw. der Inbetriebnahmemöglichkeit.
…
§ 3 Gewährleistung
Die T. leistet Gewähr für den Zustand, die Größe und die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes in § 1 und die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Pachtvertrags wird auf dessen Inhalt Bezug genommen (Anlage K 1).
Es stellte sich in der Folgezeit heraus, dass die Erteilung der beantragten Baugenehmigung eine vorherige Änderung des Bebauungsplans voraussetzte. Dies führte zu einer erheblichen Verzögerung des Genehmigungsverfahrens.
Die Klägerin beanspruchte von der Beklagten daraufhin Schadensersatz wegen frustrierter Aufwendungen und wegen entgangenen Gewinns. Nachdem Vergleichsgespräche hierüber scheiterten, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2019 den Rücktritt vom Pachtvertrag.
Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wege der Teilklage einen Betrag in Höhe von 5.001 Euro anteiligen entgangenen Gewinn für den Monat April 2019 geltend gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands I. Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2 – 7 = Bl. 124 – 129 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 281, 252 BGB zu. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme lasse sich nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass die Parteien in § 3 des Vertrages übereinstimmend eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht der Beklagten dafür begründen wollten, dass die Baugenehmigung bis spätestens 31. Dezember 2018 erteilt wird.
Eine solche ergebe sich zunächst nicht aus dem Wortlaut der Vereinbarung. In § 3 des Vertrages werde die Baugenehmigung an keiner Stelle erwähnt. § 3 trage auch die Überschrift „Gewährleistung“. Im ersten Halbsatz beziehe sich § 3 auf den Zustand, die Größe und die Beschaffenheit der Hochseilkletteranlage und damit auf objekt- bzw. sachbezogene Merkmale des Vertragsgegenstandes gemäß § 1 Ziffer 1, die von der Beklagten spätestens zu dem im zweiten Halbsatz genannten Zeitpunkt (Fertigstellung/Möglichkeit der Inbetriebnahme im Jahr 2018) hergestellt sein sollten.
Für die Baugenehmigung hätten die Parteien in § 1 Ziffer 3 eine gesonderte Regelung aufgenommen. Danach habe die Beklagte die Vertragspflicht getroffen, das Baugenehmigungsverfahren durchzuführen. Eine Einstandspflicht im Sinne einer Garantie dafür, dass die Baugenehmigung erteilt werde, sei nicht normiert.
Satz 2 der Regelung, wonach die Baugenehmigung Bestandteil des Vertrages werden sollte, mache deutlich, dass beiden Parteien klar gewesen sei, dass eine Durchführung des Vertrages nur möglich sein würde, wenn das Vorhaben bauordnungsrechtlich genehmigt werden würde. Beide Seiten hätten um die grundlegende Bedeutung der Baugenehmigung für die Durchführung des Pachtvertrages gewusst. Die Auslegung der Klägerin zugrunde gelegt, hätte es vor dem Hintergrund der Systematik des Vertragswerks mehr als nahegelegen, entweder in § 1 Ziffer 3 die Einstandspflicht der Beklagten für den erfolgreichen Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens aufzunehmen oder den erfolgreichen Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens in § 3 ausdrücklich zu erwähnen. Die Annahme, dass die Erteilung der Baugenehmigung von den Begriffen „Fertigstellung“ oder „Möglichkeit für die Inbetriebnahme“ in § 3 mitumfasst sei, verbiete sich vor dem Hintergrund der Spezialregelung in § 1 Ziffer 3. Hinzu komme, dass wegen der mit einer verschuldensunabhängigen Garantie/Einstandspflicht übernommenen einseitigen Risikoverlagerung auf eine Partei stets besondere Anforderungen an die Klarheit und Unmissverständlichkeit des Versprechens zu stellen seien. Auch dies spreche gegen die von der Klägerin vorgenommene Interpretation, dass sich § 3 Hs. 2 auch auf die Vorlage der Baugenehmigung beziehen solle.
Für diese Wertung würden auch die ergänzend heranzuziehenden außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und die Beweisaufnahme sprechen. Die Klägerin habe vorgetragen, das Thema Baugenehmigung immer wieder angesprochen zu haben und vom Geschäftsführer der Beklagten hingehalten bzw. beschwichtigt worden zu sein. Dennoch enthalte schon der Vorvertrag keine Regelung zu diesem bedeutsamen Punkt und insbesondere keine Verpflichtung der Beklagten, für das Vorliegen der Baugenehmigung einzustehen. Die vereinbarten Regelungen würden lediglich erkennen lassen, dass die Parteien davon ausgegangen seien, dass der Pachtvertrag Ende Juni 2018 geschlossen werden könne und dass der Kletterturm im Jahr 2018 fertig gestellt werden würde. Aus den Angaben des Zeugen M. und den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin ergebe sich, dass die Klägerin offenbar bis zuletzt an den Angaben der Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung gezweifelt habe. Gleichwohl habe sie den Vertrag unterschrieben, ohne durch eine entsprechende Formulierung unmissverständlich deutlich zu machen, dass sie ihre Willenserklärung nur abgebe, sofern die Beklagte dafür garantiere, dass die Baugenehmigung im Jahr 2018 erteilt werde. Dies hätte aber gerade wegen der im Vorfeld immer wieder aufgetretenen Zweifel mehr als nahe gelegen.
Die Klägerin könne den auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch auch nicht gemäß §§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 249 Abs. 1 BGB darauf stützen, dass die Beklagte vorvertraglich Vertrauen in die sichere Erteilung der Baugenehmigung gesetzt habe. Ein solcher Anspruch sei nur auf das sog. negative Interesse gerichtet und umfasse deshalb nicht den hier geltend gemachten entgangenen Gewinn.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen (S. 7 – 12 = Bl. 129 – 134 d.A.).
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit dem am 10. Juni 2021 bei Gericht eingegangenen (Bl. 146 d.A.) Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt, die sie mit dem rechtzeitig am Montag, den 12. Juli 2021 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 172 d.A.) begründet hat.
Zur Begründung führt sie an:
Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien im Rahmen des Pachtvertrages gemäß § 581 BGB die Beklagte keine Garantie für die Erteilung einer Baugenehmigung bis spätestens zum 31. Dezember 2018 übernommen habe. Es habe die streitgegenständliche Vertragsklausel des § 3 des Pachtvertrags und die dazugehörigen ergänzend heranzuziehenden außerhalb der Urkunde liegenden Umstände unzutreffend gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt. Dies betreffe zunächst die Wortlautauslegung des Gerichts. Im zweiten Halbsatz des § 3 sei die Rede von der Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018.
Die Möglichkeit der Inbetriebnahme sei indes nicht nur abhängig von der Fertigstellung des Kletterturms. Für den Betrieb der geplanten Hochseilkletteranlage sei vielmehr erforderlich, dass eine Baugenehmigung erteilt werde. Eine Auslegung dahingehend, die Beklagte garantiere nur für die zeitliche Einhaltung in Bezug auf die Kletteranlage, also dass diese spätestens Ende 2018 fertig gebaut und sicher sei, gehe deshalb fehl.
Der Sinn und Zweck dieser zeitlichen Regelung bestehe darin, dass die Klägerin entsprechend finanziell kalkulieren könne und die finanziellen Risiken, die mit einer wesentlichen Verspätung einhergehen würden, nicht tragen müsse. Mit diesem Sinn und Zweck stehe die Auslegung des Landgerichts im Widerspruch. Um die Sicherheit für eine Realisierung im Jahr 2018 herzustellen bzw. die Gefahr für die Nichteinhaltung der Frist auf die Beklagte abzuwälzen, könne nur gewünscht gewesen sein, dass auch eine zeitliche Garantie hinsichtlich der Baugenehmigung vereinbart worden sei.
Auch der Umstand, dass § 3 die Überschrift „Gewährleistung“ trage, führe nicht dazu, dass eine Auslegung hinsichtlich einer Garantieübernahme bzgl. der Erteilung der Baugenehmigung ausscheide. In § 536 Abs. 2 BGB, der über § 581 Abs. 2 BGB Anwendung finde, werde die Zusicherung von Eigenschaften geregelt. Diese weise erhebliche Ähnlichkeiten zur Garantie auf. Die Begriffe „Garantie“ und „Gewährleistung“ würden im Alltag auch häufig nicht konsequent auseinandergehalten. Auch wenn man den Begriff „Gewährleistung“ als unzutreffend ansehen wolle, weil aus diesem eine unbedingte Einstandspflicht nicht hervorgehe, sei eine falsche Bezeichnung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen irrelevant, wenn sich das Gewollte aus den sonstigen Umständen ergebe. Hier zeige der Wortlaut des § 3, dass die Beklagte eine Gewähr bzw. eine Garantie dafür habe geben wollen, dass eine Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018 bestehe. Die Wahl des Begriffes „Möglichkeit zur Inbetriebnahme“ umfasse neben den technischen und sicherheitsrechtlichen Aspekten auch alle weiteren rechtlichen Anforderungen, also auch die Erteilung einer Baugenehmigung.
Auch der vom Landgericht angeführte Umstand, dass eine ausdrückliche Erwähnung in § 3 angezeigt gewesen wäre, wenn tatsächlich eine Einstandspflicht für die Baugenehmigung durch die Beklagte gewünscht gewesen wäre, greife nicht durch. In § 3 sei ausdrücklich geregelt, dass die Beklagte die Gewähr dafür übernehme, dass die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018 bestehe. Diese Möglichkeit umfasse neben erforderlichen baulichen und sicherheitsrechtlichen Aspekten nur noch die Erteilung der Baugenehmigung. Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers sei unter Betrachtung des gesamten Vertrages ersichtlich, dass für die Klägerin eine Absicherung auch in Bezug auf die Erteilung einer Baugenehmigung gewünscht gewesen sei.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts enthalte § 1 Nr. 3 des Vertrages auch keine speziellere Regelung im Vergleich zu § 3. In § 1 Nr. 3 werde der Beklagten die Pflicht auferlegt, eine Baugenehmigung zu beantragen. § 3 sei hingegen eine Gefahrentragungsregelung in Form einer Garantieübernahme, die über die Pflicht des § 1 Nr. 3 hinausgehe. Es entspreche dem typischen Vertragsaufbau, dass die vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten einerseits und die Gefahrtragungsregelungen andererseits gesondert geregelt würden.
Schließlich stehe einer Auslegung zugunsten der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht entgegen, dass an die Begründung einer Garantie besondere Anforderungen an die Klarheit und Unmissverständlichkeit zu stellen seien. Zum einen entspreche die vertragliche Regelung diesen Anforderungen. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten übernommene Risiko für die rechtzeitige Erteilung der Baugenehmigung aus deren Sicht überschaubar gewesen sei, weil sie davon ausgegangen sei, dass eine Baugenehmigung unproblematisch erteilt werden würde.
Darüber hinaus habe das Gericht auch die außerhalb des Vertrags liegenden Umstände falsch beurteilt. Gerade die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der baurechtlichen Zulässigkeit seien Anlass für die Regelung in § 3 gewesen. Diese Zweifel würden also entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegen die Auslegung der Klägerin sprechen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag, der Geschäftsführer der Beklagten habe am 19. Juni 2018 behauptet, dass die Baugenehmigung bereits erteilt gewesen sei. Die Beklagte habe der Klägerin ausschließlich mündlich die Erteilung der Baugenehmigung zugesagt. Aufgrund der fehlenden schriftlichen Baugenehmigung hätten immer noch Zweifel bei der Klägerin bestanden, so dass eine Garantieübernahme der Beklagten weiterhin sinnvoll gewesen sei. Auch dieser Gesichtspunkt spreche folglich nicht gegen die Übernahme einer Garantie.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 12. Juli 2021 (Bl. 172 – 183 d.A.) und 18. Oktober 2021 (Bl. 210 – 213 d.A.) Bezug genommen.
Zur Bemessung des entgangenen Gewinns vertritt die Klägerin die Auffassung, die von ihr als Anlage K2 vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Objekt stelle eine geeignete Schätzgrundlage für den hypothetisch erzielten Gewinn dar. Es handele sich hierbei nicht um eine allgemeine Information wie in einer Broschüre, sondern um belastbare Werte, die speziell für die hier streitgegenständliche Anlage und den konkreten Standort am T. ermittelt worden seien. Konkret habe ein Mitarbeiter des Herstellers des Objekts, der Zeuge A. P., Eckparameter aus anderen K.-Anlagen an den damaligen Geschäftsführer der Beklagten weitergereicht, auf deren Grundlage dieser sodann eine genaue Standortberechnung durchgeführt habe. Die Berechnung habe die Beklagte für die Finanzierung und andere Gremien als wirtschaftliche Grundlage vorgelegt. Es handele sich somit um speziell auf den konkreten Standort zugeschnittene Werte, die eine hinreichend zuverlässige Grundlage für eine Schadensschätzung bieten würden. Ausgehend von dem in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegten „Mid-Case-Szenario“ sei von einem entgangenen Gewinn in Höhe von 182.640 Euro pro Saisonzeit (April – Oktober) auszugehen.
Unabhängig hiervon könne eine Schätzung des hypothetisch zu erzielenden Gewinns auch anhand eines Vergleichs mit dem von der Klägerin in E. betriebenen Hochseilgarten vorgenommen werden. Hierzu trägt die Klägerin vor, Kaufkraft und Bevölkerungskennziffern seien mit dem geplanten Projekt am T. gleichzusetzen.
Die Standorte lägen ca. 15 km voneinander entfernt und beide Objekte seien an einem See gelegen. Der zu erwartende Gewinn für den Kletterpark am T. sei aber grundsätzlich höher zu bemessen, weil dieser aufgrund der geplanten Überdachung und dem damit einhergehenden Schutz vor Regen ganzjährig betrieben werden könne. Zum Nachweis für die mit dem Hochseilgarten in E. erzielten Gewinne legt die Klägerin Profitcenterrechnungen und BWAs für die Jahre 2015 – 2019 vor. Wegen der Inhalte wird auf Bl. 391 ff. der Akte Bezug genommen.
Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2022 erweitert und nunmehr entgangenen Gewinn für die gesamte Saison 2019 in Höhe von insgesamt 182.640,00 Euro geltend gemacht. Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Dezember 2023 hat die Klägerin ihre Klage nochmals um den für das Jahr 2020 beanspruchten entgangenen Gewinn in Höhe von 182.640,01 Euro erweitert. Nachdem auf die Kostenrechnung des Gerichts vom 10. Januar 2024 keine Vorschusszahlung eingegangen ist, wurde die Klägerin mit Schreiben vom 1. März 2024 an die Vorschusszahlung erinnert und darauf hingewiesen, dass die Klage infolge des fehlenden Vorschusses bislang nicht zugestellt worden ist. Am 14. April 2024 hat die Klägerin den Vorschuss sodann eingezahlt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 12. Juli 2021 (Bl. 172 ff. d.A.), 18. Oktober 2021 (Bl. 210 ff. d.A.), 30. Juni 2022 (Bl. 286 ff. d.A.), 5. August 2022 (Bl. 309 ff. d.A.), 23. Dezember 2022 (Bl. 323 ff. d.A.), 23. März 2023 (Bl. 339 ff. d.A.), 31. März 2023 (Bl. 345 ff. d.A.), 23. Juni 2023 (Bl. 381 ff. d.A.), 27. Oktober 2023 (Bl. 468 ff. d.A.), 29. Dezember 2023 (Bl. 545 ff. d.A.), 12. Januar 2024 (Bl. 554 ff. d.A.), 2. April 2024 (Bl. 625 ff. d.A.), 8. Mai 2024 (Bl. 682 ff. d.A.), 31. Mai 2024 (Bl. 721 ff. d.A.) und 5. Juni 2024 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 10. Mai 2021 (Az.: 21 O 6743/19) zu verurteilen, an die Klägerin 365.280,02 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage im Hinblick auf die zweitinstanzlich erfolgten Klageerweiterungen abzuweisen.
Widerklagend beantragt die Beklagte,
1.die Klägerin zu verurteilen, an sie
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20 Komplettgurte von Petzl,
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80 Helme Petzl für Erwachsene in zwei Größen,
20 Helme von Petzl für Kinder,
70 Sicherheitsringe für Stationssicherung,
70 Sicherheitsstifte für Hindernisse,
3 Rettungsgeräte für Teilnehmer
Funkgeräte und Werkzeug
herauszugeben und ihr Eigentum an den genannten Ausrüstungsgegenständen zu verschaffen.
2. der Klägerin eine Frist von 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils zur Herausgabe der unter 1. aufgeführten Ausrüstungsgegenstände zu setzen.
3. die Klägerin zu verurteilen, nach fruchtlosem Fristablauf an die Beklagte 34.843,20 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Fristablauf zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil wie folgt.
Die Klägerin setze lediglich ihre Auslegung an die Stelle der Auslegung des Landgerichts. Das Landgericht habe zutreffend entscheidend darauf abgestellt, dass bereits die Überschrift des § 3 des Vertrags „Gewährleistung“ die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht der Beklagten für die Erteilung einer Baugenehmigung im Jahr 2018 ausschließe. Der hiergegen erhobene Einwand der Klägerin, mit § 3 des Vertrages sei eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, die „erhebliche Ähnlichkeiten zu einer Garantie auf[weise]“ übersehe, dass an das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen seien und eine solche nur in eindeutigen Fällen in Betracht komme. Auch nach diesem Maßstab habe das Landgericht somit zutreffend auf die fehlenden eindeutigen Erklärungen der Parteien abgestellt. Soweit die Klägerin darauf abstelle, dass die Begriffe Garantie und Gewährleistung im Alltag nicht konsequent auseinandergehalten würden, möge dies für den Verbrauchervertrag zutreffen. Die Vertragspartner seien aber Kaufleute, die wissen würden, dass die Begriffe nicht identisch seien. Das Landgericht habe darüber hinaus auch zutreffend darauf abgestellt, dass gegen die von der Klägerin vorgenommene Interpretation, wonach sich § 3 2. Halbsatz auch auf die Vorlage der Baugenehmigung beziehen sollte, die Spezialregelung in § 1 Ziffer 3 des Vertrages spreche.
Schließlich würden auch die Umstände des Vertragsschlusses nicht für die Auslegung der Klägerin sprechen.
Die Klägerin behaupte hierzu, die Übernahme einer Garantie für die Erteilung einer Baugenehmigung sei für sie von essentieller Bedeutung gewesen. Dann sei es aber nicht nachvollziehbar, warum eine solche nicht mit dem notwendigen eindeutigen Inhalt in den Vertrag aufgenommen worden sei.
Zu den Gegenständen, die die Beklagte mit der Widerklage herausverlangt, trägt sie vor, sie habe diese von der Klägerin käuflich erworben. Den Kaufpreis hierfür in Höhe von 34.843,00 Euro habe sie bereits am 18. Juli 2018 bezahlt. Ihr stehe deshalb ein Herausgabe- und Eigentumsverschaffungsanspruch gemäß § 433 Abs. 1 BGB an den genannten Ausrüstungsgegenständen zu. Das von der Klägerin erhobene Zurückbehaltungsrecht greife nicht durch, weil der Klägerin kein Anspruch auf entgangenen Gewinn zustehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 12. August 2021 (Bl. 188 – 195 d.A.) Bezug genommen.
40Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe die Verzögerung der Übergabe der Pachtsache infolge der fehlenden Baugenehmigung nicht zu vertreten. Sie habe unverzüglich einen Bauantrag gestellt und allen im Verlauf des Antragsverfahrens auftretenden Hindernissen so schnell wie möglich abgeholfen. Es sei für sie nicht vorhersehbar gewesen, dass es zur Erteilung der Baugenehmigung einer Änderung des Bebauungsplans bedurfte. Die Parteien seien davon ausgegangen, dass die Errichtung des Kristallturms an derselben Stelle wie der alte Turm unproblematisch möglich sein würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des hierauf gerichteten Vorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 17. Mai 2022 (Bl. 258 – 262 d.A.) Bezug genommen.
Zur geltend gemachten Schadenshöhe vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage K2) keine geeignete Schätzgrundlage für den behaupteten entgangenen Gewinn darstelle. Die Zahlen des Herstellers würden sich auf Erfahrungswerte bei Anlagen an anderen Standorten und mit mehrjähriger Betriebsdauer beziehen. Es verbiete sich, einen vermeintlichen entgangenen Gewinn für die Anfangszeit nach der Betriebsaufnahme auf der Grundlage von Zahlen von etablierten Standorten wie der Metropole B. zu berechnen. Dies gelte besonders für Zeiträume, in denen ein Betrieb der Anlage infolge der Coronapandemie nur sehr eingeschränkt möglich gewesen wäre. Im Übrigen verfüge die Beklagte nicht über konkrete Daten zu den in der Anlage K2 genannten Vergleichsobjekten. Sie sei an dem Zustandekommen der dort genannten Zahlen nicht beteiligt gewesen und habe eine reine Botenfunktion innegehabt.
Auch eine Schätzung des entgangenen Gewinns anhand eines Vergleichs mit dem von der Klägerin betriebenen Hochseilgarten in E. komme nicht in Betracht. Die Standorte und Objekte seien aus zahlreichen Gründen nicht vergleichbar. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Schriftsätze vom 18. November 2020 (Bl. 80 ff. d.A.) und 16. Mai 2023 (Bl. 368 ff. d.A.) Bezug genommen.
In Bezug auf den ab dem Jahr 2020 geltend gemachten entgangenen Gewinn erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Klageerweiterung vom 29. Dezember 2023 sei nicht geeignet, die Verjährung der mit ihr geltend gemachten Forderung zu hemmen, weil sie nicht „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO, sondern erst am 24. April 2024 zugestellt worden sei. Im Übrigen bestimme sich der Schadenseintritt bei mehreren Schadensfolgen für die Zwecke der Verjährung anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit. Danach gelte der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruhe, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten, sofern mit den einzelnen Schadensfolgen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte. Auch deshalb sei die mit der Klageerweiterung am 29. Dezember 2023 erhobene Forderung verjährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 12. August 2021 (Bl. 188 ff. d.A.), 28. März 2022 (Bl. 243 ff. d.A.), 14. April 2022 (Bl. 254 ff. d.A.), 17. Mai 2022 (Bl. 258 ff. d.A.) 30. Juni 2022 (Bl. 282 ff. d.A.), 22. August 2022 (Bl. 313 ff. d.A.), 25. Januar 2023 (Bl. 329 ff. d.A.), 27. Februar 2023 (Bl. 335 ff. d.A.), 16. Mai 2023 (Bl. 368 ff. d.A.), 14. Oktober 2023 (Bl. 446 ff. d.A.), 22. November 2023 (Bl. 484 ff. d.A.), 4. April 2024 (Bl. 621 ff. d.A.), 15. Mai 2024 (Bl. 695 ff. d.A.) und 30. Mai 2024 (Bl. 718 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A. P. und L. T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 12. April 2024 (Bl. 643 ff. d.A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung sowie die im Wege der Anschlussberufung erhobene Widerklage haben jeweils teilweise Erfolg.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 147.162,00 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrag für den Zeitraum April bis Oktober 2019. Einem etwaigen Anspruch auf Schadensersatz für den Zeitraum April bis Oktober 2020 steht die Einrede der Verjährung entgegen.
a) Der Beklagten war die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtung zur Überlassung des Pachtobjekts während dieses Zeitraums vorübergehend unmöglich, weil die für die Errichtung des Kletterturms erforderliche Baugenehmigung fehlte. Die Frage, ob sich eine etwaige Schadensersatzverpflichtung im Falle eines vorübergehenden Leistungshindernisses aus § 280 BGB wegen verschuldeter Unmöglichkeit (so etwa Ernst, in: MüKoBGB, 9. Auflage 2022, § 275, Rn. 163) oder aus den Regeln des Zahlungsverzugs gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB ergibt (so etwa Grüneberg, in: ders., BGB, 83. Auflage 2024, § 275 Rn. 10) hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (vgl. Urteil vom 12. März 2013 – XI ZR 227/12, NJW 2013, 3437, Rn. 52). Sie bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Klärung. Die Beklagte befand sich nämlich im hier streitgegenständlichen Zeitraum mit ihrer Leistungspflicht im Verzug, so dass auch die Voraussetzungen des §§ 280 Abs. 2, 286 BGB vorliegen. Hierfür bedurfte es keiner ausdrücklichen Mahnung der Klägerin. Das geplante Pachtobjekt war unstreitig ohne Änderung des Bebauungsplans nicht genehmigungsfähig. Es war damit für beide Seiten evident, dass die Beklagte auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein würde, das Pachtobjekt zur Verfügung zu stellen. Eine Mahnung hätte sich unter diesen Umständen als bloße Förmelei dargestellt.
Der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag ist auch dahingehend auszulegen, dass der Klägerin nach Ablauf des 31. Dezember 2018 (zumindest) ihre vertraglichen Sekundäransprüche wegen einer verzögerten Verschaffung der Gebrauchsmöglichkeit an dem Pachtobjekt durch die Beklagte zustehen sollten.
Bei der Auslegung von Verträgen nach §§ 133, 157 BGB ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Der Tatrichter hat bei seiner Willenserforschung insbesondere den mit der Absprache verfolgten Zweck und die Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen. Dabei können auch Umstände außerhalb der Urkunde für die Auslegung zu berücksichtigen sein (BGH, Beschluss vom 07. September 2011 – XII ZR 114/10 -, mit weiteren Nachweisen).
Die Parteien haben zunächst in § 2 Nr. 1 des Vertrags vereinbart, dass Vertragsbeginn der 1. August 2018 sein sollte. Bei isolierter Betrachtung dieser Vereinbarung hätten somit die wechselseitigen Vertragspflichten und damit auch die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin den Gebrauch des Pachtobjekts zu gewähren (§ 581 Abs. 1 BGB) ab dem 1. August 2018 bestanden. Die Parteien haben den Vertragsbeginn aber in § 2 Nr. 2 der Vereinbarung modifiziert. Danach sollte sich der Vertragsbeginn auf den Tag der Fertigstellung und Inbetriebnahmemöglichkeit des Kletterturms mit den weiteren Elementen verschieben, wenn die Fertigstellung und Möglichkeit zur Inbetriebnahme nach dem in § 2 Nr. 1 vorgesehenen Vertragsbeginn erfolgt. In § 3 ist sodann die Regelung enthalten, dass die Beklagte für die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018 „Gewähr leistet“.
Durch die Verwendung der identischen Formulierung „Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme“ wird deutlich, dass die Regelung in § 3 insoweit an die Regelung in § 2 anknüpft. Die dort getroffene Regelung wird durch § 3 modifiziert bzw. ergänzt. Die Parteien haben hiermit zum Ausdruck gebracht, dass sich der Vertragsbeginn nach § 2 Nr. 2 wegen der fehlenden Inbetriebnahmemöglichkeit der Kletteranlage nicht ohne weitere rechtliche Folgen zeitlich unbegrenzt verschieben sollte. Die rechtliche Verantwortung für eine über den 31. Dezember 2018 andauernde Verzögerung sollte vielmehr die Beklagte tragen. Nur in dieser Weise kann die Formulierung verstanden werden, dass die Beklagte für die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018 „Gewähr leiste[n]“ sollte.
Diese Regelung umfasst auch das Vorliegen der für die Errichtung des Kletterturms erforderlichen Baugenehmigung. Sie knüpft an die fehlende Möglichkeit zur Inbetriebnahme der Anlage an, ohne nach möglichen Ursachen hierfür zu differenzieren. Entscheidend ist danach allein, ob die Beklagte der Klägerin die Möglichkeit zur Inbetriebnahme der Anlage verschaffen kann.
Eine hiervon abweichende Auslegung des Vertragstextes ergibt sich nicht aus § 1 Nr. 3 der Vereinbarung. Es handelt sich hierbei nicht um eine gegenüber § 2 und § 3 vorrangige Spezialregelung. Nach § 1 Nr. 3 des Vertrags sollte die Beklagte die Baugenehmigung einholen. Diese Verpflichtung ist neben weiteren vertraglichen (Primär-)Pflichten Inhalt des mit „Vertragsgegenstand“ überschriebenen § 1 des Vertrags.
Regelungen zum Vertragsbeginn bzw. der etwaigen Haftung für eine Verzögerung desselben enthält § 1 hingegen weder in Bezug auf die erforderliche Baugenehmigung noch in Bezug auf sonstige Pflichten der Vertragsparteien. Diese sind vielmehr in allgemeiner Weise in § 2 und § 3 enthalten. Sie umfassen nach ihrem Wortlaut – wie ausgeführt – auch die fehlende Möglichkeit zur Inbetriebnahme der Anlage aufgrund einer fehlenden Baugenehmigung. Ausgehend von diesem Vertragsaufbau kann allein aus dem Umstand, dass die Baugenehmigung nur in § 1 Nr. 3 ausdrücklich genannt wird, nicht der Schluss gezogen werden, dass sämtliche hiermit im Zusammenhang stehenden Pflichten, insbesondere auch die etwaigen Haftungsfolgen für eine verzögerte oder auch verweigerte Genehmigung, abschließend geregelt werden sollten. Aus der Vertragssystematik ergibt sich vielmehr, dass § 1 lediglich die vertraglichen (Primär-) Pflichten umschreiben sollte, während sich die rechtlichen Folgen einer Verzögerung der Gebrauchsmöglichkeit allein aus §§ 2, 3 des Vertrags ergeben sollten.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass § 3 im ersten Halbsatz auf den Zustand, die Größe und die Beschaffenheit der Hochseilkletteranlage und damit auf objekt- bzw. sachbezogene Merkmale des Vertragsgegenstandes gemäß § 1 Ziffer 1 Bezug nimmt. Die Auslegung des Landgerichts, die in § 3 enthaltene „Gewährleistung“ für die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahre 2018 habe sich nur auf den in Halbsatz 1 genannten Zustand, die Größe und die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes beziehen sollen, wird durch den Wortlaut der Regelung nicht getragen. Die „Fertigstellung“ bzw. „die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahre 2018“ wird im Wege einer Aufzählung neben Zustand, Größe und Beschaffenheit genannt. Die Regelung lautet im Ganzen: „Die T. leistet Gewähr für den Zustand, die Größe und die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes in § 1 und die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahre 2018“ (Hervorhebung durch den Senat).
Unabhängig hiervon würde auch die Auslegung des Landgerichts zu keinem anderen Ergebnis führen. Auch wenn man davon ausginge, dass sich die in § 3 genannte „Möglichkeit für die Inbetriebnahme“ nur auf die im ersten Halbsatz genannten Merkmale Zustand, Größe und Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes beziehen sollte, würde sich die hierfür übernommene „Gewährleistung“ auch darauf erstrecken, dass das Pachtobjekt überhaupt existiert. Die Beschaffenheit des Pachtobjekts wird in § 1 Nr. 1 des Pachtvertrags mit Hochseilkletteranlage mit Aussichtsplattform, Eventplattform und weiteren Elementen beschrieben. Existiert keine Hochseilkletteranlage nebst weiteren Elementen weist das Pachtobjekt (natürlich) auch nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf. Ein abweichendes Verständnis wäre mit Sinn und Zweck der Regelung nicht vereinbar. Es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, weshalb die Beklagte zwar dafür einstehen sollte, dass das Pachtobjekt in einem solchen Zustand ist, dass es in Betrieb genommen werden kann, nicht aber dafür, dass es überhaupt existiert.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Regelung mit „Gewährleistung“ überschrieben ist. Unabhängig davon, in welcher Weise man die Formulierungen „Gewährleistung“ für die „Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018“ auslegt, würde es sich bei dem Gegenstand der Regelung nicht um Gewährleistungsrechte im technischen Sinne handeln. Die Parteien haben die Formulierung vor diesem Hintergrund offensichtlich nicht im rechtstechnischen Sinne verwendet. Es handelt sich bei den Parteien bzw. den für sie handelnden Personen auch nicht um Volljuristen, so dass der Bezeichnung ohnehin keine wesentliche Bedeutung zugemessen werden kann.
Auch die außerhalb der Vertragsurkunde liegenden Umstände führen nicht zu der Auslegung, dass die Beklagte für eine über den 31. Dezember 2018 hinausgehende Verzögerung des Vertragsbeginns wegen einer fehlenden Baugenehmigung nicht haften sollte.
Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten vorgenommene Wertung, beide Parteien seien davon ausgegangen, dass für den Kletterturm unproblematisch eine Baugenehmigung erteilt werde, ist unzutreffend.
Die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer hat unstreitig in einem Gespräch am 27. Oktober 2017 und mit E-Mail vom 26. Januar 2018 auf die Erfahrungen der Klägerin mit dem Baugenehmigungsverfahren an ihrem weiteren Standort in D. hingewiesen und der Klägerin empfohlen, eine Bauvoranfrage zu stellen (Anlagen K 15 und K 16). In der E-Mail vom 26. Januar 2018 heißt es hierzu: „Weiterhin bitten wir dringend die Vorgehensweise mit der Baugenehmigung zu prüfen. Wir haben mit dem Standort in D. bereits unsere Erfahrungen gemacht und empfehlen unbedingt mit einer Bauvoranfrage die rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen zu lassen, bevor wir gemeinsam einen verbindlichen Vertrag eingehen.“ Unter Berücksichtigung dieser vorvertraglichen Kommunikation drängt es sich geradezu auf, dass die Regelungen zu einer Verzögerung der Errichtung bzw. der Inbetriebnahmemöglichkeit der Anlage in § 2 und § 3 der Vereinbarung zumindest auch im Hinblick auf die Dauer des Genehmigungsverfahrens erfolgte.
Aus dem streitigen Inhalt des Gesprächs am 18. Juni 2018 ergibt sich keine andere Bewertung. Der Vortrag der Klägerin hierzu ist widersprüchlich. Sie hält auf der einen Seite an ihrem erstinstanzlichen Vortrag fest, der Geschäftsführer der Beklagten habe mitgeteilt, die Baugenehmigung sei mit dem Bauamt und dem Aufsichtsratsvorsitzenden, Landrat E., abgesprochen und von letzterem mündlich zugesichert worden. Auf der anderen Seite macht sie sich den Vortrag des Zeugen M. zu eigen, der Geschäftsführer der Beklagten habe erklärt, die Baugenehmigung würde bereits vorliegen. Die Beklagte bestreitet, dass ihr Geschäftsführer derartige Erklärungen abgegeben hat. Letztlich kann dies dahinstehen. Auch wenn der Geschäftsführer der Beklagten behauptet haben sollte, die Baugenehmigung „liege bereits vor“, kann hieraus nicht auf einen übereinstimmenden Willen der Parteien geschlossen werden, hieraus resultierende Verzögerungen von den Regelungen zum (verzögerten) Vertragsbeginn in § 2 und § 3 des Vertrags auszunehmen. Im Gegenteil zeigt insbesondere die in § 1 Nr. 3 der Vereinbarung enthaltene Verpflichtung der Beklagten, die Baugenehmigung „zu beantragen bzw. einzuholen und diesem Vertrag beizufügen“, dass die Parteien nicht übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass eine solche bereits vorliegt und deshalb aus dem Genehmigungsverfahren keine Verzögerungen mehr resultieren können. Für ein solches Verständnis spricht auch die weitere von der Klägerin vorgelegte Korrespondenz. Die Beklagte hat noch am 12. Juni 2018 (und damit 7 Werktage vor dem Vertragsschluss, Anlage K 12) mitgeteilt, dass der Bauantrag noch nicht gestellt ist. Am Vortag des Vertragsschlusses hat der Hersteller des Kletterturms in einer E-Mail gegenüber beiden Parteien erklärt, der Bauantrag sei „in dieser Woche auf dem Weg durch die Amtsstuben“ (Anlage K 17). Unter diesen Umständen waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ersichtlich nicht alle Unklarheiten in Bezug auf die erforderliche Baugenehmigung, insbesondere die Dauer des Genehmigungsverfahrens, beseitigt.
b) Die Regelung in § 3 des Vertrags ist auch nicht gemäß §§ 305c, 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Es handelt sich bei dieser Vertragsbedingung nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 305 BGB.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von AGB nach § 305 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB trägt grundsätzlich die „andere Vertragspartei“, die sich gegenüber dem Verwender auf den Schutz der AGB-Bestimmungen beruft (BGH, Urteil vom 13. September 2001 – VII ZR 487/99 -, NJW-RR 2002, 13 [14]), hier also die Beklagte. Die Klägerin hat bestritten, dass die Regelung bzw. der gesamte Vertrag zur Mehrfachverwendung bestimmt gewesen sei. Der Inhalt der Regelung in § 3 sei auch zwischen den Parteien explizit diskutiert worden. Die Beklagte hat für ihren entgegenstehenden Vortrag keinen Beweis angetreten.
Unabhängig hiervon begründet die Regelung auch keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Der Verpächter ist grundsätzlich mit Beginn des Vertrags gemäß § 581 BGB verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandes zu gewähren. Ist er hierzu nicht in der Lage, stellt dies eine Vertragspflichtverletzung dar. Im vorliegenden Fall war aus Sicht der Parteien noch ungewiss, ob die Beklagte zum Zeitpunkt des geplanten Vertragsbeginns in der Lage sein würde, die vertragsgemäße Nutzung des Pachtobjekts zu ermöglichen. Danach sollte der Vertragsbeginn bis zum Ende des Jahres 2018 aufschiebend bedingt sein, mit Ablauf des 31. Dezembers 2018 aber die Beklagte die Verantwortung tragen (s. oben zu a).
Hierin liegt keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten.
Die Klausel ist auch nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob – wie die Klägerin vorträgt – diese Regelung explizit diskutiert wurde. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinbarung einerseits und ihres vergleichsweise geringen Umfangs andererseits ist es fernliegend, dass die Klausel von der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen werden würde. In einem solchen Fall fehlt es an dem erforderlichen „Überraschungs-“ bzw. Überrumpelungseffekt (vgl. Grüneberg, in: ders., 83. Auflage, § 305c, Rn. 4).
c) Auf die erstinstanzlich intensiv diskutierte Frage, ob § 3 der Vereinbarung dahingehend auszulegen ist, dass hierdurch eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung der Beklagten begründet werden sollte, kommt es nicht an. Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Der Beklagten ist der ihr obliegende Beweis, dass sie die eingetretene Verzögerung nicht zu vertreten hat, nicht gelungen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. Mai 2022 vereinzelt dazu vorgetragen, wie es zu der verzögerten Genehmigung der am Tag vor der Unterzeichnung des streitgegenständlichen Vertrags beantragten Baugenehmigung gekommen ist. Auch wenn man aufgrund dieses Vorbringens davon ausgehen würde, dass die Beklagte allen im Verlauf des Antragsverfahrens auftretenden Hindernissen so schnell wie möglich abgeholfen hat, könnte sich die Beklagte hierdurch nicht exkulpieren. Es oblag der Beklagten, vor Abschluss eines Pachtvertrages sicherzustellen, dass das von ihr geplante Objekt überhaupt genehmigungsfähig ist, insbesondere im Einklang mit dem bestehenden Bebauungsplan steht. Der Vorwurf des Vertretenmüssens knüpft somit nicht daran an, dass die Beklagte die Verantwortung für die Länge des Baugenehmigungsverfahrens und der hierfür erforderlichen Änderung des Bebauungsplans trägt, sondern dass die Beklagte die „Gewähr für die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahr 2018“ übernommen hat, ohne ausreichend zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung überhaupt vorlagen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf frühere negative Erfahrungen auf Bedenken hingewiesen und ausdrücklich angeraten hat, eine Bauvoranfrage zu stellen (s.o.).
Indem die Beklagte gleichwohl auf eine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit verzichtet hat, hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Allein der Umstand, dass sich an der betreffenden Stelle zuvor eine Wasserrutsche befand, genügt nicht, um auf eine eigene Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des geplanten Projekts zu verzichten.
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich eine andere Bewertung auch nicht nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB.
Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (BGH, Urteil vom 1. Juni 1979 – V ZR 80/77 -, NJW 1979, 1818 mit weiteren Nachweisen). Die Aufteilung der vertraglichen Risikosphären (mit der Folge, dass für eine Berücksichtigung des Fortfalls der Geschäftsgrundlage kein Raum bleibt) kann sich aus der vertragstypischen Regelung durch das (dispositive) Gesetzesrecht und dem darin zum Ausdruck kommenden Beurteilungsmaßstab ergeben; sie kann aber auch ausdrücklich oder stillschweigenden Absprachen der Parteien im Wege der (notfalls ergänzenden) Auslegung zu entnehmen sein (BGH, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen führt die Verzögerung des Baugenehmigungsverfahrens und die hieraus folgende Verzögerung des geplanten Vertragsbeginns nicht zu einer Anpassung des Pachtvertrags nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige, der sich vertraglich zur Erbringung einer Leistung verpflichtet, das Risiko dafür, dass er hierzu auch in der Lage ist. Verpflichtet sich ein Verpächter, den Gebrauch eines Gegenstandes zu gewähren, trägt er auch das Risiko dafür, dass der betreffende Gegenstand zum Zeitpunkt des vereinbarten Vertragsbeginns überhaupt existiert. Diese Risikotragung haben die Parteien in § 2 Nr. 2 und § 3 ihrer Vereinbarung – wie oben im Einzelnen dargestellt – modifiziert. Danach sollte die Beklagte „Gewähr leisten“ „für die Fertigstellung bzw. die Möglichkeit für die Inbetriebnahme im Jahre 2018“. Diese Vereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass sie auch etwaige – von der Klägerin unstreitig vorvertraglich angemahnte – Verzögerungen oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Baugenehmigungsverfahren umfassen sollte (s.o.). Aufgrund dieser vertraglichen Risikozuweisung ist kein Raum für eine Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage.
e) Aufgrund der Pflichtverletzung der Beklagten konnte die Klägerin den Kletterturm nicht wie geplant im Jahr 2019 in Betrieb nehmen. Der ihr hierdurch entgangene Gewinn ist gemäß § 249 Abs. 1, 252 BGB zu erstatten.
Der Senat bemisst den entgangenen Gewinn für den Zeitraum April bis Oktober 2019 gemäß § 287 Abs. 1 ZPO, § 252 Satz 2 BGB mit 147.162 Euro.
aa) Ein Geschädigter, der Schadensersatz in Form des entgangenen Gewinns geltend macht, muss alle konkreten Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerwartung ergibt. Er muss nachweisen, wie sich seine Vermögenslage bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags dargestellt hätte und welchen Gewinn er in diesem Fall hätte erwarten können (BGH, Urteil vom 17. Juni 1998 – XII ZR 206/96 -, NZM 1998, 666 Rn. 8; OLG Braunschweig, Urteil vom 11. Mai 2018 – 9 U 18/17 -, NZI 2018, 575 [578]). § 252 S. 2 BGB enthält dabei für den Geschädigten eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung (BGH, Urteil vom 24. April 2012 – XI ZR 360/11 -, NJW 2012, 2266 Rn. 13; OLG Braunschweig, a.a.O.). Diese hat zur Folge, dass die bloße Wahrscheinlichkeit der Erwartung des Gewinns anstelle des positiven Nachweises genügt, sofern die Vorkehrungen und Anstalten, aus denen die Gewinnerwartung hergeleitet wird, in der geschilderten Weise dargetan werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 1998 – XII ZR 206/96 -, NZM 1998, 666 Rn. 8; OLG Braunschweig, a.a.O.).
Der Geschädigte kann sich deshalb auf die Behauptung und den Nachweis von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 S. 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Braunschweig, a.a.O.), d.h. aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls, die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintritts ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2012 – XI ZR 360/11 -, NJW 2012, 2266 Rn. 13; OLG Braunschweig, a.a.O.). Die Beweiserleichterung entbindet die Klägerin dabei nicht von dem Vortrag derjenigen Anknüpfungstatsachen, die diese Wahrscheinlichkeitsprüfung zulassen. Sowohl § 287 ZPO als auch § 252 BGB verlangen für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen. Sie sind die Grundlage, auf der das Ermessen bei einer Beweiswürdigung nach § 287 ZPO und die Wahrscheinlichkeitsprüfung nach § 252 S. 2 BGB gründen. Für die Schadensberechnung benötigt der Richter als Ausgangssituation greifbare Tatsachen, da sich nur anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie die Dinge sich weiterentwickelt haben würden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1988 – VI ZR 81/87 -, NJW 1988, 3016 Rn. 8; Oetker, in: MüKoBGB, 9. Aufl., § 252 Rn. 37). Die Tatsachen, die die Gewinnerwartung des Geschädigten als wahrscheinlich erscheinen lassen sollen, sind von diesem darzulegen und gegebenenfalls in den durch § 287 ZPO gezogenen Grenzen zu beweisen (OLG Braunschweig, a.a.O.; Oetker, a.a.O., § 252 Rn. 29, 37). Erscheinen die dargelegten Anknüpfungstatsachen als nicht ausreichend für den gesamten entgangenen Gewinn, so ist ein Mindestschaden zu schätzen, sofern eine Schadensschätzung nicht völlig in der Luft hängen würde (Oekter, a.a.O., § 252 Rn. 38; OLG München, Urteil vom 8. Juli 2016 – 10 U 3138/15, NJOZ 2017, 881 Rn. 40; OLG Braunschweig, a.a.O.). Der Tatrichter darf sich seiner Aufgabe, auf der Grundlage des § 252 BGB und § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen. Wird dem Geschädigten durch vertragswidriges Verhalten des Schädigers die Möglichkeit genommen oder beschränkt, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, darf der Wahrscheinlichkeitsnachweis nicht schon deshalb als nicht geführt angesehen werden, weil sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht feststellen lässt. Vielmehr liegt es im Bereich der Vertragshaftung in einem solchen Fall nahe, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge von einem angemessenen Erfolg des Geschädigten beim Vertrieb auszugehen und auf dieser Grundlage die Prognose hinsichtlich des entgangenen Gewinns und des infolgedessen entstandenen Schadens anzustellen, wobei auch ein Risikoabschlag in Betracht kommen mag (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2005 – X ZR 134/04 -, NJW 2005, 3348 [3349]. bb) Im vorliegenden Fall konnte für die Saison April bis Oktober 2019 nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit ein Gewinn von 147.162 Euro erwartet werden.
Der entgangene Gewinn kann auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage K2) geschätzt werden.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass diese Wirtschaftlichkeitsberechnung hinreichend valide ist, um hieraus Rückschlüsse auf den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit zu erzielenden Gewinn ziehen zu können. Es handelt sich hierbei nicht um eine grobe Schätzung anhand abstrakter Parameter. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist vielmehr konkret auf den Standort T. zugeschnitten. Das zu erwartende Besucherpotential (d.h. die Besucherzahlen des Ausflugsziels T. als solchem) hat die Beklagte selbst ermittelt und für die Erstellung der Wirtschaftlichkeitsberechnung zur Verfügung gestellt. Sie hat hierbei die Besucherzahlen konkreter Großevents der vergangenen Jahre, die regelmäßige Auslastung der Parkplätze am T. sowie die Umsätze der Gastronomie in Relation zum Besucherstrom berücksichtigt. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Beklagte als Betreiberin der T. Betriebsgesellschaft zuverlässige Angaben zu den Besucherzahlen machen kann. Auf Grundlage dieses konkreten Potentials hat die Herstellerin des Kletterturms, die Firma K., nach den Parametern für die konkrete Anlage anhand ihrer Erfahrungswerte für 80 Standorte die zu erwartenden Besucherzahlen für den Kletterturm und die sonstigen Werte der Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt. Hierbei hat die Firma K. unter anderem auch berücksichtigt, ob der Standort für Besuche von Schulen oder Betriebsausflüge in Frage kommt und ob das Projekt an dem Standort ein Saisongeschäft ist. Sie hat in ihre Bewertung ferner auch die beabsichtigte Preisgestaltung einbezogen.
Dies ergibt sich aus der glaubhaften Schilderung des Zeugen A. P.. Der Zeuge hat die Ermittlung der der Wirtschaftlichkeitsberechnung K2 zugrunde gelegten Parameter wie vorstehend zusammengefasst geschildert.
Es bestehen keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen. Der Zeuge hat kein irgendwie geartetes eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Es ist auch sonst kein Interesse des Zeugen ersichtlich, im vorliegenden Rechtsstreit falsche Angaben zu machen. Wahrnehmungsfähigkeit und Wahrnehmungsbereitschaft des Zeugen unterliegen ebenfalls keinen Zweifeln. Der Zeuge hatte auch erkennbar eine gute Erinnerung an die geschilderten Umstände. Seine Darstellung war flüssig, in sich schlüssig und detailliert. Vereinzelte Erinnerungslücken hat der Zeuge unumwunden eingeräumt. Dass der Zeuge insgesamt eine gute Erinnerung an die Verhandlungen bzw. Besprechungen mit der Beklagten hatte, ist insbesondere deshalb plausibel, weil der Zeuge eine persönliche Verbindung zum Projekt hatte. Er hat hierzu geschildert, er habe 15 Jahre in der Region gelebt und den T. in dieser Zeit sehr intensiv kennengelernt.
Die Aussage des Zeugen T. steht der Schilderung des Zeugen A. P. nicht entgegen. Dieser hat lediglich geschildert die Zeugen R. und P. hätten ihm telefonisch geschildert, dass die Zahlen der Anlage K2 von der Firma K. stammen würden. Dies entspricht auch der Schilderung des Zeugen A. P.. Weitergehende Fragestellungen, insbesondere die hier entscheidende Frage, ob (bzw. ggf. inwieweit) die Beklagte durch Herrn R. bei der Entstehung der Berechnung mitgewirkt hat, insbesondere Zahlen für das Besucherpotential des Ausflugsziels „T.“ zugeliefert hat, sind auch nach der Schilderung des Zeugen T. nicht zur Sprache gekommen.
Da der Klägerin der Beweis ihres Vortrags bereits durch die Vernehmung des Zeugen A. P. gelungen ist, bedurfte es keiner Vernehmung des Zeugen R. mehr. Die Beklagte hat den Zeugen nicht benannt.
Die Kombination aus dem zuverlässig ermittelten konkreten Besucherpotential des Standorts und den umfangreichen Erfahrungswerten des Herstellers bietet eine hinreichende Gewähr dafür, dass die auf dieser Grundlage geschätzten Werte mit Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich zu erreichen waren.
Dem steht nicht entgegen, dass die Herstellerin des Turms an einer positiven Darstellung der Gewinnerwartung interessiert gewesen sein könnte. Dem Umstand, dass die Schätzung der Herstellerin vergleichsweise optimistisch gewesen sein mag, kann bei der Frage, welche konkreten Werte bzw. welche potentiellen Szenarien der Wirtschaftlichkeitsberechnung entnommen werden, hinreichend Rechnung getragen werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge A. P. nachvollziehbar erklärt hat, die Herstellerin habe ein eigenes Interesse daran, dass die Projekte erfolgreich laufen. Dies sei dann der Fall, wenn es für den Investor ein positives Ergebnis gebe. Hieraus folgt – unmittelbar nachvollziehbar – dass die Herstellerfirma aus eigenen Reputationsgründen nicht daran interessiert ist, voraussichtlich unrentablen Objekten erhebliche Gewinnaussichten zu prognostizieren. Insoweit besteht kein Anlass, an der Validität der Schätzung insgesamt zu zweifeln.
Soweit die Beklagte mit Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 26. März 2024 – VIII ZR 89/23 -, DS 2024, 171) und des Oberlandesgerichts Celle (Urteil vom 6. März 2024 – 14 U 81/23 -, r+s 2024, 478) die Auffassung vertritt, der entgangene Gewinn könne nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens auf der Grundlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung geschätzt werden, greift dies nicht durch. Dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lag eine Konstellation zugrunde, in der das Berufungsgericht eine Schätzung auf der Grundlage streitiger Ermittlungen der dortigen Klägerin vorgenommen hat, obgleich die dortige Beklagte die Gewinnermittlung als insgesamt ungeeignet angesehen und zudem konkret eingewandt hat, dass mehrere in die Berechnung des tatsächlichen und hypothetischen Gewinns eingestellte Positionen bereits dem Grunde nach nicht hätten herangezogen werden dürfen. Diese Konstellation ist mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar. Es handelt sich bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung gerade nicht um eine einseitige Ermittlung der Klägerin aufgrund streitiger Prämissen. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sind konkrete Feststellungen zu den Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsberechnung möglich (s.u.). Die Bewertung, ob die Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgrund dieser Feststellungen eine geeignete Schätzgrundlage darstellt und welche Erkenntnisse hieraus für die Frage entnommen werden können, welcher Gewinn nach dem üblichen Verlauf mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und ob bzw. inwieweit eine weitere Beweisaufnahme hierüber geboten ist, ist gemäß § 287 Abs. 1 ZPO, § 252 Satz 2 BGB dem Senat zugewiesen. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle betrifft einen Fall, in dem sich das Gericht über die Bewertung eines Sachverständigen hinweggesetzt hat. Diese Entscheidung lässt keine Rückschlüsse für die vorliegende Konstellation zu.
Eine ergänzende Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen ist im vorliegenden Fall nicht veranlasst. Im Rahmen der Schadensschätzung steht es gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Ermessen des Gerichts, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige angeordnet wird. Dabei kann der Richter im Unterschied zu den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO von einer weiteren Beweisaufnahme absehen, wenn ihm bereits hinreichende Grundlagen für ein Wahrscheinlichkeitsurteil zur Verfügung stehen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 – KZR 24/17 -, NJW 2020, 1430 (1435), Rn. 47). Bei der Ausübung des Ermessens ist ferner zu berücksichtigen, ob von einer weiteren Beweisaufnahme weitergehende Erkenntnisse zu erwarten sind.
Hier steht mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung bereits eine hinreichende Grundlage für ein Wahrscheinlichkeitsurteil zur Verfügung. Es ist nicht zu erwarten, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten weitergehende Erkenntnisse zu dem mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden entgangenen Gewinn erbringen würde.
Es fehlt insoweit an geeigneten Anknüpfungstatsachen. Eine Ermittlung der Gewinnerwartung anhand der mit der mittlerweile von der Beklagten tatsächlich in Betrieb genommenen Anlage erzielten Erträge ist nicht möglich. Die Klägerin hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass die Anlage seit September 2021 nur in Teilen betrieben wird. Das wichtige Funktionsgebäude und zahlreiche Attraktionen seien nicht fertiggestellt und die Hauptattraktion, die Seilrutsche, mangelhaft errichtet worden. Die mangelhafte Seilrutsche hinterlasse einen nachhaltigen und nicht mehr zu korrigierenden Imageschaden. Auf dieser Grundlage lassen die von der Beklagten tatsächlich mit der Anlage erzielten Einnahmen keine Rückschlüsse auf die von der Klägerin bei vertragsgemäßer Erfüllung zu erzielenden Gewinne zu. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht vereinzelt zu den von ihr mit dem Objekt erzielten Gewinnen oder Verlusten vorgetragen. Sie hat lediglich dargelegt, für die Monate August 2021 bis Juni 2022 würden ihre monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen keine Gewinne ausweisen. Dies lässt schon nicht erkennen, ob bzw. inwieweit der Kletterturm bei isolierter Betrachtung Gewinne oder Verluste aufwies. Zudem betrifft der Vortrag nur einen Teilzeitraum, der überdies allgemeinkundig auch durch die Folgen der Corona-Pandemie geprägt war.
Auch ein gerichtlicher Sachverständiger könnte sich einer Schätzung des entgangenen Gewinns deshalb nur durch eine Auswertung von Vergleichsstandorten unter Berücksichtigung des individuell am Standort T. zu erzielenden Besucherpotentials annähern. Es ist nicht ersichtlich, dass eine so ermittelte Schätzgrundlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung in der Anlage K2 überlegen wäre. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Ermittlung des Besucherpotentials – wie ausgeführt – durch die Beklagte als Betriebsgesellschaft selbst erfolgt ist und die Firma K. auf sehr umfangreiche Erfahrungswerte aus 80 (!) Standorten zurückgreifen kann.
cc) Nach diesen Maßgaben konnte für die Saison April bis Oktober 2019 nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit ein Gewinn von 147.162 Euro erwartet werden.
Dabei ist von den Werten der Berechnung im „worst case“ Szenario auszugehen. Hiermit wird zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Herstellerin als (Mit-)Erstellerin der Berechnung möglicherweise eine vergleichsweise optimistische Einschätzung der Gewinnerwartung gehabt haben mag (s.o.). Dies spricht dafür, dass der tatsächlich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Gewinn unter dem dort genannten „Mid Case“ anzusetzen ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der hier maßgebliche Zeitraum 2019 das erste Betriebsjahr der Anlage dargestellt hätte. In den ersten Betriebsjahren werden regelmäßig niedrigere Besucherzahlen zugrunde zu legen sein, als bei Betrieben, die bereits mehrere Jahre erfolgreich tätig sind.
Dies entspricht auch der Schilderung des Zeugen A. P., der hierzu bekundet hat, dass die Zahlen „im dritten oder vierten Betriebsjahr so erreicht werden können sollten“ (S. 5 des Sitzungsprotokolls vom 12. April 2024, Bl. 647 d.A.). Eine höhere Gewinnerwartung als das „worst case“ Szenario ließ sich damit für das Jahr 2019 nicht mit Wahrscheinlichkeit erwarten.
Umgekehrt war aber zumindest diese Erwartung nach dem gewöhnlichen Verlauf wahrscheinlich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um das erste Betriebsjahr gehandelt hätte. Die Klägerin verfügte bereits aus mehreren anderen Objekten über Erfahrung mit dem Betrieb von Kletter- bzw. Hochseilanlagen. Neben der betriebswirtschaftlichen Erfahrung ergaben sich hieraus für die Klägerin auch Möglichkeiten des Marketings oder auch der Vernetzung mit ihren anderen Objekten. Gerade den letzten Aspekt hat auch der Zeuge A. P. besonders hervorgehoben (S. 6 des Sitzungsprotokolls vom 12. April 2024, Bl. 648 d.A.). Dies seien Umstände, die dazu geführt hätten, den Geschäftsführer der Klägerin als Betreiber auszuwählen (a.a.O.). Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass der T. bereits als Naherholungsgebiet in der Region etabliert war und ist. Ein erfolgreicher Betrieb des Kletterturms setzte damit nicht voraus, dass potentielle Besucher allein aufgrund der Popularität des Kletterturms anreisen würden. Bereits aufgrund des üblichen Besucheraufkommens am T. bestand – saisonal – ein erhebliches Besucherpotential. Auch dies spricht dafür, dass schon im ersten Betriebsjahr 2019 nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit Besucherzahlen entsprechend des „worst case“ Szenarios der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu erwarten waren.
Ausgehend hiervon errechnet sich ein entgangener Gewinn in Höhe von 147.162 Euro.
Die Anlage K2 enthält als „worst-case-Szenario“ einen Jahresnettogewinn in Höhe von 124.228 Euro. In der Aufstellung sind jedoch Finanzierungskosten für das Objekt enthalten, die bei der Klägerin nicht entstanden wären, weil sie das Objekt nicht kaufen, sondern pachten sollte. Diese betragen 35.819 Euro. Tatsächlich wäre somit zunächst von einem Betrag in Höhe von 160.047,00 Euro (124.228 Euro + 35.819 Euro) auszugehen.
Hiervon ist aber die gemäß § 6 Ziffer 2. des Pachtvertrags vereinbarte umsatzabhängige Pacht in Abzug zu bringen. Die Anlage K2 geht von Pachtzahlungen in Höhe von 36.000 Euro jährlich aus. Dies entspricht dem Jahresmittel der Grundpacht gemäß § 6 Nr. 1 des Pachtvertrags. Die darüber hinaus gemäß § 6 Ziffer 2 geschuldete umsatzabhängige Pacht beträgt für die ersten beiden Betriebsjahre 1,05 Euro je Erwachsener und 0,84 Euro je Kind/Jugendlicher. Das „Worst-case-Szenario“ geht von ca. 28.300 jährlichen Besuchern aus (Kristallturm + Flying-Fox). Ausgehend von einem Mittelwert von 0,95 Euro je zahlenden Besuchers ist somit ein weiterer jährlicher Pachtbetrag in Höhe von 26.885 Euro zu berücksichtigen. Es ergibt sich somit eine Gewinnerwartung in Höhe von 133.162 Euro.
Dem ist sodann ein weiterer Betrag für Einnahmen aus Gastronomie und Gruppen-Aktionen hinzuzurechnen.
In der Anlage K2 werden hierfür – ohne dass wie bei den sonstigen Besucherzahlen nach unterschiedlichen möglichen Szenarien differenziert wird – 25 Events á 700 Euro angesetzt. Auch insoweit kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die von der Firma K. auf der Grundlage des von der Beklagten mitgeteilten Besucherpotentials angestellte Bewertung als Schätzgrundlage geeignet ist. Der Senat nimmt für die Schätzung des mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinns hiervon einen gewissen Abschlag vor und legt der Berechnung einen Wert von 20 Events á 700 Euro (= 14.000 Euro) zugrunde.
Es errechnet sich somit ein entgangener Gewinn für den Zeitraum April bis Oktober 2019 in Höhe von 147.162 Euro.
Der Umstand, dass die Anlage K2 einen Jahresgewinn ausweist, den die Klägerin zu gleichen Teilen auf die Monate April bis Oktober 2019 umlegt (jeweils 26.091,43 Euro), steht der vorgenommenen Schätzung nicht entgegen. Dem liegt offenbar die Annahme zugrunde, dass in den Monaten November bis März allenfalls die Kosten gedeckt und der gesamte Gewinn im Zeitraum April bis Oktober eingefahren wird. Diese Annahme ist bei einem Kletterturm am T. ohne weiteres plausibel und wird auch – ohne dass hierauf entscheidungserheblich abgestellt werden soll – von dem Sachverständigen Dipl.-Volkswirt H. geteilt (vgl. Ziffer 9 im Schreiben vom 12. September 2023, Bl. 414 d.A.).
f) Dem darüber hinaus geltend gemachten Anspruch auf Zahlung entgangenen Gewinns für das Jahr 2020 steht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen (§ 214 Abs. 1 BGB).
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Anspruch in dem Zeitpunkt „entstanden“, in dem der Berechtigte den Anspruch erstmals geltend machen und notfalls Klage erheben kann, um die Hemmung der Verjährung zu erreichen (BGH, Beschluss vom 22. März 2017 – XII ZB 56/16 -, NJW 2017, 1954 [1955]). Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus (vgl. Grothe, MüKoBGB, 9. Aufl. 2021, § 199 Rn. 4).
Bei Vermögensschäden durch Pflichtverletzungen ist jedoch vom Grundsatz der Schadenseinheit auszugehen.
Danach gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen und abgeschlossenen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten (BGH, Urteil vom 14. März 1968 – VII ZR 77/65 -, NJW 1968, 1324 [1325]. Der Zeitpunkt der einzelnen Schadensfolgen spielt so lange keine Rolle, als diese eine bloße Weiterentwicklung darstellen und mit ihnen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte. Die Verjährung des Ersatzanspruchs erfasst auch solche nachträglich eintretenden Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren (BGH, Urteil vom 8. November 2016 – VI ZR 200/15 -, BeckRS 2016, 21188, Rn. 15). Die erste Vermögenseinbuße der Klägerin aufgrund der Vertragspflichtverletzung der Beklagten ist im Jahr 2019 eingetreten. Die regelmäßige Verjährungsfrist hat damit gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2019 zu laufen begonnen und endete gemäß § 195 BGB am 31. Dezember 2022.
Der Anspruch wäre aber auch ohne Berücksichtigung des Grundsatzes der Schadenseinheit verjährt. Der Anspruch auf entgangenen Gewinn für das Jahr 2020 wäre ohnehin spätestens mit Ablauf des Jahres 2020 entstanden. Verjährungsbeginn wäre damit gemäß § 187 Abs. 1 BGB der 1. Januar 2021 gewesen. Die Verjährungsfrist hätte dann gemäß § 195 BGB am 31. Dezember 2023 geendet.
Die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2023 hat die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wirksam gehemmt. Die Erhebung der Klage im Sinne dieser Vorschrift setzt die Zustellung der Klage bzw. Klageerweiterung oder deren Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung voraus (§ 253 Abs. 1 ZPO, § 261 Abs. 2 ZPO). Die Geltendmachung des klageerweiternden Antrags in der mündlichen Verhandlung erfolgte hier erst am 12. April 2024. Die Wirkung der Klageerhebung wirkte hier auch nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes zurück, weil die Zustellung nicht „demnächst“ i.S.d. Vorschrift erfolgt ist.
Gemäß § 167 ZPO tritt die Wirkung der Verjährungshemmung bereits mit Eingang der Klage(erweiterung) ein, wenn diese demnächst zugestellt wird. Die Rückwirkung ist wegen des gebotenen Vertrauensschutzes für den Empfänger nur vertretbar, wenn die Zustellung demnächst, d.h. in nicht allzu erheblichem zeitlichen Abstand vom Fristablauf erfolgt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Klage dann nicht mehr als demnächst zugestellt zu betrachten, wenn der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter durch nachlässiges – auch leicht fahrlässiges – Verhalten zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verlängerung der Zeitspanne zwischen Einreichung und Zustellung der Klage beigetragen haben. Als geringfügig in diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof in der Regel Zustellungsverzögerungen bis zu 14 Tagen angesehen. Hingegen wird bereits eine Zeitspanne von 18 oder 19 Tagen nicht mehr als geringfügig und damit nicht als unschädlich behandelt (BGH, Urteil vom 12. Januar 1996 – V ZR 246/94 -, NJW 1996, 1060 [1061] mit weiteren Nachweisen). Hier liegt eine Verzögerung von mehreren Monaten vor. Selbst wenn man erst die Zeit nach der Erinnerung vom 1. März 2024 berücksichtigen würde, läge eine Verzögerung von knapp 6 Wochen vor. Ab diesem Zeitpunkt bestehen keinerlei Zweifel, dass die Verzögerung dem Kläger zuzurechnen ist.
Die Verjährung des Anspruchs auf entgangenen Gewinn für das Jahr 2020 wurde auch nicht durch die Erhebung der (offenen) Teilklage vom 29. November 2019 über 5.001,00 Euro bzw. durch die Klageerweiterung vom 23. Dezember 2022 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Eine Teilklage hemmt die Verjährung nur in Höhe des eingeklagten Betrags, weil der geltend gemachte Anspruch nur in diesem Umfang der richterlichen Entscheidung unterstellt wird (BGH, Urteil vom 9. 1. 2008 – XII ZR 33/06 -, NJW-RR 2008, 521, Rn. 15; Urteil vom 2. Mai 2002 – III 135/01 -, NJW 2002, 2167 f.; Grüneberg, in: ders. BGB, 83. Aufl. 2024, § 204 Rn. 16; vgl. auch Meller-Hannich, in: BeckOGK, § 204, Stand: 1.4.2024 Rn. 62 m.w.N.).
2. Die mit der Anschlussberufung erhobene Widerklage ist gemäß § 533 Nr. 2 ZPO zulässig, mit Ausnahme des Widerklageantrags zu Ziffer 1. soweit dieser auf die Herausgabe von bzw. Eigentumsverschaffung an „Funkgeräten und Werkzeug“ gerichtet ist. Soweit der Widerklageantrag zu Ziffer 1. zulässig ist, ist er auch begründet. Der Anspruch besteht jedoch nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des der Klägerin zustehenden entgangenen Gewinns für das Jahr 2019. Die Widerklageanträge zu 2. und 3. sind zwar zulässig, aber unbegründet.
a) Die mit der Anschlussberufung erhobene Widerklage ist ganz überwiegend zulässig. Die Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor. Nach dieser Vorschrift ist eine Widerklage im Berufungsverfahren zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich erachtet (§ 533 Nr. 1 ZPO) und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
Der Tatsachenvortrag zur Begründung der Widerklage ist unstreitig. Die Beklagte hat hierzu unwidersprochen dargelegt, sie habe die im Einzelnen bezeichneten Gegenstände von der Klägerin gekauft und bereits bezahlt.
Hieraus leitet die Beklagte einen Besitzverschaffungs- und Eigentumsübertragungsanspruch ab. Unstreitige Tatsachen hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen. Die Widerklage ist auch sachdienlich. Mit der Entscheidung über die Widerklage kann möglicherweise ein weiterer Rechtsstreit vermieden werden. Eine Verzögerung des Rechtsstreits tritt hierdurch nicht ein.
Der Herausgabeantrag ist jedoch unzulässig, soweit die Beklagte die Herausgabe von „Funkgeräten und Werkzeug“ begehrt. Insoweit ist der Widerklageantrag nicht hinreichend bestimmt. Ein Antrag auf Herausgabe von Gegenständen ist hinreichend bestimmt, wenn er diese konkret bezeichnet. Die Beschreibung muss einerseits so genau sein, dass das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt wird und dass eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwartet werden kann (vgl. statt vieler: BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 – I ZB 57/10 -, NJW 2011, 3161 Rn. 13 mit weiteren Nachweisen). Die pauschale Bezeichnung „Funkgeräte und Werkzeug“ ermöglicht es nicht, die genannten Gegenstände zu identifizieren.
Eine solche Tenorierung wäre nicht vollstreckungsfähig.
b) In der Sache ist der Widerklageantrag zu Ziffer 1) begründet. Aufgrund des unstreitig geschlossenen Kaufvertrags ist die Klägerin gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, der Beklagten die bezeichneten Sachen zu übergeben und das Eigentum hieran zu verschaffen. Der Klägerin steht gegen diesen Anspruch jedoch ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB aufgrund ihres Schadensersatzes wegen entgangenen Gewinns zu (dazu oben 1.). Dieses Zurückbehaltungsrecht führt nicht zu einer Klageabweisung, sondern zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung (vgl. Krüger, in: MüKoBGB, 9. Auflage 2022, § 273 Rn. 91).
c) Die Widerklageanträge zu 2. und 3. sind unbegründet. Die Anträge sind darauf gerichtet, der Klägerin eine Frist zur Herausgabe zu setzen und sie für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs zu Schadensersatz zu verurteilen. Der zugrunde liegende materiell-rechtliche Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB setzt einen einredefreien Anspruch des Gläubigers voraus. Dem von der Beklagten geltend gemachten Anspruch stand aber – wie vorstehend ausgeführt – ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 entgegen. Das Bestehen einer Einrede gemäß § 273 Abs. 1 BGB schließt einen Anspruch aus § 281 Abs. 1 BGB aus. Eine Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 BGB kommt nur in Betracht, wenn der Gläubiger zugleich die vom Schuldner verlangte Leistung anbietet (vgl. Ernst, in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2022, § 281 Rn. 27). Dies hat die Beklagte nicht getan.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.
Die Klägerin hat im Umfang des erstinstanzlichen Streitgegenstands vollumfänglich obsiegt. Die Kosten der ersten Instanz sind deshalb der Beklagten aufzuerlegen. Die Kosten zweiter Instanz entsprechen dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen. Bei der Ermittlung der Kostenquote hat der Senat für den Widerklageantrag zu 1. den hälftigen Wert des Schadensersatzanspruchs zu Ziffer 3. in Höhe von 17.421,60 Euro zugrunde gelegt. Dies entspricht dem geschätzten Zeitwert der herausverlangten Gegenstände.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Bei der Streitwertfestsetzung hat der Senat die Widerklage mit dem Wert des Antrags zu Ziffer 3. in Höhe von 34.843,20 Euro bewertet. Die Werte von Klage und Widerklage sind gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG zu addieren. Die Ansprüche betreffen nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind hingegen nicht zu addieren, weil diese wirtschaftlich aus dasselbe Interesse gerichtet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. April 2006 – XI ZR 199/04 -, NJW-RR 2006, 997).
Maßgeblich ist deshalb der Wert der höchsten Einzelforderung der Widerklage, hier also der Schadensersatzanspruch zu Ziffer 3.